Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Ruhegehalt aus einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst auf der Grundlage der „Vereinbarung über die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des Landes Berlin” ist unverfallbar, wenn der Versicherte das 62. Lebensjahr vollendet hat.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Beschluss vom 21.09.1983)

AG Berlin-Charlottenburg

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. September 1983 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 7.863,96 DM.

 

Tatbestand

I.

Der am 23. Mai 1921 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am 17. Dezember 1919 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 11. September 1944 die Ehe geschlossen. Am 15. Februar 1980 ist der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes zugestellt worden.

Beide Parteien haben während der Ehezeit (1. September 1944 bis 31. Januar 1980, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, die das Amtsgericht für den Ehemann mit monatlich 1.549,90 DM und für die Ehefrau mit monatlich 98,80 DM, jeweils bezogen auf den 31. Januar 1980, angenommen hat. Für den Ehemann, der seit 1950 im öffentlichen Dienst Berlins (weiterer Beteiligter zu 2) tätig und dort seit 1965 Angestellter der Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin – WBK – ist, besteht außerdem ein Anspruch auf eine Zusatzversorgung nach Maßgabe der Vereinbarung über die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des Landes Berlin (VVA, vom 21. April 1955 mit Änderungen). Aus der Zusatzversorgung hat er, bezogen auf das Ende der Ehezeit, einen Anspruch auf dynamische Versorgungsbezüge (Ruhegeld) erlangt, deren Höhe das Amtsgericht nach einer Auskunft des Landesverwaltungsamts Berlin vom 21. August 1980 mit monatlich 1.381,74 DM angenommen hat.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, weitere Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 725,55 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 1.549,90 DM und 98,80 DM), bezogen auf den 31. Januar 1980, auf das ebenfalls bei der BfA geführte Konto der Ehefrau übertragen hat. Außerdem hat es der Ehefrau in Höhe einer Ausgleichsrente von 690,87 DM (Hälfte der ehezeitlich erworbenen Anwartschaften des Ehemannes aus der Zusatzversorgung), bezogen auf den 31. Januar 1980, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten, weil die Regelung des § 1587b Abs. 3 BGB wegen wirtschaftlich untragbarer Belastung für den ausgleichspflichtigen Ehemann verfassungswidrig, nämlich mit den Grundsätzen des sozialen Rechtsstaates nicht vereinbar sei, so daß ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich insoweit nicht in Betracht komme.

Gegen die Entscheidung über den Ausgleich der Zusatzversorgung des Ehemannes hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt.

Auf die Beschwerde hat das Kammergericht – nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) – die angegriffene Entscheidung abgeändert und zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei dem Beteiligten zu 2 für die Ehefrau auf ihrem Versicherungskonto bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 655,33 DM, bezogen auf den 31. Januar 1980, begründet. Die Kürzung des auszugleichenden Betrages (von 690,87 DM auf 655,33 DM monatlich) beruht auf einer Neuberechnung der ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften des Ehemannes durch den Beteiligten zu 2 nach dem Wegfall des örtlichen Sonderzuschlags für Berlin aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1523).

Gegen die Entscheidung des Kammergerichts wendet sich der Beteiligte zu 2 mit der zugelassenen weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Kammergericht hat zu Recht die Ruhegeldanwartschaft des Ehemannes aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst als unverfallbar in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen, obwohl der Versorgungsfall noch nicht eingetreten war und der Ehemann im Zeitpunkt der Entscheidung des Kammergerichts (21. September 1983) erst das 62. und nicht das 65. Lebensjahr vollendet hatte.

a) Wie der Senat in dem Beschluß vom 26. Mai 1982 (BGHZ 84, 158, 167) zum Begriff der Unverfallbarkeit nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB für den Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ausgeführt hat, gelten als unverfallbar im Sinn dieser Vorschrift diejenigen Anwartschaften, deren Versorgungswert nach den maßgeblichen (Satzungs-)Bestimmungen durch die künftige betriebliche/berufliche Entwicklung des Versicherten nicht mehr beeinträchtigt werden kann, sondern die ihm verbleiben, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst ausscheidet.

