Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlußverfahren für Schwerbehindertenvertretung

 

Leitsatz (redaktionell)

Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber/Dienststellenleiter oder dem Betriebs-/Personalrat sind im Beschlußverfahren zu entscheiden.

Ist die Schwerbehindertenvertretung in einer Dienststelle errichtet, für die ein Personalvertretungsgesetz gilt, so sind für diese Rechtsstreitigkeiten die Verwaltungsgerichte zuständig.

 

Normenkette

SchwbG §§ 23, 25, 24, 26; BPersVG §§ 30, 83; ArbGG § 48a; PersVG NW § 1 Abs. 1; ArbGG § 2a Abs. 1 Nrn. 1-2; PersVG NW § 79 Abs. 1 Nr. 3; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 27.07.1988; Aktenzeichen 7 Sa 298/88)

ArbG Aachen (Entscheidung vom 04.02.1988; Aktenzeichen 6 Ca 1128/87)

 

Tatbestand

Der angestellte Kläger ist Vertrauensmann der Schwerbehinderten in der Dienststelle der Beklagten. Die Parteien streiten um den Umfang seiner Beteiligungsrechte bei Bewerbungen. Im Rahmen dieses Verfahrens schlossen sie am 4. Februar 1988 einen Teilvergleich. Dessen Ziff. 1 lautet:

"1.) Das beklagte Studentenwerk ist bereit und ver-

fährt auch künftig danach, soweit in der Ver-

gangenheit nicht ohnehin bereits geschehen, dem

Kläger als Vertrauensmann der Schwerbehinderten

auf jeden Fall sämtliche Bewerbungsunterlagen von

Schwerbehinderten rechtzeitig zur Einsicht zur

Verfügung zu stellen.

Das beklagte Studentenwerk verfährt auch künftig

danach, sofern in der Vergangenheit nicht ohne-

hin bereits geschehen, den Kläger in seiner Eigen-

schaft als Vertrauensmann der Schwerbehinderten

jedenfalls bei allen Bewerbungsgesprächen von

Schwerbehinderten hinzuzuziehen."

Auf Vorschlag des Klägers fragt die Beklagte nunmehr mit einem Formularblatt beim zuständigen Arbeitsamt an, ob und gegebenenfalls welche Bewerbungen geeigneter Schwerbehinderter dort für den jeweils zu besetzenden Arbeitsplatz vorliegen. Die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat erhalten von dieser Anfrage eine Durchschrift und werden anschließend über deren Ergebnis unterrichtet.

Der Kläger meint, seit der Neufassung des Schwerbehindertengesetzes seien ihm als Vertrauensmann der Schwerbehinderten die Bewerbungsunterlagen sämtlicher Bewerber zur Verfügung zu stellen. Zu allen mit diesen geführten Einstellungsgesprächen sei er hinzuzuziehen. Nur so sei eine qualifizierte Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung gewährleistet. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte folge aus seiner Arbeitnehmereigenschaft. Das Beschlußverfahren finde vorliegend nicht statt, weil der Vertrauensmann der Schwerbehinderten kein Betriebsverfassungsorgan im Sinne des § 2 a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sei.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

1. ihm als Vertrauensmann der Schwerbehinderten

vor jeder Einstellung die Bewerbungsunterlagen

sämtlicher Bewerber, auch die der Nichtbehinderten,

zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen;

2. ihn als Vertrauensmann der Schwerbehinderten

zu sämtlichen Einstellungsgesprächen, auch zu den

mit Nichtbehinderten, hinzuzuziehen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung ist die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung in dem vom Kläger geforderten Umfang gesetzlich nicht vorgesehen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SchwbG seien mit der Schwerbehindertenvertretung nur die Bewerbungen von Schwerbehinderten zu erörtern. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 SchwbG sei die Schwerbehindertenvertretung nur in den Angelegenheiten zu unterrichten, die einen einzelnen Schwerbehinderten oder die Schwerbehinderten als Gruppe berühren würden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger in erster Linie seine vorstehenden Klageanträge weiter. Er beschränkt sein Beteiligungsbegehren hilfsweise auf diejenigen Einstellungen, bei denen sich ein Schwerbehinderter unter den Bewerbern befindet. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht über die Anträge des Klägers in der Sache entschieden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind zur Entscheidung über das Begehren des Klägers nicht zuständig.

I. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung im Urteilsverfahren zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Um eine solche Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis handelt es sich im vorliegenden Falle nicht. Eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aufgrund der anderen in § 2 ArbGG genannten Tatbestände kommt offensichtlich nicht in Betracht.

