Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Testamentsvollstreckers

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vergütung einer Erbteilsvollstreckung kann nur im Rahmen eines Ermessensspielraumes bestimmt werden. Hierfür kommt es zunächst auf den Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers an. Dieser ist grundsätzlich nicht auf den Erbteil beschränkt, sondern kann auch die allen Miterben zustehenden Rechte innerhalb der Erbengemeinschaft betreffen.

 

Normenkette

BGB § 2221

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 12.09.2003; Aktenzeichen 2 U 17/00)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Hamburg v. 12.9.2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Streitwert: 648.069 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger ist einer von zwei Testamentsvollstreckern für den Erbteil des Beklagten. Er macht einen Teil seiner Vergütung (§ 2221 BGB) gegen den Beklagten geltend.

Die im Jahre 1986 gestorbene Erblasserin hatte ihren Ehemann aus zweiter Ehe, M., sowie den Beklagten, ihren behinderten Sohn aus erster Ehe, als Erben eingesetzt. Seit der andere Sohn aus erster Ehe das Testament im Jahre 1994 erfolgreich angefochten hat, ist davon auszugehen, dass die beiden Söhne und der zweite Ehemann Erben zu je einem Drittel geworden sind. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus Grundvermögen, das erhebliche Mieterträge abwirft. Die Erblasserin hat für den behinderten Sohn Dauervollstreckung durch einen Rechtsanwalt gemeinschaftlich mit einem Wirtschaftsprüfer angeordnet. Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und Diplom-Kaufmann. Die Vergütung sollte sich auf Grund des Testaments nach den "jeweils üblichen Honoraren getrennt nach Konstituierungs- und Verwaltungsgebühr" bemessen.

Der Kläger verlangt mit der Klage eine restliche Konstituierungsgebühr sowie Gebühren für seine Verwaltungstätigkeit von 1995 bis 1998. Der Beklagte hält Vergütungsansprüche wegen grober Pflichtverletzung für verwirkt und fordert die seit 1986 gezahlten Vergütungsabschläge (abzgl. eines ihm von einem Miterben erstatteten Betrags) mit der Widerklage zurück. Das LG hat der Klage i.H.v. 290.772,93 DM, der Widerklage jedoch nur i.H.v. 6.777 DM stattgegeben. Das OLG hat die Berufung des Beklagten, mit der er die Abweisung der Klage in vollem Umfang sowie die Verurteilung des Klägers auf die Widerklage i.H.v. weiteren 967.607,01 DM verlangt hat, zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat es die Widerklage auch hinsichtlich des Teilbetrages abgewiesen, zu dem das LG den Kläger verurteilt hatte.

Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Der Beklagte möchte seine Anträge auf Abweisung der Klage sowie seine Widerklageanträge mit der Revision in vollem Umfang weiterverfolgen und macht mit der rechtzeitig erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde eine Reihe von Zulassungsgründen (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO) geltend.

