6.1 Wohnungseigentümer

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, wenn ihm hierdurch kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Geht die Einwirkung über das zumutbare Maß hinaus, verleiht § 14 Abs. 3 WEG dem Wohnungseigentümer einen Anspruch auf angemessenen Geldausgleich. Praktisch bedeutsam ist die Norm insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung beschlossener Maßnahmen der energetischen Sanierung, etwa wenn das Betreten des Sondereigentums im Rahmen von Fensteraustauschmaßnahmen oder zum Betreten von Balkonen erforderlich wird, um Außendämmmaßnahmen durchführen zu können.[1]

[1] AG Bremen-Blumenthal, Urteil v. 14.3.2018, 44 C 2010/17, ZMR 2018 S. 704.

6.2 Drittnutzer

§ 15 WEG regelt Duldungspflichten von Drittnutzern einer Sondereigentumseinheit. Die Duldungspflichten beziehen sich auf Erhaltungsmaßnahmen und solche, die darüber hinausgehen, also bauliche Veränderungen.

6.3 Adressatenkreis

Zum Adressatenkreis des § 15 WEG gehört jeder Drittnutzer, der nicht Wohnungseigentümer ist. Zwar hat die Norm in erster Linie den Mieter von Wohnungseigentum im Fokus, umfasst sind aber auch sonstige Nutzer wie

  • dinglich Wohnungsberechtigte,
  • Nießbraucher und
  • alle anderen Personen, denen der Gebrauch überlassen wurde.

§ 15 WEG verpflichtet den Drittnutzer insoweit unmittelbar und unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen etwa mit seinem Vermieter im Mietvertrag gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und einzelnen Wohnungseigentümern, Erhaltungsmaßnahmen und bauliche Maßnahmen zu dulden. Die Duldungspflicht besteht also gegenüber

  • der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer,
  • den einzelnen Wohnungseigentümern sowie
  • dem Sondereigentümer.
 

Keine Beschränkung nur auf Wohnungseigentum

§ 15 WEG stellt auf den Nutzer von Wohnungseigentum ab. Insoweit ist die Bestimmung ihrem Wortlaut nach aber nicht nur beschränkt auf den Mieter von Wohnraum, sondern bezieht sich über § 1 Abs. 6 WEG auch auf Nutzer von Teileigentum, also etwa den Geschäftsraummieter. Wie nämlich vorerwähnte Bestimmung zum Ausdruck bringt, gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend für das Teileigentum.

6.4 Duldungspflicht "anderen" gegenüber

Die Duldungspflicht besteht nicht gegenüber dem Wohnungseigentümer, von dem der Drittnutzer sein Gebrauchsrecht ableitet.

 
Praxis-Beispiel

Vermietete Eigentumswohnung

Der vermietende Wohnungseigentümer möchte in der an den Mieter vermieteten Wohnung bestimmte Erhaltungsmaßnahmen durchführen. Hier ist nicht § 15 WEG einschlägig, da über den Mietvertrag bereits die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter nach §§ 555a ff. BGB bei Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gelten.

Entsprechendes würde auch beim Nießbrauch nach § 1044 BGB gelten. Im Verhältnis zwischen überlassendem Wohnungseigentümer und Drittnutzer hat § 15 WEG nämlich nicht die Funktion, die Rechte des überlassenden Wohnungseigentümers aus dem Rechtsverhältnis zu modifizieren, das der Überlassung zugrunde liegt. Dies ist auch nicht erforderlich, weil der überlassende Wohnungseigentümer auf die Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses Einfluss nehmen kann.

6.5 Wer muss ankündigen?

Die Ankündigungspflicht trifft denjenigen, der eine Maßnahme durchführen will. Sie kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer treffen, dann hat der Verwalter den betroffenen Drittnutzer zu informieren. Sie kann aber auch einen oder einzelne Wohnungseigentümer treffen, wenn einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung nach § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 WEG gestattet ist und zur Umsetzung der Baumaßnahme die Sondereigentumseinheit in Anspruch genommen werden muss, die von dem Dritten genutzt wird.

6.6 Anspruchsinhalt: Duldung baulicher Veränderung

§ 15 Nr. 2 WEG betrifft die Pflicht, bauliche Maßnahmen zu dulden, die über Erhaltungsmaßnahmen hinausgehen. Der Sache nach geht es also um bauliche Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen im mietrechtlichen Sinne. Das reformierte WEG kennt die Unterscheidung zwischen baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr. Vielmehr werden beide Maßnahmearten als bauliche Veränderungen in § 20 WEG gleichermaßen geregelt.

Ankündigung

Bauliche Maßnahmen nach § 15 Nr. 2 WEG sind spätestens 3 Monate vor ihrem Beginn in Textform anzukündigen. Der Ankündigung von baulichen Maßnahmen bedarf es nach § 555c Abs. 4 BGB entsprechend der Rechtslage bei der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen dann nicht, wenn die Baumaßnahme nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die genutzte Sondereigentumseinheit verbunden ist.

Ob die Einwirkungen einer Baumaßnahme unerheblich oder erheblich sind, richtet sich stets nach den Maßgaben des konkreten Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind in erster Linie die voraussichtliche Dauer der Maßnahme und ihr voraussichtlicher Umfang. Sind die Mieträume selbst betroffen, ist eine Maßnahme regelmäßig dann erheblich, wenn sie sich über mehrere Stunden hinzieht und das Gebrauchsrecht des Mieters beeinträchtigt. Als ...

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