Entscheidungsstichwort (Thema)

Baugewerbliche Tätigkeit. Erstellung von Wintergärten

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bau

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 20.03.1995; Aktenzeichen 16 Sa 1777/94)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 27.09.1994; Aktenzeichen 1 Ca 1022/93)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. März 1995 – 16 Sa 1777/94 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 1) im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und daher zur Beitragszahlung verpflichtet ist.

Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Sie nimmt die Beklagten auf Beitragszahlung für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von 6.201,64 DM und für Angestellte in Höhe von 104,58 DM für die Monate November und Dezember 1992 in Anspruch. Die Beklagten verlangen im Wege der Widerklage die Rückerstattung bereits an die ZVK entrichteter Beiträge für das Kalenderjahr 1992.

Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist, ist in die Handwerksrolle mit dem Zimmerhandwerk – Teiltätigkeit Fassadenbau eingetragen. Sie ist Mitglied der örtlichen Zimmerinnung und wird zur produktiven Winterbauförderung herangezogen. Die Beklagte zu 1) unterhält einen Betrieb, der Dachstuhl- und Fassadenarbeiten durchführt, Fenster und Türen herstellt und einbaut sowie Wintergärten erstellt. Beim Bau von Wintergärten werden jeweils entsprechend dem Auftrag des Kunden in der betriebseigenen Werkstatt die Rahmenkonstruktionen – aus Holz oder aus Metall – nach Maß gefertigt, die Glasscheiben, die von Drittunternehmen bezogen werden, in die Fensterflügel eingesetzt, Schiebetüren gefertigt sowie anschließend die entsprechenden Teile vor Ort montiert. Außerdem werden vom Betrieb der Beklagten zu 1) Rollos, Rolläden sowie Beschattungen angebracht. Auf die Herstellung von Wintergärten, Fenster und Türen entfielen 75 bis 80 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit des Jahres 1992, wobei die Herstellung und Montage von Wintergärten bereits für sich alleine betrachtet die überwiegende betriebliche Arbeitszeit in Anspruch nahm.

Die ZVK ist der Ansicht, die Beklagte zu 1) unterfalle mit diesen Tätigkeiten dem betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (im folgenden: VTV).

Der VTV lautet in der im Klagezeitraum geltenden Fassung – soweit vorliegend von Interesse:

㤠1

Geltungsbereich

(2) Betrieblicher Geltungsbereich:

Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

Abschnitt I

Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerbliche Bauten aller Art erstellen.

Abschnitt II

Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

Abschnitt III

Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.

Abschnitt V

Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art aufgeführt werden:

12. (Bis zum 30. Juni 1992: 11.)

Fassadenbauarbeiten

13. (Bis zum 30. Juni 1992: 12.)

Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen – unbeschadet der gewählten Rechtsform – durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden;

41. (Bis zum 30. Juni 1992: 40.)

Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmergewerbes ausgeführt werden.

Abschnitt VII

Nicht erfaßt werden Betriebe,

4. (Bis zum 30. Juni 1992: 3.)

des Glaserhandwerks

11. (Bis zum 30. Juni 1992: 8.)

des Schreinerhandwerks sowie der holzbe- und -verarbeitenden Industrie, soweit nicht Fertigbau-, Dämm-(Isolier-) oder Trockenbau- und Montagebauarbeiten ausgeführt werden.”

Die ZVK hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie 6.306,22 DM zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

  1. die Klage abzuweisen,
  2. die ZVK im Wege der Widerklage zu verurteilen, an sie 24.638,83 DM zu zahlen.

Die ZVK hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

Die Beklagten berufen sich darauf, die Beklagte zu 1) betreibe einen Betrieb des Glaser- und Schreinerhandwerks. Auf die Arbeiten in der eigenen Schreinerei und Glaserei entfielen ca. 90 %, auf die Montage vor Ort nur 10 % der Gesamtarbeitszeit. Daher sei der Betrieb vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungs- und Widerklageantrag weiter, während die ZVK die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Betrieb der Beklagten zu 1) unterfiel im Klagezeitraum dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV, so daß die Beklagten zur Beitragszahlung verpflichtet sind und keinen Anspruch auf Rückerstattung der bereits für 1992 gezahlten Beiträge haben.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betrieb der Beklagten zu 1) sei 1992 deshalb vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt worden, weil die durchgeführten Fassadenbauarbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 12 (vor dem 1. Juli 1992: Nr. 11) und die durchgeführten Dachstuhlarbeiten als Zimmerarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 41 (vor dem 1. Juli 1992: Nr. 40) bauliche Leistungen darstellten. Auch bei der Herstellung und Montage von Wintergärten handele es sich um bauliche Leistungen im tariflichen Sinne, da sämtliche anfallenden Arbeiten dazu dienten, durch nachträgliche Schaffung eines Wintergartens das vorhandene Bauwerk zu ändern, indem ein zusätzlicher, vor Wind und Wetter geschützter Raum geschaffen werde. Aber auch dann, wenn man die für die Erstellung eines Wintergartens erforderlichen Einzeltätigkeiten gesondert bewerte, handele es sich bei diesen durchweg um bauliche Leistungen im Sinne des VTV.

