Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Meisters in einem Zellstoffwerk

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einreihung eines Meisters in die Gehaltsgruppe M 4 des Gehaltsgruppenkatalogs TV L/G Papier setzt in der ersten Alternative (“Meister, die … größere Abteilungen … leiten …”) eine auf mindestens zwei Abteilungen bezogene Leitungstätigkeit voraus. Dies folgt eindeutig aus dem Vergleich des den Gegenstand der Leitungstätigkeit bestimmenden Wortlauts dieses Einreihungsmerkmals mit demjenigen der Gehaltsgruppen M 1 bis M 3.

 

Normenkette

TVG Tarifverträge: Papierindustrie § 1; Tarifvertrag über Lohn- und Gehaltsgruppen für die Betriebe der Papier, Pappe, Zellstoff und Holzstoff II. Gehaltsgruppenkatalog Meister Gehaltsgruppe M 4 Fassung: 1991-04-12

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 01.07.1994; Aktenzeichen 3 Sa 329/93)

ArbG Dresden (Urteil vom 13.05.1993; Aktenzeichen 5 Ca 3332/92)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 1. Juli 1994 – 3 Sa 329/93 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung des Klägers für die Zeit vom 1. April 1991 bis zum 31. Dezember 1992.

Der am 13. August 1952 geborene Kläger hat am 10. April 1981 die Prüfung als Meister für Maschinen- und Anlageninstandhaltung abgelegt. Seit dem 1. Mai 1981 war er bei den VEB Vereinigte Zellstoffwerke P…, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, als Schlossermeister beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem schriftlichen “Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag” vom 11. Mai 1981.

Im Zuge der Privatisierung des Betriebes kam es bei der Beklagten zu einer Rationalisierung mit einem Personalabbau von 836 auf 450 Beschäftigte. Dabei wurden der mechanische Bereich ab 1. Februar 1991 um 32 Arbeitnehmer verringert und dem bisherigen Meisterbereich des Klägers 9 Arbeitnehmer – Rohrleger, Plastbearbeiter und Heizungsbauer – zugeordnet. Dieser Meisterbereich führte die betriebliche Bezeichnung “mechanische Werkstätten”. Der Kläger war ab 1. April 1991 bei der Beklagten, deren Geschäftsgegenstand die Herstellung von Zellstoff aus Holz war, als “Leiter mechanische Werkstätten” tätig. Ihm waren in dieser Funktion 43 Arbeitnehmer unterstellt, und zwar mit den Berufen des Schlossers, Hebezeugwärters, Sattlers, Bauschlossers, Drehers, Schweißers, Rohrlegers, Heizungsinstallateurs, Sanitärinstallateurs und Plastfacharbeiters. Die Gewerke “mechanische Werkstätten” waren in drei Gruppen gegliedert, nämlich die Gruppe der “Anlagentechnik” mit 9 Arbeitnehmern unter der Leitung des Mitarbeiters W…, die Gruppe “Fertigung und Vorfertigung” mit ebenfalls 9 Arbeitnehmern unter Leitung des Mitarbeiters F… und die Gruppe “Rohrleger/Plaste”, geleitet von dem Mitarbeiter N…, mit 22 Arbeitnehmern.

Dem Meisterbereich “mechanische Werkstätten” war die vorbeugende Instandhaltung sämtlicher Anlagen übertragen. Die Aufgabe beinhaltete die Kontrolle der Maschinen auf die Notwendigkeit des Austauschs von Teilen zur Vermeidung von Maschinenstillständen sowie die Durchführung der Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten.

Auf derselben betrieblichen Ebene bestanden im Bereich “Technik” bei der Beklagten neben dem Meisterbereich “mechanische Werkstätten” die “Bauabteilung”, die “E-Instandhaltung” und die Abteilung “MSR” (Meß-, Steuer- und Regeltechnik), jeweils unter eigener Leitung. Alle vier Abteilungen waren dem Leiter “Mechanik/Bau”, dem technischen Angestellten B…, unterstellt.

