Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenstandsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

In das erstmals anzulegende Familienbuch von Aussiedlern ist nur der behördlich geänderte Familienname einzutragen, selbst wenn er in dieser Form gemäß § 94 BVFG nicht erklärt werden konnte.

 

Normenkette

PStG § 15a; PStV § 20b; NamÄndG §§ 1, 3, 6; BVFG § 94; GG Art. 116 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 11.01.1994; Aktenzeichen 13 T 10528/93)

AG Nürnberg (Beschluss vom 16.11.1993; Aktenzeichen UR III 263/93)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Nürnberg vom 16. November 1993 und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Januar 1994 aufgehoben.

II. Der Standesbeamte wird angewiesen,

  1. in den Spalten 1 und 2 des Familienbuchs die Namen „Büttner geb. Kowalew Alexander” und „Büttner Olga” einzutragen sowie die Druckworte „v.d. Eheschl.” zu streichen,
  2. in Spalte 9 den Namen „Büttner Julia” einzutragen,
  3. in Spalte 10 folgenden Vermerk anzubringen:

    „Die Ehegatten haben eine Erklärung über ihre Namensführung abgegeben; ihr Ehename wurde mit Wirkung vom 12. Juli 1993 geändert (Urkunde der Stadt Nürnberg vom 7. Juli 1993 Nr. 20/1993)”.

 

Tatbestand

I.

Die in der früheren Russischen SFSR geborenen Beteiligten zu 1 und 2 haben dort im Jahr 1987 geheiratet. Ihre Namen lauteten damals in der Transliteration der kyrillischen Schreibweise Olga Vladimirovna Bitner beziehungsweise Aleksandr PavlovičKovalev. Die Beteiligte zu 1 führte nach der Eheschließung den Familiennamen Kovaleva. Aus der Ehe ist das 1988 geborene Kind Juli ja Aleksandrovna Kovaleva hervorgegangen.

Die Ehegatten und ihre Tochter haben seit dem 17.12.1991 ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind Deutsche im Sinn von Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz. Vertriebenenausweise wurden den Ehegatten vom Ausgleichsamt der … am 9.4.1992 ausgestellt.

Am 22.6.1993 erklärten die Beteiligten zu 1 und 2, auch als gesetzliche Vertreter ihrer Tochter, gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) gegenüber dem Standesamt Nürnberg, sie legten die Vatersnamen ab, nähmen die deutschsprachige Form ihrer Vornamen und Familiennamen an und führten künftig die Namen Olga Kowalew geb. Büttner, Alexander Kowalew und Julia Kowalew. Mit Urkunde vom 7.7.1993 änderte die Stadt … den Ehenamen der Beteiligten zu 1 und 2 sowie den Geburtsnamen ihres Kindes in Büttner. Am 15.9.1993 beantragte die Beteiligte zu 1 beim Standesamt … die Anlegung eines Familienbuchs. Der Standesbeamte bat hierauf das Amtsgericht um Entscheidung, welche Vor- und Familiennamen in den Spalten 1 und 2 des anzulegenden Familienbuchs einzutragen seien, ob der Vordruck zwischen diesen beiden Spalten abzuändern sei und ob die Erklärungen gemäß § 94 BVFG und die behördliche Namensänderung im Familienbuch zu verlautbaren seien. Er ist der Meinung, es seien die gemäß § 94 BVFG erklärten, nicht aber die behördlich geänderten Namen einzutragen.

Mit Beschluß vom 16.11.1993 wies das Amtsgericht den Standesbeamten an, in Spalte 1 den Namen Kowalew Alexander und in Spalte 2 den Namen Büttner Olga einzutragen, ohne die Druckworte „v.d. Eheschl.” zu streichen. In Spalte 9/1 sei das Kind der Beteiligten zu 1 und 2 mit dem Namen Kowalew Julia einzutragen und zu vermerken, daß der Geburtsname des Kindes in Büttner geändert worden sei. Schließlich sei in Spalte 10 zu vermerken, daß die Ehegatten den Ehenamen Kowalew führen; dieser sei in Büttner geändert worden. Die gegen diese ihr am 23.11.1993 zugestellte Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde (Beteiligte zu 4) vom 30.11.1993 wies das Landgericht mit dem der Beteiligten zu 4 formlos mitgeteilten Beschluß vom 11.1.1994 zurück. Hiergegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde, mit der sie beantragt, die Rechtsauffassung des Landgerichts zu bestätigen. Den Beteiligten zu 1 und 2 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der gemäß § 49 Abs. 2 PStG beschwerdeberechtigten Standesamtsaufsichtsbehörde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts sowie zur Anweisung des Standesbeamten, die Eintragungen in den Spalten 1, 2, 9 und 10 des anzulegenden Familienbuchs wie aus dem Entscheidungssatz ersichtlich vorzunehmen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die vom Amtsgericht angeordneten Eintragungen im Familienbuch seien nicht zu beanstanden. Das Erstgericht hat hierzu ausgeführt, die für das Familienbuch für Aussiedler geltende Vorschrift des § 20b Abs. 3 PStV sei nicht anwendbar, wenn es sich bei der behördlichen Namensänderung um eine „echte” Namensänderung handle, die unter anderen Voraussetzungen erfolgt sei, als es § 94 BVFG vorsehe. Ein Namensänderungsverfahren müsse aus den Gründen eingeleitet worden sein, aus denen Namenserklärungen abgegeben werden, nämlich aus Gründen der Eingliederung. Zusätzlich müsse gefordert werden, daß das Ergebnis...

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