1. Über die Frage, vor welchen Gerichten und in welchen Verfahren Rechtsstreitigkeiten zwischen der Schwerbehindertenvertretung und dem Arbeitgeber bzw. der Dienststelle zu entscheiden sind, haben Bundesarbeitsgericht und Bundesverwaltungsgericht bislang je nach Streitgegenstand des Verfahrens unterschiedlich entschieden. Auch im Schrifttum bestehen insoweit unterschiedliche Auffassungen.

In seiner Entscheidung vom 16. August 1977 (- 1 ABR 49/76 - AP Nr.1 zu § 23 SchwbG) hat der Senat das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren für die zutreffende Verfahrensart gehalten, wenn ein Vertrauensmann der Schwerbehinderten als Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber nach dem Schwerbehindertengesetz den Ersatz von Schulungskosten verlangt. Er hat dies damit begründet, daß die Stellung des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten zwar Berührungspunkte zum Betriebsverfassungsrecht und zu den Organen der Betriebsverfassung aufweise, dieser aber selbst kein Organ der Betriebsverfassung sei. Damit scheide das Beschlußverfahren aus. Eine analoge Anwendung der Zuständigkeitsbestimmung in (jetzt) § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG scheide angesichts der Tatsache, daß Prozeßrecht strenges Recht sei, aus. Die Anspruchsgrundlage für Kostenerstattungsansprüche des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten könne daher nur im Arbeitsverhältnis gefunden werden. Damit handele es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von (jetzt) § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG, eine Vorschrift, die weit auszulegen sei, da alle Streitigkeiten erfaßt werden sollten, die überwiegend im Arbeitsverhältnis wurzeln.

In gleicher Weise hat der Sechste Senat im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren entschieden, wenn der Vertrauensmann der Schwerbehinderten seine Aufwandsentschädigung, die Erstattung von Reisekosten oder die Fortzahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit seiner Tätigkeit als Vertrauensmann der Schwerbehinderten geltend macht (BAGE 52, 335 = AP Nr. 2 zu § 23 SchwbG; BAGE 55, 255 = AP Nr. 3 zu § 23 SchwbG; Urteil vom 28. April 1988 - 6 AZR 421/86 - AP Nr. 3 zu § 22 SchwbG, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

Auf der anderen Seite haben der Sechste Senat (BAGE 55, 332 = AP Nr. 2 zu § 22 SchwbG) und der Siebte Senat (Beschluß vom 8. Februar 1989 - 7 ABR 83/86 - n.v.) über das Teilnahmerecht des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten an Sitzungen des Wirtschaftsausschusses im Beschlußverfahren entschieden mit der Begründung, es gehe um die Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses und damit eines Organs der Betriebsverfassung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgesprochen, daß über die Anfechtung der Wahl eines Vertrauensmannes der Schwerbehinderten in einer Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu entscheiden sei (Beschluß vom 17. März 1983 - 6 P 30.82 - Buchholz 238.31 § 86 BaWüPersVG Nr. 3).

Das Schrifttum geht überwiegend davon aus, daß der Vertrauensmann der Schwerbehinderten mangels einer besonderen Verfahrensart seine Rechte vor dem Arbeitsgericht oder Verwaltungsgericht im Urteilsverfahren geltend machen müsse (Jung/Cramer, SchwbG, 3. Aufl., § 26 Rz 23; Wilrodt/Neumann, SchwbG, 7. Aufl., § 26 Rz 25; Gröninger/Thomas, SchwbG, Stand Januar 1989, § 26 Rz 20; Wiegand, SchwbG, Stand März 1987, § 26 Rz 43). Rewolle/Dörner (SchwbG, Stand Mai 1988, § 26 Anm. IV 2) halten nur vor den Verwaltungsgerichten das Beschlußverfahren für die zutreffende Verfahrensart. Eine differenziertere Ansicht vertreten Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither (BetrVG, 5. Aufl., § 32 Rz 25). Danach seien Streitigkeiten über das Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an den Sitzungen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse sowie über deren Befugnisse innerhalb der Betriebsverfassung im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu entscheiden. Für Streitigkeiten zwischen der Schwerbehindertenvertretung und dem Arbeitgeber sei jedoch das Urteilsverfahren die zutreffende Verfahrensart.

2. Der Senat ist der Ansicht, daß Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung, soweit es sich um deren Beteiligungsrechte im weitesten Sinne gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Dienststelle oder anderen Organen der Betriebsverfassung oder der Personalvertretung handelt, im Beschlußverfahren zu entscheiden sind. Diese Rechte und Pflichten haben ihre Grundlage nicht im Arbeitsverhältnis des jeweiligen Vertrauensmannes oder der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten, sondern in dem von ihnen wahrgenommenen Amt der Schwerbehindertenvertretung.

