Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuzahlungshöhe bei einer vor dem Inkrafttreten des WFG beantragten medizinischen Leistung zur Rehabilitation

 

Orientierungssatz

Findet § 301 Abs 1 SGB 6 auch auf Zuzahlungen sowie auf Änderungen des SGB 6 Anwendung?

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuzahlung bei einer stationären medizinischen Leistung zur Rehabilitation.

Am 16.12.1996 beantragte der Kläger eine medizinische Leistung zur Rehabilitation. Die daraufhin mit Bescheid vom 15.03.1997 von der Beklagten bewilligte Maßnahme wurde als stationäre Heilbehandlung vom 12.07. bis 02.08.1997 im Sanatorium S, B B durchgeführt.

Der Bescheid vom 15.03.1997 enthält den Zusatz: Für die Dauer der Heilbehandlung sind kalendertäglich 25,00 DM zuzuzahlen. Eine Zuzahlung entfällt... für den Entlassungstag.

Mit Schreiben vom 18.04.1997 begehrte der Kläger, auf ihn noch die alte Regelung anzuwenden, wonach die Höhe der Zuzahlung nur 11,00 DM kalendertäglich betrage.

Die Beklagte legte dieses Schreiben als Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung aus und ließ sich einen entsprechenden Formblattantrag (vom 11.07.1997) vorlegen.

Mit Bescheid vom 31.08.1997 setzte die Beklagte die vom Kläger zu leistende Zuzahlung auf 525,00 DM fest, wobei sie einen kalendertäglichen Betrag von 25,00 DM zugrundelegte.

Den Widerspruch des Klägers vom 06.09.1997 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.1998 als unbegründet zurück. Die Neuregelung des Zuzahlungsbetrags sei am 01.01.1997 in Kraft getreten. Maßgeblich für das anzuwendende neue Recht sei nicht der Zeitpunkt des Antrags, sondern der Zeitpunkt des Beginns der Rehabilitationsleistung.

Mit der am 05.02.1998 zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren, auf die von ihm zu leistende Zuzahlung das bis zum 31.12.1996 geltende Recht anzuwenden, weiter.

In seinem Urteil vom 22.03.1999 verpflichtete das SG die Beklagte, für die vom Kläger zu leistende Zuzahlung einen kalendertäglichen Betrag von 12,00 DM zugrunde zu legen, und ließ die Berufung zu.

Am 03.05.1999 ging die Berufung des Beklagten gegen dieses ihr am 21.04.1999 zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug sie vor, aus dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB VI -- "die... in Anspruch nehmen" -- ergebe sich, daß maßgebliches Recht für die Höhe der Zuzahlung das im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung geltende Recht sei. Dies berücksichtige, daß die Verpflichtung zur Zuzahlung auch erst in diesem Zeitpunkt entstehe (Hinweis auf das zu dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht ergangene Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 14.12.1988 -- L 6 Kr 3/86 = ZfS 1990, S. 23 f.) und auch erst zu diesem Zeitpunkt entstehen könne; denn auch nach Bewilligung der Rehabilitationsmaßnahme stehe noch nicht fest, ob der Betroffene die Maßnahme auch tatsächlich in Anspruch nehme. Die Vorschrift des § 301 Abs. 1 SGB VI sei auf die Zuzahlung nicht anzuwenden. Bei der Zuzahlung handle es sich nicht um eine Leistung zur Rehabilitation, sondern um eine Verpflichtung des Versicherten. Bereits vom Wortsinn her erscheine es ausgeschlossen, die Vorschrift des § 301 Abs. 1 SGB VI, die ausdrücklich nur von Leistungen spreche, auf die Zuzahlung anzuwenden (bezüglich des Rechtscharakters der Zuzahlungspflicht Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts BSG -- vom 11.06.1986 -- 1 RA 51/85 = SozR 1500 § 149 SGG Nr. 11). Auch eine entsprechende Anwendung des § 301 Abs. 1 SGB VI sei nicht gerechtfertigt, weil es schon an der für eine analoge Anwendung notwendigen Gesetzeslücke fehle. Wie das BSG entschieden habe (Hinweis auf das BSG-Urteil vom 29.8.1996 4 RA 116/94 = SozR 3-2600 § 301 Nr. 1), enthalte § 301 Abs. 1 SGB VI keine vollständige Übergangsregelung für das komplette Normenprogramm der Rehabilitation. Der Gesetzgeber habe mit § 301 Abs. 1 SGB VI das Vertrauen des Versicherten auf eine überschaubare Gesetzeslage, die es ermögliche, Vor- und Nachteile eines Rehabilitationsverfahrens gegeneinander abzuwägen, übergangsrechtlich geschützt. Der Charakter der Zuzahlung als Abschöpfung dessen, was der Versicherte während der stationären Heilbehandlung regelmäßig an Aufwendungen für seine häusliche Lebenshaltung erspare, mache es nicht erforderlich, das diesbezügliche Vertrauen in demselben Umfang zu schützen wie das Vertrauen auf die Leistung als solche; denn ein Vertrauen des Versicherten darauf, daß er durch häusliche Ersparnisse während der Maßnahme besser gestellt sein werde als vor oder nach der Maßnahme, könne es nicht geben. Es widerspreche daher nicht dem Normenprogramm des Gesetzesgebers, auf die Zuzahlung generell den -- auch in § 300 Abs. 1 SGB VI niedergelegten -- Grundsatz anzuwenden, daß Rechtsänderungen, sofern nichts Abweichendes bestimmt sei, "ex tunc" gälten. Das bedeute im vorliegenden Fall, daß mit Inkrafttreten des WFG zum 1.1.1997 Zuzahlungen nach neuem Recht zu leisten gewesen seien. Diese Rechtsauffassung werde auch durch zweitinstanzliche Urteile bestä...

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