Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung durch beim BGH zugelassenen Anwalt

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung kann bei dem BGH auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur von einem bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt gestellt werden.

 

Normenkette

ZPO (2002) § 78 Abs. 1, § 544 Abs. 5 S. 1, § 719 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 12.03.2004)

LG Hamburg

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen OLG Hamburg v. 12.3.2004 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das OLG hat den Beklagten u. a. zur Räumung und Herausgabe von Dachbodenräumen verurteilt. In dem Berufungsurteil ist die Revision nicht zugelassen worden. Hiergegen beabsichtigt der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen und hat für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.

Nach Ankündigung der Zwangsräumung der Dachbodenräume durch die von dem Kläger beauftragte Gerichtsvollzieherin beantragt der Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen.

II.

1. Der Antrag ist nicht zulässig, weil er entgegen § 78 Abs. 1 ZPO nicht von einem bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist. Ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, der gem. § 719 Abs. 2 ZPO an den BGH gerichtet wird, unterliegt dem Anwaltszwang (Krüger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 719 Rz. 11, § 707 Rz. 6). Das gilt auch dann, wenn die Antragstellung nicht in einem bereits anhängigen Revisionsverfahren, sondern gem. § 544 Abs. 5 S. 2 ZPO in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erfolgt. Für eine unterschiedliche Behandlung von Nichtzulassungsbeschwerde und Revision gibt es keine Rechtfertigung, weil sich die Parteien in beiden Verfahren durch Rechtsanwälte vertreten lassen müssen, die bei dem BGH zugelassen sind. Ist - wie hier - eine Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht eingelegt, sondern lediglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt, ergibt sich aus § 78 Abs. 3 ZPO keine Ausnahme von dem Anwaltszwang; denn diese Vorschrift umfasst über das Prozesskostenhilfeverfahren hinaus nicht auch einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (BGH, Beschl. v. 14.12.1994 - VIII ZR 85/94, juris).

2. Im Übrigen ist der Antrag auch nicht begründet.

a) Nach § 544 Abs. 5 S. 2 ZPO kommt eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 719 Abs. 2 ZPO durch das Revisionsgericht dann in Betracht, wenn der Schuldner gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zugrunde liegenden Urteil Beschwerde nach § 544 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt hat. Es ist daher zweifelhaft, ob es für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch den BGH ausreichen kann, wenn - wie hier - nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte, aber noch nicht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde beantragt ist (abl. BGH, Beschl. v. 22.2.2001 - I ZA 1/01, juris, für den Prozesskostenhilfeantrag vor Einlegung der Revision; für § 719 Abs. 1 ZPO auch Krüger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 719 Rz. 3; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 719 Rz. 5). Im vorliegenden Fall bedarf dies jedoch keiner Entscheidung, weil es jedenfalls an anderen Voraussetzungen für die Begründetheit des Einstellungsantrages fehlt.

b) Der Beklagte scheitert mit seinem Einstellungsantrag bereits deshalb, weil er es versäumt hat, in der Berufungsinstanz einen Schutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen. Die Voraussetzungen des Schuldnerschutzes nach § 712 ZPO sind dieselben wie für eine Einstellung nach § 719 ZPO. Will der Schuldner den Schutz nach § 712 ZPO in Anspruch nehmen, so muss er allerdings den dahingehenden Antrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht stellen (§ 714 ZPO). Um diese Befristung nicht leer laufen zu lassen, kommt nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO als letztes Mittel des Schuldnerschutzes nicht in Betracht, wenn der Schutzantrag nach § 712 ZPO nicht gestellt wurde. Anderes gilt nur dann, wenn und soweit die Gründe, auf die der Einstellungsantrag gestützt wird, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht vorlagen oder aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden konnten (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - XII ZR 263/00, NJW-RR 2002, 573 [574]). Diese Grundsätze sind auch dann zu beachten, wenn die Einstellung aus Anlass einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt wird (BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - XII ZR 173/02, NJW-RR 2002, 1650; Beschl. v. 24.3.2003 - IX ZR 243/02, ZVI 2003, 279 [280]).

c) Schließlich kommt die Einstellung der Zwangsvollstreckung auch deshalb nicht in Betracht, weil die - beabsichtigte - Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2002 - V ZR 308/01, NJW-RR 2002, 1090). Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) ist derzeit nicht zu erkennen und wird in der Antragsschrift auch nicht geltend gemacht. Die dort gerügte Verletzung des materiellen Rechts allein reicht noch nicht aus, um die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes zu erfüllen (vgl. BGH v. 27.3.2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 [293] = BGHReport 2003, 686 = MDR 2003, 822).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1157806

BGHR 2004, 1053

FamRZ 2004, 1097

NJW-RR 2004, 936

WM 2004, 2370

InVo 2004, 511

MDR 2004, 1136

GuT 2004, 130

VE 2004, 121

VE 2005, 7

ProzRB 2004, 326

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge