Leitsatz (amtlich)

Der Begriff „der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten” in § 5 Abs. 1 BetrVG und § 4 Abs. 1 BPersVG hat verschiedene Regelungsinhalte und kann daher vom Bundesarbeitsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht verschieden ausgelegt werden.

 

Normenkette

RsprEinhG § 2 Abs. 1; BetrVG § 5 Abs. 1; BPersVG § 4 Abs. 1

 

Tenor

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die beantragte Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes sind nicht gegeben, weil der vorlegende 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit der im Ausgangsverfahren beabsichtigten Entscheidung nicht von einer Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs in derselben Rechtsfrage abweicht.

 

Tatbestand

I.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Ausgangsverfahren darüber zu entscheiden, ob Jugendliche, deren überbetriebliche Ausbildung der Antragsgegner im Rahmen des Programms des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft für die Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen (Förderungsprogramm) übernommen und mit denen er Ausbildungsverträge nach Maßgabe der Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes geschlossen hat, Arbeitnehmer des Antragsgegners im Sinne der §§ 5, 6 BetrVG sind.

Dem Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsgegner, ein im gesamten Bundesgebiet tätiger gemeinnütziger Verein, beteiligt sich an dem Förderungsprogramm, dessen Ziel es ist, benachteiligten Jugendlichen, denen kein Ausbildungsplatz vermittelt werden kann, eine „Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes” zu ermöglichen. In seinen überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen in Berlin übernahm er im Jahre 1981 die Ausbildung von 24 Jugendlichen, von denen bis Ende des Jahres 1982 20 Jugendliche entsprechend den zu dem Förderungsprogramm erlassenen Richtlinien in betriebliche Ausbildungen übergeführt werden konnten. Die Ausbildung der verbleibenden vier Jugendlichen setzte der Antragsgegner fort. Im Jahre 1982 beteiligte er sich erneut an dem Förderungsprogramm und leitete die überbetriebliche Ausbildung von weiteren 225 Jugendlichen ein.

Der Antragsgegner und sein Betriebsrat Berlin, der Antragsteller, sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die vom Antragsgegner im Rahmen des Förderungsprogramms überbetrieblich auszubildenden Jugendlichen Arbeitnehmer des Antragsgegners im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind.

Mit dem Ziel, diese Rechtsfrage klären zu lassen, rief der Antragsteller das Arbeitsgericht an, das es jedoch ablehnte, die Arbeitnehmereigenschaft der Jugendlichen festzustellen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Landesarbeitsgericht die begehrte Feststellung getroffen.

Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts möchte die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts zurückweisen, weil er sie aus folgenden Erwägungen für unbegründet hält:

Die Berliner Einrichtungen des Antragsgegners bildeten einen einheitlichen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG. Die im Rahmen des Förderungsprogramms Auszubildenden seien Arbeitnehmer dieses Betriebes im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, weil sie zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt würden. Darauf, ob sie für Zwecke des Betriebes ausgebildet würden und an deren Erreichung mitwirkten, komme es nicht an. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 1 BetrVG sei jeder Auszubildende, der auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrages in einem Betrieb zu seiner Berufsausbildung beschäftigt werde, Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift, unabhängig davon, ob er nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen als Arbeitnehmer anzusehen sei und ob er durch seine Mitarbeit den Betriebszweck fördere. Diese Betrachtungsweise entspreche auch dem Zweck des Berufsausbildungsvertrages, der darin bestehe, dem Auszubildenden eine ordnungsgemäße Ausbildung zu gewährleisten, und ihm als Hauptpflicht auferlege, sich zu bemühen, die Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die erforderlich seien, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Eine Arbeitsleistung werde von ihm nicht gefordert; es dürfe nicht einmal eine mittelbare Fremdnützigkeit der Ausbildung verlangt werden. Deswegen sei es rechtlich unerheblich, ob ein Auszubildender für Zwecke des Betriebes oder über den Bedarf des Betriebes hinaus ausgebildet werde, möge die Gewinnung künftiger Arbeitnehmer auch das Motiv des Ausbildenden sein. Deswegen bedeute es auch keinen rechtlich erheblichen Unterschied, ob die Ausbildung in einem Betrieb oder in einer „sonstigen Berufsausbildungseinrichtung” durchgeführt werde.

