Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstückserwerb durch Minderjährigen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ist die dingliche Übertragung eines Grundstücks an einen Minderjährigen bei isolierter Betrachtung lediglich rechtlich vorteilhaft, bedarf seine Auflassungserklärung auch dann nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers, wenn die zu Grunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist. Eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäfts ist in diesem Fall nicht veranlasst (Abgrenzung zu BGHZ 78, 28).

b) Die Übereignung eines Grundstücks an einen Minderjährigen ist auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es mit einer Grundschuld belastet ist. Für die Belastung mit einem Nießbrauch gilt dies jedenfalls dann, wenn der Nießbraucher auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat.

c) Die aus der Eigentumsübertragung folgende Haftung des Erwerbers für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten des Grundstücks begründet keinen Rechtsnachteil i.S.d. § 107 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 107, 873, 1030, 1909, 1191

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 15 S 22735/03)

AG München (Entscheidung vom 09.10.2003)

BayObLG (Aktenzeichen 2Z BR 45/04)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss der 13. Zivilkammer des LG München I v. 12.1.2004 sowie die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - München v. 9.10.2003 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die mit notarieller Urkunde v. 4.8.2003 beantragten Eintragungen nicht aus den Gründen des Beschlusses v. 9.10.2003 zu verweigern.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) ist die Mutter der 1988 geborenen Beteiligten zu 2) und der 1990 geborenen Beteiligten zu 3). Sie ist im Grundbuch als Eigentümerin eines Hausgrundstücks eingetragen, das mit einer Grundschuld belastet ist.

Am 4.8.2003 ließen die Beteiligten einen sog. Überlassungsvertrag notariell beurkunden. Darin räumte sich die Beteiligte zu 1) den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück ein. Nach der von ihr getroffenen Bestimmung hat der Nießbraucher auch die außerordentlichen Lasten, die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die Zins- und Tilgungsleistungen für die dem eingetragenen Grundpfandrecht zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten zu tragen. Weiterhin vereinbarten die Beteiligten unter gleichzeitiger Auflassung die unentgeltliche Übertragung eines jeweils hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück auf die Beteiligten zu 2) und 3) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die Beteiligte zu 1) behielt sich jedoch das Recht vor, von dem schuldrechtlichen Teil des Vertrags zurückzutreten, wenn zu ihren Lebzeiten "einer der Erwerber den an ihn überlassenen Vertragsgrundbesitz ganz oder teilweise ohne vorherige Zustimmung des Veräußerers veräußert oder belastet oder wenn einer der Erwerber vor dem Veräußerer versterben sollte". Zur Sicherung des durch die Ausübung des Rücktrittsrechts bedingten Übereignungsanspruchs bewilligten die Beteiligten eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 1).

Den von dem Urkundsnotar namens der Beteiligten gestellten Antrag auf Vollzug der Urkunde hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung v. 9.10.2003 beanstandet, weil der Überlassungsvertrag wegen der mit etwaigen Rückübertragungsansprüchen der Beteiligten zu 1) zusammenhängenden Verpflichtungen für die minderjährigen Beteiligten zu 2) und 3) nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Es hat den Beteiligten deshalb aufgegeben, binnen bestimmter Frist den Überlassungsvertrag von einem zu bestellenden Pfleger genehmigen zu lassen und hierzu eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vorzulegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Das BayObLG möchte auch die weitere Beschwerde der Beteiligten zurückweisen. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluss des OLG Köln v. 11.6.2003 (OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2003 - 2 Wx 18/03, OLGReport Köln 2003, 290 = ZMR 2004, 189 = Rpfleger 2003, 570) gehindert und hat die Sache deshalb dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist gem. § 79 Abs. 2 GBO statthaft.