II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Der Kläger hat die Konstituierungsgebühr in Anlehnung an die Richtlinien des Rheinischen Notariats (vgl. Staudinger/Reimann, BGB, 2003, § 2221 Rz. 39) auf der Basis des unstreitigen Nachlasswertes beim Erbfall (43,4 Mio. DM) berechnet und mit Rücksicht auf die Mittestamentsvollstreckung um ein Drittel ermäßigt. Bezüglich der Verwaltungsgebühren hat der Kläger einen Mittelwert zu Grunde gelegt, den er aus dem Wert des Nachlasses beim Erbfall einerseits und den jeweiligen Netto-Kaltmieten als Erlösen andererseits gebildet hat. Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, für die Gebührenberechnung dürfe nicht der Nachlasswert im Ganzen, sondern lediglich der Wert des Erbteils zu Grunde gelegt werden, für den hier Testamentsvollstreckung angeordnet war. Aus dem Urteil des BGH v. 22.1.1997 (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362), in dem in Bezug auf den vorliegenden Nachlass entschieden worden ist, die Kosten der nur für einen Miterbenanteil angeordneten Testamentsvollstreckung seien in der ungeteilten Erbengemeinschaft von allen Miterben zu tragen, lasse sich nicht entnehmen, wie die Höhe der seinerzeit unstreitigen Gebühren zu berechnen sei. Die Haftung aller Miterben ändere nichts daran, dass der Testamentsvollstrecker nicht den Nachlass insgesamt zu verwalten habe; seinem eingeschränkten Aufgabenbereich müsse auch bei der Berechnung seiner Vergütung Rechnung getragen werden (so auch von Morgen, ZEV 1997, 117 f.; Zimmermann, ZEV 2001, 334 [335]). Der Beschwerdeführer hält die höchstrichterlich bisher nicht entschiedene Frage, ob bei einer Erbteilsvollstreckung für die Berechnung der Gebühren vom Wert des Gesamtnachlasses oder nur vom Wert des unter Vollstreckung stehenden Erbteils auszugehen sei, für grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Ansicht des Berufungsgerichts, es komme auf diesen Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht entscheidend an, weil der vom Kläger verlangte Betrag sich auch auf der Grundlage des Wertes nur des seiner Testamentsvollstreckung unterliegenden Erbteils wegen der Zulässigkeit höherer Ansätze sowie im Hinblick auf Zuschläge rechtfertige, trifft nach Meinung des Beschwerdeführers nicht zu.

a) Nach Auffassung des Senats kann hier offen bleiben, ob sich die Argumentation, mit der das Berufungsgericht die Zulassung abgelehnt hat, bei rechtlicher Nachprüfung als zutreffend erweist. Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Gesichtspunkte, unter denen das Berufungsgericht auch bei Zugrundelegen lediglich des Wertes des unter Vollstreckung stehenden Erbteils hier eine Anhebung des Honorars für möglich hält, grundsätzlicher Klärung bedürfen, wie der Beschwerdeführer meint. Entscheidend ist vielmehr, ob der Zulassungsgrund, den der Beschwerdeführer hinsichtlich der im Berufungsurteil zunächst gegebenen Hauptbegründung geltend macht, gegeben ist. Das ist jedoch nicht der Fall.

b) In der Rechtsprechung des BGH ist geklärt, von welchen Grundsätzen gem. § 2221 BGB bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung auszugehen ist: Maßgebend ist der Pflichtenkreis, der dem Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verfügung von Todes wegen nach dem Gesetz obliegt, der Umfang seiner Verantwortung und die von ihm geleistete Arbeit, wobei die Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, die Dauer der Abwicklung oder Verwaltung, die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen wie auch die Bewährung einer sich im Erfolg auswirkenden Geschicklichkeit zu berücksichtigen sind. Dabei ist die Berechnung der Vergütung nach Bruchteilen des Nachlasswertes möglich und im Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden förderlich. Solche Richtsätze - wie etwa die hier herangezogene Rheinische Tabelle - dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden. Sie geben i.d.R. nur einen Anhalt für Fälle, in denen der Testamentsvollstrecker die üblichen Aufgaben erfüllt. Ihrer Natur nach kann die Vergütung nur im Rahmen eines Ermessensspielraums bestimmt werden. Sie obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände erwogen und die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten hat (BGH, Urt. v. 28.11.1962 - V ZR 225/60, LM BGB § 2221 Nr. 2 Bl. 2, 5 f.; Urt. v. 26.6.1967 - III ZR 95/65, NJW 1967, 2400, unter I 1; Urt. v. 24.11.1971 - IV ZR 228/69, WM 1972, 101, unter I).

