Leitsatz (amtlich)

Der Wert des Gegenstands der Beschwerde gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Betrags als Schadensersatz wird nicht dadurch erhöht, dass der Verpflichtete befürchtet, durch ein Bekanntwerden der Entscheidung in der Nachbarschaft und deren Einführung in andere gerichtliche Auseinandersetzungen Nachteile zu erleiden.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 08.11.2004; Aktenzeichen 1 T 18528/04)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 316/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG München I v. 8.11.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 291 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage. Die Wohnungen grenzen aneinander. Die Antragsteller haben ihre Wohnung vermietet. Die Mieterin minderte wegen fortgesetzter Lärmbelästigung aus der Nachbarwohnung in den Monaten Mai bis Juli 2003 die Miete. Zur verlangten Miete ergab sich eine Differenz von 291,45 Euro. Diesen Betrag verlangen die Antragsteller als Schadensersatz von der Antragsgegnerin.

Das AG hat mit Beschluss v. 1.9.2004 den verlangten Betrag zugesprochen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG am 8.11.2004 verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Das LG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Die form- und fristgerecht nach § 45 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 FGG eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist deshalb unabhängig vom Beschwerdewert stets zulässig (BGH v. 17.9.1992 - V ZB 21/92, MDR 1992, 1177 = NJW 1992, 3305; und st. Rspr.).

1. Das LG hat ausgeführt:

Die angegriffene Entscheidung des AG verpflichte die Antragsgegnerin zur Zahlung von 291,45 Euro nebst Zinsen. Die Beschwer sei entsprechend zu bemessen. Eine Erhöhung des Beschwerdewerts im Hinblick auf die Begründung der amtsgerichtlichen Entscheidung oder deren Verwendung für andere Verfahren komme nicht in Betracht.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert des Gegenstands der Beschwerde 750 Euro nicht übersteigt (vgl. § 45 Abs. 1 WEG). Der Beschwerdewert richtet sich nach der Beschwer und dem Änderungsinteresse des Beschwerdeführers (Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 45 Rz. 9). Der Wert des Beschwerdegegenstands kann insgesamt nicht höher als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens sein (BGH v. 17.9.1992 - V ZB 21/92, BGHZ 119, 216 [218 f.] = MDR 1992, 1177).

Die Beschwer bemisst sich hier allein nach der der Antragsgegnerin auferlegten Zahlungsverpflichtung. Unberücksichtigt bleiben die in den Beschlussgründen des AG niedergelegten tatsächlichen Feststellungen. Denn daraus ergibt sich keine für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Beschwer. Die Beschwer ist auch nicht deshalb höher anzusetzen, weil die Antragsgegnerin befürchtet, durch ein Bekanntwerden der amtsgerichtlichen Entscheidung in der Nachbarschaft und deren Einführung im Rahmen anderer gerichtlicher Auseinandersetzungen Nachteile zu erleiden. Denn eine über die konkreten Schadensersatzansprüche hinausgehende Bindung in Bezug auf die Beurteilung der zugrunde liegenden nachbarlichen Auseinandersetzungen kommt dem Beschluss nicht zu. § 45 Abs. 1 WEG verlangt ein vermögenswertes Interesse; allein ein ideelles Interesse, den Beschluss zu beseitigen, genügt als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Inanspruchnahme des nächsten Rechtszugs nach dieser Bestimmung nicht (BayObLG, Beschl. v. 17.11.2004 - 2Z BR 190/04). Auch die vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin herangezogene Literatur (namentlich Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsbd., vor § 511 Rz. 13 ff.) rechtfertigt nicht die Annahme einer über den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung hinausgehenden Beschwer.

Weil der Beschwerdewert offensichtlich nicht erreicht ist und somit eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das Rechtsmittel erkennbar nicht gegeben war, konnte das LG auch von einer mündlichen Verhandlung (vgl. § 44 Abs. 1 WEG) absehen (BayObLG WE 1991, 197; WE 1993, 320).

3. Es erscheint nach § 47 WEG angemessen, der in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnerin neben den Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus § 48 Abs. 3 S. 1 WEG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1315075

WuM 2005, 146

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