Leitsatz (amtlich)

Entscheidet das AG im Scheidungsverbund über eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hier: Versorgungsausgleich) und verwirft das Beschwerdegericht die dagegen gerichtete Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig, findet gegen den Verwerfungsbeschluss keine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde statt.

 

Normenkette

FamFG § 70

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.05.2013; Aktenzeichen 6 UF 69/13)

AG Michelstadt (Beschluss vom 05.12.2012; Aktenzeichen 42 F 681/10 S)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Familiensenats in Darmstadt des OLG Frankfurt vom 8.5.2013 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Beschwerdewert: 1.000 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Das AG hat durch Beschluss vom 8.12.2012 die Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Der Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 8.1.2013 zugestellt worden. Am 28.2.2013 hat der Antragsgegner gegen die im Verbund ergangene Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nachgesucht. Das OLG hat die begehrte Wiedereinsetzung mit der Begründung versagt, dass die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist nicht eingehalten worden sei und die Beschwerde gleichzeitig als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 2

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

Rz. 3

1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde (und des Beschwerdegerichts) ergibt sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht aus § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Rz. 4

Die sich aus § 117 FamFG ergebenden Modifikationen und Ergänzungen des Rechtsmittelverfahrens nach den §§ 58 ff. FamFG gelten nur für Ehesachen und Familienstreitsachen, nicht aber für - wie hier - Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass im vorliegenden Fall über den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund (§ 137 FamFG) entschieden worden ist. Die Scheidungssache und die einzelnen Folgesachen bleiben auch im Fall der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung im Verbund in verfahrensrechtlicher Hinsicht eigenständig (vgl. Keidel/Weber FamFG 17. Aufl., § 137 Rz. 3). Für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die als Folgesachen Teil einer Verbundentscheidung sein können (Versorgungsausgleichssachen, Ehewohnungs- und Haushaltssachen und die in § 137 Abs. 3 FamFG genannten Kindschaftssachen), gelten im Beschwerdeverfahren deshalb allein die allgemeinen Vorschriften der §§ 58 ff. FamFG - ggf. in Verbindung mit den Spezialvorschriften für diese Verfahren in den entsprechenden Abschnitten im zweiten Buch des FamFG - ohne die ausschließlich für die Anfechtung des Scheidungsausspruches und die Streitfolgesachen maßgeblichen Verweisungen des § 117 FamFG auf Vorschriften der Zivilprozessordnung (klarstellend Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl., § 117 Rz. 9).

Rz. 5

2. Die Zulässigkeitsprüfung richtet sich im vorliegenden Fall somit nicht nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern nach § 68 Abs. 2 Satz 1 FamFG. Hat das Beschwerdegericht im Anschluss an diese Prüfung eine Beschwerde in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig verworfen, beurteilt sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfungsentscheidung allein nach § 70 Abs. 1 FamFG, so dass die Rechtsbeschwerde nur für den Fall der Zulassung gegeben ist (vgl. auch BGH v. 24.7.2013 - XII ZB 40/13, FamRZ 2013, 1569 Rz. 4). Dies gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach (hier richtig:) §§ 17 ff. FamFG versagt worden ist (vgl. MünchKommFamFG/Ansgar Fischer 2. Aufl., § 70 Rz. 38).

Rz. 6

3. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Eine von dem Beschwerdegericht erteilte - unzutreffende - Rechtsmittelbelehrung stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (BGH v. 20.7.2011 - XII ZB 445/10, FamRZ 2011, 1728 Rz. 16).

 

Fundstellen

Haufe-Index 6009376

NJW 2013, 8

EBE/BGH 2014

FamRZ 2014, 109

FuR 2014, 166

NJW-RR 2014, 193

JZ 2014, 143

MDR 2014, 228

NJ 2014, 4

FF 2014, 39

FamRB 2014, 50

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