Am 1. April 1991 trat der Tarifvertrag über Lohn- und Gehaltsgruppen für die Betriebe der Papier, Pappe, Zellstoff und Holzstoff erzeugenden Industrie in den neuen Bundesländern vom 12. April 1991 in Kraft (nachfolgend kurz: TV L/G Papier). Dieser fand ebenso wie die übrigen Tarifverträge der Papierindustrie für die neuen Bundesländer auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. Nachdem die Beklagte und ihr Betriebsrat zunächst am 26. April 1991 die vorläufige Einreihung der Arbeitnehmer nach diesem Tarifvertrag vorgenommen hatten, erfolgte die “verbindliche Eingruppierung aller Strukturstellen” durch die Betriebspartner am 18. Oktober 1991. Die Stelle des Leiters der Abteilung “Mechanik/Bau” wurde dabei nach K/T 5, die derjenigen der ihm unterstellten “Leiter mechanische Werkstätten” – die Stelle des Klägers – sowie derjenigen der Leiter “Bauabteilung”, “E-Instandhaltung” und “MSR” (Meß-, Steuer- und Regeltechnik) jeweils nach K/T 4 bewertet. Die dem Kläger unterstellten drei Gruppenleiter seines Meisterbereichs wurden als Meister eingereiht, und zwar der Mitarbeiter N… nach M… 3, die Mitarbeiter F…, und W… jeweils nach M 2.

Die Parteien stimmen darin überein, daß die Einreihung des Klägers nach den Einreihungsmerkmalen für kaufmännisch und technische Angestellte (K/T-Gruppen) fehlerhaft war und der Kläger stattdessen nach den Merkmalen für Meister (M-Gruppen) einzureihen ist. Die Beklagte versteht dementsprechend die an den Kläger gezahlte Vergütung nach K/T 4 als Zahlung von Gehalt nach der – niedrigeren – Gruppe M 3 nebst einer Zulage in Höhe der Vergütungsdifferenz zu K/T 4. Sie stellt sich weiter auf den Standpunkt, die als Meister eingereihten Mitarbeiter N…, F… und W… seien richtigerweise als Vorarbeiter nach den Merkmalen des Lohngruppenkatalogs eingereiht.

Bereits mit Schreiben vom 13. September 1991 hat der Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemacht, er sei in die Gehaltsgruppe M 4 “einzugruppieren”. Nachdem seinem Antrag nicht entsprochen worden war, hat der Kläger sich mit Schreiben vom 9. Januar 1992 an die Schiedsstelle bei der Beklagten gewandt. Er hat vor ihr gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Vergütung nach der Gehaltsgruppe M 4/2 sowie die Nachzahlung der Differenzbeträge ab 1. April 1991 geltend gemacht. Die Schiedsstelle hat am 2. April 1992 den Antrag des Klägers abgewiesen, da der Kläger nicht eindeutig habe nachweisen können, daß “sein Arbeitsgebiet entscheidend von den eingestuften Merkmalen der KT 4” abweiche.

Mit seiner am 15. April 1992 beim Kreisgericht Dresden eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen den Beschluß der Schiedsstelle vom 2. April 1992 gewandt und weiter geltend gemacht, ihm stehe ab 1. April 1991 Vergütung nach Gehaltsgruppe M 4/2 zu.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat am 31. Dezember 1992 sein Ende gefunden. Nach der Darstellung der Beklagten ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige Kündigung eingetreten, nach derjenigen des Klägers durch den Übergang seines Arbeitsverhältnisses am 1. Januar 1993 kraft Betriebsübergangs auf die Firma Zellstoffwerk S… GmbH. Diese beschäftigt ca. 120 – 130 Arbeitnehmer, darunter den Kläger, die vormals überwiegend in den Diensten der Beklagten gestanden haben.

Der Kläger hat geltend gemacht, seine Tätigkeit habe im streitigen Anspruchszeitraum den Merkmalen beider Alternativen der Gehaltsgruppe M 4 entsprochen. Er habe als Meister aufgrund einer abgeschlossenen Meisterqualifikation und in langjähriger Meistertätigkeit erworbener Erfahrungen selbständig und verantwortlich den gesamten betrieblichen Instandhaltungsbereich der Beklagten geleitet. Sowohl wegen der Zahl der ihm seinerzeit unterstellten Handwerker als auch wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Berufe habe es sich bei seinem Meisterbereich um eine größere Abteilung mit umfangreichen Aufgaben gehandelt. Diesen habe er selbständig und verantwortlich geleitet. Überdies habe seine Tätigkeit auch den Merkmalen der zweiten Alternative der Gehaltsgruppe M 4 entsprochen, denn ihm seien drei Meister der Gruppen M 1 bis M 3 unterstellt gewesen, nämlich die Meister N…, F… und W…. Bei diesen habe es sich nicht um mitarbeitende Vorarbeiter, sondern um Meister im Sinne der Tarifmerkmale der Gehaltsgruppen M 2 und M 3 gehandelt.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses der Schiedsstelle vom 2. April 1992

  • die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. April 1991 – 31. Dezember 1991 Gehalt in Höhe von 2.700,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag

    aus je 300,-- DM seit 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 1991 und 1. Januar 1992 zu zahlen,

