Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug

 

Leitsatz (redaktionell)

Annahmeverzug und Arbeitsunwilligkeit vor unwirksamer Kündigung

 

Normenkette

BGB §§ 293, 296, 615

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 23.02.1994; Aktenzeichen 5 Sa 105/93)

ArbG Hamburg (Urteil vom 21.09.1993; Aktenzeichen 25 a Ca 207/92)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. Februar 1994 – 5 Sa 105/93 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. September 1993 – 25 a Ca 207/92 – abgeändert.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 21.175,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Mai 1992 auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 3. Dezember 1990 bei den Beklagten, die eine Sozietät als Steuerberater betrieben, aufgrund eines Vertrages vom 1. Dezember 1990 mit Sekretariatsarbeiten betraut. Die Sozietät zwischen den Beklagten wurde laut Vertrag vom 14. Mai 1991 zum 1. April 1991 aufgelöst.

Am 6. März 1991 schickte der Beklagte zu 1) die Klägerin unter Hinweis darauf, daß keine Arbeit mehr für sie vorhanden sei, nach Hause. Daraufhin bot die Klägerin mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 8. März 1991 den Beklagten ihre Arbeitskraft bis zum 30. September 1991 an. Da sie die Erklärung vom 6. März 1991 als Kündigung des Arbeitsvertrages angesehen hatte, erhob sie Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az.: 25 a Ca 97/91).

Mit Telefax ihres Prozeßbevollmächtigten vom 18. März 1991 erklärten die Beklagten der Klägerin die fristgerechte Kündigung zum 30. September 1991 und wiesen darauf hin, die Klägerin sei verpflichtet, bis zu diesem Zeitpunkt zu arbeiten; zugleich boten sie der Klägerin den Abschluß eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung von 1.000,– DM an. Für den Fall, daß die Klägerin mit dem Vergleichsvorschlag nicht einverstanden sein sollte, forderten sie sie auf, umgehend ihre Beschäftigung wieder aufzunehmen. Die Klägerin bot mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 21. März 1991 ihre Arbeitskraft an und forderte bei einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses einen Betrag von 10.000,– DM. Zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses kam es in der Folgezeit nicht. Die Parteien streiten vielmehr darum, ob die Klägerin in der Folgezeit ihre Arbeit den Beklagten angeboten hat. Jedenfalls forderten die Beklagten die Klägerin mit anwaltlichen Schreiben vom 22. März, 3. April, 5. April und 15. April 1991 auf, die Arbeit aufzunehmen. Die letztmalige Aufforderung laut Schreiben vom 15. April 1991 ging an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, der das Schreiben am 16. April 1991 an die Klägerin weiterleitete, die es sodann am 17. April 1991 erhielt. Bereits mit Schreiben vom 16. April 1991 kündigte der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 1) auftragsgemäß das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos. Gegen diese Kündigung wandte sich die Klägerin mit Klageschriftsatz vom 18. April 1991 in dem beim Arbeitsgericht anhängig gewesenen Verfahren – 25 a Ca 97/91 –. Die Klage wegen der angeblichen Kündigung vom 6. März 1991 erklärte die Klägerin für erledigt und ließ die Kündigung vom 18. März 1991 zum 30. September 1991 gegen sich gelten. Das Arbeitsgericht stellte in dem erwähnten Verfahren mit Urteil vom 9. Januar 1992 fest, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16. April 1991 nicht beendet worden sei, sondern bis zum 30. September 1991 fortbestanden habe; dieses beiden Beklagten am 8. März 1992 zugestellte Urteil ist rechtskräftig geworden. Die Entscheidung wird im wesentlichen damit begründet, mit der letzten Aufforderung zur Arbeitsaufnahme laut Schreiben vom 15. April 1991 hätten die Beklagten zu erkennen gegeben, daß sie die außerordentliche Kündigung auf das davor liegende Verhalten der Klägerin nicht stützen wollten; indessen hätten sie der Klägerin mit dem Schreiben vom 15. April 1991, das ihr erst am 17. April 1991 zugegangen sei, keine Gelegenheit gegeben, ihr Verhalten entsprechend einzurichten. Deshalb sei die außerordentliche Kündigung verfrüht und demnach unwirksam.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten Arbeitsentgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 16. April bis 30. September 1991 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 21.175,– DM brutto. Dazu hat sie vorgetragen, sie habe ihre Arbeitskraft u.a. am 25., 26., 27. und 28. März 1991 ordnungsgemäß angeboten, wobei sie jeweils sechs Stunden am Arbeitsplatz erschienen sei und gearbeitet habe. Nach Ausspruch der Kündigung vom 16. April 1991 habe es eines erneuten Angebotes der Arbeitskraft nicht mehr bedurft. Davon abgesehen sei in der Erhebung der Kündigungsschutzklage ein erneutes Angebot zu sehen. Die Beklagten hätten nach Ausspruch der Kündigung ihr einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zuweisen müssen. Die Arbeitsaufforderungen der Beklagten seien offensichtlich nicht ernst gemeint gewesen, was sich schon an den viel zu kurz gesetzten Fristen zeige. Den Beklagten sei es nur darum gegangen, einen Kündigungsgrund zu konstruieren. Selbst wenn aber von mangelnder Leistungsbereitschaft vor Ausspruch der Kündigung ausgegangen werde, so sei mit der außerordentlichen Kündigung eine Zäsur gesetzt worden, die die Beklagten gegen sich gelten lassen müßten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie DM 21.175,– brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (25. Mai 1992) zu zahlen.