Das hat der Senat für die Zusatzversorgung, die auf der Grundlage der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) gewährt wird, vor Eintritt des Versicherungsfalls nur bei der Anwartschaft auf die statische Versicherungsrente, nicht hingegen bei der Anwartschaft auf die dynamische Versorgungsrente angenommen. Maßgebend hierfür war insbesondere die Überlegung, daß ein in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes versicherter Arbeitnehmer bis zum Eintritt des Versicherungsfalles noch aus seinem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst ausscheiden kann, was sodann zur Folge hat, daß er im Versicherungsfall nur die Versicherungsrente und nicht die Versorgungsrente erhält. Überlegungen dahin, daß die Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens eines Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes aus seinem Arbeitsverhältnis in der Regel äußerst gering sei, hat der Senat dabei nicht gelten lassen, weil das Gesetz in § 1587a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB nicht darauf abstellt, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung unverfallbar werden wird, sondern die Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausdrücklich davon abhängig macht, ob eine Anwartschaft im Zeitpunkt der Entscheidung bereits unverfallbar oder aber noch verfallbar ist (BGHZ 84, 158, 183). Der Senat ist auch der Auffassung entgegengetreten, das Unverfallbarkeitsrisiko sei dann unbeachtlich, wenn es nur noch der einseitigen Disposition des Arbeitnehmers unterliege, ob er im öffentlichen Dienst verbleiben wolle, und er hat dazu – auf der Grundlage des seinerzeit geltenden § 1587b Abs. 3 BGB – ausgeführt: Dies würde zu verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG Anlaß geben. Die mit einem Ausgleich der Anwartschaft auf die dynamische Versorgungsrente verbundene, in der Regel hohe Beitragslast könnte den bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes versicherten Arbeiter oder Angestellten – mittelbar – dazu zwingen, bis zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst zu bleiben, damit er im Versicherungsfall jedenfalls die dynamische Versorgungsrente als Gegenwert für die entrichteten Beiträge erhalte. Da aber gerade im Fall einer Scheidung aus triftigen Gründen ein Orts- oder Arbeitsplatzwechsel in Betracht kommen könne, könne auf diese Weise die berufliche Entscheidungsfreiheit des öffentlichen Bediensteten unangemessen eingeschränkt werden (BGHZ a.a.O. S. 183).

b) Diese Grundsätze begründen, soweit sie trotz der Ersetzung des § 1587b Abs. 3 BGB durch die Regelung des § 1 Abs. 3 VAHRG weiterhin Geltung beanspruchen, im vorliegenden Fall die Unverfallbarkeit der Ruhegeldanwartschaft des Ehemannes, seitdem er das 62. Lebensjahr vollendet hat.

Nach § 2 der für die Rechtsbeziehungen des Ehemannes zu der WBK geltenden Vereinbarung über die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des Landes Berlin (VVA) erhält ein Arbeitnehmer, der wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit oder wegen Vollendung oder Überschreitung des 65. Lebensjahres aus dem Dienste Berlins ausscheidet, Ruhegeld, wenn er eine mindestens 10-jährige Dienstzeit abgeleistet hat oder unter bestimmten Voraussetzungen arbeitsunfähig geworden ist (Abs. 1); ein Arbeitnehmer, der nach Vollendung des 62. Lebensjahres auf seinen Antrag im Einvernehmen mit dem Land Berlin aus dem Dienst ausscheidet und die Wartezeit erfüllt hat, erhält auch ohne den Nachweis der dauernden Arbeitsunfähigkeit das Ruhegeld (Abs. 2).

Die Wartezeit hat der seit 1950 im Dienste Berlins tätige Ehemann erfüllt. Er konnte mithin seit Vollendung seines 62. Lebensjahres am 23. Mai 1983 auf Antrag im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber aus seinem Arbeitsverhältnis bei der WBK ausscheiden und hatte sodann Anspruch auf den Bezug seines Ruhegeldes nach der VVA.

Allerdings knüpft § 2 Abs. 2 VVA das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst an einen Antrag des Bediensteten und an das „Einvernehmen des Landes Berlin”. Dieses Einvernehmen wird indessen in aller Regel erteilt, und zwar in der Weise, daß auf den Antrag des Arbeitnehmers sein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet wird. Lediglich in Ausnahmefällen wird das Einverständnis mit dem gewünschten Eintritt in den Ruhestand zu dem begehrten Zeitpunkt verweigert, wenn der Antrag zur Unzeit gestellt wird und – etwa – der Personalbedarf, die von dem Bediensteten wahrgenommene Funktion oder auch Gründe der Wiederbesetzbarkeit seines Arbeitsplatzes eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem beantragten Zeitpunkt ausschließen.