Gestützt auf diese Rechtsauffassung möchte der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Rechtsbeschwerde zurückweisen, sieht sich daran jedoch durch die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juni 1980 – BVerwG 6 P 1.80 –, vom 18. März 1982 – BVerwG 6 P 8.79 –, vom 3. Juli 1984 – BVerwG 6 P 39.82 – und vom 23. Oktober 1984 – BVerwG 6 P 15.84 – gehindert. In diesen Beschlüssen habe das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, daß „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte” nur Auszubildende seien, die für eine Tätigkeit in der Dienststelle oder sonstigen öffentlichen Einrichtung ausgebildet würden. Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes deswegen die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

ob nach dem Berufsbildungsgesetz Auszubildende, die in sonstigen Berufsausbildungseinrichtungen (§ 1 Abs. 5 BBiG) nicht für den Bedarf des Betriebes oder der Verwaltung einschließlich ihrer Eigenbetriebe ausgebildet werden, Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG und § 4 Abs. 1, 3, 4 BPersVG sowie § 3 PersVG Berlin sind.

Der gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 RsprEinhG zur Stellungnahme aufgeforderte 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat erklärt, er sehe die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die beantragte Entscheidung nicht als erfüllt an. Die vom 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigte Feststellung werde nicht in Widerspruch zu seinen als Divergenzentscheidungen bezeichneten Beschlüssen stehen. Die vom 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommene Divergenz setze zunächst voraus, daß sich auch das Bundesverwaltungsgericht mit Jugendlichen befaßt habe, die im Rahmen eines Förderungsprogramms „überbetrieblich” ausgebildet würden. Das sei in den im Vorlagebeschluß als Divergenzentscheidungen bezeichneten Beschlüssen vom 19. Juni 1980 – BVerwG 6 P 1.80 –, vom 18. März 1982 – BVerwG 6 P 8.79 – und vom 3. Juli 1984 – BVerwG 6 P 39.82 – nicht der Fall gewesen. Diese Entscheidungen behandelten vielmehr Personen, welche weder im Rahmen eines Förderungsprogramms ausgebildet worden seien noch Berufsausbildungsverträge im Sinne des Berufsbildungsgesetzes mit dem Ausbildenden abgeschlossen gehabt hätten. Mit der personalvertretungsrechtlichen Stellung von Jugendlichen, die in einem Berufsausbildungsverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Träger einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung gestanden hätten, habe sich das Bundesverwaltungsgericht lediglich im Beschluß vom 23. Oktober 1984 – BVerwG 6 P 15.84 – befaßt. Diese Entscheidung stehe der vom 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigten Auslegung des Begriffs „Arbeitnehmer” im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG aber nicht entgegen, weil die ihr zugrunde liegenden § 4 Abs. 1 BPersVG, § 3 Abs. 1 PersVG Berlin nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrem Regelungsgehalt erheblich von § 5 Abs. 1 BetrVG abwichen. Mit den Begriffen „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” und „Dienstkräfte” stellten sie maßgeblich auf die Zugehörigkeit des Betreffenden zu einer Dienststelle ab. Das Bundesverwaltungsgericht habe in jenem Verfahren daher nicht darüber zu entscheiden gehabt, ob die Auszubildenden „Beschäftigte” im allgemeinen Sprachgebrauch oder „Arbeitnehmer” im arbeitsrechtlichen Sinne des Begriffs oder in dem Sinne gewesen seien, den das Bundesarbeitsgericht dem Begriff im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 BetrVG zumesse, sondern darüber, ob sie als „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” bzw. als „Dienstkräfte” anzusehen gewesen seien. Das sei nach anderen Kriterien zu beurteilen gewesen als die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der vom Antragsgegner des Ausgangsverfahrens des Bundesarbeitsgerichts ausgebildeten Jugendlichen.

Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat den obersten Gerichtshöfen und dem Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht sowie den Beteiligten des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Das Bundesarbeitsgericht, der Bundesfinanzhof, der Bundesgerichtshof und das Bundessozialgericht haben mitgeteilt, daß sie über die streitige Rechtsfrage bisher nicht entschieden haben und daß damit zusammenhängende Rechtsfragen bei ihnen auch nicht zur Entscheidung anstehen. Der Bundesfinanzhof hat jedoch auf sein Urteil vom 25. Januar 1985 – I R 7/80 – hingewiesen, das Ausführungen enthalte, die für die Entscheidung in der Vorlagesache wesentlich sein könnten. Der Oberbundesanwalt hat sich nicht zu der Vorlagesache geäußert.

Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens haben sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes Stellung genommen, ohne Anträge zu stellen. Der Antragsteller hat in Zweifel gezogen, daß die Voraussetzungen für die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes gegeben seien, der Antragsgegner hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht. In der Sache befürwortet der Antragsteller eine Entscheidung im Sinne der Vorlagefrage, während der Antragsgegner die Auffassung vertritt, die Vorlagefrage sei zu verneinen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes sind nicht gegeben. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Ausgangsverfahren hängt zwar von der Beantwortung der Frage ab, ob nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) Auszubildende, die in sonstigen Berufsausbildungseinrichtungen (§ 1 Abs. 5 BBiG) nicht für den Bedarf des Betriebes ausgebildet werden, Arbeitnehmer im Sinne der § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG sind. Der vorlegende 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts weicht jedoch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wenn er diese Frage bejaht.

Der vorlegende 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die dem Gemeinsamen Senat zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage hinsichtlich des Personenkreises, dessen betriebsverfassungsrechtliche Stellung zu beurteilen ist, zutreffend auf nach dem Berufsbildungsgesetz Auszubildende beschränkt. Denn nach seiner Rechtsauffassung ist das Bestehen eines Berufsausbildungsverhältnisses im Sinne des § 3 Abs. 1 BBiG von ausschlaggebender Bedeutung für die betriebsverfassungsrechtliche Stellung eines Auszubildenden.

Die derart begrenzte Vorlagefrage hätte der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts seiner Rechtsauffassung entsprechend beantworten dürfen, ohne den Gemeinsamen Senat im Hinblick auf die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juni 1980 – BVerwG 6 P 1.80 –, 18. März 1982 – BVerwG 6 P 8.79 – und vom 3. Juli 1984 – BVerwG 6 P 39.82 – anrufen zu müssen. Denn die vom 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts im Ausgangsverfahren beabsichtigte Entscheidung würde von diesen Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts schon deswegen nicht abweichen, weil sie sämtlich Personen betreffen, welche nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes standen:

Im Verfahren BVerwG 6 P 1.80 hatte das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, ob Polizeibeamte, die als Anwärter für das Amt eines Polizeirats zu einem einjährigen Lehrgang an die Polizei-Führungsakademie abgeordnet waren, während dieses Zeitraumes personalvertretungsrechtlich als Beschäftigte der Akademie anzusehen waren. Die Ausbildung dieser Polizeibeamten ordnete sich in ihr öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ein, für das das Berufsbildungsgesetz nach seinem § 2 Abs. 2 Nr. 1 nicht gilt.