Der Betrieb der Beklagten zu 1) zähle auch nicht zu einem der in § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV vom Geltungsbereich des VTV ausdrücklich ausgenommenen Gewerbezweige. So sei das Erstellen eines Wintergartens weder dem Glaser- noch dem Schreinerhandwerk zuzurechnen.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend in der Begründung zu folgen.

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach ein Betrieb dann vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt wird, wenn von den Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die in § 1 Abs. 2 VTV aufgeführt sind. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- und gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an (vgl. BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 980/93 – AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei muß der Betrieb der Einrichtung und Zweckbestimmung entsprechend baulich geprägt sein. Es muß also mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln oder Arbeitsmethoden des Baugewerbes gearbeitet werden (BAG Urteil vom 18. August 1993 – 10 AZR 273/91 – AP Nr. 163 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

2. Die Herstellung und Montage von Wintergärten, die nach dem Vorbringen der Beklagten den überwiegenden Teil der betrieblichen Gesamtarbeitszeit im Betrieb der Beklagten zu 1) in Anspruch nimmt, stellt eine bauliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV dar.

a) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, führt das Erstellen eines Wintergartens zu einer Änderung eines Bauwerks. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einem Wintergarten um einen hellen, heizbaren Raum oder Teil eines Raumes mit großen Fenstern für die Haltung von Zimmerpflanzen (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, S. 1745). Damit erweitert ein Wintergarten den Wohnbereich eines Hauses und stellt daher auch eine Erweiterung, d.h. Änderung des Gebäudes dar. So wirbt auch die Beklagte zu 1) selbst in ihrem Prospekt mit den Worten: „Durch perfekte Planung entsteht ein zweiter Wohnraum”, „Erweitern Sie ihren Wohnbereich” und „Ihr grünes Zimmer vom Frühjahr bis zum Spätherbst”. Daß die für diese Änderung eines Bauwerkes erforderlichen Tätigkeiten, wie das Zuschneiden und Bearbeiten der Bauelemente, nicht ausschließlich auf der Baustelle selbst, sondern zum überwiegenden Teil in der Werkstatt der Beklagten zu 1) durchgeführt werden, ist nicht von Belang. Die Qualifizierung eines Betriebes als Betrieb des Baugewerbes im Sinne des § 1 Abs. 2 VTV erfordert nicht, daß die Bautätigkeiten ausschließlich oder überwiegend „vor Ort” erfolgen. Dies zeigt sich u.a. daran, daß auch Betriebe, die Fertigbauarbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV erledigen, dem Baugewerbe zugerechnet werden, wenn sie – ebenso wie die Beklagte zu 1) – Fertigbauteile herstellen und diese dann (vor Ort) zusammenfügen oder einbauen.

Aus welchen Materialien die von der Beklagten zu 1) gefertigten Wintergärten bestehen, ist für die Beurteilung, ob die Beklagte zu 1) bauliche Leistungen erbringt, ebenfalls nicht von Bedeutung, da im Baugewerbe neben den klassischen Baustoffen auch die Werkstoffe Metall (BAG Urteil vom 18. August 1993, a.a.O.), Kunststoff und Glas in zunehmendem Maße als Baumaterialien eingesetzt werden.

Daß sich auch die Beklagte zu 1) selbst als einen Betrieb des Baugewerbes und damit als einen baulich geprägten Betrieb betrachtet und als ein solcher auch gegenüber ihrer Kundschaft auftreten will, zeigt sich daran, daß sie sich in ihrem Firmenemblem als „Spezialist für moderne Bautechnik” bezeichnet.

b) Alle Arbeitsvorgänge, die der Erstellung eines Wintergartens dienen, stellen unabhängig davon, ob jeder Arbeitsvorgang für sich als eine bauliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 2 VTV zu bewerten ist, bauliche Leistungen nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV dar.

Für die den Betrieb prägende Zweckbestimmung ist nämlich der Zweck der Gesamtleistung entscheidend. Es ist darauf abzustellen, welchem Zweck die erledigten einzelnen Arbeitsvorgänge dienen (BAG Urteil vom 8. Februar 1995 – 10 AZR 289/94 –, n. v.) und nicht darauf, ob jeder für sich betrachtet eine bauliche Leistung im Sinne des VTV darstellt. Daher kommt es auch nicht darauf an, in welchem zeitlichen Anteil die einzelnen Arbeitsvorgänge zur Gesamtarbeitszeit des Betriebes stehen (BAG Urteil vom 18. August 1993, a.a.O.; Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 974/93 – AP Nr. 183 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Da es Zweck der von den Beklagten mit über 50 % der Gesamtarbeitszeit angegebenen Einzeltätigkeiten, insbesondere des Vorfertigens der Bauteile, ist, Wintergärten zu erstellen und damit eine bauliche Leistung nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV zu erbringen, stellen alle diese Einzeltätigkeiten bauliche Leistungen dar.