Für die Vergütung einer Erbteilsvollstreckung bedarf es keiner Weiterentwicklung dieser Grundsätze. Vielmehr kommt es auch hier zunächst auf den Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers an. Dieser ist grundsätzlich weder gegenständlich noch inhaltlich auf den Erbteil beschränkt. Solange die Erbengemeinschaft nicht auseinander gesetzt ist, umfasst die Verwaltung des Erbteilsvollstreckers auch die allen Miterben zustehenden Rechte innerhalb der Erbengemeinschaft (§§ 2033 ff. BGB). Der Erbteilsvollstrecker kann sich auch den anderen Miterben gegenüber nach § 2219 BGB haftbar machen (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362, unter 2a). Welche Bedeutung den Aufgaben und Tätigkeiten des Erbteilsvollstreckers, die sich auf den Nachlass im Ganzen beziehen, jedoch im konkreten Einzelfall im Verhältnis zu seinen auf den Erbteil beschränkten Verwaltungstätigkeiten zukommt, ist vom Tatrichter zu klären. Das Berufungsgericht hatte hier nicht nur hinsichtlich der Konstituierungsgebühr, sondern auch hinsichtlich der laufenden Verwaltungstätigkeit des Klägers zahlreiche Anhaltspunkte für Tätigkeiten, die sich auf die Kontrolle der Grundstücksverwaltung und damit auf den Nachlass insgesamt bezogen; sie ergeben sich auch aus den Vorwürfen des Beklagten, mit denen eine Verwirkung des Honorars geltend gemacht wird. Bei einer solchen Sachlage kann die Heranziehung des Gesamtnachlasswertes als eines Gesichtspunkts unter anderen zur Ermittlung des angemessenen Honorars für den Erbteilsvollstrecker nicht als grundsätzlich verfehlt angesehen werden.

2. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Beweisaufnahme über die Zahl der vom Kläger für seine Testamentsvollstreckung aufgewandten Stunden abgelehnt. Da es nach den höchstrichterlichen Grundsätzen für die Vergütung des Testamentsvollstreckers auch auf die geleistete Arbeit ankomme, liege eine Divergenz vor, die gem. § 543 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Revision gebiete. Soweit das Berufungsgericht die Ansicht vertrete, auf den Umfang der geleisteten Arbeit komme es schon deshalb nicht an, weil sich das geltend gemachte Honorar aus anderen Gründen, u.a. im Hinblick auf den im Laufe der Jahre erheblich gestiegenen Wert des Nachlasses (1995: 67 Mio. DM) rechtfertige, hält der Beschwerdeführer eine höchstrichterliche Klärung der grundsätzlichen Frage für erforderlich, ob Wertveränderungen bei einer Dauertestamentsvollstreckung zu einer Veränderung der Bemessungsgrundlage für die Vergütung des Testamentsvollstreckers führen (§ 543 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Zunächst kann dem Berufungsurteil nicht entnommen werden, dass es in Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung den Umfang der geleisteten Arbeit nicht mehr als einen der für die angemessene Vergütung des Testamentsvollstreckers maßgebenden Gesichtspunkte betrachtet hätte. Das Gegenteil folgt daraus, dass das Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall Gründe gesehen hat, die das verlangte Honorar auch unabhängig von dem unter den Parteien streitigen Ausmaß der vom Kläger aufgewandten Arbeitszeit rechtfertigen. Das Berufungsgericht lehnt allerdings die Ansicht ab, dass sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers ausschließlich nach seinem Zeitaufwand zu richten habe (vgl. Zimmermann, ZEV 2001, 334 [338]). Insoweit besteht Übereinstimmung mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen.

Das Berufungsgericht stützt sich auch keineswegs nur auf den im Laufe der Jahre gestiegenen Wert des Gesamtnachlasses. Vielmehr würdigt es die vom Kläger selbst (und nicht vom Mittestamentsvollstrecker) wahrzunehmenden konkreten Aufgaben, insb. die Bandbreite seiner Kontrollfunktion bei einem ungewöhnlich großen Vermietungskomplex, auch im Hinblick auf Fragen der Modernisierung und Kreditaufnahme, einerseits und das sich daraus ergebende hohe Haftungsrisiko andererseits. Danach konnte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, die genaue Anzahl der vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden sei hier nicht entscheidend, und zwar ohne dass es darauf ankäme, ob der gestiegene Nachlasswert unabhängig von der dadurch indizierten höheren Verantwortung schon für sich genommen bei einer schematischen Berechnung nach Tabellen ein höheres Honorar als das vom Kläger verlangte gerechtfertigt hätte.

