Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutachtertätigkeit als bauliche Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Zweck eines Betriebes auf die Begutachtung von Baumängeln gerichtet, so führen Arbeiten baugewerblicher Art, die für die Gutachtertätigkeit erforderlich werden, nicht dazu, daß der Betrieb ein solcher des Baugewerbes ist.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV § 1 Abs. 2 Abschn. II)

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 07.06.1993; Aktenzeichen 16 Sa 113/93)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 24.11.1992; Aktenzeichen 1 Ca 869/92)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Juni 1993 – 16 Sa 113/93 – aufgehoben.
  • Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin (im folgenden: ZVK) ist nach näherer tariflicher Maßgabe als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Sie nimmt die Beklagte nach teilweiser Erledigung der Hauptsache noch auf Beitragszahlung für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum von Januar bis Mai 1990 (9.088,15 DM) und für Angestellte für den Zeitraum von Januar bis August 1990 (786,40 DM) in Anspruch.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand im Handelsregister wie folgt eingetragen ist:

“Ein- und Verkauf von Baustoffen für den Um- und Ausbau sowie Durchführung von Arbeiten mit diesen Baustoffen, insbesondere als Feuerschutz-, Schallschutz- und Dekorverkleidungen; ferner als Generalunternehmer zusammen mit anderen Fachfirmen, die komplette, schlüsselfertige Ausführung von Um- und Ausbaumaßnahmen im Hochbau, einschließlich Fassadensanierung.”

Im Geschäftsverkehr verwendete die Beklagte u. a. Briefköpfe:

“F… GmbH, Abt. Büro für Ausbautechnik, Bau-Physik, Thermographie, Gutachten”,

“F… GmbH, Um- und Ausbau, Abt. Consulting-Connection” sowie

“F… GmbH, Schallschutz-, Feuerschutz- und Dekorverkleidungen, Bau-Physik, Innenausbau”.

Vom 1. Januar bis zum 31. August 1990 beschäftigte die Beklagte insgesamt fünf gewerbliche Arbeitnehmer.

Die ZVK ist der Ansicht, der Betrieb der Beklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (im folgenden: VTV). Es handele sich um einen Betrieb des Baugewerbes gemäß § 1 Abs. 2 VTV, der nach seiner durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach seiner betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten erstelle. Die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer hätten zu über 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Innenausbauarbeiten erbracht.

Im einzelnen seien folgende Arbeiten ausgeführt worden:

  • Verkleiden von Decken und Wänden, Verdübeln von Dachlatten an Wänden und Decken zu Unterkonstruktionen, Verfüllen der Zwischenräume mit Isoliermaterial und anschließendes Anschrauben serienmäßig vorgefertigter Wand- und Deckensysteme aus Mineralfaser, Holz, Metall oder Kunststoff.
  • Montage von Leichtbautrennwänden, wobei Holz- oder Leichtmetallgerüste mittels Dübeln und Schrauben an Boden und Decke befestigt werden. Anschließend werden die Zwischenräume mit Isoliermaterial ausgefüllt und die Wand von beiden Seiten mit Mineralfaserplatten bzw. Holz-, Metall- oder Kunststoffpaneelen verkleidet.
  • Verkleidung von Decken und Wänden mittels vorgefertigter Decken- und Wandelemente zur Verbesserung des Wärmeschutzes und der Schalldämpfung.
  • Montage von feuerfesten Platten an Decken und Wänden mittels Nageln, Klammern oder Verkleben zum Zwecke des vorbeugenden Brandschutzes.

Zum betrieblichen Geltungsbereich heißt es im VTV vom 12. November 1986 i.d.F. vom 22. Dezember 1989 u. a.:

  • “§ 1

    Geltungsbereich

    • Betrieblicher Geltungsbereich:

      Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

  • Abschnitt I

    Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.

  • Abschnitt II

    Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

  • Abschnitt III

    Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.

  • Abschnitt IV

    • Erfaßt werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit Betrieben des Baugewerbes bestehenden Zusammenschlusses – unbeschadet der gewählten Rechtsform – ausschließlich oder überwiegend für die angeschlossenen Betriebe des Baugewerbes die kaufmännische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen, soweit diese Betriebe nicht von einem spezielleren Tarifvertrag erfaßt werden.
  • Abschnitt V

    Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:

    • Dämm-(Isolier-)Arbeiten (z. B. Wärme-, Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs-, Schallveredelungsarbeiten) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen;
    • Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten;
    • Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;”

Die ZVK hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.874,55 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie meint, sie unterfalle deshalb nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV, weil ihre Arbeitnehmer zu weniger als 50 % im Bereich des Schallschutzes, Feuerschutzes, der Dekorverkleidung und des Innenausbaus tätig gewesen seien. Arbeiten auf Baustellen, welche der Errichtung, Veränderung oder dem Abbruch eines Gebäudes dienten, hätten die Mitarbeiter nur in einem ganz geringen Umfange ausgeführt.