Solche Ausnahmefälle stehen indessen der Unverfallbarkeit des Ruhegeldanspruchs seit Vollendung des 62. Lebensjahres des Bediensteten nicht entgegen. Sie führen insbesondere nicht dazu, daß die Arbeiter und Angestellten Berlins – mittelbar – veranlaßt würden, ihren Dienst über die Vollendung des 62. Lebensjahres hinaus deshalb fortzusetzen, weil sie nur auf diese Weise die Gewähr hätten, das Ruhegeld nach der VVA zu erhalten. Auch besteht nicht nur eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Bediensteten Berlins nach der Vollendung des 62. Lebensjahres – unter Wahrung des Anspruches auf das Ruhegeld – aus dem Dienst ausscheiden können (vgl. BGHZ a.a.O. 182, 183), sondern dies ist praktisch der Regelfall. So gebietet der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung, dem auch generelle Versorgungsregelungen, etwa in Versorgungstarifverträgen, genügen müssen (vgl. BAG Urteile vom 8. Dezember 1977 – 3 AZR 530/76 = AP § 242 BGB Ruhegehalt Nr. 176, vom 8. Oktober 1971 – 3 AZR 84/71 = AP § 242 BGB Ruhegehalt-VBL Nr. 3), die gleiche Behandlung aller Antragsteller nach § 2 Abs. 2 VVA durch den Arbeitgeber „in sachgerechter Weise unter Berücksichtigung der vom Arbeitsrecht anerkannten Wertungen”. Eine – willkürlich – unterschiedliche Behandlung, die auf unsachlichen oder sachfremden Gründen beruhen würde, ist hiernach ausgeschlossen (vgl. BAG Urteile vom 10. April 1984 – 3 AZR 57/82, vom 4. Mai 1962 – 1 AZR 250/61, vom 13. Oktober 1960 – 5 AZR 284/59 = AP § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 64, 32 und 30; Götz Hueck Anm. zu BAG AP § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 36). Sofern nicht im Einzelfall ausnahmsweise sachliche Gründe entgegenstehen, ist einem Arbeitnehmer, der nach Vollendung des 62. Lebensjahres aus seinem Arbeitsverhältnis bei einer Behörde/Dienststelle Berlins ausscheiden will, das erforderliche Einverständnis nach § 2 Abs. 2 VVA zu erteilen mit der Folge, daß der Bedienstete unter Wahrung seines Anspruchs auf das Ruhegeld sein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst beenden kann.

Daß dem Dienstherrn, wie dargelegt, für Ausnahmefälle das Ermessen eingeräumt ist, sein Einvernehmen nach § 2 Abs. 2 VVA für den begehrten Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst zunächst zu verweigern, stellt die Unverfallbarkeit des Ruhegeldanspruchs nach Vollendung des 62. Lebensjahres nicht in Frage. Eine entsprechende Regelung ist beispielsweise auch für das Beamtenrecht – bei dringenden dienstlichen Rücksichten der Verwaltung im Einzelfall – in § 41 Abs. 2 BBG vorgesehen. Gleichwohl richtet sich die Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB generell nach der „normalen” Altersgrenze der Beamten – in der Regel nach Vollendung des 65. Lebensjahres (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 14. Juli 1982 – IVb ZB 741/81 = FamRZ 1982, 999, 1000, 1001).

c) Die weitere Beschwerde tritt der Annahme der Unverfallbarkeit des Ruhegeldanspruchs mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 3 VVA entgegen und macht dazu geltend: Bei dieser Annahme werde übersehen, daß auch das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der das 62. Lebensjahr bereits vollendet habe, durch fristlose Kündigung beendet werden könne. Eine fristlose Kündigung aus Gründen in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers habe nach § 2 Abs. 3 VVA zur Folge, daß ein Versorgungsfall nicht eintrete. Dies zeige, daß das Schicksal des Versorgungsanspruchs nach der Vollendung des 62. Lebensjahres keinesfalls nur noch der einseitigen Disposition des Arbeitnehmers – im Sinne einer Unverfallbarkeit – unterliege.

Dem kann nicht gefolgt werden. So hat der Senat, wie ausgeführt, bereits in der grundlegenden Entscheidung zur Unverfallbarkeit der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (BGHZ 84, 158 ff.) das Kriterium der „einseitigen Disposition des Arbeitnehmers” über seine Versorgungsanwartschaften nicht als ausschlaggebenden Gesichtspunkt für die Unverfallbarkeit gelten lassen. Daran ist auch bei den Versorgungsanrechten der Bediensteten Berlins nach der VVA festzuhalten.

