Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Hortleiterin

 

Leitsatz (amtlich)

Die Leiterin des Schulhorts einer Grundschule in einem der östlichen Stadtbezirke Berlins erfüllt nicht das Eingruppierungsmerkmal “Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten” der Vergütungsgruppen des Teils II Abschn. G (Angestellte im Sozial- und Erziehungdienst) der Anlage 1a zum BAT-O. Ein solcher Schulhort als “offener Ganztagsbetrieb” ist ein freiwilliges, unterrichtsergänzendes Angebot, das eine Betreuung – einschließlich eines Mittagessens –, Freizeitaktivitäten, Hausaufgabenbetreuung, schulische Arbeitsgemeinschaften, Interessengruppen und Neigungskurse umfaßt. Dem Leiter einer Grundschule im Ostteil Berlins obliegt nach § 22 SchulVerfG Berlin auch die Leitung des der Schule organisatorisch eingegliederten Schulhorts.

 

Normenkette

BAT-O §§ 22-23; Teil II Abschn. G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a zum BAT-O, VergGr. Vc Fallgruppe 5, VergGr. IVa Fallgruppe 2, VergGr. III Fallgruppe 1 BAT-O; SchulVerfG Berlin § 22; KJHG (SGB VIII) § 22; KJHG (SGB VIII) § 69 ff.; KJHG (SGB VIII) § 81; Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetz Berlin (KTKBG) § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 28.02.1994; Aktenzeichen 9 Sa 124/93)

ArbG Berlin (Urteil vom 25.08.1993; Aktenzeichen 95 Ca 9699/93)

 

Tenor

  • Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 28. Februar 1994 – 9 Sa 124/93 – wird zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, insbesondere darüber, ob die Klägerin Anspruch darauf hat, ab 1. Juli 1991 nach Vergütungsgruppe IVa BAT-O und ab 1. Dezember 1991 nach Vergütungsgruppe III BAT-O vergütet zu werden. Außerdem hat die Klägerin die Verzinsung der Nettodifferenzbeträge verlangt.

Die am 19. Mai 1949 geborene Klägerin besuchte von 1955 bis 1964 die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) bis zum neunten Schuljahr. Im September 1964 begann sie eine dreijährige Lehrzeit als Friseuse, die sie 1967 mit der Facharbeiterprüfung abschloß. Sie arbeitete dann als Friseuse in einer PGH. Von September 1972 bis 1974 besuchte sie die Abendschule und holte den Abschluß der zehnten Klasse nach. Von 1974 bis 1978 absolvierte sie ein Direktstudium am Institut für Lehrerbildung “Clara Zetkin”, Berlin und erwarb den Fachschulabschluß und erhielt “damit die Befähigung zur Arbeit als Horterzieher sowie die Lehrbefähigung für die Fächer Werkunterricht, Kunsterziehung der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule” und erhielt die Berechtigung, die Berufsbezeichnung “Horterzieher” zu führen. Sie begann ihre Tätigkeit als Horterzieherin im August 1978 an der 13. Oberschule Berlin – F…. Von September 1983 bis Juni 1984 studierte sie als Externe am Institut für Lehrerbildung “Clara Zetkin” in Berlin und erwarb “den Externen Fachschulabschluß in den Fächern Methodik des Deutschunterrichts und Methodik des Mathematikunterrichts für die unteren Klassen” und erhielt “damit die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch und Mathematik”.

Seit 1. September 1986 leitet sie den Hort der 13. Oberschule “H…”, jetzt 13. Grundschule im Bezirk F… von Berlin. In diesem Hort besteht in der Zeit zwischen 1. Oktober und 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres eine regelmäßige Belegung von mehr als 180 Plätzen. Der offene Ganztagsbetrieb beinhaltet ein freiwilliges, unterrichtsergänzendes Angebot, das eine Betreuung – einschließlich eines Mittagessens –, Freizeitaktivitäten, Hausaufgabenbetreuung, schulische Arbeitsgemeinschaften, Interessengruppen und Neigungskurse umfaßt. Der offene Ganztagsbetrieb umfaßt die Kernzeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr und eine bedarfsgerechte Früh- bzw. Spätbetreuung von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr oder 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Im offenen Ganztagsbetrieb arbeiten Erzieher und Erzieherinnen. Im September 1992 waren außer der Klägerin eine stellvertretende Hortleiterin, acht Erzieherinnen und eine Halbtagskraft im Schulhort der 13. Grundschule tätig. Die “Tätigkeitsmerkmale Hortleiterin 13. Grundschule F…”, aufgestellt von der Klägerin am 16. April 1993, lauten wie folgt:

  • Entwicklung konzeptioneller Vorstellungen für den Hortbereich – sowohl in der gruppenoffenen Hortarbeit Kl. 2 – 4 als auch in der Klassenstufe 1
  • ständige pädagogische – methodische Anleitung der Horterzieher/innen
  • Kontrolle aller Dienstobliegenheiten der Horterzieherinnen
  • Erstellen aller Dienst- und Einsatzpläne im Hortbereich – einschließlich der Planung für den Jahreseinsatz sowie die Planung der Urlaubszeit für alle Horterzieherinnen
  • inhaltliche und organisatorische Planung aller Ferien einschließlich der Ferienfahrten
  • Zusammenarbeit mit Freizeithäusern, Werkstätten, Museen u.ä.
  • Zuarbeit für Dienstbeurteilungen der Horterzieherinnen
  • Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbereich

    • Verwaltung u. Überwachung der Konten für den Hort
    • Einkauf von Ausstattungsgegenständen sowie von Spiel- und Beschäftigungsmaterialien
    • Einholen von Kostenvoranschlägen
  • Zusammenarbeit mit der Hortkostenstelle. Überwachung und Abstimmung über Zu- und Abgänge im Hortbereich
  • Absprachen mit der Schulleiterin über Weiterbildungsangebote, die dem Profil der Schule sowie den Erfordernissen der jeweiligen Kinder in den Gruppen entsprechen

    • Möglichkeiten der Sozialisation, Entwicklung von Kreativität und Begabungen
    • Lernbehinderungen
    • Sprachstörungen
    • Verhaltensauffälligkeiten
    • Umgang mit aggressiven Kindern
  • Teilnahme an Förderausschüssen für Integrationskinder, Schreiben von Berichten, Protokollen
  • Zusammenarbeit mit Institutionen, Stiftungen u.ä., um Spielangebote und das Umfeld für die Hortkinder ständig zu verbessern (Gründung einer Spielplatzkommission mit Elternvertretern – Spielplatzbau wurde realisiert)
  • inhaltliche Vorbereitung und Organisation von Projekten, die über einen längeren Zeitraum gehen, z.B. “Grün macht Schule”
  • sowie Planung und Organisation von ständig wiederkehrenden Projekttagen
  • Planung der Kursangebote entsprechend den Bedürfnissen und Interessen der Kinder
  • Zusammenarbeit mit Elternsprechern aus allen Klassen 1 – 4
  • Zusammenarbeit mit Kitas
  • Führung von Elterngesprächen mit päd./psychologischer Beratung
  • Erarbeitung von Konzepten für Integrationskinder – Zusammenarbeit mit Psychologen und Sonderpädagogen
  • Organisierung von Elternseminaren zu den verschiedensten Themen

    • Zusammenarbeit mit Elternsprechern
    • Bedeutung der Ganztagserziehung für stabile Entwicklung der Kinder
    • Suchtprävention
    • Sexueller Mißbrauch
    • Gewaltvorbeugung
    • Entwicklung sozialer Handlungsfähigkeit
  • ständiges Studium neuester pädagogischer Positionen und Erkenntnisse

    • Prüfung der Möglichkeiten der Erprobung im Hortbereich – im Interesse einer stabilen Entwicklung der Kinder.
  • Anleitung der Kooperationen auf Klassenstufenbasis
  • Übernahme von Gruppen in Notsituationen, um reibungslosen Ablauf zu gewährleisten
  • Überwachung der gesunden Ernährung der Hortkinder

    • Kontrolle des Essens
    • Einflußnahme auf die Qualität des Essens
  • bei schulinternen Fortbildungen – Leitung von Arbeitsgruppen
  • Zeitweilige Übernahme des Schulleitungsdienstes mit allen Pflichten des Hausverwalters während der Ferien

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB Landesverband Berlin (Berliner Verband der Lehrer und Erzieher) ist, erhielt ab 1. Juli 1991 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT-O mit dem Hinweis, sie erfülle die Tatbestandsmerkmale der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 5 in Verb. mit der Protokollnotiz Nr. 8 Buchst. e der Vergütungsgruppen “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” des Teils II Abschn. G der Anl. 1a zum BAT-O. Mit Schreiben vom 4. November 1991 machte sie rückwirkend zum 1. Juli 1991 “Eingruppierung nach BAT IVa” geltend. Das lehnte das beklagte Land mit Schreiben vom 20. Februar 1992 ab.

In dem von den Parteien am 22. Juni 1992 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es u.a.:

“§ 1

Frau S… wird vom 1. Januar 1991 an für eine Beschäftigung als Hortleiterin im Bereich des Bezirksamtes F… von Berlin auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt.

§ 2

Die Angestellte ist vollbeschäftigt.

§ 3

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet begründet sind, Anwendung.

§ 5

  • Bis zum 30. Juni 1991 bestimmen sich Eingruppierung und Vergütung nach den Vorschriften des Einigungsvertrages (Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1) in Verb. mit den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.
  • Ab 1. Juli 1991 ist die Angestellte in der Vergütungsgruppe Vc der Anl. 1a zum BAT-O eingruppiert.

