Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der gesetzlichen Spezialzuständigkeit für Bank- und Finanzgeschäfte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Frage der Spezialzuständigkeit nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG handelt es sich um eine gesetzliche Zuständigkeit, die nicht der Entscheidung des Präsidiums überlassen werden darf, so dass die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog gegeben sind.

2. Eine Streitigkeit aus einem Bank- oder Finanzgeschäft gem. §§ 119a Satz 1 Nr. 1, 72a Satz 1 Nr. 1 GVG liegt nicht vor, wenn keiner der (jetzt noch) am Prozess Beteiligten eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut ist.

 

Normenkette

GVG § 72a S. 1 Nr. 1, § 119a S. 1 Nr. 1; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Tenor

Die allgemeinen Zivilsenate des Oberlandesgerichts Bamberg werden als funktional zuständige Spruchkörper bestimmt. Eine spezialgesetzliche Zuständigkeit des 8. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Bamberg nach § 119 a Nr. 1 GVG ist nicht gegeben.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Privatperson, macht deliktische Schadensersatzansprüche aufgrund Untreue und Betrugs sowie aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Kapitalanlage geltend. Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 21.09.2005 als Treugeberin an der C... Beteiligungsfonds 5 GmbH & Co. KG. Gemäß Beitrittserklärung war die Klägerin zur Leistung einer Einmalanlage in Höhe von 6.300,00 Euro (inklusive 5 % Agio in Höhe von 300,00 Euro) sowie monatlichen Raten zu je 201,40 Euro (inklusive 5 % Agio in Höhe von 11,40 Euro) bei einer Mindestvertragslaufzeit von 10 Jahren verpflichtet. Am 01.07.2015 wurde durch das Amtsgericht Würzburg unter dem Aktenzeichen IN 56/15 jeweils das Insolvenzverfahren über die Vermögen der Firma K. ... Verwaltungs AG, über die Vermögen der D. AG und auch des hier streitgegenständlichen Fonds C... Beteiligungsfonds 5 GmbH & Co. KG eröffnet.

Ursprünglich war die Klage gegen fünf Beklagte eingereicht worden. Das anhängige Berufungsverfahren wird lediglich noch in Richtung des Beklagten zu 5) (künftig Beklagter) geführt. Nach dem klägerischen Vortrag sind die Anleger jeweils dadurch geschädigt worden, dass der Beklagte - in seiner Funktion als leitendes Organ (Vorstand bzw. Geschäftsführer) der C... Verwaltungs AG bzw. von verschiedenen Anlagegesellschaften - die in den Vermögen der C... 5 und anderer Fondsgesellschaften vorhandenen und weiter eingehenden Anlegergelder planmäßig in großem Umfang für sich vereinnahmt und insbesondere im Wege der Vermögensverschiebung einem der von ihm beherrschten sonstigen Unternehmen zugeführt hatte. Dem Beklagten wird vorgeworfen, dass er im Hinblick auf diese Transaktionen nach Ingerenzgrundsätzen wegen Betruges durch Unterlassen zugleich dafür einzustehen habe, dass Anleger wie die Klägerseite in Unkenntnis dieser das jeweilige Fondsvermögen massiv schädigenden Untreuehandlungen die vertraglich vereinbarten Ratenzahlungen noch jahrelang fortgesetzt hatten.

Die Klägerin reichte mit Schriftsatz vom 05.05.2017 Klage beim Landgericht Würzburg ein. Dieses wies durch Endurteil vom 09.02.2018 die Klage in Richtung aller Beklagter ab. Gegen dieses Urteil, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.02.2018 zugestellt, legten diese mit Schriftsatz vom 14.03.2018, eingegangen am 15.3.2018, Berufung ein, wobei in der Folge klargestellt wurde, dass sich die Berufung nur gegen den Beklagten zu 5) richtet. Weiterhin wurde die Berufung mit Schriftsatz vom 09.04.2018 begründet.

Das Verfahren wurde am Oberlandesgericht Bamberg bei dem nach dem Turnus für die allgemeinen Zivilsenate zuständigen 3. Zivilsenat eingetragen.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg erklärte sich mit Beschluss vom 13.07.2018 für (funktionell) unzuständig und verwies den Rechtsstreit an den 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg. Dieser Beschluss wurde den Parteien formlos unter dem 20.7.2018 zugeleitet.

Zur Begründung führt der 3. Senat im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Berufungsverfahren seiner Ansicht nach eine Streitigkeit aus dem Bereich der Finanzgeschäfte nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG betreffe, die nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg für 2018 als Sondermaterie nunmehr ausschließlich dem 8. Zivilsenat zugewiesen sei. Der gesetzlichen Zuständigkeit nach den §§ 72 a Satz 1 Nr. 1, 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG unterfielen keineswegs nur Klagen von und gegen Kredit- oder Finanzinstitute. Entscheidend sei vielmehr, dass die spätere Streitigkeit "aus" einem Sachverhalt hervorgegangen sei, der in beiden Komponenten - subjektiv wie strukturell - ein Finanzgeschäft zum Gegenstand gehabt habe. Es sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass an dem der Streitigkeit zu Grunde liegenden Geschäft ein Finanzinstitut (bzw. ein auf diesen Unternehmensstatus ausgerichteter Anbieter) mit einer Katalogdienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1 a Satz 2 KWG beteiligt gewesen sei. Nicht erforderlich sei, dass ein Kredit- oder Finanzinst...

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