Damit werden im Betrieb der Beklagten zu 1) arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten im Sinne des VTV verrichtet.

3. Bei dem Betrieb der Beklagten zu 1) handelt es sich nicht um einen Betrieb des Glaserhandwerks oder des Schreinerhandwerks, der nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 4 (bis 30. Juni 1992: Nr. 3) bzw. § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 (bis 30. Juni 1992: Nr. 8) VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen wäre.

a) Zur Prüfung der Frage, ob ein Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist, sind von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgende Kriterien entwickelt worden:

Führt ein Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten aus, die einem in § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV genannten Gewerk zuzurechnen sind, so wird der Betrieb als Ganzes vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfaßt.

Werden Arbeiten ausgeführt, die sowohl als bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. I bis V VTV als auch als solche eines der in § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV genannten Gewerke anzusehen sind, so kommt es für eine Ausnahme aus dem betrieblichen Geltungsbereich darauf an, ob neben diesen Arbeiten in nicht unerheblichem Umfange (mindestens 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit) Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerke zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder ob diese Arbeiten in nicht unerheblichem Umfange von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerkes ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann, z.B. einen Meister, dieses Gewerkes besteht (BAG Urteil vom 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

b) Die Beklagte zu 1), die sich darauf beruft, als Betrieb des Schreiner- und Glaserhandwerks gemäß § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 4 und Nr. 11 (bis 30. Juni 1992: Nr. 3 und Nr. 8) VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen zu sein, ist für das Vorliegen der Merkmale dieser Ausnahmetatbestände darlegungs- und beweispflichtig (BAG Urteil vom 3. Dezember 1986 – 4 AZR 466/86 – AP Nr. 73 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Die Beklagten haben vorgetragen, ca. 75 bis 80 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit seien im Klagezeitraum auf die Herstellung und Montage von Wintergärten, Fenstern und Türen entfallen, wobei davon auf die Arbeiten in ihrer Schreinerei und Glaserei 90 %, auf die Montage aber nur 10 % entfallen seien.

Damit kann nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten der Anteil der Schreiner- und der Glaserarbeiten zusammengenommen lediglich 67,5 bis 72 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachen. Ein Betrieb, der baugewerbliche Tätigkeiten ausübt, ist aber nur dann auf Grund der Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen, wenn er zu über 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten ausübt, die einem der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV zuzuordnen sind. Eine Zusammenrechnung einzelner, verschiedenen Ausnahmetatbeständen des § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV zuzuordnender Tätigkeiten erfolgt nicht (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 – 10 AZR 646/93 – AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Demnach könnten sich die Beklagten nur dann auf die Ausnahmeregelungen für Betriebe des Glaser- oder des Schreinerhandwerks berufen, wenn im Betrieb der Beklagten zu 1) zu über 50 % entweder Glaser- oder Schreinertätigkeiten verrichtet würden. Da sie eine Aufschlüsselung aber nicht vorgenommen haben, sondern lediglich den Gesamtanteil der Schreiner- und Glaserarbeiten mit zusammen 67,5 bis 72 % angegeben haben, haben sie – worauf auch das Landesarbeitsgericht zu Recht abgestellt hat – insoweit ihrer Darlegungslast nicht genügt.

c) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß die von der Beklagten zu 1) arbeitszeitlich überwiegend durchgeführte Herstellung und Montage von Wintergärten als einheitlich zu bewertende Tätigkeit betrachtet, weder eine typische Glaser- noch eine typische Schreinertätigkeit darstellt.

Dies folgt bereits aus dem eigenen Sachvortrag der Beklagten. Wenn diese vortragen, daß sowohl Schreiner- als auch Glaserarbeiten erforderlich sind, um einen Wintergarten zu bauen, folgt daraus, daß die Herstellung eines Wintergartens gerade nicht typisch für eines dieser Gewerke ist, sondern nur im Zusammenwirken von Schreiner- und Glasertätigkeiten erfolgen kann.

Auch haben die Beklagten nicht vorgetragen, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) die Erstellung von Wintergärten ausschließlich von Schreinern bzw. Glasern oder unter der Aufsicht eines Fachmanns des Schreiner- bzw. Glaserhandwerks erfolgt, so daß dadurch die Herstellung von Wintergärten das Gepräge einer typischen Schreiner- bzw. Glasertätigkeit erhalten könnte.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht demnach festgestellt, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) im Jahre 1992 dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfiel. Deshalb sind die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) als deren Komplementärin, § 161 Abs. 2, § 128 HGB, zur Beitragszahlung an die ZVK verpflichtet. Die Beklagten haben auch keinen Anspruch auf Rückerstattung bereits gezahlter Beiträge. Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Böck, Thiel, Tirre

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093129

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