Im Verfahren BVerwG 6 P 8.79 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Frage zu beantworten, ob Personen, die vom Verein Deutscher Ingenieure zu Dokumentationsassistenten ausgebildet wurden und den praktischen Teil ihrer Ausbildung im Dokumentationszentrum der Bundeswehr absolvierten, während der Dauer der praktischen Ausbildung im Sinne des Personalvertretungsrechts als Beschäftigte des Dokumentationszentrums anzusehen waren. Die rechtliche Grundlage der Ausbildung dieser Personen bildete ein mit dem Verein Deutscher Ingenieure abgeschlossener Ausbildungsvertrag, während sie mit dem Dokumentationszentrum der Bundeswehr keinen solchen Vertrag abgeschlossen hatten. Der „Vertrag zur Ableistung eines Praktikums”, den das Dokumentationszentrum der Bundeswehr mit ihnen abgeschlossen hatte, regelte nicht ihre Ausbildung, sondern Einzelheiten der Durchführung des Praktikums. Sie standen daher zum Dokumentationszentrum der Bundeswehr nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes.

Im Verfahren BVerwG 6 P 39.82 war zu entscheiden, ob Schüler einer nach Landesrecht errichteten Berufsfachschule für landwirtschaftlich-technische Assistenten, die den praktischen Teil ihrer schulischen Ausbildung auf der Grundlage eines besonderen Vertrages in einer Bundesforschungsanstalt ableisteten, während der Dauer des Praktikums berechtigt waren, an der Wahl der bei der Aufsichtsbehörde der Bundesanstalt bestehenden Jugendvertretung teilzunehmen. Auch diese Schüler waren im Hinblick auf § 2 Abs. 1 BBiG nicht nach dem Berufsbildungsgesetz Auszubildende.

Mit der im Ausgangsverfahren von ihm beabsichtigten Entscheidung weicht der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts aber auch nicht von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 1984 – BVerwG 6 P 15.84 – ab. Zwar betrifft dieser Beschluß ebenso wie das Ausgangsverfahren des Bundesarbeitsgerichts nach dem Berufsbildungsgesetz Auszubildende, die in Ausbildungseinrichtungen nicht für deren Bedarf ausgebildet werden. Bei der vom 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschiedenen Rechtsfrage, ob diese Auszubildenden Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Sinne des § 4 Abs. 1, 3, 4 BPersVG bzw. Dienstkräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 PersVG Berlin sind, und bei der vom 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts zu entscheidenden Rechtsfrage, ob sie Arbeitnehmer im Sinne der § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG sind, handelt es sich jedoch nicht um dieselbe Rechtsfrage im Sinne des § 2 RsprEinhG.

Diese Voraussetzung für eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat ist nach dessen Rechtsprechung nicht nur erfüllt, wenn sich die zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage im Anwendungsbereich derselben Rechtsvorschrift stellt, sondern auch dann, wenn sie auf der Grundlage von Vorschriften aufgeworfen wird, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Beschluß des Gemeinsamen Senats vom 6. Februar 1973 – Gms – OGB 1/72 – (BVerwGE 41, 363, 365)). Daran mangel es im vorliegenden Fall.

Die maßgebende rechtliche Grundlage für die vom Bundesarbeitsgericht im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung bilden § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG. Nach diesen Vorschriften sind „Arbeitnehmer” im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes „Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten”. Der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 1984 – BVerwG 6 P 15.84 – beruht demgegenüber auf § 3 Abs. 1 PersVG Berlin vom 26. Juli 1974 (GVBl. S. 1669), der als „Dienstkräfte” im Sinne dieses Gesetzes die „Angestellten, Arbeiter und Beamten einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten” bezeichnet. Diese Vorschrift stimmt, wie das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, nach ihrem Regelungsgegenstand mit § 4 Abs. 1 BPersVG überein, welcher den Begriff des „Beschäftigten im öffentlichen Dienst” im wesentlichen mit den gleichen Worten definiert.

