Leitsatz (amtlich)

1. Es bleibt offen, ob gegen Entscheidungen des Registergerichts im Rahmen des § 66 Abs. 5 GmbHG die weitere oder die sofortige weitere Beschwerde statthaft ist.

2. Wenn die Frage der Befristung des statthaften Rechtsmittels in der Rspr. und in der Lit. nicht geklärt ist, kann auch einem Rechtsanwalt als Beschwerdeführer bei Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Hat der Beschwerdeführer das Rechtsmittel bereits vor Beseitigung des Hindernisses eingelegt, bedarf es keiner erneuten Einlegung innerhalb der Frist des § 22 Abs. 2 FGG.

3. Liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Nachtragsliquidators vor, hat das Registergericht ein Ermessen nur in Bezug auf die konkret zu bestellende Person, nicht jedoch dahingehend, ob ein Nachtragsliquidator bestellt wird.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 02.09.2003; Aktenzeichen 17 HKT 13768/03)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG München I vom 2.9.2003 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Gesellschaft, eine GmbH, wurde am 3.9.2001 im Handelsregister gelöscht. Vor dem LG München II macht die Gesellschaft gegen die frühere Gesellschafterin, die Beteiligte zu 2), eine AG, in einem Rechtsstreit eine Forderung von 229.314,40 Euro geltend. Prozessbevollmächtigter der Gesellschaft ist der Beteiligte zu 1), ein Rechtsanwalt. Am 1.4.2003 stellte der Beteiligte zu 1) in eigenem Namen als letzter Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft beim AG den Antrag auf Anordnung der Nachtragsliquidation und auf Bestellung seiner Person als Nachtragsliquidator. Die Beteiligte zu 2) erhob gegen die Bestellung des Beteiligten zu 1) wegen der Besorgnis fehlender Neutralität Bedenken.

Das AG hat den Antrag mit Beschluss vom 16.6.2003 zurückgewiesen, da keine für das Amt geeignete Person zur Verfügung stehe. Als Begründung führte es an, dass der Beteiligte zu 1) nicht in Betracht komme, da er als Prozessbevollmächtigter der Gesellschaft und wegen der erst während der Anhängigkeit des Rechtsstreits begründeten Gesellschafterstellung in Bezug auf die Beteiligte zu 2) den Eindruck der Befangenheit erwecke. Gegen den am 20.6.2003 zugestellten Beschluss legte der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 9.7.2003, bei Gericht eingegangen am 11.7.2003, „Rechtsmittel” ein, mit dem er seine Bestellung als Nachtragsliquidator weiterverfolgte.

Das LG wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass seine Beschwerde verfristet sei. Über einen in Folge gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das LG nicht entschieden. Mit Beschluss vom 2.9.2003 hat es das Rechtsmittel des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 12.9.2003 „Rechtsmittel” eingelegt.

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung vom 2.9.2003 und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Es kann dahinstehen, ob das Rechtsmittel als weitere oder sofortige weitere Beschwerde anzusehen ist. Auch als fristgebundene Beschwerde wäre das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) zulässig, da die Frist des § 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1 S. 1 FGG gewahrt wurde. Das Rechtsmittel ist ferner formgerecht eingelegt (FGG § 29 Abs. 1 S. 2). Der Beteiligte zu 1) ist Rechtsanwalt und kann in eigener Sache durch Einreichung einer selbst unterschriebenen Beschwerdeschrift formwahrend Rechtsmittel einlegen (vgl. BayObLG FamRZ 1977, 347; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., § 29 Rz. 4; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 29 Rz. 7; Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 29 Rz. 15).

Der Beschwerdeführer ist auch beschwerdeberechtigt, da seine Erstbeschwerde verworfen worden ist (BayObLG BayObLGZ 1976, 126 [128]; v. 24.6.1993 – 3Z BR 111/93, BayObLGZ 1993, 253 [255]).

2. Das LG hat die Auffassung vertreten, dass gegen die Zurückweisung des Antrags des Beteiligten zu 1), Nachtragsliquidation für die betroffene Gesellschaft anzuordnen und ihn selbst zum Nachtragsliquidator zu bestellen, allein das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft sei. Gegen die Ablehnung der Bestellung eines Nachtragsliquidators sehe das Gesetz kein ausdrückliches Rechtsmittel vor. Insbesondere treffe § 66 Abs. 5 GmbHG, der die Nachtragsliquidation für wegen Vermögenslosigkeit gelöschter Gesellschaften regle, keine Aussage zu den Rechtsmitteln gegen die auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassenen Entscheidungen. Entsprechend der herrschenden Meinung sei daher analog § 273 Abs. 5 AktG die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen des Registergerichts über im Rahmen der Nachtragsliquidation zu behandelnde Fragen statthaft. Insbesondere könne es für die Frage der Befristung des Rechtsmittels nicht darauf ankommen, ob ein Nachtragsliquidator bestellt worden oder die Zurückweisung eines diesbezüglichen Antrags erfolgt ist. In beiden Fallgestaltungen bestehe ein Interesse der Beteiligten an einer zeitnahen Entscheidung. Da die Beschwerde hier nicht binnen der ...

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