Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat den Wohnungseigentümern seit seinem Inkrafttreten am 1.12.2020 einen Anspruch auf Gestattung bestimmter baulicher Veränderungen verliehen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 WEG handelt es sich dabei um bauliche Veränderungen, die

  • dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
  • dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
  • dem Einbruchsschutz und
  • dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität

dienen.

Keine direkte Anwendung der Vorschrift möglich

Direkt unter diese privilegierten Tatbestände lassen sich Balkonkraftwerke nicht subsumieren, auch wenn sich gewisse Parallelen zur privilegierten baulichen Veränderung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG, also dem Anspruch auf Gestattung baulicher Maßnahmen zum Laden von E-Mobilen, nicht leugnen lassen.

Freilich kann in diesem Zusammenhang angedacht werden, ob ggf. auch ein Anspruch auf Montage eines Balkonkraftwerks besteht, soweit dies (auch) zum Laden von E-Mobilen dient.[1] Vielfach dürfte dies aber gerade mit Blick auf Wohnungen in oberen Geschosslagen wohl zu verneinen sein. Freilich lässt sich der E-Roller oder das Pedelec auch innerhalb einer Etagenwohnung aufladen, weshalb es nicht fernliegt, den hierfür benötigten Strom auch über ein Balkonkraftwerk zu generieren. Wiederum ist insoweit zu berücksichtigen, dass auch auf Grundlage von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG nur ein Anspruch auf eine angemessene bauliche Veränderung besteht und in aller Regel schon keine baulichen Maßnahmen erforderlich sind, um ein Pedelec oder aber E-Scooter laden zu können. Letzte Klarheit wird hier die Rechtsprechung herbeiführen müssen. Eine erste Entscheidung liegt insoweit zwischenzeitlich vor, die einen Anspruch auch dann verneint, wenn das Balkonkraftwerk auch zum Laden eines E-Bikes dient.[2]

Auch keine analoge Anwendung der Vorschrift

Zweifellos aber dürfte der Anspruch auf Laden eines E-Mobils mittels Photovoltaik durchaus aus der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG herzuleiten sein. Zu denken wäre hier insbesondere an Photovoltaik-Anlagen im Bereich des Stellplatz-Eigentums oder auch -Sondernutzungsrechts. Weder dem Gesetz noch seinen Materialien ist jedenfalls Gegenteiliges zu entnehmen. Die konkrete Ausgestaltung obliegt im Rahmen der Entscheidung über das "Wie" einer derartigen Maßnahme der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer.

Im Übrigen setzt die analoge Anwendung einer gesetzlichen Vorschrift allgemein voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke besteht, der Gesetzgeber also versehentlich einen Fall nicht geregelt hat, den er ansonsten geregelt hätte. Dies ist aber gerade mit Blick auf Maßnahmen der Solarthermie nicht der Fall. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durchaus vorgeschlagen wurde, die Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG als offene Regelbeispielnorm auszugestalten, sodass auch bauliche Veränderungen, gerichtet etwa auf die Gewinnung von Solarstrom, unabhängig von den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG hätten beansprucht werden können.[3]

Zwar wird in Rechtsprechung[4] und Literatur[5] eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG für mögliche Ansprüche auf Montage von Parabolantennen zur ausreichenden Medienversorgung im Rahmen der Informations- und Religionsfreiheit diskutiert. Allerdings bedarf es insoweit keines Rückgriffs auf § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG, da hier wohl die Bestimmung des § 20 Abs. 3 WEG eine ausreichende Grundlage bieten dürfte.[6] Weiter wird eine analoge Anwendung der Norm auch für Maßnahmen des Klimaschutzes im begründeten Einzelfall befürwortet, was bei Mehrhausanlagen, Doppelhäusern und ggf. auch für Eigentümer von Dach-, Erd- oder Kellergeschosseinheiten der Fall sein könnte,[7] und insoweit auch einen Anspruch auf Montage/Aufstellen eines Balkonkraftwerks begründen könnte.

Wie sich die Rechtsprechung zu diesem Thema positionieren wird, bleibt abzuwarten. Allerdings bedarf es auch hier nicht der entsprechenden Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG, da auch für derartige Fälle wohl die Bestimmung des § 20 Abs. 3 WEG einschlägig sein dürfte. Hilfreich ist der Ansatz ohnehin nicht für die "normale" Etagenwohnung.

Vor dem Hintergrund des andauernden Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der hiermit verbundenen Energiekrise wäre es zwar wünschenswert, wenn der Gesetzgeber entsprechend reagieren und gerade im Bereich des Wohnungseigentums einer sinnvollen Energieeinsparung keine Steine in den Weg legen würde. Noch sind entsprechende gesetzgeberische Aktivitäten aber nicht ersichtlich. Aus der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG lässt sich nach allem weder direkt noch durch analoge Anwendung ein Anspruch auf Montage eines Balkonkraftwerks herleiten, wenn das Solarmodul nicht dem Laden von E-Mobilen dienen soll.

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