Leitsatz (amtlich)

a) Hat ein Wohnungseigentümer seine Eigentumswohnung an ein Vermietungsunternehmen zur Untervermietung zu Wohnzwecken vermietet, so kann ihm nach Kündigung des Hauptmietvertrages der aus § 556 Abs. 3 BGB auf Räumung der Eigentumswohnung in Anspruch genommene Untermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensetzen, soweit dem Untermieter gegenüber einer Kündigung des Untervermieters Schutzrechte aus den §§ 556 a, 564 b BGB zustehen würden, es sei denn, daß dem Untermieter bei Abschluß des Untermietvertrages bekannt war, daß sein Vermieter nicht Wohnungseigentümer ist.

b) Das gilt auch, wenn ein Ersteher des Wohnungseigentums den Vertrag mit der Vermietungsgesellschaft nach § 57 a ZVG kündigt und dann gegen den Untermieter aus § 556 Abs. 3 BGB vorgeht.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 556a, 564b; ZVG § 57a

 

Verfahrensgang

OLG Hamm

LG Bonn

 

Tenor

1. Hat ein Wohnungseigentümer seine Eigentumswohnung an ein Vermietungsunternehmen zur Untervermietung zu Wohnzwecken vermietet, so kann ihm nach Kündigung des Hauptmietvertrages der aus § 556 Abs. 3 BGB auf Räumung der Eigentumswohnung in Anspruch genommene Untermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensetzen, soweit dem Untermieter gegenüber einer Kündigung des Untervermieters Schutzrechte aus den §§ 556 a, 564 b BGB zustehen wurden, es sei denn, daß dem Untermieter bei Abschluß des Untermietvertrages bekannt war, daß sein Vermieter nicht Wohnungseigentümer ist.

2. Das gilt auch, wenn ein Ersteher des Wohnungseigentums den Vertrag mit der Vermietungsgesellschaft nach § 57 a ZVG kündigt und dann gegen den Untermieter aus § 556 Abs. 3 BGB vorgeht.

 

Tatbestand

I. 1. Die Klägerin, eine Bank, erwarb am 16. Mai 1980 im Wege der Zwangsversteigerung die von der Beklagten zu 2) (nachfolgend Beklagte) bewohnte Wohnung. Diese Wohnung hatte der Voreigentümer durch Vertrag vom 31. Januar 1976 an die frühere Erstbeklagte, eine Vermietungsgesellschaft, auf die Dauer von zehn Jahren vermietet, wobei der Mieterin das Recht eingeräumt worden war, die Wohnung ohne Zustimmung des Eigentümers unterzuvermieten. Die Vermietungsgesellschaft (Mieterin) vermietete die Wohnung am 29. November 1977 an die Beklagte und deren Ehemann. In dem Mietvertrag tritt die Mieterin als Vermieterin auf, ohne daß daraus hervorgeht, daß sie ihrerseits Mieterin der Wohnung war. Dementsprechend ging die Beklagte davon aus, daß die Vermietungsgesellschaft Eigentümerin der Wohnung und Hauptmieterin sei.

Nachdem die Klägerin die Wohnung ersteigert hatte, kündigte sie der Mieterin gegenüber mit Schreiben vom 21. Mai 1980 das Hauptmietverhältnis zum 31. Juli 1980 und bat diese, ihrerseits die Untermieterin zur Räumung der Wohnung aufzufordern. Außerdem zeigte sie der Beklagten den Eigentumswechsel an und verlangte von ihr gleichfalls Räumung der Wohnung.

Demgegenüber wendet die Beklagte ein, sie habe sich bei Vertragsschluß für die Hauptmieterin gehalten und die Klägerin könne nur unter den Voraussetzungen des § 564 b BGB Räumung verlangen. Außerdem verlangt sie gemäß § 556 a BGB Fortsetzung des Mietverhältnisses, weil dessen Beendigung für sie und ihre Familie eine Harte darstelle.

Die Mieterin erkannte im Prozeß den Räumungsanspruch an und wurde demgemäß verurteilt. Die Klage gegen die Beklagte wies das Amtsgericht ab und begründete seine Entscheidung damit, daß die Beklagte gegenüber dem Herausgabeverlangen der Klägerin den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erheben könne. Gegen das amtsgerichtliche Urteil legte die Klägerin Berufung ein.

