Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Gegenstand des Erinnerungsverfahrens nach § 56 RVG. vorgetragene Beschwer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erinnerung nach § 56 Abs 1 RVG führt anders als § 4 JVEG nicht zu einer erneuten vollumfänglichen Prüfung und Entscheidung durch den Kostenrichter. Im Erinnerungsverfahren ist nur die (behauptete) Beschwer aufgrund der Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten Streitgegenstand.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 1. Oktober 2012 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.

Der Beschwerdegegner war in einem grundsicherungsrechtlichen Rechtsstreit vor dem Bayerischen Landessozialgericht (L 11 AS 416/10) den damaligen Klägern und Berufungsklägern im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden (Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 07.03.2012). Die Klägerseite bestand aus insgesamt fünf Streitgenossen; beigeordnet wurde der Beschwerdegegner aber nur vieren. Der Beschwerdegegner nahm die Berufung im Rahmen eines Erörterungstermins für alle fünf Streitgenossen zurück.

Auf den Vergütungsfestsetzungsantrag vom 02.05.2011 setzte die Urkundsbeamtin beim Sozialgericht Würzburg unter dem Datum 13.07.2011 bei einer zuerkannten Gesamtvergütung von 774,54 EUR die nach Abzug des gezahlten Vorschusses noch zu leistende Vergütung auf 49,83 EUR fest. Dabei folgte sie der Veranschlagung des Beschwerdegegners vollständig. Jedoch multiplizierte sie den letztlich zustehenden Gesamtbetrag (einschließlich MWSt.) vor Abzug des Vorschusses mit dem Faktor 0,8, weil nur vier der fünf Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Dagegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt, nicht aber der Beschwerdeführer. Mit Beschluss vom 01.10.2012 hat der Kostenrichter beim Sozialgericht Würzburg die Festsetzung der Kostenbeamtin abgeändert und eine weitere Zahlung angeordnet. Der Kostenrichter hat den Beschluss als unanfechtbar bezeichnet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, mit der er begehrt, dass dem Beschwerdegegner als Vergütung aus der Staatskasse lediglich der vierfache Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV RVG zuerkannt wird. Der Beschwerdegegner hat vorgetragen, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nur 88,54 EUR betrage und das Sozialgericht die Beschwerde nicht zugelassen habe. Der Beschwerdeführer hat erwidert, der Beschwerdewert betrage 420,40 EUR, nämlich die Differenz zwischen dem vom Kostenrichter zuerkannten Betrag von 863,08 EUR und dem vom Beschwerdeführer für zutreffend erachteten Betrag von 442,68 EUR.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, weswegen sie zu verwerfen ist.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Die grundsätzliche Bedeutung liegt hier in der Frage, wie sich im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Wert des Beschwerdegegenstands errechnet, in Verbindung mit den daraus resultierenden Folgeproblemen.

Die Unzulässigkeit der Beschwerde ergibt sich, wie der Beschwerdegegner zutreffend bemerkt hat, aus dem Nichterreichen des Beschwerdewerts von 200 EUR bei gleichzeitiger Nichtzulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht.

Für die Bildung des Beschwerdewerts aus Sicht der Staatskasse darf nur der Unterschiedsbetrag zwischen der von der Urkundsbeamtin und der vom Kostenrichter festgesetzten Vergütung herangezogen werden. Dieser Betrag beläuft sich lediglich auf 88,54 EUR. Insgesamt strebt die Staatskasse zwar eine um 420,40 EUR niedrigere Vergütung an, als sie der Kostenrichter festgesetzt hat. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem nun von der Staatskasse für zutreffend erachteten Wert von 442,68 EUR und den von der Urkundsbeamtin festgesetzten 774,54 EUR (331,86 EUR) kann aber zur Ausfüllung des Beschwerdewerts nicht herangezogen werden.

Prozessrechtlich ist allgemein anerkannt, dass der Wert des Beschwerdegegenstands nicht über die durch die angegriffene Entscheidung verursachte Beschwer hinausgehen kann (vgl. nur Ball in: Musielak, ZPO, 8. Auflage 2011, § 511 Rn. 18; Albers in: Baumbach/Lauterbach/ders./Hartmann, ZPO, 70. Auflage 2012, § 511 Rn. 13 f.). Die Beschwer, die aus dem Beschluss des Kostenrichters für den Beschwerdeführer resultiert, beträgt hier aber in der Tat nur 88,54 EUR. Das entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen der Festsetzung der Urkundsbeamtin und der des Kostenrichters. Soweit der Kostenrichter den von der Urkundsbeamtin zuerkannten Vergütungsbetrag von 774,54 EUR quasi übernommen hat, entsteht daraus für den Beschwerdeführer keine Beschwer. Die Beschwer insoweit ist vielmehr bereits durch die Festsetzung der Kostenbeamtin entstanden; dagegen hat sich der Beschwerdefü...

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