Das Bundesarbeitsgericht leitet daraus, daß in allen genannten Vorschriften wörtlich übereinstimmend die „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten” als Teil des unter die Regelungen des jeweiligen Gesetzes fallenden Personenkreises aufgeführt werden, insbesondere aber aus den gesetzgeberischen Erwägungen, die dazu geführt haben, daß diese Wortfolge in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen und von den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder übernommen wurde, die Rechtsauffassung ab, mit diesen Worten werde für das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, daß alle in einem – seit dem Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes in einem Berufsausbildungsvertrag zu regelnden – Berufsausbildungsverhältnis Stehenden zu den von diesen Gesetzen erfaßten Personenkreisen gehören. Die Wortfolge sei daher einheitlich auszulegen, ohne daß es auf die Regelungsunterschiede ankomme, welche im übrigen zwischen dem Betriebsverfassungsrecht und dem Personalvertretungsrecht beständen. Dem ist nicht zu folgen.

Es trifft zwar zu, daß der Gesetzgeber die Wortfolge „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte” in § 4 Abs. 1 BetrVG 1952 eingefügt hat, um einerseits eine Entscheidung in dem rechtstheoretischen Streit darüber zu vermeiden, ob Berufsausbildungsverhältnisse Arbeitsverhältnisse oder Rechtsverhältnisse anderer Art sind, um andererseits aber sicherzustellen, daß diese Personengruppe in den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen wird. Diese rechtliche Betrachtungsweise ist nicht nur in § 5 Abs. 1 BetrVG 1972 beibehalten worden. Sie fand auch Eingang in das Personalvertretungsgesetz 1955, nach dessen § 3 Abs. 1 die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten „Bedienstete” im Sinne dieses Gesetzes waren. Bei der Schaffung des Bundespersonalvertretungsgesetzes wurde der Wortlaut der entsprechenden Bestimmung (§ 4 Abs. 1 BPersVG) an den der § 5 Abs. 1 BetrVG 1972, § 3 Abs. 1 PersVG 1955 angepaßt. Aus den gleichen Erwägungen dürfte die Wortfolge „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte” in das Personalvertretungsgesetz Berlin aufgenommen worden sein. Sie dient jedoch in diesen Gesetzen als eine von jeweils mehreren Bezeichnungen für Personengruppen (Angestellte, Arbeiter, Beamte und – mit Einschränkungen – Richter) lediglich der inhaltlichen Bestimmung der übergeordneten Begriffe „Arbeitnehmer” (§ 5 Abs. 1 BetrVG), „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” (§ 4 Abs. 1 BPersVG) und „Dienstkräfte” (§ 3 Abs. 1 PersVG Berlin). Damit ist sie Teil der Bestimmung des persönlichen Geltungsbereichs des jeweiligen Gesetzes. Dieser aber stimmt im Betriebsverfassungsrecht einerseits und im Personalvertretungsrecht andererseits nicht überein.