2. Das Landgericht geht davon aus, daß zwischen den Parteien keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen bestehen. Seiner Ansicht nach hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob im Rahmen des Herausgabeverlangens nach § 556 Abs. 3 BGB die Mieterschutzvorschriften der §§ 556 a und 564 b BGB entsprechend, auch im Fall der Ausübung des Sonderkündigungsrechts gemäß § 57 a ZVG, anzuwenden sind. Es hat mit Beschluß vom 23. Juli 1981 dem Oberlandesgericht Hamm folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:

  1. Sind, wenn der Hauptvermieter die Räumlichkeiten einem gewerblichen Anmieter langfristig zum Zwecke der Weitervermietung zu Wohnzwecken überlassen hat und das vertragliche Nutzungsverhältnis zwischen dem Vermieter und dem gewerblichen Anmieter unvorhergesehen rechtswirksam gekündigt worden ist, der Hauptvermieter und der Untermieter verpflichtet, entsprechend den im Untermietvertrag enthaltenen Regelungen einen Nutzungsvertrag zu schließen, wenn dadurch der Hauptvermieter in seinen Rechten, wie sie sich aus dem gekündigten Hauptmietvertrag mit dem gewerblichen Anmieter ergeben haben, nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften über die Wohnraummiete verkürzt wird?
  2. Für den Fall der Verneinung von Frage 1:

    Finden bei Vorliegen der oben genannten Vertragskonstruktionen im Rahmen des Rückforderungsverlangens gem. § 556 Abs. 3 BGB im Verhältnis des Hauptvermieters zum Untermieter die Mieterschutzvorschriften der §§ 556 a und/oder 564 b BGB entsprechende Anwendung?

  3. Für den Fall der Bejahung von Frage 1 oder 2:

    Kann sich dann der Untermieter gegenüber dem Hauptvermieter auf § 556 a BGB auch berufen, wenn die Kündigung des Mietverhältnisses zwischen dem Hauptvermieter und dem gewerblichen Anmieter gemäß § 57 a ZVG erfolgt ist?

  4. Das Oberlandesgericht Hamm möchte wie folgt entscheiden:

    1. Hat ein Wohnungseigentümer seine Eigentumswohnung an einen gewerblichen Anmieter (hier: Vermietungsgesellschaft) zur Untervermietung zu Wohnzwecken vermietet und kündigt er später vorzeitig das zu dem gewerblichen Anmieter bestehende Rechtsverhältnis wirksam, so kann ihm ein nun aus § 556 Abs. 3 BGB auf Räumung der Eigentumswohnung in Anspruch genommener Untermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensetzen, soweit diesem Untermieter gegenüber seinem Untervermieter (dem Hauptmieter = gewerblichem Anmieter) Schutzrechte aus §§ 556 a, 564 b BGB zugestanden haben wurden.
    2. Das gilt auch, wenn ein Ersteher des Wohnungseigentums den Vertrag mit dem gewerblichen Anmieter (Hauptmieter) nach § 57 a ZVG kündigt und dann gegen den Untermieter aus § 556 Abs. 3 BGB vorgeht.

Es sieht sich aber an einer solchen Entscheidung durch die Rechtsentscheide des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 1981 (3 ReMiet 4/81 = WuM 1981, 249) und des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 1973 (5 UH 1/73 = NJW 1973, 1841) gehindert. Es hat deshalb am 30. November 1981 beschlossen, einen Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs einzuholen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Anrufung des Bundesgerichtshofs ist nach Art. III Abs. 1 Satz 1 und 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 (3. MietRÄndG) BGBl. I 1248 i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 5. Juni 1980 (BGBl. I 657) zulässig.

1. Das Oberlandesgericht hält – anders als das vorlegende Landgericht in Frage 1 – Vermieter und Untermieter nicht für verpflichtet, einen Nutzungsvertrag entsprechend den Regeln des Untermietvertrages zu schließen. Der Senat geht davon aus, daß das Oberlandesgericht zu dieser Frage keinen Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs herbeiführen will, sondern lediglich die Beantwortung der ihm vom Landgericht vorgelegten Fragen 2 und 3 erwartet. Insoweit würde es im übrigen an dem Vorlagegrund der „Divergenz” fehlen.

2. Die zur Entscheidung unterbreiteten Rechtsfragen ergeben sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum.

a) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11. Februar 1981 (VIII ZR 323/79 = WM 1981, 409 = NJW 1981, 1377) in Anlehnung an die Entscheidung RGZ 124,4 ausgesprochen, daß eine Vermietung nicht zu Wohnzwecken erfolgt, wenn der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch den Mieter für beide Vertragsteile gerade nicht im Wohnen, sondern in der Weitervermietung liegt, ohne daß es darauf ankommt, wie die Räume letztlich genutzt werden sollen. Hieran ist festzuhalten.

Liegt somit zwischen der Klägerin und der Mieterin ein gewerbliches Mietverhältnis vor, so entspringt der Räumungsanspruch gegen den Untermieter gemäß § 556 Abs. 3 BGB gleichfalls dem zu gewerblichen Zwecken abgeschlossenen Mietvertrag.

b) Dies bedeutet indessen nicht, daß die Rechtsfrage, die hier zu entscheiden ist, nicht dem Wohnraummietrecht zuzuordnen ist. Das Senatsurteil vom 11. Februar 1981 erging zur Frage der Zuständigkeit nach § 29 a ZPO und betraf ausschließlich das Verhältnis zwischen. Vermieter und Mieter, während im vorliegenden Fall das Verhältnis zwischen Vermieter und Untermieter angesprochen ist. Zwischen ihnen besteht zwar auch kein „Mietverhältnis über Wohnraum” – so der Gesetzeswortlaut –, entscheidend ist jedoch, daß die Einwendungen der Beklagten, nämlich die Berufung auf die Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 564 b, 556 a BGB oder der in Anlehnung hieran erhobene Einwand des Verstosses gegen Treu und Glauben zum Wohnraummietrecht gehören und letztlich ihren Ursprung in dem Mietverhältnis zwischen der Mieterin und der Beklagten haben, das zweifelsfrei ein solches über Wohnraum darstellt. Auch der Zweck des Rechtsentscheidverfahrens, das der Rechtseinheit in Fragen des Mietrechts über Wohnraum dient, gebietet es, diese Rechtsfrage einer höchstrichterlichen Klärung zugänglich zu machen.

3. Auch die weitere Voraussetzung für den Erlaß eines Rechtsentscheids des Bundesgerichtshofes ist gegeben, nämlich die vom vorlegenden Oberlandesgericht beabsichtigte Abweichung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts (Art. III Abs. 1 Satz 3 3. MietRÄndG; vgl. hierzu BGHZ 79, 288).

Mit der beabsichtigten Entscheidung würde das vorlegende Oberlandesgericht Hamm von dem Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Karlsruhe (WuM 1981, 249) abweichen. Dieses bejaht die Rechtsmißbräuchlichkeit des Herausgabeverlangens des Vermieters, der seine Wohnung an ein Vermietungsunternehmen gegen Mietzinsgarantie vermietet hat, nur für den Fall, daß der Vermieter gewußt hat, sein Mieter werde den Vertrag mit dem Dritten nicht als Untermietverhältnis kennzeichnen, und wenn er dies geduldet hat. Das Oberlandesgericht Hamm dagegen will die Entscheidung dahin treffen, daß der aus § 556 Abs. 3 BGB auf Herausgabe und Räumung in Anspruch genommene Untermieter dem Hauptvermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs stets entgegensetzen kann, soweit ihm gegenüber dem Untervermieter Mieterschutz nach den §§ 556 a, 564 b BGB zusteht.

Soweit das vorlegende Oberlandesgericht den Einwand des Rechtsmißbrauchs auch gegenüber der Kündigung aus § 57 a ZVG durchgreifen lassen will (vgl. oben zu I 3 b), müßte es, wie sich aus den folgenden Ausführungen zu III 3 ergibt, von dem Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 1973 – 5 UH 1/73 (NJW 1973, 1841) abweichen.

