Leitsatz (amtlich)

Für die Bestellung eines Nachtragsliquidators zur Ermöglichung der gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung einer gelöschten Gesellschaft ist kein Raum, wenn dem Prozessbevollmächtigten vor Löschung der Gesellschaft wirksam Prozessvollmacht erteilt worden ist. Diese wird durch die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister, auch wenn diese vor Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist, nicht berührt.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 06.05.2004; Aktenzeichen 17 HKT 13768/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 6.5.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1) hat der Beteiligten zu 2) die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Gesellschaft, eine GmbH, wurde am 3.9.2001 im Handelsregister gelöscht. Vor dem LG macht sie gegen die frühere Gesellschafterin, die Beteiligte zu 2), in einem Rechtsstreit eine Forderung von 229.314,40 Euro geltend. Prozessbevollmächtigter der Gesellschaft ist der Beteiligte zu 1). Am 9.4.2003 erließ das Prozessgericht einen Beschluss, wonach die Nachtragsliquidation für die Gesellschaft für erforderlich gehalten wurde. Am 1.4.2003 stellte der Beteiligte zu 1) in eigenem Namen als letzter Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft beim AG den Antrag auf Anordnung der Nachtragsliquidation und auf Bestellung seiner Person als Nachtragsliquidator. Die Beteiligte zu 2) erhob gegen die Bestellung des Beteiligten zu 1) Bedenken. Das Registergericht wies den Antrag mit Beschluss vom 16.6.2003 zurück. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1) mit seinem Rechtsmittel der Beschwerde, welches das LG mit Beschluss vom 2.9.2003 als unzulässig verwarf. Im nachfolgenden Verfahren der weiteren Beschwerde hob der Senat den verwerfenden Beschluss des LG auf und verwies das Verfahren an das Beschwerdegericht zurück. Nach ergänzenden Ermittlungen hat das LG die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine weitere Beschwerde. Der Beteiligte zu 1) vertritt die Auffassung, dass für die Bestellung eines Nachtragsliquidators ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil das Prozessgericht die Nachtragsliquidation für erforderlich hält.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die weitere Beschwerde wurde fristgerecht erhoben. Es kann dahinstehen, ob das Rechtsmittel als weitere oder sofortige weitere Beschwerde anzusehen ist, da jedenfalls die Frist des § 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1 S. 1 FGG gewahrt ist.

2. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Bestellung eines Nachtragsliquidators zur Fortführung des Rechtsstreits vor dem LG bedürfe es nicht, da der Beteiligte zu 1) noch wirksam zur Prozessführung bevollmächtigt sei. Die frühere Liquidatorin habe eidesstattlich versichert, dass die Prozessvollmacht vom 21.5.2001 für den anhängigen Rechtsstreit erteilt worden sei. Zu dem Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht sei sie noch bestellte Liquidatorin gewesen. Der Beteiligte zu 1) habe anwaltlich ebenfalls versichert, dass die Vollmacht vor Niederlegung des Amtes der Liquidatorin erteilt worden sei. Deshalb sei die Gesellschaft noch wirksam nach § 86 ZPO vertreten und bedürfe keines gerichtlich bestellten Nachtragsliquidators. Auf den Umstand, dass unter gleichem Datum offenbar zwei inhaltlich verschiedene Vollmachten erteilt worden seien, komme es nicht mehr an.

3. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Nachtragsliquidation ist erforderlich, wenn sich nach Löschung der Gesellschaft im Handelsregister herausstellt, dass noch unverteiltes Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist oder sich in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG die Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen ergibt (vgl. BGH v. 10.10.1988 - II ZR 92/88, BGHZ 105, 259 [260 f.] = AG 1989, 203 = GmbHR 1989, 126 = MDR 1989, 142; BayObLG v. 23.9.1993 - 3Z BR 172/93, BayObLGZ 1993, 332 [333] = BayObLGReport 1993, 94 = GmbHR 1993, 821; Baumbach/Schulze/Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 66 Rz. 37). Allgemein gesehen ist die Bestellung eines Nachtragsliquidators immer dann geboten, wenn ein Bedürfnis dafür besteht. Demnach ist von vorhandenem Gesellschaftsvermögen regelmäßig auch dann auszugehen, wenn zur Feststellung und Realisierung des Vermögens ein Aktivprozess zu führen ist. Der gerichtlich geltend zu machende Anspruch ist ein Vermögensgegenstand, über dessen Vorhandensein erst in dem anhängigen Verfahren entschieden wird (BayObLG v. 23.9.1993 - 3Z BR 172/93, BayObLGZ 1993, 332 [334] = BayObLGReport 1993, 94 = GmbHR 1993, 821; Baumbach/Schulze/Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 74 Rz. 18).

b) Unmittelbar zur Verteilung anstehendes Vermögen ist hier nach Aktenlage nicht vorhanden; auch weitere Abwicklungsmaßnahmen, die eine handelnde Person für die schon gelöschte Gesellschaft erfordern würden, sind nicht erkennbar. D...

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