Auf die geltend gemachten Zulassungsgründe im Zusammenhang mit der Nichtaufklärung des Zeitaufwandes des Klägers kommt es hier mithin nicht an.

3. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Anspruch des Testamentsvollstreckers auf Vergütung verwirkt sein, etwa wenn er sich bewusst über die Interessen der Person hinwegsetzt, die er als Testamentsvollstrecker betreut, wenn er deren Interessen gleichgültig gegenüber steht oder seine Tätigkeit auf einem Gebiet entfaltet, das eindeutig nicht zu seinem Aufgabenkreis gehört. Der Anspruch ist dagegen nicht verwirkt, wenn der Testamentsvollstrecker infolge irriger Beurteilung der Sach- oder Rechtslage fehlerhafte Entscheidungen trifft. Ob die Annahme einer teilweisen Verwirkung der Testamentsvollstreckervergütung rechtlich zulässig sei, hat der BGH bisher offen gelassen (BGH, Urt. v. 13.6.1979 - IV ZR 102/77, DNotZ 1980, 164 [166]). Dazu meint das Berufungsgericht, die Konstituierungsgebühr könne nur verwirkt werden, wenn ein grober Pflichtverstoß gerade im Zusammenhang mit der Konstituierung begangen worden sei; ein später bei der Verwaltungstätigkeit begangener Fehler lasse die bereits verdiente Gebühr unberührt. Entsprechend könne eine Gebühr für einen bestimmten Verwaltungszeitraum nur verwirkt sein, wenn ein Pflichtverstoß für den betreffenden Abrechnungszeitraum vorliege.

Der Beschwerdeführer macht geltend, diesen Ausführungen des Berufungsgerichts komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Sie stünden in Widerspruch zu dem Grundsatz, dass es sich bei der Vergütung des Testamentsvollstreckers um eine einheitliche Gesamtvergütung handle, auch wenn sie nach Konstituierungs- und späteren Verwaltungsgebühren zeitabschnittsweise berechnet werde. Die angesprochene Rechtsfrage sei entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht ausdrücklich abgelehnt habe, die vom Beklagten gerügten Pflichtverletzungen zu prüfen, soweit sie 1995 bereits abgeschlossen gewesen seien oder zeitlich nach dem Jahre 1998 lägen. Zwar habe das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Nichtzulassung der Revision festgestellt, dass es im Ergebnis jeden zur Verwirkung geeigneten groben Pflichtverstoß in seinem Urteil verneint habe, so dass es auf die Frage einer Teilverwirkung nicht ankomme (BU S. 84, 5. Abs.). Dies treffe jedoch nicht zu: Auf S. 17 unten des Berufungsurteils stehe ausdrücklich, dass es für die Verwirkung der Konstitutionsgebühr nicht auf die Behauptung des Beklagten ankomme, der Kläger habe die Fremdvermietung des Ferienhauses J. nach 1998 geduldet. Ferner liste das Berufungsgericht auf S. 35 ff. seines Urteils eine Reihe von behaupteten Pflichtverstößen des Klägers auf, von deren Prüfung im Hinblick auf eine Verwirkung von Verwaltungsgebühren es abgesehen habe, weil sie nicht in die Jahre 1995 bis 1998 fielen.

