Leitsatz (amtlich)

Zum Wert der Beschwer bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einer Güterrechtssache (im Anschluss an BGH vom 4.7.2018 - XII ZB 82/18, FamRZ 2018, 1529).

 

Normenkette

FamFG § 61 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 29.11.2018; Aktenzeichen 14 UF 140/18)

AG Flensburg (Beschluss vom 24.08.2018; Aktenzeichen 93 F 99/16)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Senats für Familiensachen des OLG Schleswig in Schleswig vom 29.11.2018 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Beschwerdewert: bis 500 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beteiligten streiten im Scheidungsverbund in Form eines Stufenantrags über Zugewinnausgleich.

Rz. 2

Das AG hat den Antragsgegner durch Teilversäumnisbeschluss verpflichtet, über sein Anfangsvermögen zum 9.9.1999, sein Trennungsvermögen zum 2.3.2015 und sein Endvermögen zum 30.6.2016 Auskunft zu erteilen durch Vorlage eines geordneten Vermögensverzeichnisses, und zwar insb. hinsichtlich Konten, Sparkonten, Depots und sonstiger Finanzanlagen, Sparguthaben, Fortführungswerten von Lebensversicherungen, Immobilienbesitz, Verbindlichkeiten, des Kraftfahrzeugs, Kunstgegenständen und Antiquitäten und seines Einzelunternehmens mit Aktiva und Passiva per 31.12.2015 und dessen Umsätzen/Gewinnen der Jahre 2014 und 2015. Ferner hat es den Antragsgegner verpflichtet, die Auskunft zu belegen, insb. durch Kontoauszüge zu Konten, Sparkonten, Depots und sonstigen Anlagen sowie Sparguthaben, durch schriftliche Auskünfte zu den Fortführungswerten der Lebensversicherungen, durch Grundbuchauszüge, durch Kontoauszüge zu Darlehen und Darlehensverträge, durch Vorlage des Kraftfahrzeugbriefs nebst Beschreibung des Erhaltungszustands, durch Vorlage von Fotografien und eventuellen Expertisen sowie durch Vorlage der Anlagenverzeichnisse, Jahresumsatzsteuererklärungen und Jahresabschlüsse 2014 bis 2016 bezüglich des Einzelunternehmens.

Rz. 3

Nachdem der Antragsgegner Einspruch eingelegt hatte, hat das AG den Teilversäumnisbeschluss aufrechterhalten. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat das OLG verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 EUR nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

Rz. 4

Die gem. §§ 112 Nr. 2, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.

Rz. 5

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der auf "bis zu 500 EUR" festzusetzende Beschwerdewert erreiche den nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwerdewert nicht. Der Antragsgegner sei durch den Senatsvorsitzenden bereits auf die ständige Rechtsprechung des Beschwerdegerichts hingewiesen worden, wonach der Aufwand zur Erteilung der geschuldeten Auskünfte in den Fällen der vorliegenden Art den Beschwerdewert grundsätzlich nicht erreiche. Selbst wenn zur Erteilung der Auskunft die Einschaltung des Steuerberaters des Antragsgegners erforderlich werden sollte, sei nicht davon auszugehen, dass dessen Kosten bei tatkräftiger Unterstützung durch den Antragsgegner den Beschwerdewert übersteigen sollten, zumal nähere Ausführungen zum Zeit- und Kostenaufwand insoweit fehlten.

Rz. 6

2. Diese Ausführungen stehen im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.

Rz. 7

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nach dem - mit dem Auskunftsanspruch vorbereiteten - beabsichtigten Leistungsanspruch bemisst, sondern nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier ersichtlich nicht vorliegenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist dafür auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2019 - XII ZB 499/18, FamRZ 2019, 818 Rz. 9 m.w.N.).

Rz. 8

Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BGH v. 4.7.2018 - XII ZB 82/18, FamRZ 2018, 1529 Rz. 6; v. 16.8.2017 - XII ZB 429/16, FamRZ 2017, 1947 Rz. 11 m.w.N.).

Rz. 9

Das Beschwerdegericht hat demgegenüber in dem der angefochtenen Entscheidung vorausgehenden Hinweis des Vorsitzenden ohne diesbezügliche Anhaltspunkte ausgeführt, der zeitliche Aufwand des Antragsgegners für die zu erteilende Auskunft werde auf maximal zehn Stunden geschätzt, die nach § 22 JVEG maximal mit 21 EUR pro Stunde zu vergüten seien. Die Rechtsbeschwerde erhebt gegen diese Ausführungen keinerlei Bedenken.

Rz. 10

b) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, eine Überschreitung des Beschwerdewerts sei nicht ausgeschlossen, weil hinsichtlich der Verpflichtung zur Belegvorlage auch Kopierkosten und Kosten des Grundbuchamts für Grundbuchauszüge zu berücksichtigen seien.

