Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretungsrecht. Bayern Wiederaufnahme des Beschlußverfahrens. Wahlrecht. Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluß des Bayer. Verwaltungsgerichts – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bayern – vom 8. Oktober 1990

 

Normenkette

ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4; BayPVG Art. 6 Abs. 3, 5-6, Art. 25, 55; BPersVG § 6 Abs. 3-4, §§ 25, 55

 

Verfahrensgang

VG Ansbach (Aktenzeichen 8 P 90.01193)

 

Tenor

I. Auf den Wiederaufnahmeantrag des Beteiligten zu 1. wird der Beschluß vom 23. Januar 1991 Aktenzeichen 17 P 90.03625 aufrechterhalten.

II. Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Oberbürgermeister der Stadt R. hält die am 3. Juli 1990 abgehaltene Wahl des sieben Mitglieder umfassenden Gesamtpersonalrats dieser Stadt für rechtswidrig, weil bei dieser Wahl nicht nur die etwa 300 Beschäftigten der Stadtverwaltung und die 34 Beschäftigten der personalvertretungsrechtlich verselbständigten Stadtwerke, sondern auch die etwa 200 Beschäftigten des Krankenhauses der Hospitalstiftung zum Heiligen Geist, einer von der Stadt R. verwalteten rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts ohne eigenes Verwaltungspersonal, mitgewählt hatten.

Der Oberbürgermeister erklärte mit einem am 16. Juli 1990 beim Bayer. Verwaltungsgericht Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bayern – eingegangenen Schriftsatz vom 10. Juli 1990, er fechte die Wahl, deren Ergebnis am 5. Juli 1990 bekanntgegeben worden war, an und beantrage, sie für nichtig zu erklären.

Mit Beschluß vom 8. Oktober 1990 gab die Fachkammer dem Wahlanfechtungsantrag statt.

Der Gesamtpersonalrat legte Beschwerde ein.

Er beantragte,

den Beschluß vom 8. Oktober 1990 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Am 14. Dezember 1990 ging die Ladung zu der für 23. Januar 1991 anberaumten mündlichen Anhörung vor dem Fachsenat unter anderem an die Bevollmächtigten des Gesamtpersonalrats zur Post. Die beiliegende Empfangsbekenntniskarte gelangte nicht an das Gericht zurück. Mit Schreiben vom 15. Januar 1991 bat das Gericht die Bevollmächtigten, die Empfangsbekenntniskarte zurückzusenden oder mitzuteilen, ob und wann die Sendung bei ihnen eingegangen ist. Eine Antwort ging bei Gericht nicht ein. Die Bevollmächtigten gaben jedoch nach ihrem Vortrag ein Antwortschreiben an das Gericht zur Post, in dem sie mitteilten, daß die Ladung bei Ihnen nicht angekommen sei. Dieses Schreiben erreichte das Gericht nicht.

Bei der mündlichen Anhörung am 23. Januar 1991 war der Gesamtpersonalrat nicht vertreten. Eine telefonische Anfrage des Vorsitzenden bei der Kanzlei der Bevollmächtigten des Gesamtpersonalrats ergab keine Klärung.

Daraufhin fand die mündliche Anhörung ohne Beteiligung des Gesamtpersonalrats statt.

Mit Beschluß vom selben Tage wies der Fachsenat die Beschwerde zurück.

Dieser Beschluß wurde den Bevollmächtigten des Gesamtpersonalrats am 1. März 1991 zugestellt. Am 28. März 1991 haben diese beantragt, im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens den Beschluß des Fachsenats vom 23. Januar 1991 aufzuheben, den Beschluß der Fachkammer vom 8. Oktober 1990 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Der Oberbürgermeister stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

Zu den Einzelheiten, vor allem zur Begründung der im Verlaufe des Verfahrens gestellten Anträge und des angefochtenen Beschlusses der Fachkammer, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Gegenstand der mündlichen Anhörung war, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Wiederaufnahmeantrag ist nach Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayPVG in Verbindung mit § 87 Abs. 2 Satz 1, § 79 ArbGG und § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zulässig und begründet. Der Gesamtpersonalrat war zwar nicht im ganzen Verfahren, aber in der mündlichen Anhörung vom 23. Januar 1991 nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten. Damit ist nicht nur der Fall gemeint, daß eine Prozeßpartei, die sich nicht selbst vertreten kann, nicht oder von einer anderen Person als ihrem gesetzlichen Vertreter vertreten war. Die Vorschrift schließt vielmehr auch die Fälle ein, daß eine Partei im Rechtsstreit nicht auftreten kann, weil sie davon nichts erfahren hat (vgl. dazu OLG Hamm, Urteil vom 9.3.1979, MDR 1979, 766 sowie die Kommentare zur Zivilprozeßordnung von Stein/Jonas/Grunsky, 26. Auflage, RdNr. 5 zu § 579, und Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 48. Auflage, Anm. 5 A zu § 579, sowie Rosenberg/Schwab, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, § 161 I b). Das ist dann der Fall, wenn sie zum Rechtsstreit nicht geladen wird. Allerdings darf dies nicht so verstanden werden, als ob jeder Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs oder jeder Zustellungsfehler die Wiederaufnahme des Verfahrens begründen würde. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erfaßt vielmehr nur den Fall der Nichtverständigung einer Partei, nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs aber auch dann, wenn diese Partei zur mündlichen Verhandlung, aufgrund deren die En...

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