Leitsatz

Kein Schaden ohne Nutzen: Nach der Verhängung eines Berufsverbots gegen einen Rechtsanwalt wird dessen Verschulden nicht mehr der durch ihn vertretenen Partei zugerechnet.

 

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt führte einen arbeitsrechtlichen Rechtsstreit für seinen Mandanten und verlor in erster Instanz. Der unterlegene Mandant wollte das Urteil vom zuständigen LAG überprüfen lassen und beauftragte seinen Rechtsanwalt mit der Einlegung der Berufung. Dieser versäumte jedoch die Berufungsfrist. Seinen Fehler wollte er mit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags beheben. Er hoffte, dass das Verfahren trotz Verspätung wieder aufgenommen werden würde, wenn er hinreichend glaubhaft machen könnte, dass das Versäumnis unverschuldet war. Dem Rechtsanwalt gelang dies nicht, so dass LAG die verspätete Berufung unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verwarf.

Das BAG kam zu einem für den Mandanten erfreulicheren Ergebnis, Es stellte die Zulässigkeit der Berufung fest und berücksichtigte dabei das inzwischen Geschehene: Dem prozessvertretenden Rechtsanwalt wurde noch vor Ablauf der Berufungsfrist von der Rechtsanwaltskammer die Zulassung widerrufen. Zur abschließenden Entscheidung über den Widerruf kann der Rechtsanwalt eine gerichtliche Entscheidung beim Anwaltsgerichtshof innerhalb eines Monats herbeiführen (§ 16 BRAO). Bis zur gerichtlichen Entscheidung entfaltet der Widerruf der Zulassung noch keine Wirkung, es sei denn, es wurde wie imvom BAG entschiedenen Fall die sofortige Vollziehung angeordnet. Diese entfaltet die Wirkung eines vorläufigen Berufsverbots, der Anwalt darf also nicht mehr der Rechtsanwaltschaft vorbehaltene Handlungen vornehmen. Der Rechtsanwalt hatte zum Zeitpunkt der (verspätet) eingelegten Berufung von der Verfügung der Rechtsanwaltskammer noch keine Kenntnis, so dass er die Prozesshandlung gleichwohl vornahm.

Das BAG urteilte, dass das Verschulden eines Rechtsanwalts nach Verhängung des (vorläufigen) Berufsverbots der Mandantschaft nicht mehr zugerechnet werden kann. Dem Mandanten wurden so die Türen zur Berufungsinstanz wieder geöffnet.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil v. 18.7.2007, 5 AZR 848/06.

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