4. Die umstrittene Frage, ob und inwieweit das um den Erlaß eines Rechtsentscheids angegangene Gericht die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage in eigener Zuständigkeit nachprüfen darf (vgl. hierzu einerseits OLG Köln NJW 1968, 1834; OLG Stuttgart NJW 1969, 1070; BayObLG NJW 1970, 1748; OLG Karlsruhe NJW 1981, 1051; Dänzer-Vanotti NJW 1980, 1777, 1778; andererseits OLG Karlsruhe ZMR 1981, 269, 270; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 40. Aufl., Anh. nach § 544 Anm. 3; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 4. Aufl. G 23), bedarf hier keiner Entscheidung. Die Entscheidungserheblichkeit ist nämlich zweifelsfrei.

III. In der Sache entscheidet der Senat wie aus der Eingangsformel ersichtlich.

1. Da zwischen den Parteien kein Mietverhältnis besteht, können die Bestimmungen der §§ 564 b, 556 a BGB nicht unmittelbar eingreifen.

a) Nach den §§ 57 ZVG, 571 BGB ist die Klägerin anstelle des Voreigentümers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen eingetreten. Das Mietverhältnis ist deshalb ein solches über gewerbliche Räume geblieben. Die Klägerin konnte es demnach gegenüber der Mieterin kündigen, ohne an die Voraussetzungen des § 564 b BGB gebunden zu sein. Die Beklagte kann daher nicht einwenden, die Klägerin habe gegenüber der Mieterin keinen Grund für eine Kündigung gehabt.

b) Zwar kann die Beklagte sich gegenüber einer Kündigung des Untermietvertrages durch die Mieterin und Untervermieterin auf die ihr günstigen Kündigungsschutzbestimmungen berufen, denn ihr Mietverhältnis ist ein solches über Wohnraum. Hiervon wird jedoch der Räumungsanspruch der Klägerin nicht berührt (vgl. Staudinger/Sonnenschein, BGB, 12. Aufl. 2. Bearbeitung § 556 Rdn. 37; Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl. § 556 Rdn. 22; Schmidt-Futterer/Blank aaO B 160). Auch wenn das Untermietverhältnis nicht beendet ist, verliert der Untermieter gegenüber dem Hauptvermieter infolge der Beendigung des Hauptmietverhältnisses das Recht zum Besitz und zur Nutzung der Mietsache (BGHZ 79, 232, 235).

2. Somit kann dem Räumungsbegehren der Klägerin allenfalls der Einwand des Verstosses gegen Treu und Glauben entgegengesetzt werden.

a) Unbestritten ist ein Räumungsverlangen des Hauptvermieters gegenüber dem Untermieter dann rechtsmißbräuchlich, wenn Hauptvermieter und Mieter in unredlicher Weise das Mietverhältnis einverständlich beenden, um den Untermieter zum Auszug zu zwingen oder von vornherein Hauptmietvertrag und Untermietvertrag über eine Wohnung deshalb hintereinander geschaltet werden, um dem Untermieter den für Wohnraum geltenden Kündigungsschutz abzuschneiden (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 1965 – VIII ZR 297/62 S. 5, nicht veröffentlicht; Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 556 Rdn. 19; Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl. 2. Bearbeitung § 549 Rdn. 68; Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl. § 556 Rdn. 25; Voelskow in MünchKomm § 556 Rdn. 43). Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Nach dem Vorlagebeschluß des Oberlandesgerichts kommt ein sittenwidriges Zusammenwirken zwischen Hauptvermieter und Mieter nicht in Betracht.

b) Ob und inwieweit in derartigen Fällen das Herausgabeverlangen des Vermieters gegen den Untermieter rechtsmißbräuchlich ist, ist umstritten.

aa) Das Reichsgericht (HRR 1941, 261) hat dem Untermieter die Berufung auf Mieterschutzbestimmungen versagt, ohne zu erörtern, ob derselbe Schutz unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zuzubilligen sei. Die gleiche Ansicht haben das Landgericht Aachen (ZMR 1954, 212) und das Landgericht Berlin (ZMR 1957, 243, nur Leitsatz) vertreten (ebenso Schmidt-Futterer/Blank, aaO, B 160).