Die Vorwürfe, von deren Prüfung das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Verwirkung von Verwaltungsgebühren abgesehen hat, werden aber später im Zusammenhang mit der Widerklage auf Rückzahlung empfangener Testamentsvollstreckerhonorare wegen ungerechtfertigter Bereicherung ausnahmslos geprüft (Vorwurf Ziff. 13 BU 56 f.; Vorwurf Ziff. 14 BU 53 f., Vorwurf Ziff. 15 BU 57 f., Vorwurf Ziff. 16 BU 47 f.; Vorwurf Ziff. 17 BU 58 ff.; Vorwurf Ziff. 18 BU 48 ff., Vorwurf Ziff. 19 BU 45 f.; Vorwurf Ziff. 21 BU 54 f., Vorwurf Ziff. 22 BU 65 f.; Vorwurf Ziff. 23 BU 62 ff.; Vorwurf Ziff. 26 BU 40; Vorwurf Ziff. 29 BU 66 ff.); einen groben Pflichtverstoß hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Mit den Vorwürfen zur Nutzung des Ferienhauses J., die das Berufungsgericht nicht für die Frage einer Verwirkung der Konstitutionsgebühr herangezogen hat, befasst es sich ebenfalls in anderem Zusammenhang (BU 52 f.): Der Kläger habe nicht von einer hartnäckigen Weigerung des Miterben M. ausgehen müssen, das Haus dem Beklagten für bestimmte Ferienzeiten zur Verfügung zu stellen, weil Letzterer solche Wünsche nicht rechtzeitig im Voraus angemeldet habe. Der Kläger habe auch nicht auf einer Fremdvermietung bestehen müssen, um Einnahmen für den Nachlass zu erzielen, weil das Haus dem Zweck eines persönlichen Feriendomizils gedient habe. Dass M. das Haus weitervermietet habe, hätten die anderen Beteiligten zunächst nicht gewusst. Für die Annahme, der Kläger habe es unterlassen, für die Abführung der Mieteinnahmen zu Gunsten des Nachlasses zu sorgen, habe der Beklagte nicht genug vorgetragen, insb. im Hinblick darauf, dass M. die Betriebskosten des Hauses allein trug.

Danach ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass seine Rechtsauffassung hinsichtlich einer auf bestimmte Zeitabschnitte begrenzten Verwirkung für seine Entscheidung im vorliegenden Fall nicht erheblich geworden ist. Eine Zulassung der Revision kommt mithin insoweit nicht in Betracht.

4. Der Beschwerdeführer rügt weiter, es stelle einen groben Pflichtverstoß des Klägers dar, dass dieser zunächst allein den Beklagten und nicht auch die anderen Miterben auf Zahlung seines Honorars in Anspruch genommen habe.

a) Das Berufungsgericht weise in diesem Zusammenhang darauf hin, es könne eine Pflichtverletzung des Klägers schon deshalb nicht annehmen, weil es selbst die Auffassung vertreten habe, nur der mit der Testamentsvollstreckung belastete Erbteil habe für die Testamentsvollstreckergebühren aufzukommen. Es halte diese Ansicht auch nach dem Urteil des BGH v. 22.1.1997 (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362) für vorzugswürdig. Darin sieht der Beschwerdeführer eine Divergenz; deshalb müsse die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden.

Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung indessen nicht etwa die - von dem genannten Senatsurteil abweichende - Rechtsauffassung zu Grunde, der Erbteilsvollstrecker könne den Anspruch aus § 2221 BGB nur gegen den Miterben geltend machen, dessen Erbteil seiner Vollstreckung unterliegt. Vielmehr hält das Berufungsgericht im Tatbestand seines Urteils fest, dass der Kläger den Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch nehme, und führt im Zusammenhang mit dem Einwand teilweiser Erfüllung der dem Kläger geschuldeten Verwaltungsgebühr aus, der Beklagte als in Anspruch genommener Gesamtschuldner habe keine Handhabe, im Außenverhältnis zum Kläger bereits den internen Ausgleich unter den Gesamtschuldnern gem. § 426 BGB vorwegzunehmen, sondern müsse gem. § 421 BGB für die gesamte noch offene Forderung einstehen.