Mit Schreiben vom 3. August 1992 ließ die Klägerin durch ihre Gewerkschaft erneut die “Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IVa/III BAT-O” geltend machen. Das lehnte das beklagte Land mit Schreiben vom 14. August 1992 ab.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 5. April 1993 eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt das Ziel verfolgt, ab 1. Juli 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe IVa BAT-O, ab 1. Dezember 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O zu erhalten, und hat die Verzinsung der Nettodifferenzen verlangt.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie erfülle als Hortleiterin die Voraussetzungen der von ihr geltend gemachten Vergütungsgruppen “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” Teil II Abschn. G der Anl. 1a zum BAT-O. Bei den Horten, die räumlich im Ostteil der Stadt den Grundschulen angegliedert seien, handele es sich nicht um den Freizeitbereich einer Ganztagsschule, sondern um Horte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 4 zu den Vergütungsgruppen “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst”. Sowohl nach dem Schulgesetz als auch nach dem Kindertagesstättengesetz werde zwischen einer Grundschule mit angegliederten Horten und Ganztagsgrundschulen mit eigenem Freizeitbereich unterschieden. Die Klägerin leite jedenfalls einen Hort mit mehr als 180 Kindern, so daß sie nach § 22 BAT-O in die Vergütungsgruppe IVa und nach vierjähriger Bewährung in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert sei. Aus ihrer Aufstellung “Tätigkeitsmerkmale Hortleiterin 13. G.S. F…” vom 16. April 1993 ergebe sich, daß die Klägerin Leitungsfunktionen wie eine im Westen eingesetzte Kindertagesstättenleitung verrichte.

Es handele sich bei dem Schulhort an der Grundschule um eine Tageseinrichtung im Sinne des § 22 Abs. 1 KJHG (SGB VIII). Der Protokollnotiz Nr. 4 sei nicht zu entnehmen, welcher Grad organisatorischer Verselbständigung gegeben sein müsse, ehe von einem Hort gesprochen werden könne; auch die äußere Form, auf die die Tarifvertragsparteien nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts hätten abstellen wollen, werde in der Protokollnotiz Nr. 4 nicht näher erläutert. So sei nach Protokollnotiz Nr. 4 auch eine Kinderbetreuungsstube, die in eine Verwaltungseinheit – größere Behörde, Krankenhaus – integriert sei, Kindertagesstätte im Sinne der Protokollnotiz. Kinderbetreuungsstuben fänden sich, dies folge schon aus dem Sprachgebrauch, in größeren Teileinrichtungen. Es handele sich insoweit um räumlich abgegrenzte Bereiche, in denen Kinder innerhalb einer betrieblichen Einheit in einer “Stube” betreut würden. Die Leiterin einer derartigen Kinderbetreuungsstube sei Leiterin einer Kindertagesstätte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 4. Das Hausrecht über die betriebliche Einheit, in die die Kinderbetreuungsstube integriert sei, stehe nicht bei der Leiterin der Kinderbetreuungsstube, diese sei vielmehr nur für die Betreuungs- und Erziehungsarbeit der Kinderbetreuungsstube zuständig. Ähnliches gelte von Horten, die mit Kindertagesstätten zusammengefaßt seien und denen eine eigene Leiterin vorstehe. Auch hier stellten die Tarifvertragsparteien erkennbar nicht darauf ab, ob der Hort nun eine eigene Verwaltungseinheit darstelle oder ob er etwa mit einer anderen Verwaltungseinheit zusammengefaßt oder in sie integriert sei. Die Anforderungen an die Leitungstätigkeit seien unabhängig von der Organisation gleichwertig. Nicht maßgeblich sei, daß die Leiterin nicht für alle Belange, etwa Einstellung und Entlassung, Hausrecht zuständig sei. Auch die Leiterin einer Kindertagesstätte, die eine selbständige Einrichtung darstelle, sei beispielsweise für die Entlassungen und Einstellungen der Erzieherinnen nicht zuständig. Die Leiterin einer Kinderbetreuungsstube müsse nicht das Hausrecht ausüben können. Die Leitungstätigkeit, die die tariflichen Vorschriften in Verb. mit der Protokollnotiz Nr. 4 ansprächen, bezögen sich auf die Vorgesetztenfunktion der Leiterin hinsichtlich der Erziehungs- und Betreuungsarbeit. Diese Leitungsfunktionen nehme die Klägerin war. Dem Schulleiter der Schule, an der die Klägerin den Schulhort leite, komme eine derartige Vorgesetztenfunktion hinsichtlich der Erzieherinnen und Erzieher im Schulhort nicht zu. Die dem Schulleiter gesetzlich zugewiesenen Aufgaben beinhalteten seine Beratungs- nicht jedoch seine Vorgesetztenfunktion, auch nicht gegenüber Erzieherinnen und Erziehern und der Leiterin des Schulhorts. Der Eingriffsmöglichkeit gemäß § 22 Abs. 3 SchulVerfG Berlin sei auch im Verhältnis zur zuständigen Abteilung des jeweiligen Bezirksamtes in Berlin die Leiterin einer Kindertagesstätte ausgesetzt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, rückwirkend seit dem 1. Juli 1991 an die Klägerin Gehalt nach der Vergütungsgruppe IVa BAT-O und seit dem 1. Dezember 1991 Gehalt nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zu zahlen und ihr den seit dem 1. Juli 1991 aufgelaufenen Nettodifferenzbetrag zwischen den Vergütungsgruppen nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit nachzuzahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin leite keine Kindertagesstätte. Der Hort im Bereich der 13. Grundschule des Bezirks F… sei keine selbständige Einrichtung des Bezirks, sondern der Grundschule zugeordnet. Die Klägerin sei in das System der Schule eingegliedert und müsse sich den schulischen Vorgaben anpassen. Hierin unterscheide sie sich im Bereich ihrer Selbständigkeit erheblich von den Horteinrichtungen, für die die Protokollnotiz Nr. 4 vorgesehen sei. Diese Horteinrichtungen seien gegenüber der jeweiligen Schule völlig selbständig. In den meisten Fällen lägen die Horte nicht einmal auf oder neben dem Schulterritorium. Hieraus folge, daß eine Hortleiterin einer solchen Einrichtung mit einer weitaus größeren Leitungskompetenz ausgestattet sei als eine Hortleiterin, die, wie in der ehemaligen DDR üblich, in eine Schule eingegliedert sei. Die Leitung obliege zwar einer Erzieherin. Die Gesamtverantwortung trage aber die Schulleiterin/der Schulleiter als Leiterin/Leiter der Dienststelle. Die Gleichstellung eines Hortes mit einer Kindertagesstätte in der Protokollnotiz Nr. 4 mache deutlich, daß es sich um eine Einrichtung handeln müsse, bei der ein Ganztagsbetrieb wie an einer Kindertagesstätte stattfinde. In diesem Sinne sei die Klägerin keine Leiterin eines Hortes. Ihre Verantwortung als Leiterin eines offenen Ganztagsbetriebes an einer Schule im Bezirk F… entspreche nicht derjenigen, die bei einer Leiterin einer Kindertagesstätte oder eines gleichgestellten Hortes vorausgesetzt und gefordert werde. Der offene Ganztagsbetrieb an den Grundschulen sei inhaltlich und organisatorisch in den Schulbetrieb eingegliedert.

Was die Tarifvertragsparteien unter Hort verstünden, müsse im Wege der für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätze ermittelt werden. § 22 KJHG (SGB VIII) regele die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege im außerschulischen Bereich. Zuständig für diese außerschulische Kinder- und Jugendhilfe seien Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Diese hätten mit anderen Einrichtungen, die eine gleiche Aufgabenstellung zu verfolgen hätten, zusammenzuarbeiten. Das gelte insbesondere für Schulen und Stellen der Schulverwaltung. Die Regelungen im KJHG stünden der Auslegung der Protokollnotiz Nr. 4 zu den Vergütungsgruppen “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” nicht nur entgegen, sie unterstrichen vielmehr, daß es neben den Einrichtungen, der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe auch noch den schulrechtlichen Bereich des offenen Ganztagsbetriebes oder den Freizeitbereich an der Ganztagsgrundschule gebe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat mit Beschluß vom 13. Juli 1994 – 4 AZN 299/94 – die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, ab 1. Juli 1991 nach Vergütungsgruppe IVa BAT-O und ab 1. Dezember 1991 nach Vergütungsgruppe III BAT-O vergütet zu werden. Infolgedessen stehen ihr auch keine Zinsen aus Nettodifferenzbeträgen zu.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z.B. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Auch der zweite Teil des Antrags der Klägerin verstanden als ein mit der Feststellungsklage verbundener Antrag, die sich aus der Einreihung in die höhere Vergütungsgruppe ergebenden Nachzahlungen zu verzinsen, ist zulässig. Ein Feststellungsantrag ist auch insoweit zulässig als er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (z.B. Senatsurteil vom 9. Februar 1983 – 4 AZR 267/80 – BAGE 41, 358 = AP Nr. 1 zu § 21 MTL II).

II. Die Klage ist aber nicht begründet. Die Tätigkeit der Klägerin als Leiterin des Horts der 13. Grundschule im Bezirk F… zu Berlin entspricht nicht derjenigen eines “Leiters einer Kindertagesstätte”.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Tarifbindung der BAT-O und die Anlage 1a zum BAT-O in der für den Bereich des Bundes und der Länder geltenden Fassung mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).

a) Damit kommt es für die Eingruppierung der Klägerin nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-O darauf an, ob in ihrer Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von der Klägerin in Anspruch genommenen Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVa sowie für einen späteren Zeitraum nach der Vergütungsgruppe III BAT-O erfüllen. Dabei ist von dem in ständiger Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, also von einer unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 69/92 – AP Nr. 164 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

b) Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht haben solche Arbeitsvorgänge gebildet. Das ist jedoch unschädlich, da der Senat die Arbeitsvorgänge selbst bestimmen kann (BAG, aaO, m.w.N.). Die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen durch die Vorinstanzen liegen vor. Danach ist die Tätigkeit der Klägerin als Leiterin des Hortes einer Grundschule in einem der östlichen Stadtbezirke Berlins als ein einziger großer Arbeitsvorgang anzusehen. Als Leiterin des Hortes hat die Klägerin eine Funktion zu erfüllen. Alle Einzelaufgaben dieser Leitungstätigkeit – gleich wie diese tariflich zu bewerten ist – dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis. Sie bilden daher einen einzigen großen Arbeitsvorgang. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zu Leitungstätigkeiten (z.B. Senatsurteil vom 29. April 1992 – 4 AZR 458/91 – AP Nr. 162 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 24. März 1993 – 4 AZR 298/92 – AP Nr. 168 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vgl. Senatsurteil vom 5. April 1995 – 4 AZR 183/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, betreffend “Leitung des Freizeitbereichs einer Ganztagsgrundschule im Westteil Berlins”; vgl. aus der Rechtsprechung der Instanzen Hessisches LAG Urteil vom 7. Januar 1994 – 9 Sa 676/93 – EzBAT §§ 22, 23 BAT F. 2 Erziehungsdienst Vergütungsgruppe III Nr. 1).