Das vorlegende Gericht meint, der die Auflassung enthaltende Überlassungsvertrag sei wegen des der Beteiligten zu 1) vorbehaltenen Rücktrittsrechts mit rechtlichen Nachteilen für die minderjährigen Beteiligten zu 2) und 3) verbunden und bedürfe deshalb insgesamt der Genehmigung durch einen an die Stelle der rechtlich verhinderten Eltern tretenden Ergänzungspfleger. Da es sich um ein Grundstücksgeschäft gem. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BGB handele, sei außerdem eine gerichtliche Genehmigung des Vertrags erforderlich, für deren Erteilung gem. §§ 1909 Abs. 1, 1915 Abs. 1, 1821 Abs. 1 BGB das Vormundschaftsgericht zuständig sei. Die durch § 1643 Abs. 1 BGB in der seit dem 1.7.1998 geltenden Fassung begründete Zuständigkeit des FamG für die Genehmigungserteilung betreffe nur Rechtsgeschäfte der Eltern für das Kind, nicht jedoch Pflegergeschäfte. Demgegenüber vertritt das OLG Köln in seiner auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung v. 11.6.2003 (OLG Köln v. 11.6.2003 - 2 Wx 18/03, OLGReport Köln 2003, 290 = ZMR 2004, 189 = Rpfleger 2003, 570) die Ansicht, nach § 1643 Abs. 1 BGB falle auch die Genehmigung von Grundstücksgeschäften, die der Ergänzungspfleger anstelle der Eltern vornehme, in die Zuständigkeit des FamG.

Diese Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Die unterschiedlich beantwortete Frage, welches Gericht nach §§ 1643 Abs. 1, 1909 Abs. 1, 1915 Abs. 1, 1821 Abs. 1 BGB für die Erteilung der erforderlichen Genehmigung zuständig ist, wenn ein Ergänzungspfleger über das Grundstück eines Minderjährigen verfügt oder diesen hierzu verpflichtet, ist für die dem Grundbuchamt nach § 20 GBO obliegende Prüfung einer rechtswirksam erklärten Auflassung (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [31] = MDR 1981, 37; Bauer in Bauer/von Oefele, GBO, 1999, AT I Rz. 145; KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 5. Aufl., Einl C Rz. 68) von Bedeutung. Damit geht es um die Auslegung das Grundbuchrecht betreffender Vorschriften i.S.v. § 79 Abs. 2 ZPO, worunter alle bei der Entscheidung über einen gestellten Eintragungsantrag angewendeten oder zu Unrecht außer acht gelassenen sachlichrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu verstehen sind, sofern sie - wie hier - auf bundesrechtlicher Grundlage beruhen (BGH v. 13.6.2002 - V ZB 30/01, BGHZ 151, 116 [119] = BGHReport 2002, 813 = MDR 2002, 1303, m.w.N.).

Soweit es die Zulässigkeit der Vorlage betrifft, ist der BGH an die rechtliche Beurteilung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne die Beantwortung der streitigen Rechtsfrage nicht über die weitere Beschwerde entscheiden, gebunden (BGH v. 28.9.1989 - V ZB 17/88, BGHZ 108, 372 [374] = MDR 1990, 142; Beschl. v. 2.10.2003 - V ZB 34/03, BGHReport 2004, 5 = NJW 2003, 3550 [3551] - zu § 28 Abs. 2 FGG; Budde in Bauer/von Oefele, GBO, 1999, § 79 Rz. 16). Das vorlegende Gericht war auch nicht gehalten, die Vorlage auf den mit der angefochtenen Zwischenverfügung geforderten Nachweis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zu beschränken. Zwar hat es sich an einer Entscheidung über die von dem Grundbuchamt verlangte Genehmigung des Überlassungsvertrags durch einen Ergänzungspfleger nicht durch die abweichende Rechtsauffassung des OLG Köln zur Frage der gerichtlichen Genehmigungszuständigkeit gehindert gesehen. Die Beurteilung der Notwendigkeit sowohl der einen als auch der anderen Genehmigung setzt jedoch jeweils die Klärung der Vorfrage voraus, ob die Auflassung nicht bereits deshalb wirksam ist, weil sie zu keinen rechtlichen Nachteilen für die Beteiligten zu 2) und 3) führt (§§ 107, 108 BGB). Wegen der ansonsten bestehenden Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu dieser Vorfrage kann entsprechend den zum Teilurteil gem. § 301 ZPO entwickelten Grundsätzen (BGH v. 26.4.1989 - IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236 [242] = MDR 1989, 895; v. 8.12.1992 - VI ZR 349/91, BGHZ 120, 376 [380] = MDR 1993, 425; Urt. v. 27.5.1992 - IV ZR 42/91, MDR 1992, 1036 = NJW-RR 1992, 1053; Urt. v. 23.1.1996 - VI ZR 387/94, MDR 1996, 520 = NJW 1996, 1478) über die Erforderlichkeit beider Genehmigungen nur einheitlich entschieden werden, was eine Beschränkung der Vorlage auf einen der beiden abtrennbaren Teile des Verfahrensgegenstands ausschließt (BGH, Beschl. v. 2.10.2003 - V ZB 34/03, BGHReport 2004, 5 = NJW 2003, 3550 [3552]).