  • Gehalt für den Zeitraum 1. Januar 1992 bis 31. Mai 1992 in Höhe von 1.770,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag

    aus je 354,-- DM seit 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai und 1. Juni 1992 zu zahlen,

  • für den Zeitraum vom 1. Juni 1992 bis 31. Dezember 1992 Gehalt in Höhe von 2.520,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag

    aus je 360,-- DM seit 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 1992 und 1. Januar 1993 zu zahlen,

  • an den Kläger ein 13. Monatsgehalt für 1991 in Höhe von 75,-- DM brutto zzgl. 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 1. Januar 1992 zu zahlen,
  • an den Kläger ein 13. Monatsgehalt für 1992 in Höhe von 118,80 DM brutto zzgl. 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 1. Januar 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Einspruch gegen den Schiedsstellenbeschluß vom 2.4.1992 abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, bei dem seinerzeit vom Kläger geleiteten Meisterbereich habe es sich nicht um eine “größere Abteilung mit umfangreichen Aufgaben” im Sinne der Gehaltsgruppe M 4 gehandelt. Diesen Meisterbereich habe der Kläger auch nicht selbständig und verantwortlich geleitet. In sog. Morgenrapporten seien durch den Leiter Mechanik/Bau die Arbeitsaufträge für die fälligen Reparaturen erteilt worden, die der Kläger je nach Kompetenz seinen Vorarbeitern zugeteilt und deren Durchführung er überwacht habe. Bei größeren und außerordentlichen Arbeiten sei der Leiter Mechanik/Bau mit am Arbeitsplatz gewesen. Eine Obermeisterfunktion sei allenfalls für den Leiter aller vier Meisterbereiche gerechtfertigt gewesen. Bei den dem Kläger unterstellten Leitern der drei Gruppen des Bereichs “mechanische Werkstätten” habe es sich nicht um Meister im Sinne der tariflichen Einreihungsmerkmale, sondern um mitarbeitende Vorarbeiter gehandelt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

I. Dem Landesarbeitsgericht ist darin beizupflichten, daß dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen ist, seine Tätigkeit habe in der Zeit vom 1. April 1991 bis zum 31. Dezember 1992 den Voraussetzungen für den Anspruch auf Vergütung nach der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier entsprochen. Aus diesen ergibt sich auch nicht, daß die Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier seinem Aufgabenkreis am nächsten kommt.

1. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht festgestellten beiderseitigen Tarifgebundenheit galten zwischen den Parteien während der Dauer des Anspruchszeitraums die Tarifverträge der Papierindustrie für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin Ost gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend. Zur Einreihung der Angestellten in Tarifgruppen ist in § 16 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Papierindustrie im Beitrittsgebiet vom 12. April 1991 – nachfolgend kurz: MTV – folgendes bestimmt gewesen:

§ 16

Allgemeine Gehaltsbestimmungen

(Angestellte)

  • Die Angestellten (kaufmännische Angestellte, technische Angestellte, Meister) werden in Tarifgruppen eingereiht.

    • Für die Einreihung in eine Tarifgruppe ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des Angestellten maßgebend.
    • Die bei den jeweiligen Tarifgruppen aufgeführten Beispiele sind weder erschöpfend noch für jeden Betrieb zutreffend.
    • Die Art des Erwerbs und des Nachweises der für die Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten ist an keine bestimmten Bedingungen gebunden.
    • Aus Titeln und Berufsbezeichnungen können keine Gehaltsansprüche abgeleitet werden.
    • In Zweifelsfällen ist ein Angestellter in diejenige Gruppe einzureihen, die seinem Aufgabenkreis am nächsten kommt.
    • Übt ein Angestellter mehrere Tätigkeiten gleichzeitig aus, die in verschiedenen Tarifgruppen gekennzeichnet sind, so erfolgt seine Einreihung in diejenige Gruppe, welche der überwiegenden Tätigkeit des Angestellten entspricht.
    • Die Einreihung ist bei Einstellung und bei Umgruppierung dem Angestellten schriftlich mitzuteilen.
    • Für die Mitwirkung des Betriebsrats gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
    • Ist keine schriftliche Mitteilung der Eingruppierung erfolgt, dann entfallen hinsichtlich der Eingruppierung die Ausschlußfristen gemäß § 27.

Diese Vorschriften haben durch die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Änderung des MTV vom 17. Februar 1992 keine Änderung erfahren.

2. Für die Einreihung des Klägers sind, worin die Parteien übereinstimmen, die im TV L/G Papier geregelten Einreihungsmerkmale für Meister (M-Gruppen) einschlägig. Diese haben, soweit es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf sie ankommt, folgenden Wortlaut:

MEISTER

M 1:

Meister, denen in einem einfachen Aufgabenbereich eine beaufsichtigende Tätigkeit und eine größere Verantwortung als die eines Vorarbeiters übertragen ist.