2. Die Vergütungsgruppen, über die zwischen den Parteien Streit besteht, lauten in ihren einschlägigen Fallgruppen wie folgt:

Vergütungsgruppe III

  • Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 180 Plätzen nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 2.

    (Hierzu Protokollnotizen Nr. 2 und 4)

Vergütungsgruppe IVa

  • Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 180 Plätzen.

    (Hierzu Protokollnotizen Nr. 2 und 4)

Vergütungsgruppe Vc

  • Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.

    (Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6, 7 und 8)

Protokollnotizen

Nr. 2

Der Ermittlung der Durchschnittsbelegung ist für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen.

Nr. 4

Kindertagesstätten im Sinne des Tätigkeitsmerkmals sind Krippen, Kindergärten, Horte, Kinderbetreuungsstuben, Kinderhäuser und Tageseinrichtungen der örtlichen Kindererholungsfürsorge.

Nr. 8

Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten sind z.B. die

  • fachlichen Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Angestellte mindestens der Vergütungsgruppe VIb,

3. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis und im wesentlichen Teil seiner Begründung darin zu folgen, daß die Tätigkeit der Klägerin als “Leiterin des Schulhortes einer Grundschule” in einem der östlichen Stadtbezirke Berlins nicht als die eines “Leiters einer Kindertagesstätte” im Sinne der genannten Eingruppierungsmerkmale anzusehen ist.

Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, die Tarifvertragsparteien hätten mit ihrer nach der Fassung der Protokollnotiz Nr. 4 abschließenden Aufzählung erkennbar nur solche Einrichtungen erfassen wollen, die innerhalb der zuständigen Verwaltung organisatorisch verselbständigt seien, nicht hingegen auch in größere organisatorische Einheiten integrierte Teileinrichtungen. Anderenfalls wäre zu erwarten gewesen, daß sie in Kenntnis der verschiedenen Erscheinungsformen ganztägiger Kinderbetreuung auf diese Aufgaben als solche und nicht auf die äußere Form ihrer Erfüllung abgestellt hätten. Dies gelte um so mehr als es sich bei sogenannten Schulhorten, wie der Freizeitbereich einer Ganztagsgrundschule auch genannt werde, um kein neues Phänomen handele, sondern beim Inkrafttreten der tariflichen Vorschriften über die Eingruppierung der im Sozial- und Erziehungsdienst tätigen Angestellten am 1. Januar 1991 nicht zuletzt wegen der insoweit bereits geführten Eingruppierungsprozesse seit langem bekannt gewesen sein müsse. Es liege auch durchaus in der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien, an äußere Gegebenheiten anzuknüpfen, die typischerweise zusätzliche Aufgaben und Verantwortung mit sich brächten. Daß im Freizeitbereich einer Ganztagsgrundschule weitgehend dieselben Betreuungs- und Erziehungsaufgaben anfielen wie in einem selbständig geführten Hort, genüge für die tarifliche Eingruppierung ebenso wenig wie die damit verbundenen vergleichbaren Anforderungen an die Leitungstätigkeit in diesem Bereich, weil die Letztverantwortlichkeit für die Gesamteinrichtung bei deren Leiter, dem Schulleiter liege. Angesichts dessen könne die Klägerin nicht als Leiterin einer Kindertagesstätte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 4 des Abschn. G Teil II der Anl. 1a zum BAT-O angesehen werden. Sie leite nämlich den offenen Ganztagsbetrieb an einer Schule. Die enge inhaltliche und organisatorische Verknüpfung des offenen Ganztagsbetriebs mit dem weiteren Schulbetrieb sowie die Unterstellung der leitenden Erzieherin unter die Schulleiterin bildeten eine wesentliche Gemeinsamkeit mit den Ganztagsgrundschulen der westlichen Bezirke und zugleich einen prinzipiellen Unterschied gegenüber den Horten im Sinne der Protokollnotiz. Insoweit ergebe sich die Gleichbehandlung von Leiterinnen/Leitern der Freizeitbereiche der Ganztagsgrundschulen der westlichen Bezirke und des offenen Ganztagsbetriebs an Grundschulen der östlichen Bezirke. Mit der Bezeichnung “offener Ganztagsbetrieb” werde deutlich gemacht, daß ein konzeptioneller Unterschied gegenüber den von der Jugendverwaltung geführten Horten bestehe und damit diese Form der Betreuung als eine an die Schule gebundene und eine in der Schule stattfindende Veranstaltung charakterisiert werde. Insoweit könne weder von einer bewußten noch von einer planwidrigen Regelungslücke in den maßgeblichen tarifvertraglichen Eingruppierungsnormen gesprochen werden. Selbst wenn eine planwidrige Regelungslücke vorliege, die möglicherweise erst nachträglich durch die Wiedervereinigung Deutschlands entstanden sei, sei die Lückenergänzung dem Gericht deshalb versagt, weil verschiedene tarifvertragliche Regelungen denkbar seien und damit ein mutmaßlicher Wille der Tarifvertragsparteien nicht festgestellt werden könne. Die unterschiedlichen Strukturen eines in den Schulbetrieb integrierten Hortes könnten durchaus auch tarifvertragliche Eingruppierungen rechtfertigen, die voneinander abwichen.

4. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Prüfung Stand. Dem Landesarbeitsgericht ist darin beizupflichten, daß die Leitung eines Schulhortes einer Grundschule in einem der östlichen Stadtbezirke Berlins durch die Klägerin nicht als “Leitung einer Kindertagesstätte” im Sinne der Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1, IVa Fallgruppe 2 des Teils II Abschn. G der Anl. 1a zum BAT-O anzusehen ist, denn die Leitung des Schulhortes einer Grundschule in einem der östlichen Stadtbezirke Berlins liegt ebenso wie diejenige des unterrichtlichen Bereichs beim Schulleiter.

a) Leiter ist jemand, der etwas leitet (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Neuausgabe 1986, S. 829), der die Leitung hat. Unter Leitung ist in der Verwaltungssprache die Verbindung von Aufgaben der Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle zu verstehen (Eichhorn, Verwaltungslexikon, 2. Aufl., S. 525), also die organisatorische Gesamtzuständigkeit für die übertragene Aufgabe. Als Eingruppierungsmerkmal des BAT ist nach der Rechtsprechung des Senats für den Begriff des “Leiters” weiter erforderlich, daß dieser für eine Einrichtung, einen Teil derselben oder einen abgrenzbaren Aufgabenbereich die Verantwortung trägt (Urteil vom 23. Mai 1973 – 4 AZR 349/72 – AP Nr. 69 zu §§ 22, 23 BAT; Urteil vom 16. April 1975 – 4 AZR 294/74 – AP Nr. 86 zu §§ 22, 23 BAT; bestätigt durch Senatsurteil vom 5. April 1995 – 4 AZR 183/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Leiter einer Kindertagesstätte ist demnach derjenige, der für diese, ob es sich nun um eine selbständige Einrichtung handelt oder um eine in eine größere organisatorische Einheit integrierte Teileinrichtung, die Verantwortung trägt (Senatsurteil vom 5. April 1995 – 4 AZR 183/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 5a der Gründe).

b) Die Klägerin trägt vor, die Betreuung in dem Freizeitbereich sei organisatorisch gegenüber den übrigen Aufgaben der Ganztagsgrundschule abgegrenzt, dies gelte auch hinsichtlich der Leitungsfunktion, die die Klägerin als Leiterin des Schulhortes wahrnehme. Sie geht also bei einer Ganztagsgrundschule von einem nebeneinander zweier für separate Bereiche allein verantwortlicher Leitungsträger aus. Dies findet in den einschlägigen Bestimmungen keine Stütze.

aa) Nach § 20 der “Verordnung über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen – Schulordnung -” vom 29. November 1979 (GBl DDR S. 433 ff., 438) war die Hauptaufgabe des Leiters des Schulhortes, auf Grundlage des Arbeitsplanes der Schule den Einsatz der im Schulhort tätigen Lehrer und Erzieher zu planen, ihre Arbeit anzuleiten und zu kontrollieren. Der Hortleiter war verpflichtet zu hospitieren, den pädagogisch-methodischen Erfahrungsaustausch zwischen den Erziehern und den Klassenleitern zu fördern sowie die erforderlichen organisatorischen Bedingungen für ein hohes Niveau der erzieherischen Arbeit in den Gruppen zu gewährleisten. Der Hortleiter war dem Direktor unterstellt und rechenschaftspflichtig. Im Rahmen seiner Aufgaben war er gegenüber den im Schulhort tätigen Lehrern und Erziehern weisungsberechtigt. Das wurde durch die “Anweisung zu den Aufgaben und zur Gestaltung der pädagogischen Arbeit in den Schulhorten” vom 5. Februar 1982 (VuM S. 44 ff.) präzisiert. In § 2 Abs. 1 dieser Anweisung heißt es, daß die pädagogische Arbeit im Schulhort im Auftrage des Direktors vom Leiter des Schulhortes geführt wird. An diesen Grundstrukturen hat sich nach der Wende jedenfalls im Land Berlin nichts wesentliches geändert.