Nach § 26 Abs. 1 SchwbG führt der Vertrauensmann oder die Vertrauensfrau sein/ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift dürfen sie in der Ausübung ihres Amtes nicht behindert oder wegen ihres Amtes nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Dieses Amt erlangt der Vertrauensmann oder die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten mit seiner/ihrer Wahl durch die schwerbehinderten Arbeitnehmer und Beschäftigten des Betriebes oder der Dienststelle. Mit der Wahl wird für den Betrieb oder die Dienststelle die Schwerbehindertenvertretung gebildet. Auch wenn diese regelmäßig nur aus einer Person, dem Vertrauensmann oder der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten besteht, ist das Amt jedoch von der Person des Amtsinhabers als Arbeitnehmer oder Beschäftigter zu trennen. § 25 SchwbG weist der Schwerbehindertenvertretung eine Reihe von Aufgaben zu und räumt ihr bestimmte Rechte ein. Aufgaben und Rechte der Schwerbehindertenvertretung werden darüber hinaus in § 32, § 35 Abs. 3 und § 52 BetrVG und beispielsweise in §§ 39 und 40 BPersVG angesprochen. Diese Rechte und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sind zu unterscheiden von der in § 26 Abs. 3 bis Abs. 6 SchwbG geregelten persönlichen Rechtsstellung des Vertrauensmannes oder der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten.

Damit ist die Schwerbehindertenvertretung ebenso ein gesetzliches Organ der Verfassung des Betriebes oder der Dienststelle wie der Betriebs- oder Personalrat oder der Sprecherausschuß für leitende Angestellte. Rechte und Pflichten dieses Organs haben nicht im Arbeitsverhältnis des jeweiligen Amtsinhabers, sondern unmittelbar in den Vorschriften über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung ihre Grundlage.

3. Zutreffend ist, daß es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift darüber fehlt, in welchem Verfahren Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten dieses Organs "Schwerbehindertenvertretung" zu entscheiden ist. § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG begründet die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nur für Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, nicht aber für alle Streitigkeiten aus der gesetzlichen Verfassung eines Betriebes. Diese Vorschrift darf jedoch nicht für sich allein gesehen werden. § 83 BPersVG begründet eine nahezu gleich weitreichende Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für Streitigkeiten aus der Personalvertretung, wobei wiederum über diese Streitigkeiten im Beschlußverfahren nach dem Arbeitsgerichtsgesetz zu entscheiden ist. Die Länder haben mit einer Ausnahme diese Regelung für ihr Personalvertretungsrecht übernommen. Durch das Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten ist § 2 a Abs. 1 ArbGG dahin erweitert worden, daß im Beschlußverfahren auch über Angelegenheiten aus dem Sprecherausschußgesetz zu entscheiden ist.

Aus dem Gesamtkomplex dieser Regelung wird deutlich, daß jedenfalls der Gesetzgeber des Schwerbehindertengesetzes Rechtsstreitigkeiten zwischen den Organen der gesetzlichen Verfassung des Betriebes oder der Dienststelle in einem besonderen Verfahren, dem Beschlußverfahren vor den Arbeitsgerichten oder den Verwaltungsgerichten, entschieden sehen wollte. Das rechtfertigt es, auch Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten des Organs "Schwerbehindertenvertretung" im Beschlußverfahren zu entscheiden, zumal es an einer anderen ausdrücklich normierten Zuständigkeitsregelung fehlt, da diese Streitigkeiten - wie dargelegt - nicht als Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis angesehen werden können.

Nur wenn über diese Rechtsstreitigkeiten einheitlich im Beschlußverfahren zu entscheiden ist, lassen sich unterschiedliche Verfahren und Zuständigkeiten für die gleiche Streitfrage vermeiden. Die Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung an Besprechungen des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber nach § 74 Abs. 1 BetrVG teilnehmen darf, kann zwischen Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat, aber auch zwischen Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeber streitig sein. Nach der bisherigen Rechtsprechung wäre im ersteren Falle darüber im Beschlußverfahren, im zweiten Falle im Urteilsverfahren zu entscheiden. Darauf abzustellen, wo Rechte der Schwerbehindertenvertretung geregelt sind, ob im Betriebsverfassungsgesetz oder im Schwerbehindertengesetz, macht diese Frage von Zufälligkeiten abhängig und versagt da, wo das gleiche Recht in beiden Gesetzen geregelt ist, wie dies hinsichtlich des Teilnahmerechts der Schwerbehindertenvertretung an Sitzungen des Betriebsrats in § 25 Abs. 4 SchwbG und § 32 BetrVG der Fall ist.

