Leitsatz

Ein wichtiger Grund für den Widerruf einer Bauträgervollmacht kann in einem der Beschränkung im Innenverhältnis widersprechenden Gebrauch der Vollmacht liegen.

 

Normenkette

§§ 167, 168 BGB

 

Das Problem

  1. Ein Bauträger begründet 2007 an einem Mehrfamilienhaus Wohnungs- und Teileigentum. In § 6 der Gemeinschaftsordnung ist festgehalten, dass der Bauträger die Möglichkeit haben soll, bauliche Veränderungen vorzunehmen und dabei in das Sonder- und gemeinschaftliche Eigentum einzugreifen. Die mit den Käufern in der Folgezeit abgeschlossenen Erwerbsverträge enthalten für den Bauträger unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB eine Vollmacht folgenden Inhalts:

    Der Käufer ist mit Änderungen und Ergänzungen der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung unter der Voraussetzung einverstanden, dass ihm hierdurch keine zusätzlichen Belastungen entstehen und sein Sondereigentum sowie die ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gegenstände durch die Änderung nicht berührt werden. … Diese Vollmacht ist im Außenverhältnis unbeschränkt; im Innenverhältnis ist B verpflichtet, die Beschränkungen zu beachten.

  2. Mit einem noch nicht vollzogenen Nachtrag vom November 2013 will der Bauträger unter Nutzung der Vollmacht eine Garage sowie ein Sondernutzungsrecht aufheben. Ferner will er gemeinschaftliches Eigentum in Sondereigentum umwidmen. Aus den Garagen soll Wohnungseigentum werden. Diesem soll zur (Sonder-)Nutzung eine Terrasse und ein Vorgarten zugewiesen sein. Das Grundbuchamt vollzieht den Nachtrag nicht, weil Wohnungseigentümer W seine Vollmacht für den Bauträger widerrufen hat (W waren die Garagen zur Anmietung versprochen worden). Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bauträgers.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Der Wohnungseigentümer W habe den Änderungen nicht zugestimmt. Die Vollmacht des Bauträgers sei zwar im Außenverhältnis unbeschränkt. Auch eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht unterliege aber Grenzen. Etwa wenn das Grundbuchamt sichere Kenntnis vom Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen habe, könne und müsse das Grundbuchamt die Eintragung ablehnen (Hinweis auf OLG München v. 20.2.2013, 34 Wx 439/12, FGPrax 2013 S. 111).
  2. So liege es auch hier. Dem Bauträger seien nach dem Inhalt der Vollmacht "zusätzliche Belastungen" verboten. Solche würde er aber schaffen. W habe vom Bauträger 2 Garagenstellplätze anmieten sollen. Durch die Umwandlung der Garagen würde dieses Recht vereitelt werden. Die Vollmacht des Bauträgers decke – im Innenverhältnis – die beabsichtigten Veränderungen solange nicht, als nicht für einen Parkraumersatz nach Maßgabe des mit dem Kaufvertrag abgeschlossenen Mietvertrags mit W gesorgt sei.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. In vielen Bauträgerverträgen finden sich Änderungsvollmachten. Diese sollen den Bauträger dazu berechtigen, nachträglich die eigene Teilungserklärung oder/und die Gemeinschaftsordnung zu ändern.
  2. Eine Änderungsvollmacht wird grundsätzlich unwiderruflich ausgestaltet und schließt das Recht ein, eine Untervollmacht zu erteilen. Das Grundbuchamt kann entsprechende Vollmachten selbstständig prüfen (BayObLG v. 12.9.2002, 2 Z BR 75/02, ZMR 2002 S. 953 f.). Die Prüfungskompetenz beschränkt sich allerdings auf offensichtliche Verstöße, weil eine umfassende Kontrolle die Prüfungsmöglichkeiten des Grundbuchamts, wie sie von der Grundbuchordnung vorgegeben sind, übersteigen würde (BayObLG v. 12.9.2002, 2 Z BR 75/02, ZMR 2002 S. 953 f.).
  3. Will der Bauträger nach Entstehung der (ggf. werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft das Recht behalten, die Teilungserklärung noch einseitig und ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer zu verändern, kann er sich in den jeweiligen Erwerbsverträgen eine Änderungsvollmacht einräumen lassen oder den Erwerber vertraglich zu einer Mitwirkung verpflichten (OLG Hamburg v. 6.12.2002, 2 Wx 27/99, ZMR 2003 S. 697 f.; BayObLG v. 12.9.2002, 2 Z BR 75/02, ZMR 2002 S. 953 f.). Eine solche Vollmacht kann sich auch auf die Gemeinschaftsordnung beziehen. So liegt es jeweils im Fall.
  4. Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts gegenüber einer solchen Vollmacht beschränkt sich auf offensichtliche Verstöße (OLG München v. 17.2.2009, 34 Wx 91/08, MittBayNot 2010 S. 129, 139 m.w.N.). Ferner ist der Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten (LG Bielefeld v. 13.10.1992, 3 T 658/92, Rpfleger 1993 S. 241; Krause, NotBZ 2003, S. 11 ff.). Nach dem Bestimmtheitsgrundsatz sowie dem Gebot der Klarheit der Grundbucheintragungen ist zu fordern, dass die dem Bauträger eingeräumte Befugnis zur Änderung der Teilungserklärung eindeutig bestimmt ist (OLG Frankfurt a.M. v. 2.3.1998, 20 W 54/98, ZMR 1998 S. 365, 367; BayObLG v. 30.5.1996, 2 Z BR 47/96, DNotZ 1997 S. 473).
  5. Einen "offensichtlichen Verstoß" nimmt das OLG München an, wenn zwar die Vollmacht die beabsichtigten Änderungen ermöglicht, diesen Änderungen aber die der Bevollmächtigung zugrunde liegenden vertraglichen Abreden ...

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