Rz. 11

(1) Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass die für die Erfüllung der Auskunfts- und insb. der Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kopierkosten fraglos zu dem Aufwand gehören, nach dem sich das hier maßgebliche Interesse des das Rechtsmittel führenden Auskunftsverpflichteten bemisst (BGH, Beschl. v. 21.11.2018 - XII ZB 351/18, FamRZ 2019, 464 Rz. 5). In jenem Fall war der Antragsgegner vom AG verpflichtet worden, für jeweils drei Jahre seine "Einkommenssteuererklärungen mit allen Anlagen" sowie - zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit und Gewerbe - "sämtliche Einnahmen- und Überschussrechnungen, Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnungen, Kontennachweisen und Anlagespiegeln, Gewinnermittlungen und Jahresabschlüsse" vorzulegen. Der Auskunftspflichtige hatte - belegt durch ein Schreiben seiner Steuerberaterkanzlei - darauf hingewiesen, dass pro Einkommenssteuererklärung wegen der jeweils umfangreichen Anlagen rund 1.000 Seiten zu kopieren seien, und zudem ausgeführt, für die Vorlage der Jahresabschlüsse der verschiedenen Gesellschaften, an denen er beteiligt sei, müssten rund 700 Seiten pro Jahr kopiert werden. Dem ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

Rz. 12

Der Antragsgegner hat vor dem Beschwerdegericht Kopierkosten selbst dann nicht geltend gemacht, als das Beschwerdegericht darauf hingewiesen hat, dass der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht sein dürfte. Vielmehr hat der Antragsgegner auf den Hinweis lediglich vorgetragen, dass er freiberuflich als beratender Betriebswirt tätig sei und die erforderlichen Auskünfte nicht ohne Hinzuziehung seiner Steuerberatungsgesellschaft erteilen könne, deren Kosten in jedem Fall über dem Mindestgegenstandswert von 600 EUR lägen. Dieser Einwand wird mit der Rechtsbeschwerde zutreffend nicht weiterverfolgt.

Rz. 13

(2) Auch die zur Erfüllung der Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kosten für die Grundbuchauszüge gehören grundsätzlich - ebenso wie die Kopierkosten - zu dem Aufwand, nach dem sich das hier maßgebliche Interesse des das Rechtsmittel führenden Auskunftsverpflichteten bemisst.

Rz. 14

Allerdings hat der Antragsgegner auch derartige Kosten vor dem Beschwerdegericht nicht geltend gemacht. Entsprechender Vortrag kann im Rechtsbeschwerdeverfahren auch nicht nachgeholt werden. Denn das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht auf der Grundlage des ihm vorliegenden Vortrags feststellen konnte (vgl. insoweit BGH Beschl. v. 16.4.2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rz. 4, 9), und kann hinsichtlich der Wertfestsetzung nur überprüfen, ob das Beschwerdegericht die Grenzen seines Ermessens überschritten hat oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH Beschl. v. 28.4.2008 - II ZB 27/07, NJW-RR 2008, 1455 Rz. 4 m.w.N.).

Rz. 15

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verpflichtung zur Belegvorlage in erheblichem Umfange keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe, so dass ein weiterer Kostenaufwand des Antragsgegners entstehe, entweder durch den Aufwand an Zeit und Kosten für die Erstellung nicht vorhandener Belege oder für die Abwehr der Vollstreckung aus dem nicht vollstreckungsfähigen Titel.

Rz. 16

Allerdings hat der Senat bereits entschieden, dass es sich werterhöhend auswirken kann, wenn der Verpflichtete nicht existente Belege erstellen (vgl. BGH v. 18.7.2018 - XII ZB 637/17, FamRZ 2018, 1762 Rz. 11; v. 11.3.2015 - XII ZB 317/14, FamRZ 2015, 838 Rz. 13 ff.) oder gewärtigen muss, auf die Erfüllung der insoweit unmöglichen Leistung in Anspruch genommen zu werden und sich hiergegen oder gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Titel ohne vollstreckbaren Inhalt zur Wehr setzen zu müssen (BGH, Beschl. v. 2.9.2015 - XII ZB 132/15, FamRZ 2015, 2142 Rz. 13 m.w.N.). Der Senat hat dazu indessen wiederholt ausgeführt, dass erst nach Vornahme der gebotenen Auslegung des Titels festgestellt werden kann, ob der Titel einen nicht vollstreckbaren Inhalt hat, die Belegvorlageverpflichtung auch die Erstellung nicht existenter Unterlagen umfasst oder eine Auskunftsverpflichtung in einem solchen Fall tatsächlich auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (BGH v. 12.9.2018 - XII ZB 588/17, FamRZ 2018, 1934 Rz. 25 m.w.N.). Ergibt die Auslegung aber, dass nur die bereits existenten Belege bzw. diejenigen vorzulegen sind, die einen konkreten Bezug zu der zu erteilenden Auskunft haben, fehlt es an einer Unmöglichkeit der Belegvorlage. So liegt es aber hier.

Rz. 17

Das AG hat den Antragsgegner einerseits verpflichtet, Auskunft über sein Anfangsvermögen zum 9.9.1999, sein Trennungsvermögen zum 2.3.2015 und sein Endvermögen zum 30.6.2016 zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines geordneten Vermögensverzeichnisses bezogen auf die jeweiligen Einsatztage, welches die vorhandenen einzelnen Vermögenspositionen in ihren wertbildenden Faktoren konkretisiert. Andererseits hat das AG den Antragsgegner verpflichtet, seine Auskunft zu belegen. Sowohl hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung als auch bezüglich der Belegvorlageverpflichtung werden dabei zahlreich spezifische Einzelpositionen aufgezählt. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass diese Aufzählungen auch tatsächlich nicht vorhandene Vermögenspositionen umfassen sollte, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Der Antragsgegner vermag selbst keine Position und keinen Beleg konkret zu benennen, deren Angabe bzw. Vorlage ihm unmöglich sein soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür dargelegt oder ersichtlich, dass der Teilversäumnisbeschluss des AG keinen vollstreckbaren Inhalt haben sollte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13255451

FamRZ 2019, 1440

FuR 2019, 598

JZ 2019, 621

MDR 2019, 1331

FF 2019, 378

FamRB 2019, 442

FamRB 2019, 8

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