bb) Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes über die Schulverfassung für die Schulen des Landes Berlin (Schulverfassungsgesetz – SchulVerfG) vom 11. Juli 1974 (GVBl S. 1537) in der Fassung vom 5. Februar 1979 (GVBl S. 398), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Januar 1993 – GVBl S. 40 – leitet der Schulleiter die Schule auf kollegialer Grundlage nach den geltenden Vorschriften, den Anordnungen der zuständigen Behörde sowie den Beschlüssen der Gesamtkonferenz und der Schulkonferenz; er vertritt in diesem Rahmen die Schule gegenüber der Öffentlichkeit, den Behörden und den Eltern. Nach § 22 Abs. 2 SchulVerFG ist es die pädagogische Aufgabe des Schulleiters, u.a. auch auf die Verbesserung der Erziehungsarbeit hinzuwirken. Er ist verpflichtet, sich auch über die Erziehungsarbeit an der Schule zu informieren, und berechtigt, die Sozialpädagogen und Erzieher zu beraten. Nach § 22 Abs. 3 SchulVerfG soll er in die Erziehungsarbeit allerdings nur im Benehmen mit der entsprechenden Fachkonferenz und nur dann eingreifen, wenn es zur rechtmäßigen oder sachgerechten Durchführung der Erziehung geboten ist. Im Rahmen seiner Verwaltungsaufgaben ist der Schulleiter nach § 22 Abs. 4 SchulVerfG nicht nur gegenüber den an der Schule tätigen Lehrern, sondern auch gegenüber den schulischen Mitarbeitern weisungsberechtigt. Schulische Mitarbeiter im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 3 Abs. 2 SchulVerfG alle an der Schule tätigen Dienstkräfte außer den Lehrern und den Leitern der Vorklassen, also insbesondere auch die im Freizeitbereich tätigen Erzieher. Die Verantwortung für die Durchführung der Bildungs- und Erziehungsarbeit trägt demnach für die gesamte Schule und damit auch für den ihr organisatorisch eingegliederten Freizeitbereich einer Ganztagsschule der Schulleiter. Er ist Vorgesetzter aller an der Schule tätigen Personen. Ihm obliegt neben der Verantwortung für die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Aufgabenkreis der äußeren Verwaltung: Dazu gehört vor allem die Sorge für Pflege, Reinigung, Betriebs-, Feuer- und Verkehrssicherheit des Schulgrundstücks, Schulgebäudes und Schulinventars, die Dienstaufsicht über das Hilfspersonal der Schule, die Bewirtschaftung der der Schule zur Verfügung stehenden Mittel, Anmeldung des finanziellen Bedarfs beim Schulträger, Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte, Bücherlisten etc., des Schriftverkehrs mit Schulträger, Schulaufsichtsbehörde, Eltern, Publikum und sonstigen Dienststellen. Er nimmt das Hausrecht wahr und vertritt die Schule nach außen (Heckel/Avenarius, Schulrechtskunde, 6. Aufl., S. 77 f., 128 f.). Diesen Aufgaben obliegen ihm nach dem Schulverfassungsgesetz bei Grundschulen mit Ganztagsbetrieb auch für den Freizeitbereich, denn für diese gilt hinsichtlich der Schulleitung keine § 22 SchulVerfG abbedingende oder ändernde Sonderregelung.

Das hat der Senat in seinem Urteil vom 5. April 1995 – 4 AZR 183/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zur Leitung des Freizeitbereiches an einer Ganztagsschule im Westteil Berlin ausgeführt. Daran hält er fest. Für den Schulhort einer Grundschule im Ostteil der Stadt Berlin gilt nichts anderes. Die genannten Aufgaben obliegen dem Schulleiter auch für den Schulhort einer Grundschule im Ostteil Berlins. Auch insoweit gilt hinsichtlich der Schulleitung keine § 22 SchulVerfG abbedingende oder ändernde Sonderregelung. Das zeigen auch die “Tätigkeitsmerkmale Hortleiterin 13. G.S. F…” der Klägerin. Denn dort ist u.a. die “zeitweilige Übernahme des Schulleitungsdienstes mit allen Pflichten des Hausverwalters während der Ferien” angeführt.

cc) Die Revision verweist zu Unrecht auf § 22 Abs. 1, 2 KJHG (SGB VIII).

Diese Bestimmungen lauten:

Grundsätze der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen

  • In Kindergärten, Horten und anderen Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztags aufhalten (Tageseinrichtungen), soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden.
  • Die Aufgabe umfaßt die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes. Das Leistungsangebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren.

Mit dem Hinweis auf diese Vorschriften ist nichts dafür gewonnen, was die Tarifvertragsparteien unter “Hort” = “Kindertagesstätte” verstehen. Horte sind Einrichtungen für schulpflichtige Kinder (Hauck/Grube, SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, Stand August 1995, K § 22 Rz 31; Colberg-Schrader in: Wiesner/Zarbock, Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), S. 151, 163 f.; Ledig, NDV 1992, 370). Horte sind aber insbesondere von schulischen Angeboten, die tendenziell dieselbe Zielsetzung wie Horte haben können, abzugrenzen (Hauck/Grube, aaO, m.w.N. in Fußnote 45). Ganztagsschulen sind als schulische Einrichtungen anzusehen, auch wenn sie in den Nachmittagsstunden vorwiegend Betreuung und sozialpädagogische Erziehung – statt Bildung – anbieten (Hauck/Grube, aaO). Im übrigen weist das beklagte Land zutreffend darauf hin, daß § 22 KJHG die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege im außerschulischen Bereich regelt. Für diese außerschulische Kinder- und Jugendhilfe sind die in §§ 69 ff. KJHG genannten Träger der Jugendhilfe zuständig. Diese haben mit anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, die eine gleiche Aufgabenstellung zu verfolgen haben. § 81 Nr. 1 KJHG sieht ausdrücklich vor, daß die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien auswirkt, insbesondere mit Schulen und Stellen der Schulverwaltung zusammenzuarbeiten haben. Die Regelungen im KJHG unterstreichen lediglich, daß es neben den Einrichtungen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe auch noch den schulrechtlichen Bereich des offenen Ganztagsbetriebes oder den Freizeitbereich an der Ganztagsgrundschule gibt.