An der vom Beschwerdeführer hier angegriffenen Stelle seines Urteils bewertet das Berufungsgericht dagegen das Verhalten des Klägers, der seinen Honoraranspruch nicht anteilig auf die Miterben aufgeteilt, sondern in der im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Höhe den Beklagten allein in Anspruch genommen hat, unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung. Das Berufungsgericht nimmt in Übereinstimmung mit dem LG an, insoweit komme allenfalls ein entschuldbarer Rechtsirrtum des Klägers in Betracht, aber keine grobe Pflichtverletzung. Mit dem Wort "allenfalls", das an der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Stelle des landgerichtlichen Urteils steht, kommt zum Ausdruck, dass eine grobe Pflichtverletzung selbst dann nicht angenommen werden könne, wenn die Inanspruchnahme allein des Beklagten rechtlich überhaupt bedenklich sein sollte, was aber in diesem Zusammenhang offen geblieben ist. Darin liegt keine Divergenz, die eine Missachtung der Grundsätze des Senatsurteils v. 22.1.1997 (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362) besorgen ließe, auch wenn das Berufungsgericht den Vorwurf des Beklagten unter Hinweis auf dessen - an anderer Stelle des Berufungsurteils zu Grunde gelegte - gesamtschuldnerische Haftung einfacher und klarer hätte zurückweisen können. Dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang bemerkt, es halte seine frühere, im Senatsurteil v. 22.1.1997 (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362) zurückgewiesene Auffassung nach wie vor für vorzugswürdig, war überflüssig, vermag aber für sich genommen jedenfalls im Hinblick auf die Ausführungen zur gesamtschuldnerischen Haftung des Beklagten an anderer Stelle des Berufungsurteils eine Wiederholungsgefahr nicht zu rechtfertigen.

b) Der Beschwerdeführer rügt weiter, dass die Vorinstanzen von einem entschuldbaren Rechtsirrtum des Klägers ausgegangen seien, soweit er den Beklagten allein auf Zahlung in Anspruch genommen habe, belege einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und damit einen Zulassungsgrund gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO. Denn aus einem als Anlage B 67 vorgelegten Schreiben des Klägers v. 10.11.1987 gehe hervor, dass dieser an den Miterben M. mit der Aufforderung herangetreten sei, sich an der Zahlung von Testamentsvollstreckergebühren, die bisher allein dem Beklagten belastet worden seien, zu beteiligen, "um entsprechend der vorherrschenden Rechtsauffassung eine Gleichbelastung aller Erben herbeizuführen."

Das Berufungsurteil beruht jedoch im Ergebnis nicht darauf, dass das Schreiben des Klägers v. 10.11.1987 etwa übersehen oder nicht in Erwägung gezogen worden sein könnte. Die Inanspruchnahme allein des Beklagten war wegen dessen Haftung als Gesamtschuldner (BGH v. 22.1.1997 - IV ZR 283/95, MDR 1997, 502 = NJW 1997, 1362) rechtlich nicht zu beanstanden und schon deshalb keine Pflichtverletzung, die zu einer Verwirkung von Honoraransprüchen hätte führen können.

5. Nach Ansicht des Beschwerdeführers muss die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO auch deshalb zugelassen werden, weil das Berufungsgericht bei der Verrechnung der vom Kläger in Empfang genommenen Erbschaftssteuerrückerstattung mit seinen Testamentsvollstrecker-Vergütungsansprüchen angenommen hat, eine Tilgungsvereinbarung i.S.v. § 366 Abs. 1 BGB könne auch erst Jahre nach der zur Tilgung führenden Zahlung zu Stande kommen und aus dem Schweigen des Schuldners auf eine Verrechnungserklärung des Gläubigers entnommen werden. Nach allgemeinen Grundsätzen müsse eine Tilgungsvereinbarung vielmehr vor bzw. spätestens beim Bewirken der Leistung getroffen werden; liege sie zu diesem Zeitpunkt nicht vor, greife § 366 Abs. 2 BGB ein. Eine einmal eingetretene Erfüllung könne nachträglich nicht durch Tilgungsvereinbarung geändert werden. Insbesondere sei dem Schweigen im Rechtsverkehr keine Zustimmung zu entnehmen. Umstände, die hier nach Treu und Glauben einen Widerspruch des Beklagten hätten erwarten lassen, seien nicht festgestellt. Insoweit weiche das Berufungsgericht von allgemein anerkannten Grundsätzen ab, so dass eine Zulassung auch unter dem Gesichtspunkt von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO geboten sei.