II.1. Im vorliegenden Fall streiten die Beteiligten um Rechte, die der Schwerbehindertenvertretung als gesetzlichem Organ gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Dienststelle zustehen. Im Streit ist die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger als Vertrauensmann der Schwerbehinderten und damit der Schwerbehindertenvertretung die Bewerbungsunterlagen sämtlicher Bewerber vorzulegen und die Schwerbehindertenvertretung zu sämtlichen Einstellungsgesprächen hinzuzuziehen. Damit geht es um Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung, nicht aber um die persönliche Rechtsstellung des Klägers als Vertrauensmann der Schwerbehinderten. Über die Anträge des Klägers ist daher im Beschlußverfahren zu entscheiden.

Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger "Klage" im Urteilsverfahren erhoben hat und ausdrücklich der Ansicht ist, daß über seine Anträge im Beschlußverfahren nicht zu entscheiden wäre. Das von dem angerufenen Gericht zu beachtende Verfahren steht nicht zur Disposition der Parteien oder der Beteiligten.

2. Zur Entscheidung über die Anträge des Klägers auch im Beschlußverfahren sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig.

Die Beklagte, das Studentenwerk A, ist in der Anlage 3 zu den Verwaltungsvorschriften zum Landesorganisationsgesetz (s. Runderlaß der Landesregierung Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 1963 - MBl. S. 257 - geändert durch Runderlaß des Innenministers vom 13. September 1974 - MBl. S. 1430 "Übersicht über die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen unterstehen") aufgeführt. Nach § 1 Abs. 1 LPVG NW finden daher auf die Beklagte die Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes Nordrhein- Westfalen vom 3. Dezember 1974 Anwendung. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NW entscheiden die Verwaltungsgerichte über die Zuständigkeit und Geschäftsführung der Personalvertretungen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift gelten die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren für diese Verfahren entsprechend.

Diese Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gilt auch für Rechtsstreitigkeiten um Beteiligungsrechte der in einer Dienststelle gebildeten Schwerbehindertenvertretung. Diese ist ein gesetzliches Organ innerhalb der Verfassung der Dienststelle, dem Rechte nicht nur gegenüber dem Dienststellenleiter, sondern auch gegenüber den Personalvertretungen eingeräumt sind. Haben aber über die durch das Personalvertretungsrecht gestaltete Verfassung der Dienststelle die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, so muß Gleiches auch für die Schwerbehindertenvertretung einer Dienststelle gelten. Das Schwerbehindertengesetz gliedert die Schwerbehindertenvertretung jeweils in die Verfassung des Betriebes oder der Dienststelle ein. Es weist den jeweiligen Organen, den Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräten in § 23 SchwbG u.a. die Aufgabe zu, auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung in ihrem Bereich hinzuwirken. Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sind nach § 25 SchwbG jeweils auf den Betrieb oder die Dienststelle bezogen. Für ihre Wahl gelten nach § 24 Abs. 6 SchwbG jeweils die Vorschriften für die Wahl der Vertretungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht entsprechend. Der Vertrauensmann oder die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten besitzen nach § 26 Abs. 3 SchwbG jeweils die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebs- oder Personalrats bzw. der anderen personalvertretungsrechtlichen Vertretungen. Das macht deutlich, daß die Schwerbehindertenvertretung in ihrer Rechtsstellung und in ihren Aufgaben im Hinblick auf die anderen für den Betrieb oder die Dienststelle gewählten Vertretungen gesehen wird. Das rechtfertigt es, die Schwerbehindertenvertretung auch verfahrensrechtlich nach denjenigen Vorschriften zu behandeln, die für den Betriebs- bzw. Personalrat gelten. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vom 17. März 1983 (aa0) über die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung in einer Dienststelle im verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren entschieden und ausgesprochen, daß für die gerichtliche Zuständigkeit das Recht gilt, das auf die Betriebs-, Personal- oder Richterratswahl Anwendung findet.

Damit ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht in der Sache über die Anträge des Klägers entschieden. Diese Entscheidungen waren daher aufzuheben. Auf den Hilfsantrag des Klägers war der Rechtsstreit gemäß § 48 a Abs. 3 ArbGG an das Verwaltungsgericht Aachen zu verweisen.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Giese Dr. Wohlgemuth

 

Fundstellen

Haufe-Index 437317

BAGE 62, 382-389 (LT1)

BAGE, 382

DB 1990, 796 (LT1)

EBE/BAG 1990, 18-20 (LT1)

NZA 1990, 362-354 (LT1)

RdA 1990, 62

AP § 25 SchwbG 1986 (LT1), Nr 1

EzA § 14 SchwbG 1986, Nr 2 (LT1)

PersR 1990, 49-51 (LT1)

PersV 1990, 180-182 (LT1)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge