Leitsatz

Bau eines unterkellerten Wintergartens auf sondergenutzter Terrasse im hier vorliegenden Einzelfall nicht zustimmungsbedürftig

 

Normenkette

(§§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG)

 

Kommentar

  1. Zwei Wohngebäude waren durch zwei dazwischen liegende Garagen miteinander verbunden. Ein Eigentümer ließ auf seiner ihm zugewiesenen Terrassen-Sondernutzungsfläche auf der Grundlage einer Baugenehmigung einen unterkellerten Wintergarten mit Fundamenten errichten. In der Gemeinschaftsordnung war vereinbart, dass die jeweiligen Eigentümer ohne Zustimmung der übrigen Sondereigentümer Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, die einzelnen Sondereigentümern zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen worden seien, verändern könnten. Während das AG den Antragsgegner zur Beseitigung verpflichtete, wurde der Beseitigungsantrag in II. Instanz abgewiesen (nach Zurückweisung durch das BayObLG v. 3.7.2003, 2Z BR 34/03). Die erneute Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
  2. Vorliegend hat die Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht gänzlich abbedungen, da sie nur Eingriffe in bestehendes Gemeinschaftseigentum erfasst, nicht jedoch die Schaffung neuen Gemeinschaftseigentums durch Errichtung zusätzlicher Bauwerke. Die Zustimmung der übrigen Eigentümer ist allerdings im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG entbehrlich. Nachteilig und zustimmungspflichtig wären nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigungen, die auch in einer nicht ganz unbedeutenden Verschlechterung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegen könnten. Entscheidend ist hier, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könnte (h.R.M.). Rechtsfehlerfrei ging das LG nach Augenscheinnahme im vorliegenden Fall nicht von einer Nachteilswirkung aus. Auch wenn der Anbau eines Wintergartens im Regelfall das optische Gesamtbild negativ beeinträchtigen sollte, schließt dies nicht aus, dass der Tatrichter im Einzelfall zu einer anderen Würdigung – wie hier – gelangen könne (vgl. auch OLG Zweibrücken v. 21.9.1999, 3 W 141/99, FG Prax 1999, 220). Eine nachteilige Veränderung des optischen Erscheinungsbilds habe hier nicht festgestellt werden können.
  3. Vorliegend komme es auch nicht auf die Wahrung der Abstandsflächen gem. Art. 6 ff. BayBO an, da für das Verhältnis der Eigentümer untereinander in erster Linie die Regelungen im WEG anwendbar seien (§§ 10 Abs. 1 Satz 2 und 22 Abs. 1 WEG). Entscheidend sei auch nicht, ob für den Wintergartenanbau weitergehend Abstandsflächen eingehalten werden müssten, wenn die Eigentümer ein Verhältnis zueinander wie realgeteilte Nachbarn vereinbart hätten (vgl. dazu BayObLG v. 14.12.2000, 2Z BR 60/00, ZMR 2001, 362; BayObLG v. 23.1.2001, 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472; BayObLG v. 21.2.2001, 2Z BR 104/00, BayObLGZ 2001, 41/45).

    Auch über das unvermeidliche Maß hinausgehende Beeinträchtigungen in Belichtung, Besonnung, Belüftung sowie Lärmentwicklung seien hier durch den Anbau ausgeschlossen, was sich aus der Konstruktionsart des Wintergartens und seiner örtlichen Lage im Verhältnis zum Nutzungsbereich der Antragstellerseite herleite. Auch von einer intensiveren Nutzungsmöglichkeit der Freifläche sei hier nicht als erheblicher Nachteil auszugehen. Somit sei auch nicht von einer erheblichen Wertminderung des Wohnungseigentums der Antragstellerseite zu sprechen.

  4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im hier 2. Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert von 40.000 EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 16.06.2004, 2Z BR 065/04)

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