In der Rechtsprechung des BGH ist jedoch geklärt, dass eine Bestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB grundsätzlich bei der Leistung getroffen werden muss. Zulässig ist aber, dass Gläubiger und Schuldner auf Grund einer Übereinkunft, die auch stillschweigend getroffen oder aus der Übung der Beteiligten entnommen werden kann, die Zweckbestimmung einem späteren Zeitpunkt vorbehalten. In diesem Fall geht die Zahlung zwar endgültig in das Vermögen des Empfängers über; sie unterliegt nicht etwa - wie ein rechtsgrundlos hingegebener Betrag - der Rückforderung. Solange aber nicht klargestellt worden ist, auf welche Schuld die Leistung angerechnet werden soll, kann keine der in Frage kommenden Verbindlichkeiten als erfüllt angesehen werden (BGHZ 51, 157 [160 f.]; BGH, Urt. v. 23.1.1991 - VIII ZR 122/90, MDR 1991, 596 = CR 1991, 288 = NJW 1991, 1604, unter B I 1b; Urt. v. 27.6.1995 - XI ZR 213/94, MDR 1996, 59 = NJW-RR 1995, 1257, unter II 1b; Wenzel in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 366 Rz. 9; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 366 Rz. 4).

Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, dass von diesen Grundsätzen abgewichen werden sollte. Vielmehr entsprach die Sachlage im vorliegenden Fall nach Ansicht des Berufungsgerichts der von ihm ausdrücklich zitierten Entscheidung des BGH v. 27.6.1995.

6. Endlich macht der Beschwerdeführer geltend, erst aus dem Urteil des Berufungsgerichts hätten sich für ihn Gründe zur Ablehnung der an der Entscheidung beteiligten Richter gem. § 42 Abs. 2 ZPO ergeben. Damit seien Verfahrensgrundrechte verletzt worden (Art. 20 Abs. 3 und 101 Abs. 1 S. 2 GG), die zur Zulassung der Revision führen müssten. Der BGH hat indessen bereits entschieden, dass - wird wie hier die Befangenheit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung hergeleitet - die Revision darauf nicht gestützt werden kann (BGH v. 9.11.1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141 [144 f.] = MDR 1993, 129 = AG 1993, 134). Die Entscheidung des BGH v. 15.12.1994 (BGH v. 15.12.1994 - I ZR 121/92, MDR 1995, 816 = NJW 1995, 1677, unter II 2) steht dem insoweit nicht entgegen; sie betrifft den Fall, dass die angefochtene Entscheidung unter Mitwirkung eines Richters ergangen ist, der gegen die Anzeigepflicht des § 48 ZPO verstoßen hat. Kann aber die Revision im vorliegenden Fall nicht auf die allein aus den Entscheidungsgründen abgeleiteten Befangenheitsgründe gestützt werden, fehlt es insoweit auch an einem Zulassungsgrund i.S.v. § 543 Abs. 2 ZPO.

Im Übrigen halten sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Formulierungen, wenn man sie aus ihrem jeweiligen Zusammenhang heraus versteht, noch im Rahmen einer sachlichen Würdigung des Prozess-Stoffs.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1268475

FamRZ 2005, 207

ZEV 2005, 22

NJOZ 2005, 1052

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