Das Betriebsverfassungsrecht knüpft allein an die persönliche Eingliederung des arbeitenden Menschen in einen Betrieb auf der Grundlage eines Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnisses an. Das Personalvertretungsrecht als Teil des Rechts des öffentlichen Dienstes regelt demgegenüber den kollektivrechtlichen Schutz derjenigen, die in den öffentlichen Dienst eingegliedert sind. Darin liegt trotz mancher Gemeinsamkeiten zwischen beiden Rechtsbereichen ein wesentlicher Unterschied, den der Gesetzgeber auch stets hervorgehoben und beachtet hat (vgl. amtl. Begr. zum Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes des Bundes (BT-Drucks. I/3552, S. 14 f.); amtl. Begr. zum Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes (BR-Drucks. 306/72, S. 26)). Er ergibt sich aus der besonderen, von Beschäftigungsverhältnissen in der Privatwirtschaft abweichenden Aufgabe des öffentlichen Dienstes. Die im öffentlichen Dienst Tätigen sind – anders als die in der Privatwirtschaft Beschäftigten – „Diener der Gesamtheit des Volkes” (BT-Drucks. I/3552, a.a.O.), die an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirken. Die personelle Geltung des Personalvertretungsrechts setzt daher die Zugehörigkeit zu dem derart zu verstehenden öffentlichen Dienst voraus. Im Bundespersonalvertretungsgesetz findet das seinen Ausdruck darin, daß sich das Gesetz Geltung nur für die „Beschäftigten im öffentlichen Dienst” (§ 4 Abs. 1 BPersVG) zumißt und dies dadurch verdeutlicht, daß es hinsichtlich der Beamten auf die Beamtengesetze hinweist (§ 4 Abs. 2 BPersVG), als Angestellte im Sinne des Personalvertretungsrechts die Beschäftigten bezeichnet, „die nach dem für die Dienststelle maßgebenden Tarifvertrag oder nach der Dienstordnung” beschäftigt werden (§ 4 Abs. 3 BPersVG), und für die Arbeiter eine entsprechende Beschränkung auf die Beschäftigten, „die nach dem für die Dienststelle maßgebenden Tarifvertrag Arbeiter sind” (§ 4 Abs. 4 BPersVG), enthält. Das Personalvertretungsgesetz Berlin drückt dasselbe noch einprägsamer (vgl. dazu Walldorf, PersV 1986, 451) mit dem Begriff „Dienstkräfte” aus.

„Beschäftigter im öffentlichen Dienst” bzw. „Dienstkraft” ist sonach nur derjenige, der persönlich auf der Grundlage eines Beamtenverhältnisses, eines Beschäftigungsverhältnisses, das nach dem in Betracht kommenden besonderen Tarif- oder Dienstordnungsrecht begründet worden ist, oder eines Berufsausbildungsverhältnisses in eine Dienststelle, einen Betrieb der öffentlichen Hand oder eine sonstige öffentliche Einrichtung eingegliedert ist, und der durch seine Tätigkeit an der Erfüllung der dieser Einrichtung gestellten öffentlichen Aufgabe mitwirkt oder sich im Rahmen einer Berufsausbildung auf eine solche Mitwirkung vorbereitet. Nur er unterliegt der in ihrem Kern unantastbaren Personalhoheit des Dienstherrn oder öffentlichen Arbeitgebers und nur seine Tätigkeit ist der in ihrem Kern ebenfalls nicht einschränkbaren Organisationshoheit des Trägers der Einrichtung (vgl. dazu Hess. StGH, Urteil vom 30. April 1986 – P. St. 1023 – (PersV 1986, 227)) unterworfen; nur er muß sich deswegen mit dem im Vergleich zum Betriebsverfassungsrecht enger ausgestalteten kollektiven Schutz des Personalvertretungsrechts begnügen.

Anders als der Begriff des „Arbeitnehmers” im Sinne der § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG, der jeden Beschäftigten einschließt, welcher in einem Betrieb der privaten Wirtschaft zur Arbeitsleistung oder zu seiner Berufsausbildung tätig und in ihn eingegliedert ist, setzt der Begriff des „Beschäftigten im öffentlichen Dienst” bzw. der „Dienstkraft” mithin zusätzlich voraus, daß die Beschäftigung der Erfüllung von Aufgaben dient, die öffentlichen Einrichtungen übertragen sind, oder daß die Berufsausbildung auf die Erfüllung solcher Aufgaben vorbereitet.

