Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitsbestimmung bei Klagen nach UKlaG

 

Leitsatz (amtlich)

§ 119a Satz 1 Nr. 1 GVG erfasst Streitigkeiten nicht, die Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz wegen der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verträgen über Bank- und Finanzgeschäfte betreffen.

§ 36 ZPO gilt nicht nur für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, sondern ist entsprechend auf die Bestimmung der gesetzlich festgelegten funktionellen Zuständigkeit anzuwenden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen zwei Spruchkörper eines Gerichts unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob die Voraussetzungen des § 72a GVG oder des § 119a GVG vorliegen.

 

Normenkette

EGZPO § 9; GVG § 119a S. 1 Nr. 1; KWG § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 1a S. 2; UKlaG §§ 1, 4, 7; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Tenor

Funktionell zuständig ist der nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg für Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz zuständige Zivilsenat.

 

Gründe

I. Der klagende Verbraucherschutzverband hat gegen die beklagte Genossenschaftsbank Ansprüche gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung von Preisklauseln in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie gemäß § 7 UKlaG auf Urteilsveröffentlichung geltend gemacht. Mit Urteil vom 9. November 2018 hat das Landgericht Bamberg die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Deren dagegen eingelegte Berufung hat zunächst der - nach der Geschäftsverteilung 2018 des Oberlandesgerichts Bamberg für Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz zuständige - 3. Zivilsenat behandelt. Auf Rüge der Beklagten, dass es sich um eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften i. S. d. § 119a Satz 1 Nr. 1 GVG handele, hat sich dieser Senat mit den Parteien mitgeteiltem Beschluss vom 19. Juni 2019 für funktionell unzuständig erklärt, weil der Rechtsstreit der gesetzlichen Sonderzuständigkeit des nach der Geschäftsverteilung für Banksachen i. S. d. § 119a Satz 1 Nr. 1 GVG zuständigen 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg unterliege. Dieser hat sich mit den Parteien mitgeteiltem Beschluss vom 13. August 2019, 8 AR 1/19, für unzuständig erklärt und die Übernahme des Berufungsverfahrens abgelehnt. Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg, dem der 3. Zivilsenat die Sache zur Bestimmung des zuständigen Zivilsenats vorgelegt hatte, hat mit Beschluss vom 12. September 2019 erklärt, für die Bestimmung nicht zuständig zu sein, und den Rechtsstreit zur Bestimmung der Zuständigkeit an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.

II. Auf die zulässige Vorlage des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg ist die funktionelle Zuständigkeit des nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg für Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz zuständigen Zivilsenats auszusprechen.

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor.

a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Bestimmung des zuständigen Senats berufen. Das folgt ungeachtet der Frage, inwieweit der Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 12. September 2019 Bindungswirkung entfaltet, schon aus den Regelungen des § 36 ZPO.

Diese gelten nicht nur für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, sondern sind entsprechend auf die Bestimmung der gesetzlich festgelegten funktionellen Zuständigkeit anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2003, X ARZ 175/03, BGHZ 156, 147 [juris Rn. 10 f.]; Toussaint in BeckOK ZPO, 34. Ed. Stand: 1. September 2019, § 36 Rn. 36, 37.3 u. 38.2; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 36 Rn. 3; Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018 § 36 Rn. 4 u. 39; Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 36 Rn. 5; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 36 Rn. 4; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2014, X ARZ 664/13, NJW-RR 2014, 573 Rn. 5). Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen zwei Spruchkörper eines Gerichts unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob die Voraussetzungen des § 72a GVG oder des § 119a GVG vorliegen (vgl. BT-Drucks. 18/11437, S. 45 f.; zu § 72a GVG: KG, Beschluss vom 14. März 2019, 2 AR 6/19, juris Rn. 4; Beschluss vom 22. März 2018, 2 AR 11/18, NJW-RR 2018, 639 Rn. 4 f.; OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 9; OLG Hamburg, Beschluss vom 12. Oktober 2018, 6 AR 17/18, juris Rn. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Juni 2018, 1 AR 990/18, juris Rn. 23; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23. April 2018, 13 SV 6/18, juris Rn. 12; Feldmann in BeckOK GVG, 4. Ed. Stand: 1. August 2019, § 72a Rn. 6; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 72a Rn. 10; Lückemann in Zöller, ZPO, § 72a GVG Rn. 2; zu § 119a GVG: OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. Februar 2019, 1 W 1/19, juris Rn. 5; OLG Bamberg, Beschluss vom 31. August 2018, 2 ZIV AR 2/18, NJW-RR 2018, 1386 Rn. 18; OLG Hamburg, Beschluss vom 6. August 2018, 6 AR 10/18, juris Rn. 9).

Das für die beteiligten Senate des Oberlan...

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