Rz. 44

Das belgische Zivilrecht kennt als vertragliche Güterstände die allgemeine Gütergemeinschaft und die Gütertrennung (mit oder ohne Zugewinngemeinschaft).

a) Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft

 

Rz. 45

Gemäß Art. 1453 ZGB kann ehevertraglich der Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft gewählt werden. In diesem wird das gesamte gegenwärtige und zukünftige Vermögen jedes Ehegatten einschließlich aller Verbindlichkeiten den Eheleuten gemeinsam zugeordnet. Ausgenommen hiervon ist nur das ganz persönliche Vermögen eines jeden Ehegatten, das in seinem jeweiligen Alleineigentum verbleibt. Hierzu zählen etwa die Gegenstände des persönlichen Gebrauchs und Schadensersatz- oder Rentenansprüche, vgl. Art. 1401 ZGB. Vom Gesetz abweichende Regelungen über die Verwaltung des Sonder- und Gesamtgutes (siehe Rdn 35 ff.) können ehevertraglich nicht getroffen werden, vgl. Art. 1451 Abs. 1 ZGB.

b) Gütertrennung

 

Rz. 46

Wird ehevertraglich der Güterstand der Gütertrennung vereinbart, bleibt das Vermögen der Ehegatten getrennt. Jeder verwaltet sein Vermögen ausschließlich allein und ist – vorbehaltlich der Regelungen bezüglich der allgemeinen Ehewirkungen (régime primaire), wie z.B. in Art. 215 Par. 1 ZGB (siehe Rdn 20) – berechtigt, hierüber Verfügungen vorzunehmen, Art. 1466 ZGB.

Im Güterstand der Gütertrennung können die Ehegatten vertraglich Klauseln vereinbaren in Bezug auf die gegenseitige Beweisführung für das ausschließliche Eigentumsrecht, in Bezug auf den Nachweis von Forderungen, die der eine dem anderen gegenüber geltend machen kann, sowie Klauseln zur Regelung jeglicher ungeteilten Rechtsgemeinschaft oder jeglichen Zweckvermögens zwischen ihnen hinzufügen.

Sie können auch Klauseln aufnehmen mit dem Ziel der Vermögensverrechnung, insbesondere durch das Hinzufügen einer Zugewinnklausel.[61] Für Letztere wurde durch die Reform von 2018 erstmals ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, von welchem die Ehegatten jedoch im Rahmen ihrer Ehevertragsvereinbarung abweichen können.

 

Rz. 47

Für Ehegatten, die den Güterstand der Gütertrennung wählen, wollte der Gesetzgeber bei der Reform des Jahres 2018 dem durch diesen Güterstand wirtschaftlich benachteiligtem Ehegatten unter gewissen Umständen die Möglichkeit eröffnen, eine Korrektur der für ihn eventuellen negativen Auswirkungen dieses Güterstands zu beantragen. Daher sind die Ehegatten verpflichtet, in ihrer Ehevertragsvereinbarung ihr Einverständnis in Bezug auf die Einfügung oder Nichteinfügung der sogenannten richterlichen Billigkeitskorrektur bei Ehescheidung gemäß Art. 1474/1 ZGB festzuhalten.

 

Rz. 48

Entscheiden sich die Eheleute für eine solche Möglichkeit, kann das Familiengericht bei Auflösung der Ehe durch Ehescheidung wegen unheilbarer Zerrüttung zwischen den Ehegatten dem benachteiligten Ehegatten auf seinen Antrag hin eine Entschädigung zu Lasten des anderen Ehegatten gewähren, wenn die Umstände sich seit Abschluss der Ehevertragsvereinbarung über Gütertrennung oder seit dem Tag der Beantragung der Gütertrennung unvorhergesehen ungünstig verändert haben, so dass der gewählte Güterstand zum Nachteil des antragstellenden Ehegatten offensichtlich unbillige Folgen angesichts der Vermögenslage beider Ehegatten ergeben würde.

 

Rz. 49

Die zu gewährende Entschädigung korrigiert diese offensichtlich unbilligen Folgen und darf nicht höher sein als ein Drittel des Nettowerts des zusammengelegten Zugewinns der Ehegatten zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe, von dem anschließend der Nettowert des persönlichen Zugewinns des antragstellenden Ehegatten abzuziehen ist. Der Zugewinn der Eheleute im Sinne des vorliegenden Absatzes wird nach den gesetzlichen Regeln in Bezug auf die Berechnung eines Zugewinnausgleichs bestimmt (siehe Rdn 50).

[61] Vgl. hierzu ausf. Leleu/Raucent, Les régimes matrimoniaux, Bd. IV, S. 117 ff. sowie Wilfurth, Die Institution Contractuelle nach belgischem Recht, S. 62.

c) Gütertrennung mit Zugewinngemeinschaft

aa) Einleitung

 

Rz. 50

Im Rahmen der Reform von 2018 hat der Gesetzgeber dem bis dahin rein vertraglich zu organisierenden Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der aus der Praxis heraus entwickelt worden ist, einen gesetzlichen Rahmen gegeben. Die Zugewinnklausel gilt dabei als nicht obligatorische Modalität der einfachen Gütertrennung, die die Auflösung dieses Güterstandes betrifft. Bei der Regelung hat man sich weitestgehend an dem deutsch-französischem Abkommen vom 4.5.2010 über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft[62] orientiert. Allerdings gibt es Unterschiede: So weicht insbesondere die Definition von Zugewinn von diesem Abkommen ab und orientiert sich eher am Begriff der Errungenschaften der gesetzlichen Gütergemeinschaft (siehe Rdn 31 ff.).[63]

 

Rz. 51

Die Ehegatten, die eine Zugewinnklausel vereinbart haben, unterliegen den Art. 1469/1 bis 1469/13 ZGB. Anfangsvermögen, Endvermögen, Zugewinnausgleichsforderung und deren Zahlung sind gemäß diesen Artikeln bestimmt. Die Ehegatten können in ihrer Ehevertragsvereinbarung von diesen hilfsweisen Bestimmungen abweichen und selbst Masse, Verteilungsschlüssel, Zeitpunkt und Modalitäten des Zugewinns vereinbaren.

Im ...

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