III.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist zulässig (§§ 78, 80 GBO) und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die von den Beteiligten im Rahmen des Überlassungsvertrags v. 4.8.2003 erklärte Auflassung ist rechtswirksam, da die minderjährigen Beteiligten zu 2) und 3) durch den dinglichen Vertrag lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen (§ 107 BGB). Das Grundbuchamt durfte daher gem. § 20 GBO die beantragte Eigentumsumschreibung nicht von der vorherigen Genehmigung des Überlassungsvertrags durch einen Ergänzungspfleger und durch das Vormundschaftsgericht abhängig machen. Die von dem vorlegenden Gericht für entscheidungserheblich gehaltene Frage nach der gerichtlichen Genehmigungszuständigkeit stellt sich somit nicht.

a) Die Auflassung ist nicht deshalb mit rechtlichen Nachteilen für die Beteiligten zu 2) und 3) verbunden, weil sich die Beteiligte zu 1) den Rücktritt von dem schuldrechtlichen Teil des Überlassungsvertrags vorbehalten hat. Zwar kann der Rücktrittsvorbehalt zu einer Belastung der Minderjährigen führen, weil sie im Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts nach Übertragung des Grundstückseigentums nicht nur ihren jeweiligen Miteigentumsanteil zurückzugewähren hätten (§ 346 Abs. 1 BGB), sondern darüber hinaus auch zum Wertersatz oder Schadensersatz, insb. wegen einer zwischenzeitlichen Verschlechterung des Grundstücks, verpflichtet sein könnten (§ 346 Abs. 2 bis 4 BGB). Dieser Rechtsnachteil ist jedoch ausschließlich Folge der zwischen den Beteiligten getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen. Ist der unter Rücktrittsvorbehalt stehende Schenkungsvertrag schwebend unwirksam (§§ 107, 108 Abs. 1 BGB), kann der dingliche Rechtserwerb als solcher nicht zu einer Haftung der Beteiligten zu 2) und 3) gem. § 346 Abs. 2 bis 4 BGB führen.

Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts (BayObLGZ 1979, 49 [52]; BayObLGZ 1998, 139 [143]; OLG Köln ZMR 2004, 189 [190]) lässt sich die Unwirksamkeit der Auflassung nicht daraus herleiten, dass man den Überlassungsvertrag als Gesamtheit betrachtet, also zwischen den mit seinem schuldrechtlichen Teil und seinem dinglichen Teil jeweils verbundenen Rechtsfolgen nicht differenziert. Allerdings hat der Senat in einem die Überlassung von Wohnungseigentum betreffenden Fall ausgesprochen, dass die Frage, ob ein Minderjähriger durch eine Schenkung seines gesetzlichen Vertreters lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, aus einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrags heraus zu beurteilen ist (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [35] = MDR 1981, 37). Auf diese Weise sollte verhindert werden, dass bei lukrativem Charakter des Grundgeschäfts unbeschadet rechtlicher Nachteile, die mit der Übertragung des dinglichen Rechts verbunden sind, der gesetzliche Vertreter im Hinblick auf § 181 letzter Halbs. BGB befugt ist, den Minderjährigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die von dem Minderjährigen selbst erklärte Annahme zu genehmigen (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [34] = MDR 1981, 37). Damit ging es in dem entschiedenen Fall allein darum, den Anwendungsbereich des § 181 letzter Halbs. BGB einzuschränken, um dem Schutzzweck des § 107 BGB Geltung zu verschaffen. In der Literatur ist die von dem Senat befürwortete Gesamtbetrachtung kritisiert worden, weil sie gegen das dem geltenden Recht zu Grunde liegende Trennungsprinzip verstoße (Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 5; Jauernig, JuS 1982, 576; Feller, DNotZ 1989, 66 [74]; Kern, JA 1990, 281 [284], Ultsch, JURA 1998, 524 [528]; zust. dagegen Schwab in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1909 Rz. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 107 Rz. 6; Gitter, JR 1981, 283 [284]). Statt dessen ist vorgeschlagen worden, das für richtig gehaltene Ergebnis durch eine teleologische Reduktion des § 181 letzter Halbs. BGB herbeizuführen (Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107, Rz. 5; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 5, § 181 Rz. 28; Jauernig, JuS 1982, 576 [577]; Feller, DNotZ 1989, 66 [75]; Ultsch, JURA 1998, 524 [528]). Ob diese Lösung vorzugswürdig ist, bedarf im vorliegenden Fall allerdings keiner Erörterung. Denn eine Gesamtbetrachtung ist nach der Begründung der genannten Senatsentscheidung jedenfalls dann nicht veranlasst, wenn das Grundgeschäft, wie hier, bereits bei isolierter Betrachtung mit Rechtsnachteilen für den Minderjährigen verbunden und deshalb gem. §§ 107, 108 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam ist. In diesem Fall fehlt es von vornherein an einer Verpflichtung, die der gesetzliche Vertreter im Wege des In-Sich-Geschäfts gem. § 181 letzter Halbs. BGB erfüllen könnte, so dass eine Umgehung des von § 107 BGB intendierten Schutzes nicht möglich ist (Jauernig, JuS 1982, 576 [577]). Es bleibt damit bei dem auch im Rahmen von § 107 BGB geltenden Grundsatz (Brox, Allgemeiner Teil des BGB, 27. Aufl., Rz. 276; Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Bd. II, 3. Aufl., S. 204 f.; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, 2001, Rz. 1006; Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 107, Rz. 2), dass Verfügungen als abstrakte Rechtsgeschäfte unabhängig von den ihnen zu Grunde liegenden Kausalgeschäften zu beurteilen sind.

Schließlich hat die Unwirksamkeit der zwischen den Beteiligten getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen auch nicht gem. § 139 BGB die Unwirksamkeit der Auflassung zur Folge. Zwar können Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen ausnahmsweise zu einer Einheit im Sinne dieser Vorschrift zusammengefasst werden. Eine solche Annahme rechtfertigt sich jedoch im Hinblick auf § 925 Abs. 2 BGB nicht in Bezug auf das Verhältnis zwischen Grundgeschäft und Auflassung (BGH v. 25.10.1990 - V ZR 22/89, BGHZ 112, 376 [378]; Urt. v. 23.2.1979 - V ZR 99/77, NJW 1979, 1495 [1496]; Urt. v. 24.5.1985 - V ZR 47/84, MDR 1985, 1010 = NJW 1985, 3006 [3007]; Mayer-Maly/Busche in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 139 Rz. 22; Staudinger/Roth, BGB, 2003, § 139 Rz. 54 f.).

b) Bei isolierter Betrachtung ist die Auflassung nicht mit Rechtsnachteilen für die Beteiligen zu 2) und 3) verbunden, die gem. §§ 107, 108 Abs. 1 BGB eine Genehmigung des dinglichen Vertrags durch den gesetzlichen Vertreter oder durch einen Ergänzungspfleger erforderlich machen würden.

aa) Grundsätzlich ist ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [33] = MDR 1981, 37; BayObLGZ 1979, 49 [53]; OLG Dresden MittBayNot 1996, 288 [289 f.]; OLG Köln ZMR 2004, 189 [191]). Zwar träfe die Beteiligten zu 2) und 3) mit der Übereignung des Grundstücks eine bereicherungsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe des Miteigentums (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB), falls der zu Grunde liegende, schwebend unwirksame Schenkungsvertrag nicht genehmigt werden sollte. Diese Verpflichtung wäre jedoch ihrem Umfang nach auf den noch vorhandenen Wert der rechtsgrundlosen Leistung beschränkt (§ 818 Abs. 3 BGB). Eine Beeinträchtigung ihres sonstigen Vermögens, die als Rechtsnachteil angesehen werden müsste, wäre daher nicht zu besorgen (Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 107 Rz. 32; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 107 Rz. 14; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl., § 25 Rz. 24; Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Bd. II, 3. Aufl., S. 193; Klüsener, Rpfleger 1981, 258 [264]; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [424]).

bb) Ein rechtlicher Nachteil ist auch nicht darin zu sehen, dass das Grundstück der Beteiligten zu 1) mit einer Grundschuld belastet ist und dass gleichzeitig mit der Eigentumsänderung ein Nießbrauch und eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 1) in das Grundbuch eingetragen werden sollen.

Eine Grundschuld verpflichtet den Grundstückseigentümer gem. §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB lediglich dazu, die Zwangsvollstreckung des Gläubigers in das Grundstück zu dulden (BGHZ 7, 123 [126]). Die mit dem Erwerb des belasteten Grundstücks verbundene Haftung der Beteiligten zu 2) und 3) ist demnach auf die ihnen zugewendete Sache beschränkt. Diese Haftung mindert zwar den im Eigentumserwerb liegenden Vorteil, beseitigt ihn jedoch nicht (BayObLGZ 1979, 49 [53]; OLG Dresden MittBayNot 1996, 288 [290]; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 6; Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 107 Rz. 40; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 107 Rz. 4; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107 Rz. 4; Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Bd. II, 3. Aufl., S. 192; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl., § 25 Rz. 24; Klüsener, Rpfleger 1981, 258 [261]; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [429]; a.A. Lange, NJW 1955, 1339 [1341]). Allerdings kann sich eine den Eigentümer persönlich treffende Zahlungspflicht daraus ergeben, dass er die Kosten des zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück erforderlichen Titels tragen muss (Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2002, § 1147 Rz. 18, 29). Ob dies einen Rechtsnachteil i.S.v. § 107 BGB darstellt, bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner Entscheidung. Ausweislich des Grundbuchs hat sich die Beteiligte zu 1) bei der Bestellung der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung mit Wirkung gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks unterworfen (§§ 800 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Ein Vollstreckungstitel liegt daher bereits vor, so dass die Beteiligten zu 2) und 3) insoweit nicht mit weiteren Kosten belastet werden können. Mögliche deliktische Schadensersatzansprüche des Grundschuldgläubigers gem. § 823 Abs. 1 BGB oder gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 1192 Abs. 1, 1133 bis 1135 BGB wegen einer Verschlechterung des belasteten Grundstücks (BGHZ 65, 211 [212]) sind keine Folge des Eigentumserwerbs als solchem, sondern eines schuldhaften Verhaltens des Grundstückseigentümers. Ihretwegen bedarf die Auflassung daher keiner Genehmigung gem. §§ 107, 108 Abs. 1 BGB, zumal eine solche Genehmigung nicht geeignet wäre, den Minderjährigen vor eigenem deliktischen Verhalten zu schützen (allgemein für Schadensersatzpflichten gem. § 823 BGB Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 107 Rz. 32).

Eine Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB) setzt das Entstehen des zu sichernden schuldrechtlichen Übereignungsanspruchs voraus (BGHZ 54, 56 [63]; BGH v. 7.3.2002 - IX ZR 457/99, BGHZ 150, 138 [142] = BGHReport 2002, 658 = MDR 2002, 907), begründet diesen jedoch nicht und hat auch sonst keine persönlichen Verpflichtungen des Grundstückseigentümers zur Folge. Ihre Eintragung beseitigt deshalb den mit dem Eigentumserwerb verbundenen Vorteil nicht (OLG Dresden, MittBayNot 1996, 288 [291]; Klüsener, Rpfleger 1981, 258 [261 f.]). Das Gleiche gilt für die Belastung eines Grundstücks mit einem Nießbrauch jedenfalls dann, wenn der Nießbraucher, wie hier, über §§ 1042 S. 2, 1047 BGB hinaus auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat, der Eigentümer insoweit also nicht zum Aufwendungs- oder Verwendungsersatz gem. §§ 1049, 677 ff. BGB verpflichtet ist (OLG Dresden MittBayNot 1996, 288 [290]; BayObLGZ 1979, 49 [54 f.]; OLG Köln v. 10.11.1997 - 14 Wx 10/97, OLGReport Köln 1998, 35 = Rpfleger 1998, 159; OLG Celle v. 16.2.2001 - 4 W 324/00, OLGReport Celle 2001, 159 = MDR 2001, 931 f.; OLG Köln ZMR 2004, 189 [191]; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 6; Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 107 Rz. 40; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 107 Rz. 4; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl., § 25 Rz. 24; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [428]).