Richtbeispiele:

Meister Holzplatz/Platzmeister

Meister Hofkolonne/Hofmeister

Saalmeister (Handsortierung)

Wiegemeister

M 2:

Meister, denen aufgrund einer abgeschlossenen einschlägigen Berufsausbildung oder durch langjährige Berufs– oder Betriebserfahrung erworbener gleichwertiger Fertigkeiten und Kenntnisse ein fachspezifischer Aufgabenbereich eigenverantwortlich übertragen ist.

Richtbeispiele:

Meister

– Schleiferei

– Ausrüstung (maschinell)

– Streicherei

– Stoffaufbereitung

– Verarbeitung

– Instandhaltung

– Be- und Entladung

Werkführer in Wickelpappenfabriken

M 3:

Meister, die aufgrund einer abgeschlossenen Meisterqualifikation oder durch langjährige Berufserfahrung erworbener gleichwertiger Fertigkeiten und Kenntnisse in der Lage sind, einen Meisterbereich selbständig und verantwortlich zu leiten.

Richtbeispiele:

Schichtmeister

Werkführer

Meister Ausrüstung

Meister Instandhaltung

Meister Dampf– und Energieerzeugung

Meister Lehrwerkstatt

Meister Betriebsstätte

M 4:

Meister, der aufgrund einer abgeschlossenen Meisterqualifikation und in langjähriger Meistertätigkeit erworbener Erfahrungen größere Abteilungen mit umfangreichen Aufgaben selbständig und verantwortlich leiten oder denen Meister der Gruppen M 1 bis M 3 unterstellt sind.

Richtbeispiele:

Obermeister

Oberwerkführer

Obermeister

–Ausrüstung

–Instandhaltung

Der Begriff des “Vorarbeiters” ist im Anschluß an den Lohngruppenkatalog in Ziff. 3 Abs. 1 der Regelungen für “Springer/Vertretung am Arbeitsplatz im Einzelfall/Vorarbeiter” wie folgt definiert:

  • Vorarbeiter sind Arbeitnehmer, denen unmittelbar unter der Meisterebene die Aufsicht über eine Arbeitsgruppe übertragen worden ist und die in ihrer Funktion vom Arbeitgeber schriftlich bestellt bzw. bestätigt worden sind.

3. Nach § 16 Ziff. 5.6 MTV ist für die zutreffende Einreihung des Angestellten seine überwiegende Tätigkeit maßgebend. Darunter ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats die zeitlich überwiegende Tätigkeit zu verstehen (Senatsurteile vom 6. Oktober 1965 – 4 AZR 189/64 – und vom 26. April 1966 – 1 AZR 458/64 – AP Nr. 1 und 2 zu §§ 22, 23 BAT; vom 23. April 1980 – 4 AZR 378/78 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Brauereien). Ob hierbei im Einzelfall eine Gesamttätigkeit im Sinne der Rechtsprechung in Eingruppierungsstreitigkeiten des öffentlichen Dienstes vor der Neufassung der §§ 22, 23 BAT 1975 angenommen werden kann, ist durch Auslegung der tariflichen Bestimmungen zu entscheiden (BAG Urteil vom 23. April 1980 – 4 AZR 378/78 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Brauereien). Dafür sind insbesondere die einschlägigen Eingruppierungsmerkmale von Bedeutung. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats zu der Bildung von Arbeitsvorgängen im Sinne der am 1. Januar 1975 in kraft getretenen Neufassung des § 22 BAT (Urteil des Senats vom 26. Juli 1995 – 4 AZR 280/94 – AP Nr. 203 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZTR 1996, 37, m.w.N.). Für eine zusammenfassende Betrachtung von Tätigkeiten auf der Beurteilungsgrundlage der überwiegenden Tätigkeit gelten vergleichbare Regeln und Kriterien, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng (Urteil des Senats vom 25. August 1993 – 4 AZR 577/92 – AP Nr. 5 zu § 12 AVR Diakonisches Werk).

Der Anspruch auf Gehalt nach der Gehaltsgruppe M 3 setzt u. a. die “Leitung” eines Meisterbereichs, derjenige nach der Gehaltsgruppe M 4 in der ersten Alternative die “Leitung” größerer Abteilungen voraus. Dies spricht dafür, daß die Tarifvertragsparteien alle dieser Leitung dienenden Einzeltätigkeiten eines Meisters als einheitliche Gesamttätigkeit ansehen und als solche bewertet wissen wollen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Bildung der Arbeitsvorgänge bei Leitungstätigkeiten (Urteile des Senats vom 14. Dezember 1994 – 4 AZR 951/93 – AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; vom 8. Februar 1995 – 4 AZR 165/94 – AP Nr. 1 zu § 22 MTA).