bb) Im Hinblick auf den Schutzzweck der §§ 564 b, 556 a BGB haben das Landgericht Stade (WuM 1980, 103) und das Landgericht Köln (WuM 1981, 252) angenommen, der Vermieter müsse, wenn er nicht dafür gesorgt habe, daß der Untermieter vom Mieter über seine Rechtsposition aufgeklärt wurde und der Untermieter deshalb angenommen habe, Hauptmieter zu sein, sich so behandeln lassen, wie wenn der Untermieter Hauptmieter geworden sei (vgl. auch Wüstefeld WuM 1981, 251). Beiden Entscheidungen lagen wie hier Fälle zugrunde, in denen Wohnungen vom Eigentümer zum Zwecke der Weitervermietung einer Vermietungsgesellschaft mietweise überlassen worden waren.

cc) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in dem Rechtsentscheid, von welchem das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will, in einem ebenso gelagerten Fall eine vermittelnde Ansicht vertreten, wie zu II 3 ausgeführt ist.

c) Auch der erkennende Senat geht davon aus, daß sich der Untermieter gegenüber dem Hauptvermieter grundsätzlich nicht auf die §§ 556 a, 564 b BGB berufen kann, weil es an den hierfür nach dem Gesetz erforderlichen vertraglichen Beziehungen fehlt. Bei einer Fallgestaltung wie hier, nämlich unter den Voraussetzungen, daß eine Eigentumswohnung, die an sich dem Mieterschutz unterliegt, durch einen gewerblichen Mieter zu Wohnzwecken untervermietet wird, und der Untermieter bei Vertragsabschluß nicht wußte, daß sein Vermieter nicht der Eigentümer der Wohnung ist, handelt der Hauptvermieter aber rechtsmißbräuchlich, wenn er nach Kündigung des Mietvertrages von dem Untermieter die Herausgabe und Räumung der Mietsache begehrt unter Berufung darauf, zu diesem Verlangen ohne Rücksicht auf die für den Mieter von Wohnraum geltenden Schutzbestimmungen deswegen berechtigt zu sein, weil er zu dem Untermieter nicht in vertraglichen Beziehungen stehe.

aa) Hat der Untermieter bei Vertragsabschluß – gleichgültig aus welcher Quelle – gewußt, daß sein Vermieter nicht der Wohnungseigentümer ist, so verstößt das auf § 556 Abs. 3 BGB gestützte Räumungsverlangen allerdings deswegen nicht gegen Treu und Glauben, weil der Untermieter dann erkennen konnte, daß er nur gegenüber seinem Vertragspartner, nicht aber gegenüber dem Wohnungseigentümer nach den §§ 564 b, 556 a BGB Kündigungsschutz genießt.

bb) Hatte der Untermieter bei Vertragsabschluß aber keine Kenntnis davon, daß die Wohnung seinem Vertragspartner nicht gehört, so kann der Hauptvermieter, der die Wohnung an ein gewerbliches Vermietungsunternehmen vermietet hat, nach Kündigung dieses Vertrages mit einem Räumungsverlangen nach § 242 BGB nur dann Erfolg haben, wenn dem Untermieter gegenüber einer Kündigung des Untervermieters keine Schutzrechte aus den §§ 556 a, 564 b BGB zustehen würden.

Nach den Absichten des Gesetzgebers soll der vertragstreue Mieter vor einer willkürlichen Kündigung und dem Verlust seiner Wohnung geschützt werden (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum, BT-Drucksache 7/2011, S. 7). Dieser Schutz wird nicht erreicht, wenn der Untermieter, der sich für den Hauptmieter halten kann, infolge der Beendigung des Hauptmietverhältnisses die Wohnung räumen muß. Zwar hat er dann im allgemeinen einen Schadensersatzanspruch gegen den Untervermieter. Schadensersatz vermag aber in aller Regel den Verlust der Wohnung als Lebensmittelpunkt nicht auszugleichen. Im übrigen hilft ihm das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs dann nichts, wenn der Untervermieter insolvent ist.