cc) Die mit jeder Art von Grunderwerb verbundene Verpflichtung zur Tragung öffentlicher Lasten stellt jedenfalls insoweit keinen Rechtsnachteil i.S.v. § 107 BGB dar, als es sich um laufende Aufwendungen, insb. die Pflicht zur Entrichtung der Grundsteuer, handelt.

Dies folgt allerdings nicht daraus, dass die öffentlichen Grundstückslasten auf Gesetz oder Satzung beruhen, also nicht Gegenstand der zwischen den Parteien getroffenen rechtsgeschäftlichen Abreden sind (so jedoch Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 6; Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl, § 107 Rz. 39; RGRK-BGB/Krüger-Nieland, 12. Aufl., § 107 Rz. 17; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107 Rz. 4; Harry Westermann, JZ 1955, 244 [245]). Denn das Vermögen des Minderjährigen ist nicht weniger gefährdet, wenn der Eintritt eines Rechtsnachteils zwar von den Parteien des Rechtsgeschäfts nicht gewollt, vom Gesetz jedoch als dessen Folge angeordnet ist (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl., § 25 Rz. 23; Feller, DNotZ 1989, 66 [70]).

Richtig ist weiterhin, dass der Grundstückseigentümer für die Erfüllung seiner auf öffentlichem Recht beruhenden Abgabenverpflichtungen nicht nur dinglich, sondern auch persönlich haftet (BGH, Urt. v. 22.5.1981 - V ZR 69/80, MDR 1981, 1002 = NJW 1981, 2127). Der Umstand, dass den Minderjährigen infolge eines Rechtsgeschäfts persönliche Leistungspflichten treffen, zwingt jedoch nicht in jedem Fall zu der Annahme, das Rechtsgeschäft bedürfe gem. §§ 107, 108 Abs. 1 BGB einer Genehmigung. Der Senat hat bereits in seiner die Überlassung von Wohnungseigentum betreffenden Entscheidung darauf hingewiesen, dass zur Vermeidung einer zu engen Handhabung des § 107 BGB der Begriff der ausschließlichen Lukrativität unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift auszulegen ist (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [35] = MDR 1981, 37; OLG Dresden MittBayNot 1996, 288 [290]; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107 Rz. 1). § 107 BGB bezweckt in erster Linie, den Minderjährigen vor einer Gefährdung seines Vermögens zu schützen. Da die Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäfts allerdings mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, knüpft die Vorschrift die Genehmigungsbedürftigkeit im Interesse der Rechtssicherheit an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils an, das im Regelfall eine Vermögensgefährdung indiziert (Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107 Rz. 1; Lange, NJW 1955, 1339; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [418 ff.]). Diese Entscheidung des Gesetzgebers schließt es zwar aus, den von § 107 BGB vorausgesetzten rechtlichen Vorteil durch den wirtschaftlichen Vorteil zu ersetzen (BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [35] = MDR 1981, 37). Möglich ist es jedoch, bestimmte Rechtsnachteile wegen ihres typischerweise ganz unerheblichen Gefährdungspotenzials als von dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst anzusehen (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl., § 25 Rz. 23; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [420]). Dies gilt jedenfalls für solche den Minderjährigen kraft Gesetzes treffenden persönlichen Verpflichtungen, die ihrem Umfang nach begrenzt und wirtschaftlich derart unbedeutend sind, dass sie unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Verweigerung der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter oder durch einen Ergänzungspfleger nicht rechtfertigen könnten. Unter diesen Voraussetzungen wäre es reiner Formalismus, würde man die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Erteilung einer Genehmigung abhängig machen, obwohl das Ergebnis der dabei vorzunehmenden Prüfung von vornherein feststünde. Mit der am Schutzzweck des § 107 BGB