Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Prozesskostenhilfe. Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. keine Anrechnung der für die anwaltliche Tätigkeit im Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Staatskasse als Dritter. Berechnung der Beschwer der Staatskasse. Prüfungsumfang im Erinnerungs- und im Beschwerdeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Staatskasse ist nicht Dritter im Sinn von § 15a Abs 2 RVG im Falle der Bewilligung von PKH, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts (Fortführung der Rechtsprechung des Senats vom 2.12.2015 - L 15 SF 133/15 = JurBüro 2016, 84).

2. Bei parallelen Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren (Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs) handelt es sich nicht um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs 4 S 1 VV RVG. Eine Anrechnung erfolgter Zahlungen auf die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren auf die Verfahrensgebühr des Eilrechtsschutzverfahrens gemäß Vorbemerkung 3 Abs 4 VV RVG, § 15a Abs 1 RVG findet daher nicht statt.

3. Die Bestimmung der Beschwer für die Staatskasse erfolgt unabhängig von einer anteiligen Kostenübernahme durch den Verfahrensgegner.

4. Eine Erinnerung nach § 56 RVG führt anders als in den Fällen des § 4 JVEG nicht zu einer vollumfänglichen Neuentscheidung durch den Kostenrichter. Es erfolgt lediglich eine, bei nur teilweiser Anfechtung, partielle Überprüfung der vorangegangenen Entscheidung des Urkundsbeamten (Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats vom 8.1.2013 - L 15 SF 232/12 B E). Eine vollumfängliche Prüfung erfolgt damit auch nicht im Rahmen der Beschwerde nach § 56 Abs 2 RVG.

 

Normenkette

RVG § 15a Abs. 1-2, §§ 56, 45 Abs. 1 S. 1; VV RVG Vorb 3 Abs. 4 S. 1

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 3. Februar 2014 aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdegegner nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Gegenstand ist weiter der Kostenausspruch im Erinnerungsbeschluss.

Im Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az.: S 11 KR 505/13 ER, ging es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Kläger am 14.11.2013 eingelegten Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) gegen die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden bezüglich von Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets durch den Bescheid vom 08.11.2013; die Beklagte hatte die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet.

Am 14.11.2013 stellte der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdegegner, den genannten Antrag im Eilrechtsschutzverfahren und beantragte die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 22.11.2013 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Auf den Beschluss des SG im Eilrechtsschutzverfahren vom 22.11.2013, mit dem der Antrag des Klägers teilweise abgelehnt worden war, schloss sich das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG), Az.: L 5 KR 403/13 B ER, an; in diesem wurde der Beschwerdeführer auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 09.12.2013 im Rahmen der PKH-Gewährung beigeordnet. Mit Beschluss des BayLSG vom 02.12.2013, berichtigt durch Beschluss vom 09.12.2013, wurde u.a. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den oben genannten Bescheid vom 08.11.2013 (auch mit Wirkung für die Zukunft) angeordnet.

Am 25.11.2013 bzw. 04.12.2013 beantragte der Beschwerdegegner, seine Vergütung für die Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER sowie L 5 KR 431/13 B ER festzusetzen und setzte dabei eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 550,00 EUR und eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV RVG in Höhe von 370,00 EUR an.

Mit Beschluss vom 24.01.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin die Vergütung des Beschwerdegegners gemäß § 55 RVG auf insgesamt 755,65 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG:

 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Zwischensumme:

 420,00 EUR

19 % Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG:

 79,80 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer:

 499,80 EUR

abzüglich Ergebnis Vergleichsberechnung

 208,25 EUR

(str.)

 Erstattungsbetrag:

 291,55 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG:

 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Zwischensumme:

 390,00 EUR

19 % Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG:

 74,10 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer:

 464,10 EUR

Erstattungsbetrag:

 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag:

 755,65 EUR

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