Im wesentlichen habe sie die Funktion eines Generalunternehmers, der konkrete Arbeiten an andere Handwerker als Subunternehmer vergebe. Die Hauptaufgabe der 1990 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer habe darin bestanden, Wand- und Deckenverkleidungen zu demontieren und abzureißen. Dazu sei es dann gekommen, wenn die Beklagte den Auftrag erhalten habe, z. B. auftauchenden Fließgeräuschen nachzugehen und Vorschläge zu deren Beseitigung zu machen. Die entsprechende gutachterliche Tätigkeit habe der Geschäftsführer der Beklagten selbst ausgeführt. Die demontierten bzw. abgerissenen Wand- und Deckenverkleidungselemente seien, soweit sie nach der Demontage noch vorhanden gewesen seien, anschließend von den Arbeitnehmern wieder angebracht worden. Soweit allerdings im Zuge von Sanierungsmaßnahmen ganze Decken und Wände hätten beseitigt werden müssen, seien die gewerblichen Arbeitnehmer nicht eingesetzt worden.

Diesen Sachvortrag hat die ZVK in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 1993 vor dem Landesarbeitsgericht ausdrücklich bestritten, ihn sich aber hilfsweise zu eigen gemacht, weil auch die nunmehr geschilderten Tätigkeiten bauliche im Sinne der Bautarifverträge seien.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die Aufhebung bzw. Abänderung der vorinstanzlichen Urteile und die Abweisung der Klage. Die ZVK hat Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte verrichte keine Abbrucharbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 27 VTV. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob sie arbeitszeitlich überwiegend Dämm-(Isolier-)arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 8 VTV oder Trockenbau- und Montagebauarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV verrichte. Auf jeden Fall betreibe sie einen Betrieb des Baugewerbes nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV.

Die von der Beklagten nach eigenem Sachvortrag überwiegend vorgenommenen Demontagetätigkeiten erfüllten die Merkmale dieser Tarifnorm. Die Entfernung von Wand- und Deckenverkleidungselementen habe den Zweck, Störquellen, insbesondere Geräusche, aufzufinden. Deshalb handele es sich um Arbeiten, welche letztlich dazu bestimmt seien, eine adäquate Benutzung der Räumlichkeiten sicherzustellen, diese also instand zu setzen, instand zu halten oder benutzungsgerecht zu verändern. Insoweit lägen auch bauliche Leistungen vor, weil sie nach Herkommen und Üblichkeit dem Baugewerbe zuzurechnen seien. Es sei ohne Belang, daß diese Arbeiten nur dazu bestimmt seien, Vorschläge zur Beseitigung von Störquellen zu machen und nicht auf die unmittelbare Beseitigung dieser Störungen ausgerichtet seien. Da die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten baulicher Natur, nämlich Entfernung von Wand- und Deckenverkleidungen, gewesen sei, unterfalle der Betrieb der Beklagten dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

1. Die Entfernung von Wand- und Deckenverkleidungen zum Zwecke der Aufspürung von Baumängeln, insbesondere von Fließgeräuschen und der Erarbeitung von Vorschlägen zu deren Beseitigung stellt kein Erbringen baulicher Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV dar.

Nach dieser Tarifvorschrift gelten als Betriebe des Baugewerbes diejenigen, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen-, der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

Für die den Betrieb prägende Zweckbestimmung ist der Zweck der Gesamtleistung entscheidend. Die Zweckbestimmung richtet sich nicht allein nach den zeitlichen Anteilen der einzelnen Tätigkeiten an der Gesamtarbeitszeit (BAG Urteil vom 18. August 1993 – 10 AZR 273/91 – AP Nr. 163 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Damit kommt es im zu entscheidenden Falle nicht darauf an, in welchem zeitlichen Umfange die Arbeitnehmer der Beklagten Dekken- und Wandverkleidungen abgenommen bzw. wieder angebracht und damit ggf. bauliche Leistungen erbracht haben, sondern welchem Zwecke diese Tätigkeiten gedient haben.

Ebenso wie den eigentlichen baugewerblichen Arbeiten auch diejenigen Nebenarbeiten zuzurechnen sind, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind (BAGE 55, 78 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau), führen im Umkehrschluß auch Tätigkeiten baugewerblicher Art, die als Nebenarbeiten für die ordnungsgemäße Erledigung einer nichtbaugewerblichen Tätigkeit erforderlich sind, nicht dazu, diesen Betrieb zu einem solchen des Baugewerbes zu machen.

Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung die Einlassung der Beklagten zugrunde gelegt, Zweck der vollständigen bzw. teilweisen Entfernung der Wand- und Deckenverkleidungselemente sei es gewesen, Störquellen, insbesondere Geräusche, welche die Benutzung der Räume erschwerten oder unmöglich machten, aufzufinden. Weiter ist das Landesarbeitsgericht – entsprechend dem Vorbringen der Beklagten – davon ausgegangen, diese Tätigkeiten hätten nur “vorbereitenden Charakter” gehabt, d. h., sie hätten nur dazu gedient, daß der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen einer gutachterlichen Tätigkeit Vorschläge zur Beseitigung dieser Störquellen habe unterbreiten können.

Unter Zugrundelegung dieses Sachverhalts kann die von der Beklagten nach eigenen Angaben arbeitszeitlich überwiegend ausgeübte Tätigkeit nicht als die Erbringung baulicher Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV gewertet werden.

Zweck dieser Tätigkeit war es lediglich, Baumängel aufzuspüren, nicht jedoch, diese zu beseitigen. Damit stellten sich diese Arbeiten nicht als solche dar, die unmittelbar der Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder ggf. ordnungsgemäßen Erstellung von Bauwerken dienen. Letztlich war die Tätigkeit der Beklagten dazu bestimmt, festzustellen, ob eine Maßnahme der Instandhaltung, Instandsetzung, Änderung oder der abschließenden Erstellung eines Bauwerks erforderlich und technisch möglich ist. Erst auf Grund dieser gutachterlichen Tätigkeit konnte es dann zu einer baulichen Leistung kommen, nämlich der Beseitigung der Störquelle, die aber nicht von der Beklagten durchgeführt wurde.

Daß auch die Tarifvertragsparteien des VTV solche der Erbringung baulicher Leistungen regelmäßig vorausgehenden Prüf- und Gutachtertätigkeiten nicht als bauliche Leistungen im Tarifsinne betrachten, ergibt sich auch daraus, daß § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV audrücklich auch solche Betriebe dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterwirft, die im Rahmen eines mit Betrieben des Baugewerbes bestehenden Zusammenschlusses ausschließlich oder überwiegend für die angeschlossenen Betriebe des Baugewerbes u. a. Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen, soweit sie nicht von einem spezielleren Tarifvertrag erfaßt werden.

Wären die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen, daß alle Betriebe, die solche für die Erbringung baulicher Leistungen unerläßlichen “Vorarbeiten” erbringen, unabhängig von ihrem Zusammenschluß mit Betrieben des Baugewerbes als Betriebe des Baugewerbes gelten, wäre die Regelung des § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV überflüssig.

Daß die Beklagte Arbeiten “im Umfeld von Bauten” erbracht hat, reicht für eine baugewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV nicht aus (BAG Urteil vom 25. Februar 1987, BAGE 55, 67, 77 = AP Nr. 79 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

2. Die Beklagte betreibt auch keinen Betrieb des Baugewerbes im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. III VTV.

Nach der betrieblichen Zweckbestimmung stellen die Gutachtertätigkeiten keine sonstigen Leistungen im Sinne dieser Tarifvorschrift dar. Insoweit gilt das oben unter II. 1 Gesagte entsprechend.

Somit durfte das Landesarbeitsgericht auf Grund des Sachvortrags der Beklagten deren Betrieb nicht als einen solchen des Baugewerbes nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV betrachten. Das angefochtene Urteil erweist sich insoweit als rechtsfehlerhaft.

III. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht möglich.

1. Nach dem vom Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachvortrag der Beklagten über Art und Umfang ihrer Tätigkeit unterfällt ihr Betrieb auch keinem der Beispielsfälle des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV.

In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, daß Betriebe, in denen arbeitszeitlich überwiegend eine der in den Bespielen des Abschn. V des § 1 Abs. 2 VTV genannten Tätigkeiten ausgeführt wird, unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fallen, ohne daß noch die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschn. I bis III des § 1 Abs. 2 VTV geprüft werden müssen. Dabei muß aber der Betrieb der Einrichtung und Zweckbestimmung entsprechend baulich geprägt sein (vgl. BAG Urteil vom 18. August 1993 – 10 AZR 273/91 –, aaO).

Zweckbestimmung des Betriebes der Beklagten ist aber – wie oben dargelegt – Gutachtertätigkeit an Bauwerken. Wenn im Rahmen dieser nicht auf die Erbringung baulicher Leistungen gerichteten Tätigkeit auch Arbeiten verrichtet werden, die unter die Tarifbeispiele des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV fallen, so kann dies nicht dazu führen, den Betrieb der Beklagten, dessen Zweckbestimmung auf keines der in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV aufgeführten Tätigkeitsbeispiele gerichtet ist, dennoch dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV zu unterwerfen.

2. Die ZVK hat sich das Vorbringen der Beklagten zu Art und Umfang ihrer betrieblichen Tätigkeit nur hilfsweise zueigen gemacht. Rechtfertigt dieses den Klageanspruch nicht, so bedeutet dies, daß die ZVK nach wie vor ihre Beitragsforderung auf ihren Sachvortrag stützt. Dieser ist von der Beklagten bestritten worden. Ob er zutrifft, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Aus diesem Grunde war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Schömburg, Tirre

 

Fundstellen

Haufe-Index 856707

BB 1994, 2499

NZA 1995, 800

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