Die Vorinstanzen haben zwar keine Ausführungen dazu gemacht, ob der Kläger bei der Beklagten eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, eine überwiegend auszuübende Teiltätigkeit oder mehrere selbständige Teiltätigkeiten zu erbringen hatte. Dies kann der Senat jedoch selbst entscheiden, da sie ausreichende Feststellungen zu den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten getroffen haben. Danach hat der Kläger den Meisterbereich “mechanische Werkstätten” mit 43 ihm unterstellten Arbeitnehmern geleitet. Dies war seine alleinige Aufgabe, der alle seine Tätigkeiten dienten. Er hat somit im Anspruchszeitraum eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit bei der Beklagten verrichtet.

4. Der Gehaltsgruppenkatalog für Meister sieht innerhalb der Gehaltsgruppen M 1 bis M 4 zunächst allgemeine abstrakte Merkmale vor und darüber hinaus in den einzelnen Gehaltsgruppen jeweils sog. “Richtbeispiele”. Bezüglich deren Bedeutung bestimmt § 16 Ziff. 5.2 MTV, daß diese weder erschöpfend noch für jeden Betrieb zutreffend sind.

4.1 Nach der feststehenden Rechtsprechung des Senats sind bei einer solchen Gestaltung der Eingruppierungs– oder (bei der Terminologie der Parteien des MTV) der Einreihungsmerkmale die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Angestellte eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat (z. B. Urteile des Senats vom 18. Januar 1984 – 4 AZR 41/83 – BAGE 45, 11 = AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; vom 8. Februar 1984 – 4 AZR 158/83 – BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; jüngst vom 17. Januar 1996 – 4 AZR 662/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit umfangreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich fest, daß diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs– oder Vergütungsgruppe entsprechen (BAG Urteil vom 27. Februar 1980 – 4 AZR 237/78 – AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Sie bringen mit Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die dort aufgeführten Tätigkeiten die vorangestellten allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erfüllen (BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Dies entspricht auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität, denen Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im allgemeinen gerecht werden wollen (BAG Urteil vom 6. Dezember 1972 – 4 AZR 56/72 – AP Nr. 23 zu § 59 HGB). Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs– oder Vergütungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für eine bestimmte Gruppe ausscheidet (BAG Urteil vom 4. April 1979 – 4 AZR 618/77 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Regelmäßig entspricht es aber dem Willen der Tarifvertragsparteien, bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen die Tätigkeitsbeispiele als Richtlinie für die Bewertung mitzuberücksichtigen (BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 –, aaO).

4.2 Für die Entscheidung darüber, ob dem Kläger als Meister im Meisterbereich “mechanische Werkstätten” gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Vergütung nach Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier zusteht, muß auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier zurückgegriffen werden. Zwar entspricht die Tätigkeit des Klägers dem Richtbeispiel “Meister Instandhaltung” der Gehaltsgruppen M 2 und M 3 oder demjenigen “Obermeister-Instandhaltung” der Gehaltsgruppe M 4. Der Kläger, seiner Ausbildung nach Meister für Maschinen– und Anlageninstandhaltung, bezeichnet sich selbst als verantwortlicher “Leiter des gesamten betrieblichen Instandhaltungsbereichs”. Da das Richtbeispiel Meister bzw. Obermeister-Instandhaltung in den Gehaltsgruppen M 2 bis M 4 TV L/G Papier aufgeführt ist, scheidet es als Kriterium für die Bestimmung der unter diesen Gehaltsgruppen für den Kläger zutreffenden aus (Urteil des Senats vom 4. April 1979 – 4 AZR 618/77 –, aaO). Dies gilt nicht nur für das Verhältnis der Gehaltsgruppen M 2 und M 3 TV L/G Papier, in denen das Richtbeispiel wortlautgleich formuliert ist, sondern auch für das Verhältnis der Gehaltsgruppen M 3 und M 4 TV L/G Papier, obgleich in ersterer das Richtbeispiel “Meister Instandhaltung” lautet, während in letzterer der “Obermeister-Instandhaltung” als Richtbeispiel aufgeführt ist. Der Tarifvertrag enthält zur Abgrenzung von “Meister” und “Obermeister” keine ausdrückliche Regelung. Die berufliche Bezeichnung des Angestellten ist nach § 16 Ziff. 5.1 MTV für die Einreihung in eine Tarifgruppe nicht maßgebend. Ob ein Meister nach M 3 oder M 4 TV L/G Papier eingereiht ist, kann daher nur nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen entschieden werden. Auf diese haben auch die Vorinstanzen jeweils ihre Entscheidung gestützt, ohne allerdings eine Begründung für die Nichtheranziehung der Richtbeispiele zu geben.

5. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger erfülle die subjektiven Voraussetzungen des Anspruchs auf Gehalt nach der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier, denn er besitze eine Qualifikation als Meister (Meister für Maschinen– und Anlageninstandhaltung); es könne auch angenommen werden, daß er über in langjähriger Meistertätigkeit erworbene Erfahrungen verfüge. Weder der unstreitige noch der streitige Sachverhalt ließen jedoch erkennen, daß der Kläger eine größere Abteilung mit umfangreichen Aufgaben selbständig und verantwortlich geleitet habe oder ihm Meister der Gruppen M 1 bis M 3 unterstellt gewesen seien. Die zutreffende Eingruppierung habe das Gesamtgefüge der Vergütungsordnung des Tarifvertrages zu berücksichtigen. Die Vergütungsgruppe M 4 stehe dabei an der Spitze des Meistertarifvertrages. Die Richtbeispiele kennzeichneten sie als eine Tarifgruppe für “Obermeister”. Dabei handele es sich um Industrie– bzw. Handwerksmeister, die mehreren in einer größeren Abteilung zusammengefaßten Meisterbereichen vorstünden. Bei dem dem Kläger zugewiesenen Bereich “mechanische Werkstätten” sei nicht erkennbar, daß dieser Bereich der Instandhaltung sich aus verschiedenen Meisterbereichen im Tarifsinne zusammensetze. Dies zeige auch das Richtbeispiel “Meister Instandhaltung” der Tarifgruppe M 3. Ebenfalls unschlüssig sei der Vortrag des Klägers zur zweiten Alternative der Gehaltsgruppe M 4. Dem Kläger müßten “Meister der Gruppen M 1 bis M 3” unterstellt gewesen sein. Die von ihm als “Meister” bezeichneten, ihm unterstellten drei Arbeitnehmer seien jeweils zur Beaufsichtigung bestimmter Facharbeitergruppen eingesetzt gewesen, denen im Rahmen der Instandhaltungsaufgaben Arbeiten zugewiesen worden seien. Hieraus sei nicht ersichtlich, daß ihnen eine größere Verantwortung als einem Vorarbeiter zugekommen sei.

6. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gehalt nach der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier gegenüber der Beklagten für die Zeit vom 1. April 1991 bis 31. Dezember 1992 zu. Dies folgt aus dem Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang des TV L/G Papier.

6.1 Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 60, 219, 223 f. = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., XV. Buch (Das Tarifrecht), § 198 III 2b, S. 1488 f.).

6.2 Bereits der Wortlaut der Einreihungsmerkmale für Meister führt zu dem eindeutigen Ergebnis, daß der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier nicht erfüllt.

6.2.1 Die Einreihung in diese Gehaltsgruppe setzt u. a. die Leitung “größerer Abteilungen” mit umfangreichen Aufgaben voraus. Durch die Verwendung des Plurals bei dem Tatbestandsmerkmal “Abteilung” bringen die Tarifvertragsparteien deutlich zum Ausdruck, daß es für die Einreihung in die Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier nicht ausreichend ist, wenn sich die Leitungstätigkeit des Meisters lediglich auf eine Abteilung (Singular) mit umfangreichen Aufgaben bezieht. Gegen eine sprachliche Fehlleistung der Tarifvertragsparteien, also die Annahme, das Tatbestandsmerkmal sei entgegen dem Wortlaut singularisch gemeint, spricht einmal, daß es sprachlich keine Schwierigkeiten bereitet, den hier behandelten Begriff in der Fassung des Einreihungsmerkmals im Singular zu verwenden, wenn denn dies für den Gegenstand der Leitungstätigkeit gewollt ist (Meister, die … eine größere Abteilung … leiten …). Gegen die Annahme, gemeint sein könne als Gegenstand der Leitungstätigkeit entgegen dem Wortlaut nur “eine größere Abteilung”, spricht auch der sprachliche Vergleich der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier mit denjenigen der Gehaltsgruppen M 1 bis M 3 TV L/G. In den Gehaltsgruppen M 1 und M 2 wird für die Beschreibung der Tätigkeit des Meisters der Begriff des “Aufgabenbereichs” jeweils im Singular verwandt (M 1: “Meister, denen in einem Aufgabenbereich eine beaufsichtigende Tätigkeit … übertragen ist”; M 2: “Meister, denen … ein fachspezifischer Aufgabenbereich eigenverantwortlich übertragen ist”). Die Einreihung in die Gehaltsgruppe M 3 TV L/G Papier setzt voraus, daß der Meister “einen Meisterbereich” leitet. Dieser Wortlautvergleich der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier mit demjenigen der Gehaltsgruppen M 1 bis 3 TV L/G Papier spricht dafür, daß die Tarifvertragsparteien für den Anspruch auf Vergütung nach der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier eine auf mindestens zwei Abteilungen bezogene Leitungstätigkeit des Meisters verlangen wollen. Offenbar wollen sie dieses Einreihungsmerkmal als Spitzengruppe für den Meister deutlich von demjenigen der Gehaltsgruppe M 3 TV L/G Papier abheben.