Dementsprechend ist auch die Wortfolge „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte” im Betriebsverfassungsrecht und im Personalvertretungsrecht nicht nach denselben Prinzipien, sondern unterschiedlich auszulegen. Während im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes jeder zu seiner Berufsausbildung Beschäftigte „Arbeitnehmer” ist, weil er mit der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses in den Betrieb eingegliedert wurde, sind im Anwendungsbereich des Personalvertretungsrechts nur diejenigen zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten auch „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” bzw. „Dienstkräfte”, deren Berufsausbildung ihrem Gegenstand nach geeignet ist, sie auf einen Beruf vorzubereiten, in dem sie an der Erfüllung von Aufgaben des öffentlichen Dienstes mitwirken können. Auf Auszubildende, die im Rahmen eines Förderungsprogramms eine „überbetriebliche” oder „außerbetriebliche” Ausbildung für einen Beruf erhalten, der sie nicht zur Erfüllung solcher Aufgaben befähigen wird und soll, findet das Personalvertretungsrecht deswegen auch dann keine Anwendung, wenn sie einen Berufsausbildungsvertrag mit einem Verwaltungsträger abgeschlossen haben und dieser die „überbetriebliche” oder „außerbetriebliche” Ausbildung in seinen Einrichtungen durchführt. Diese Auszubildenden sind nicht „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” im Sinne des § 4 Abs. 1 BPersVG oder „Dienstkräfte” im Sinne des § 3 Abs. 1 PersVG Berlin. Für sie kommt daher auch die Bildung besonderer Ausbildungspersonalvertretungen im Landesbereich, die § 95 Abs. 1, 2. Halbs. BPersVG für Beschäftigte in bestimmten Berufsausbildungen gestattet, nicht in Betracht.

Dieses vom einfachen Gesetzesrecht ausgehende Verständnis des personellen Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes einerseits und der Personalvertretungsgesetze andererseits steht nicht im Widerspruch zum Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG). Das Sozialstaatsprinzip – und ebenso das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) – rechtfertigt zwar den kollektiven Schutz des arbeitenden Menschen durch Betriebsräte und Personalvertretungen; es gebietet aber nicht, diesen Schutz im Bereich des öffentlichen Dienstes und in der Privatwirtschaft in personeller und sachlicher Hinsicht inhaltlich übereinstimmend zu gewährleisten. Vielmehr ist das Personalvertretungsrecht seit jeher nicht nur durch ein mit der Mitbestimmung in Betrieben der Privatwirtschaft nicht vergleichbares System der abgestuften Beteiligung der Personalvertretungen, also durch sachliche Einschränkungen im Vergleich zum Betriebsverfassungsrecht, sondern auch durch die Herausnahme bestimmter in öffentlichen Einrichtungen tätiger Personengruppen aus dem personellen Geltungsbereich der Personalvertretungsgesetze gekennzeichnet (so beispielsweise im Land Berlin die Hochschullehrer und sonstigen Lehrkräfte im Sinne des Hochschullehrergesetzes sowie Personen, die im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz eingesetzt sind, § 3 Abs. 3 Nr. 1, 2 PersVG Berlin), ohne daß das bislang als unvereinbar mit dem Grundgesetz angesehen worden ist.

Haben die Vorschriften der § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG einerseits und der § 4 Abs. 1 BPersVG, § 3 Abs. 1 PersVG Berlin andererseits nach alledem einen unterschiedlichen Regelungsinhalt insofern, als die durch sie bestimmten Begriffe „Arbeitnehmer” und „Beschäftigte im öffentlichen Dienst” bzw. „Dienstkräfte” inhaltlich nicht übereinstimmen mit der Folge, daß auch die der Bestimmung dieser Begriffe dienende Wortfolge „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte” im Betriebsverfassungsrecht anders als im Personalvertretungsrecht auszulegen ist, dann weicht der vorlegende 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht in derselben Rechtsfrage im Sinne des § 2 RsprEinhG von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 1984 – BVerwG 6 P 15.84 – ab, wenn er § 5 Abs. 1, § 6 BetrVG in dem von ihm zu entscheidenden Ausgangsverfahren so auslegt und anwendet, wie er es beabsichtigt, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die beantragte Entscheidung des Gemeinsamen Senats sind daher nicht gegeben.

Das Verfahren ist kostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 17 RsprEinhG).

 

Unterschriften

Pfeiffer, Sendler, Kissel, Klein, Reiter, Röhsler, Eckstein, Jobs, Schinkel

 

Fundstellen

Haufe-Index 1760239

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