Nach § 2 Abs. 3 VVA besteht ein Anspruch auf Ruhegeld dann nicht, „wenn das Land Berlin zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers berechtigt war oder berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus einem schuldhaft in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Grunde zu kündigen”. Das stellt indessen die Unverfallbarkeit des Ruhegeldanspruchs in dem oben dargelegten Sinn seit Vollendung des 62. Lebensjahres des Arbeitnehmers nicht in Frage. Jedes Dienst- oder Arbeitsverhältnis trägt für den Fall bestimmter schuldhafter Verhaltensweisen des Bediensteten/Arbeitnehmers die „Gefahr” der fristlosen Auflösung sowie der möglichen Kürzung oder des Verlustes der Ruhegeldansprüche in sich, ohne daß diese Möglichkeiten generell die Durchführung des Versorgungsausgleichs beeinflussen. Begeht beispielsweise ein Beamter ein Dienstvergehen, so kann ihm, je nach der Schwere des Vergehens, im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Dienst drohen; auch ohne Beendigung des Dienstverhältnisses kommen Disziplinarmaßnahmen in Betracht, die sich auf die Höhe des späteren Ruhegeldes auswirken, wie etwa die Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt, die Kürzung oder auch die Aberkennung des Ruhegehalts (vgl. §§ 2, 5 Abs. 1 und Abs. 2 BDO). Gleichwohl bestimmt § 1587b Abs. 2 BGB i.V. mit § 1587a Abs. 2 Satz 1 BGB den Ausgleich der ehezeitlich erlangten Versorgungsanwartschaften des Beamten in bestimmter, berechenbarer Höhe unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Ehezeit zur gesamten Dienstzeit bis zu dem noch bevorstehenden Erreichen der Altersgrenze ohne Rücksicht darauf, daß in Ausnahmefällen noch die Möglichkeit etwa einer späteren Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts bestehen kann. Ähnliche Regelungen gelten auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, so bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gem. § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG (vgl. § 66 Abs. 3 a und b VBLS). Danach entsteht der Anspruch auf die Zusatzrente (nach der Satzung der VBL auf die Versorgungsrente oder die qualifizierte Versicherungsrente; vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, § 66 VBLS Anm. 10 und 11) nicht oder er erlischt, wenn der Berechtigte wegen bestimmter vorsätzlich begangener Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist. Besteht für den Versicherten eine Zusatzversorgung bei der VBL (oder einer Zusatzversorgungskasse, deren Satzung der „Mustersatzung der” VBL entspricht), so verbleibt ihm in einem solchen Fall lediglich die statische Versicherungsrente nach § 44 oder § 92 der Satzung (Gilbert/Hesse a.a.O. Anm. 10; vgl. beispielsweise § 56 Abs. 3 und 4 der Satzungen der Kommunalen Zusatzversorgungskassen, § 65 Abs. 3 und Abs. 3 a der Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost). Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus § 37 Abs. 5 VBLS (entsprechend § 28 Abs. 6 der Satzungen der Kommunalen Zusatzversorgungskassen, § 34 Abs. 4 der Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost). Nach dieser Vorschrift entsteht der Anspruch auf die Versorgungsrente oder Versicherungsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht, wenn der Versicherte seine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat (vgl. Gilbert/Hesse a.a.O. § 37 Anm. 10). Ungeachtet dieser gesetzlichen (satzungsmäßigen) Regelungen, die den Bestand und die Höhe der späteren Zusatzrente in Ausnahmefällen in Frage stellen können, setzt § 1587 i.V. mit § 1587a Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BGB für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich voraus, daß die Anwartschaften/Aussichten auf betriebliche Altersversorgung grundsätzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt – in einer vorauszuberechnenden Höhe – unverfallbar werden. Die nie auszuschließende Möglichkeit, daß der Anspruch auf die Versorgung im Einzelfall aus einem besonderen im Verhalten des Versicherten liegenden „wichtigen” Grund noch entfallen oder geschmälert werden kann, steht der generellen Annahme der Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft nicht entgegen.

Das gilt auch für das Erlöschen des Ruhegeldanspruchs im Fall des § 2 Abs. 3 VVA.