6.2.2 Dafür spricht ein weiterer Umstand: In den Gehaltsgruppen M 2 und M 3 TV L/G Papier werden in subjektiver Hinsicht entweder eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder durch langjährige Berufserfahrung (in Gruppe M 2 alternativ: “Betriebserfahrung”) erworbene gleichwertige Fertigkeiten und Kenntnisse vorausgesetzt. Demgegenüber fordert die Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier diese subjektiven Voraussetzungen kumulativ: Der in sie einzureihende Meister muß über eine abgeschlossene Meisterqualifikation und in langjähriger Meistertätigkeit erworbene Erfahrungen verfügen.

6.3 Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzung der Leitung “größerer Abteilungen” nicht. Denn seine Leitungstätigkeit bezieht sich nach seinem eigenen Vortrag sowohl in den Tatsacheninstanzen als auch in der Revisionsinstanz nicht auf – mindestens zwei – größere Abteilungen, sondern lediglich auf eine – nach seiner Behauptung “größere” – Abteilung.

7. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß der Kläger die Voraussetzungen der zweiten Alternative des Einreihungsmerkmals der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier nicht erfüllt: Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, daß ihm im streitigen Anspruchszeitraum Meister der Gruppen M 1 bis M 3 unterstellt waren.

7.1 Nach der Regelung der Ziff. 3 Abs. 1 unter der Überschrift “Springer/Vertretung am Arbeitsplatz im Einzelfall/Vorarbeiter” im TV L/G Papier im Anschluß an den Lohngruppenkatalog sind Vorarbeiter Arbeitnehmer, denen unmittelbar unter der Meisterebene die Aufsicht über eine Arbeitsgruppe übertragen worden ist und die in ihrer Funktion vom Arbeitgeber schriftlich bestellt bzw. bestätigt worden sind. Demgegenüber ist als Meister in die Gehaltsgruppe M 1 TV L/G Papier – die Basisgruppe für Meister – derjenige eingereiht, dem, die hier nicht interessierenden Tatbestandsmerkmale weggelassen, “eine größere Verantwortung als die eines Vorarbeiters übertragen ist”.

7.2 Dem Kläger oblag es daher, durch Vortrag von Tatsachen zu begründen, daß den Leitern der ihm unterstellten Handwerkergruppen, den Arbeitnehmern N…, F… und W…, eine größere Verantwortung als diejenige eines Vorarbeiters übertragen war, um den tariflich in der Gehaltsgruppe M 1 vorausgesetzten wertenden Vergleich zum Vorarbeiter zu ermöglichen (Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 – AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 9. März 1994 – 4 AZR 304/93 – AP Nr. 174 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies hat der Kläger versäumt.

7.2.1 Im Berufungsrechtszug hat er sich auf die – unsubstantiierte – Behauptung beschränkt, bei den vorgenannten Arbeitnehmern handele es sich um “Meister, da ihnen gemäß den Kriterien des Vergütungstarifvertrages eine beaufsichtigende Tätigkeit zugewiesen” worden sei, und sich dafür beweiseshalber auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezogen. Die Übertragung einer “beaufsichtigenden Tätigkeit” macht aber gerade die Vorarbeiterqualität aus (Ziff. 3 Abs. 1 der Regelung für “Springer/Vertretung am Arbeitsplatz im Einzelfall/Vorarbeiter”). Die Übertragung einer “größeren Verantwortung als die eines Vorarbeiters” hat der Kläger im Berufungsrechtszug nicht behauptet.