dd) Soweit die Revision ausführt, auch eine Kinderbetreuungsstube, die in eine Verwaltungseinheit – größere Behörde, Krankenhaus – integriert sei, sei Kindertagesstätte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 4, so ist das eine unrichtige Rechtsansicht. Eine Kinderbetreuungsstube ist nicht stets unselbständig, wie die Revision meint, sie kann auch selbständig sein. Aus dem Wortteil “Stube” folgt nicht, daß diese Einrichtung stets Teil einer größeren Einheit sein muß und von daher stets eine Kindertagesstätte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 4 ist und damit eine Kindertagesstätte im Sinne der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Fallgruppe der Vergütungsgruppe IVa und III BAT-O gegeben sein muß. Der Wortteil “Stube” kann auch eine selbständige Einrichtung oder eine in eine größere organisatorische Einheit integrierte Teileinrichtung bezeichnen, etwa die Nähstube der Nachkriegszeit der Wohlfahrtsverbände.

ee) Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, ähnliches gelte von Horten, die mit Kindertagesstätten zusammengefaßt seien und denen eine eigene Leiterin vorstehe, auch hier stellten die Tarifvertragsparteien erkennbar nicht darauf ab, ob der Hort nun eine eigene Verwaltungseinheit darstelle oder ob er etwa mit einer anderen Verwaltungseinheit zusammengefaßt sei oder in sie integriert sei. Das würde darauf hinauslaufen, daß die Leiter von Krippen, Kindergärten, Horten für schulpflichtige Kinder in der Regel bis zu zehn Jahren, ja sogar Leiter von Gruppen und Einrichtungen für behinderte Kinder, die im Sinne des § 1 Abs. 2 Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetz – KTKBG vom 12. März 1987 (Berliner GVBl S. 582) mit späteren Änderungen zu einer Kindertagesstätte gehören, je nach Durchschnittsbelegung in die jeweilige Fallgruppe für Leiter der Vergütungsgruppen Vc, Vb, IVb, IVa eingruppiert wären. Daß das nicht richtig sein kann, ergibt schon der Wortlaut der Protokollnotiz Nr. 4, der die Kindertagesstätte im Sinne der Fallgruppen von Leitern für Kindertagesstätten definiert und gerade nicht davon ausgeht, daß eine Kindertagesstätte aus Krippen, Kindergärten, Horten, Kinderbetreuungsstuben usw. besteht, sondern diese Einrichtungen selbständig sind und ihrerseits dann eben eine Kindertagesstätte im Sinne der Fallgruppen ausmachen.

ff) Die Revision meint, die Anforderungen an die Leitungstätigkeit seien unabhängig von der Organisation der Kindertagesstätten gleichwertig. Nicht maßgeblich sei, daß die Leitung nicht für alle Belange, etwa Einstellung und Entlassung, Hausrecht zuständig sei. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Tarifvertragsparteien ersichtlich die Leitungstätigkeit bei unselbständigen Einrichtungen nicht als gleichwertig angesehen haben, sondern allenfalls als vergleichbar; die bestehenden Unterschiede bei selbständigen Einrichtungen oder bei in eine größere organisatorische Einheit integrierten Teileinrichtungen die Tarifvertragsparteien aber veranlaßt haben, für Leiter von solchen Einrichtungen besondere Vergütungsgruppen zu bilden. Selbst wenn die Darstellung der Klägerin zutrifft, auch die Leiterin einer Kindertagesstätte, die eine selbständige Einrichtung darstelle, sei beispielsweise für Entlassungen und Einstellungen der Erzieherinnen nicht zuständig, die Leiterin einer Kinderbetreuungsstube müsse nicht das Hausrecht ausüben können, bleibt der Vortrag der Klägerin, die Leitungstätigkeit, die die tariflichen Vorschriften in Verb. mit der Protokollnotiz Nr. 4 ansprächen, bezögen sich auf die Vorgesetztenfunktion der Leiterin hinsichtlich der Erziehungs- und Betreuungsarbeit, eine unzutreffende Rechtsansicht. Die Klägerin behauptet zwar, insbesondere aus der Aufstellung über die Tätigkeitsmerkmale der Klägerin als Hortleiterin vom 16. April 1993 ergebe sich, daß die Klägerin eindeutig Leitungsfunktionen wie eine im Westen eingesetzte Kindertagesstättenleitung verrichte. Diese Behauptung ist unsubstantiiert. Es fehlt die Darstellung der Tätigkeit einer Leiterin einer Kindertagesstätte im Westteil Berlins und der Vergleich zu ihrer Leitungstätigkeit, der ergeben soll, daß diese Leitungstätigkeiten tatsächlich im wesentlichen identisch sind.

c) Da die Tätigkeit der Klägerin dem Tatbestandsmerkmal des “Leiters einer Kindertagesstätte” nicht entspricht, ist sie weder in das Eingruppierungsmerkmal der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 2 noch in dasjenige der Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1 BAT-O eingruppiert.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bott, Friedrich, Hecker, Grätz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI872274

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