Die Versagung des Kündigungsschutzes in einem Fall wie hier wurde, worauf das vorlegende Oberlandesgericht zutreffend hinweist, der neueren Entwicklung im Wohnungsbau nicht gerecht. Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß Anleger, nicht zuletzt im Hinblick auf steuerliche Vorteile, ihr Kapital für die Errichtung oder den Erwerb von Eigentumswohnungen einsetzen, die sie – wenn überhaupt – zumindest für längere Zeit nicht selbst bewohnen wollen. Die Nutzung der Wohnung überlassen sie einem gewerblichen Vermietungsunternehmen, das seinerseits keinen Mieterschutz genießt (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 aaO), das ihnen aber langfristig feste Mietzinseinnahmen garantiert und ihnen den Verwaltungsaufwand abnimmt, den die Vermietung einer Wohnung mit sich bringt. Eine solche Vertragsgestaltung, wie sie nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auch hier vorliegt, wird insbesondere beim sogenannten Bauherrenmodell gewählt, bei dem der Wohnungseigentümer häufig dem Bauträger selbst die Weitervermietung überträgt und sich von diesem einen bestimmten Mietzins garantieren läßt. Diese Entwicklung hat der Gesetzgeber bei Einführung der Sozialklausel des § 556 a BGB und der Kündigungsschutzvorschrift des § 564 b BGB nicht vorausgesehen. Es ist aber nicht einzusehen, weshalb der Eigentümer, der die dargelegte Vertragsgestaltung mit den ihr innewohnenden Vorteilen wählt, in bezug auf die Möglichkeit, die Mietsache wiederzuerlangen, darüberhinaus zum Schaden des Untermieters besser gestellt sein soll als der Vermieter, der die Wohnung unmittelbar an den Benutzer vermietet. Der Eigentümer weiß, daß seine Wohnung letztlich zum Wohnen benutzt werden soll und daß ein Wohnungsinteressent sich nicht ohne zwingenden Anlaß darauf einläßt, eine Wohnung zu mieten, für die Kündigungsschutz nicht besteht. Er hat es in der Hand, dafür zu sorgen, daß der Untermieter bei Abschluß des Vertrages darüber informiert wird, einen Untermietvertrag einzugehen. Zu diesem Zweck kann er die Erlaubnis zur Untervermietung davon abhängig machen, daß der Mieter den Untermietvertrag als solchen kennzeichnet. Weiter kann er den Mieter zusätzlich verpflichten, ihm den Untermietvertrag vor dessen Abschluß vorzulegen. Schließlich kann er die dahingehenden Verpflichtungen des Mieters durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe absichern. Im übrigen stehen dem Vermieter, der wegen der fehlenden Unterrichtung des Untermieters durch den Mieter sich die Berufung auf die §§ 556 a, 564 b BGB entgegenhalten lassen muß, bei entsprechender Gestaltung des Hauptmietvertrages Schadensersatzansprüche gegen den Mieter zu.

cc) Die Auffassung des Senats führt dazu, daß der Vermieter, wenn die Voraussetzungen der §§ 556 a, 564 b BGB gegeben sind, das Verbleiben des Untermieters in der Wohnung dulden muß, obwohl eine vertragliche Rechtfertigung hierfür nicht besteht. Dieses Ergebnis ist aber hinzunehmen, weil damit keine unangemessene finanzielle Benachteiligung des Vermieters verbunden ist. Der Untermieter verstößt nämlich seinerseits gegen Treu und Glauben, wenn er „Kündigungsschutz” begehrt, gegenüber der Forderung des Vermieters auf Zahlung einer angemessenen Nutzungsvergütung aber einwendet, zwischen ihm und dem Vermieter bestanden keine vertraglichen Beziehungen. Da ein Vergütungsanspruch jedenfalls aus § 242 BGB folgt, braucht die Frage nicht entschieden zu werden, ob eine solche Forderung auch aus § 557 BGB hergeleitet werden könnte, welche Vorschrift nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und im Schrifttum im Verhältnis zwischen Hauptvermieter und Untermieter nicht gilt (AG Stuttgart WuM 1973, 78; Staudinger/Sonnenschein, aaO, § 557 Rdn. 9; Soergel/Kummer, aaO, § 556 Rdn. 22; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. S. 660 Rdn. 10 und S. 707 Rdn. 102; Palandt/Putzo, BGB, 41. Aufl. § 557 Anm. 2 a Weimar ZMR 1968, 2, 3; a.A. OLG Köln NJW 1961, 30). Auch die Frage, ob § 812 BGB Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung sein könnte, kann offenbleiben. Infolgedessen kommt es nicht darauf an, ob der Untermieter einem Anspruch aus § 312 BGB entgegenhalten konnte, er nutze die Wohnung wegen des ihm gewährten Schutzes (§§ 556 a, 564 b, 242 BGB) nicht „ohne Rechtsgrund”, oder ob ein Bereicherungsanspruch schon deshalb bejaht werden müßte, weil der mit § 242 BGB begründete Schutz gegen das Räumungsverlangen dem Untermieter jedenfalls kein Recht zur unentgeltlichen Nutzung verschaffen kann.