2. Der Höhe nach hat das Kammergericht die in der Ehezeit erlangten Versorgungsanwartschaften des Ehemannes mit jährlich 15.727,91 DM = monatlich 1.310,66 DM in den Versorgungsausgleich einbezogen, wie sie von dem Beteiligten zu 2 nach Maßgabe der VVA – unter Berücksichtigung von 2/3 der Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 30 Abs. 1 VVA im Rahmen der Gesamtversorgung sowie unter Wegfall des örtlichen Sonderzuschlags für Berlin (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 12. Juli 1984 – IVb ZB 67/83 = FamRZ 1984, 992, 993) – ermittelt worden sind. Gegen die Berechnung sind Bedenken nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.

3. Das Kammergericht hat schließlich auch die zutreffende Form für den Ausgleich der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes nach der VVA angewandt und diese zu Recht gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über das Quasi-Splitting ausgeglichen.

Anwartschaften des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf betriebliche Altersversorgung einschließlich der Anwartschaften aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die bisher nach § 1587b Abs. 3 BGB in der Form der Verpflichtung zur Beitragszahlung auszugleichen waren, fallen nach § 1 Abs. 3 VAHRG unter die Ausgleichsform der Realteilung, wenn die für das Anrecht maßgebende Regelung dies vorsieht. Andernfalls findet für Anrechte, die sich gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richten, das Quasi-Splitting in sinngemäßer Anwendung des § 1587b Abs. 2 BGB statt. Kann der Ausgleich in keiner der beiden genannten Formen durchgeführt werden, so sind die Anrechte in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen (§ 2 VAHRG).

Eine Realteilung ist in den für die Zusatzversorgung des Ehemannes maßgeblichen Vorschriften der VVA nicht vorgesehen. Die nach Maßgabe der VVA begründeten Versorgungsanwartschaften des Ehemannes richten sich jedoch gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger im Sinne des § 1 Abs. 3 VAHRG. Dies bestimmt sich, wie der Senat in dem Beschluß vom 19. September 1984 (BGHZ 92, 152; vgl. auch Beschluß vom 19. September 1984 – IVb ZB 30/84 = FamRZ 1984, 1212) entschieden hat, ausschließlich nach der Rechtsform des Versorgungsträgers und nicht nach dem Charakter der Rechtsbeziehungen, die zwischen ihm und dem Versicherten bestehen. Der Träger der Versorgung muß, um zu dem Kreis der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu gehören, einen öffentlich-rechtlichen Status haben, also eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts sein. Das ist bei dem Träger der Versorgung des Ehemannes der Fall.

Der Ehemann ist Angestellter der Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin, einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 des Gesetzes über die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin vom 23. Dezember 1964, GVBl S. 1359, in der Fassung vom 22. März 1967, GVBl S. 519). Diese hat auf der Grundlage des § 8a des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der allgemeinen Berliner Verwaltung vom 2. Oktober 1958 (AZG, GVBl 947; § 8a eingeführt durch Gesetz vom 18. Februar 1964, GVBl 252) – in Fortführung einer bereits zuvor so gehandhabten Übung – durch Anordnung vom 1. August 1984 die „personalrechtlichen Befugnisse” auf das Landesverwaltungsamt Berlin übertragen. Aufgrund dieser Anordnung hat das Landesverwaltungsamt durch Verwaltungsvereinbarung mit der WBK vom 25. September 1984 „für die WBK die Berechnung und Zahlbarmachung der Versorgungsbezüge nach der VVA für die Versorgungsempfänger der WBK … übernommen”. Das Landesverwaltungsamt leistet demgemäß nach Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge an die Berechtigten und rechnet dann seinerseits mit der WBK ab, die letztlich den Versorgungsaufwand aus ihren Mitteln aufzubringen hat. Das bedeutet, daß dem Ehemann, wie auch das Kammergericht in dem angefochtenen Beschluß angenommen hat, das Landesverwaltungsamt als Versorgungsträger gegenübersteht.

Das Landesverwaltungsamt ist eine dem Senator für Inneres nachgeordnete Behörde (§ 8a Abs. 5 AZG) und damit ein unselbständiger Teil der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft Berlin (vgl. allgemein Rudolf in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht 3. Aufl. S. 482 ff). Diese gehört zu dem Kreis der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger im Sinne von § 1 Abs. 3 VAHRG, die von der Regelung der sinngemäßen Anwendung des Quasi-Splittings für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich erfaßt werden.

 

Unterschriften

Lohmann, Richter Portmann ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Lohmann, Blumenröhr, Krohn, Macke

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502467

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