7.2.2 In der Revisionsinstanz macht der Kläger geltend, die Arbeitnehmer N…, F… und W… hätten nach der Stellenbeschreibung, die in den Vorinstanzen vorgelegt worden sei, “nicht bloß aufsichtführende Funktionen” gehabt. Dies ist kein hinreichend substantiierter Sachvortrag, sondern eine Wertung, für die es tatsächliche Grundlagen möglicherweise nicht gibt, die aber vom Gericht jedenfalls nicht auf ihre Richtigkeit überprüfbar sind. Auch die allgemeine Verweisung auf die “in den Tatsacheninstanzen” vorgelegten Stellenbeschreibungen ist kein substantiierter Sachvortrag. Konkreter wird der Kläger lediglich hinsichtlich des Arbeitnehmers N…, in dessen Stellenbeschreibung, wie der Kläger zu Recht darlegt, unter Ziff. 4 “Verantwortung” folgendes ausgeführt ist: “Leiter mech. Werkstätten – leitet verantwortlich und selbständig einen Meisterbereich”. Es kann zugunsten des Klägers angenommen werden, daß der ihm unterstellte Arbeitnehmer N… seiner Tätigkeit nach Meister im Sinne der Einreihungsmerkmale für Meister war. Dies reicht für die zweite Alternative der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier nicht aus. Danach haben Anspruch auf Vergütung nach der Gehaltsgruppe M 4 Meister, “denen Meister der Gruppen M 1 bis M 3 unterstellt sind”. Zumindest wird also die Unterstellung von zwei Meistern der Gehaltsgruppen M 1 bis M 3 für die zweite Alternative der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier gefordert.

7.3 Der Umstand, daß die Arbeitnehmer F… und W… tatsächlich nach der Gehaltsgruppe M 2, der Arbeitnehmer N… nach der Gehaltsgruppe M 3 TV L/G Papier von der Beklagten vergütet worden sind, reicht nicht aus, den Vergütungsanspruch des Klägers nach Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier zu begründen. Die Beklagte hat nämlich geltend gemacht, dies beruhe auf einem Irrtum; richtigerweise seien die vorgenannten Arbeitnehmer als Vorarbeiter eingereiht.

Angesichts der mangelnden Vertrautheit der Beklagten mit der für sie völlig neuen Einreihungssystematik kann dieser Einwand der Beklagten nicht als Schutzbehauptung beiseite geschoben werden. Schon die – streitlos – offensichtlich fehlerhafte Einreihung des Klägers nach den Gehaltsgruppen K/T macht deutlich, daß die Beklagte und ihr Betriebsrat die tariflichen Einreihungsmerkmale in seinem Falle fehlerhaft angewandt haben. Dies dürfte auch auf die Einreihung der auf der betrieblichen Hierarchiestufe des Klägers stehenden Leiter der Bauabteilung, E-Instandhaltung und MSR im Bereich Technik – sämtliche ebenfalls eingereiht in K/T 4 – zutreffen.

7.4 Wegen des unzureichenden Tatsachenvortrags des Klägers zu der zweiten Alternative des Einreihungsmerkmals der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier kann auch nicht festgestellt werden, daß sein Aufgabenkreis dieser Gruppe im Sinne von § 16 Ziff. 5.5 MTV am nächsten kommt.

8. Auf die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.

8.1 Die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens dazu, daß eine Abteilung, in der 43 Arbeitnehmer arbeiten, eine “größere Abteilung” sei, könnte dem Landesarbeitsgericht nur dann vorgeworfen werden, wenn dieser Vortrag schlüssig wäre. Dies ist nicht der Fall. Gleiches gilt für die unterlassene Einholung einer Tarifauskunft dazu, die ohnehin im Ermessen der Tatsachengerichte steht (BAG Urteil vom 25. August 1982 – 4 AZR 1064/79 – BAGE 39, 321 = AP Nr. 55 zu § 616 BGB).

8.2 Dem Landesarbeitsgericht kann auch keine fehlerhafte unterlassene Sachaufklärung zur Meisterqualifikation der dem Kläger unterstellten Arbeitnehmer N…, F… und W… vorgeworfen werden. Nach dem Vortrag des Klägers dazu, was er ergänzend zu diesem Merkmal vorgetragen hätte, kann die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der zweiten Alternative der Gehaltsgruppe M 4 TV L/G Papier ebenfalls nicht festgestellt werden.

9. Auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte – seine Ungleichbehandlung im Vergleich zu dem “Leiter Holzaufbereitung” – stützt der Kläger seinen Anspruch in der Revisionsinstanz nicht mehr.

10. Ob der Einspruch des Klägers gegen den Spruch der Schiedsstelle deshalb verspätet war, weil der Schriftsatz des Klägers vom 26. März 1993 als Rücknahme der rechtzeitig gegen die Beklagte erhobenen Klage zu werten ist, und deren erneute Inanspruchnahme mit Schriftsatz vom 21. April 1993 verspätet ist, kann dahinstehen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Bott, Wiese, E. Wehner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI872480

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