Auch für die weiteren Ansprüche, die sich zwangsläufig daraus ergeben, daß der Untermieter trotz Beendigung des Hauptmietvertrages die Mietsache weiter nutzt, ist jedenfalls § 242 BGB Rechtsgrundlage, solange der Gesetzgeber hierzu keine ausdrückliche Regelung getroffen hat.

3. Diese Ausführungen treffen auch dann zu, wenn derjenige, der das Wohnungseigentum im Wege der Zwangsvollstreckung erworben und sein Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG ausgeübt hat, gegen den Untermieter gemäß § 556 Abs. 3 BGB vorgeht. Die Frage, ob der Untermieter dem Ersteher rechtsmißbräuchliches Verhalten entgegenhalten kann, ist nicht anders zu beantworten als die Frage, ob der Mieter sich gegenüber der Kündigung nach § 57 a ZVG auf die Schutzbestimmungen der §§ 556 a, 564 b BGB berufen kann.

a) Das Oberlandesgericht Oldenburg (NJW 1973, 1841) hat dem Mieter gegenüber dem Kündigungsrecht aus § 57 a ZVG das Widerspruchsrecht nach § 556 a BGB mit der Begründung versagt, die Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund des Sonderkündigungsrechts sei keine „vertragsgemäße Beendigung” des Mietverhältnisses im Sinne des § 556 a BGB (ebenso Steiner/Riedel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 8. Aufl. §§ 57 ff. Rdn. 11; Blomeyer, Zivilprozeßrecht/Vollstreckungsverfahren, 1975 S. 371 Fn. 42; Roquette, Neues soziales Mietrecht, § 556 a Rdn. 21; a.A. Schmidt-Futterer/Blank, aaO, B 177 und Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. IV Rdn. 108).

b) Die Frage, ob ein Sonderkündigungsrecht aus § 57 a ZVG nur unter den Voraussetzungen des § 564 b BGB ausgeübt werden kann, wird überwiegend bejaht (LG Hamburg NJW 1975, 1843, LG Essen ZMR 1977, 241; LG Ulm ZMR 1979, 175; Staudinger/Emmerich, aaO, § 571 Rdn. 35 a; Voelskow, aaO, § 564 b Rdn. 22; Ermann/Schopp, BGB, 7. Aufl. § 564 b Rdn. 13; Sternel, aaO, I 65 und IV 59; Loewe NJW 1975, 9, 10; Schmidt-Futterer MDR 1975, 89; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt, ZVG, 11. Aufl. § 57 a Anm. 6 a). Bedenken äußert lediglich Zeller (ZVG, 10. Aufl. § 57 a Rdn. 6).

c) § 57 a ZVG gewährt dem Ersteigerer ein von vertraglich vorgesehenen Kündigungsfristen unabhängiges Kündigungsrecht. In der Gewährung eines derartigen zeitlichen Vorteils erschöpft sich die Wirkung der Vorschrift. Das mit ihr gewährte zusätzliche Kündigungsrecht steht daher unter dem Vorbehalt der Gesetzgebung zum Kündigungsschutz des Mieters (Blomeyer, aaO, S. 371). Deren Zweck, nämlich der Schutz des vertragstreuen Mieters vor einer Kündigung, erfordert es, auch die Kündigung nach § 57 a ZVG von den Voraussetzungen des § 564 b BGB abhängig zu machen. Aus den gleichen Gründen muß auch die Sozialklausel des § 556 a BGB durchgreifen können, denn auch sie dient dem Schutz des vertragstreuen Mieters.

 

Unterschriften

Braxmaier, Dr. Hiddemann, RiBGH Merz ist beurlaubt und ist daher verhindert zu unterschreiben Braxmaier, Treier, Dr. Brunotte

 

Fundstellen

Haufe-Index 950566

BGHZ

BGHZ, 90

NJW 1982, 1696

Nachschlagewerk BGH

JZ 1982, 506

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