orientierten einschränkenden Auslegung ist eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit nicht verbunden, wenn geschlossene, klar abgegrenzte Gruppen von Rechtsnachteilen ausgesondert werden, die nach ihrer abstrakten Natur typischerweise keine Gefährdung des Minderjährigen mit sich bringen (Stürner, AcP 173 [1973], 402 [420]; BGHZ 59, 236 [240], zur einschränkenden Auslegung von § 181 erster Halbs. BGB). Eine derartige Fallgruppe stellt die Verpflichtung des Minderjährigen dar, die laufenden öffentlichen Grundstückslasten zu tragen. Die betreffenden Abgaben bemessen sich entweder nach dem Wert des Grundstücks oder nach den der öffentlichen Hand durch die Erbringung bestimmter Dienstleistungen entstehenden Kosten. Sie sind daher ihrem Umfang nach begrenzt, können i.d.R. aus den laufenden Erträgen des Grundstücks gedeckt werden und führen typischerweise zu keiner Vermögensgefährdung. Ihretwegen würde ein auf das Wohl des Minderjährigen bedachter gesetzlicher Vertreter oder Ergänzungspfleger seine Zustimmung zu einem Grunderwerb nicht verweigern. Dies rechtfertigt es, sie als rechtlich nicht nachteilig zu behandeln (Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 107 Rz. 15; Stürner, AcP 173 [1973], 402 [427 f.]; Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Bd. II, 3. Aufl., S. 192; für die Unbeachtlichkeit sämtlicher öffentlicher Lasten BayObLG NJW 1967, 1912 [1913]; NJW 1968, 941; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 107 Rz. 6; Schmitt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 107 Rz. 39; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 107 Rz. 4; RGRK-BGB/Krüger-Nieland, 12. Aufl., § 107 Rz. 2; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 107 Rz. 4; Feller, DNotZ 1989, 66 [71]; Klüsener, Rpfleger 1981, 461 [466]; Harry Westermann, JZ 1955, 244 [245]; BGHZ 15, 168 [169 f.]; BGH v. 9.7.1980 - V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 [34] = MDR 1981, 37). Ob dies auch für außerordentliche Grundstückslasten, insb. die Verpflichtung zur Entrichtung von Erschließungs- oder Anliegerbeiträgen, gilt, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Eine Belastung der Beteiligten zu 2) und 3) mit derartigen Pflichten ist nicht ersichtlich. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass sie in Zukunft zu Anliegerbeiträgen oder ähnlichen außerordentlichen Lasten herangezogen werden könnten, stellt als solche keinen Rechtsnachteil dar. Insoweit würde es dem gesetzlichen Vertreter oder dem Ergänzungspfleger an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten fehlen, auf die sie ihre Entscheidung über die Erteilung oder die Versagung einer Genehmigung stützen könnten.

2. Nach alledem ist die von den Beteiligten erklärte Auflassung wirksam, ohne dass es einer Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger oder einer gerichtlichen Genehmigung bedürfte. Das Grundbuchamt war daher - unter Aufhebung seiner Zwischenverfügung und der Beschwerdeentscheidung des LG - anzuweisen, von seinen Eintragungsbedenken Abstand zu nehmen. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 31 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 2 S. 1 KostO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1288745

BGHZ 2005, 170

DB 2005, 665

DStZ 2005, 171

NJW 2005, 415

BGHR 2005, 348

DWW 2005, 38

DWW 2005, 72

EBE/BGH 2005, 22

FamRZ 2005, 359

DNotI-Report 2005, 21

FGPrax 2005, 56

JR 2005, 415

MittBayNot 2005, 408

WM 2005, 144

WuB 2005, 299

ZAP 2005, 319

ZEV 2005, 66

ZfIR 2005, 288

DNotZ 2005, 549

JA 2005, 402

JZ 2006, 147

JuS 2005, 457

KÖSDI 2005, 14543

MDR 2005, 323

Rpfleger 2005, 189

VuR 2005, 79

FamRB 2005, 124

NotBZ 2005, 150

RENOpraxis 2005, 58

ZErb 2005, 231

ZFE 2005, 129

ZNotP 2005, 98

JT 2005, 111

LMK 2005, 25

SJ 2005, 40

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