Die Beklagten haben sich mit ihrem Klageabweisungsantrag darauf berufen, die Klägerin habe durch ihr Verhalten in der Zeit vom 28. März bis zum Ausspruch der Kündigung am 16. April 1991 bekundet, nicht leistungswillig zu sein. Es sei deshalb Sache der Klägerin gewesen, den Gesinnungswandel ausdrücklich anzuzeigen. Durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage werde die gesonderte Anzeige der Leistungswilligkeit nicht ersetzt. Bei Zweifeln an der Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers sei der Arbeitgeber nicht gehalten, einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Der Beklagte zu 2) hat darüberhinaus seine Passivlegitimation bestritten: Der Beklagte zu 1) führe seit dem 1. April 1991 die Sozietät allein weiter, sodaß er, der Beklagte zu 2), mit der außerordentlichen Kündigung vom 16. April 1991 nichts zu tun habe. Sein Ausscheiden aus der Praxis sei der Klägerin auch bekannt gewesen, zumal er sich von ihr am Gründonnerstag, dem 28. März 1991, in der Praxis verabschiedet habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist – trotz Säumnis des Beklagten zu 2) vor dem Landesarbeitsgericht – erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus Annahmeverzug (§§ 615, 293 f. BGB) zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine entgegenstehende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Zwar sei auch der Beklagte zu 2) aufgrund der rechtskräftigen Feststellung im Vorprozeß (– 25 a Ca 97/91 – Arbeitsgericht Hamburg) passiv legitimiert. Jedoch seien die Beklagten nicht in Annahmeverzug geraten, weil die Klägerin ihnen nicht mitgeteilt habe, daß sie entgegen ihrem Verhalten vor Ausspruch der Kündigung vom 16. April 1991 nunmehr arbeitswillig sei. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten zumindest seit dem 28. März 1991 eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie nicht leistungswillig gewesen sei. Trotz mehrfacher Arbeitsaufforderung sei sie, ohne hierfür Hinderungsgründe vorzutragen, nicht mehr zur Arbeit erschienen. Ihre Behauptung, sie sei aufgrund der Auflösungsverhandlungen davon ausgegangen, daß ihre Arbeitskraft unerwünscht sei, sei unsubstantiiert und stehe im Widerspruch zu den Aufforderungen der Beklagten. Bei dieser Sachlage dürfe der Arbeitgeber davon ausgehen, daß die vor Ausspruch der Kündigung bestehende Arbeitsunwilligkeit bis zu einer entgegenstehenden Anzeige fortbestehe.

II. Dem folgt der Senat nicht. Die Revision rügt zu Recht eine fehlerhafte Anwendung des § 296 BGB und eine Nichtbeachtung der neueren Rechtsprechung des BAG zum Annahmeverzug des Arbeitgebers nach Ausspruch einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung. Dabei braucht auf die formelle Rüge der Klägerin, sie sei am 25., 26., 27. und 28. März 1991 am Arbeitsplatz erschienen und das Landesarbeitsgericht habe diesen Vortrag und das entsprechende Beweisangebot ignoriert, nicht mehr näher eingegangen zu werden.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht Annahmeverzug der Beklagten (§§ 296, 615 BGB) verneint. Dabei ist es allerdings im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, der Arbeitgeber gerate im Falle einer unwirksamen Kündigung in der Regel in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nicht aufgefordert habe, die Arbeit wieder aufzunehmen, ihm also keinen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stelle (BAG Urteil vom 9. August 1984 – 2 AZR 374/83BAGE 46, 234 = AP Nr. 34 zu § 615 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat auch die weitere Senatsrechtsprechung beachtet, wonach der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigung selbst dann in Annahmeverzug gerät, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit der Erhebung der Kündigungsschutzklage und nachfolgend arbeitsunfähig und damit nicht leistungsfähig ist, falls der Arbeitgeber ihm für den Fall des Wiedereintritts der Leistungsfähigkeit nicht einen Arbeitsplatz anbietet (BAG Urteile vom 19. April 1990 – 2 AZR 591/89 – AP Nr. 45, a.a.O.; vom 24. Oktober 1991 – 2 AZR 112/91 – AP Nr. 50, a.a.O.; vom 21. Januar 1993 – 2 AZR 309/92 – AP Nr. 53, a.a.O.). Es hat jedoch gemeint, diese Rechtsprechung auf den Fall der Leistungsunwilligkeit des Arbeitnehmers vor Ausspruch der später für unwirksam erklärten Kündigung nicht übertragen zu können.

Dabei wird von den Vorinstanzen schon nicht genügend berücksichtigt, daß bereits der Ausgangsrechtsprechung vom 9. August 1984 (– 2 AZR 374/83BAGE 46, 234 = AP Nr. 34, a.a.O.) ein Fall zugrundelag, in dem der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der unwirksamen fristlosen Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war, so daß demzufolge das Bundesarbeitsgericht in dieser früheren Rechtsprechung davon ausging, infolge der Arbeitsunfähigkeit sei der Arbeitgeber wegen § 297 BGB nicht in Annahmeverzug geraten; vielmehr müsse der Arbeitnehmer nach seiner Gesundung den Arbeitgeber auffordern, ihm Arbeit zuzuweisen, da der Arbeitgeber nicht erkennen könne, ob und von welchem Zeitpunkt an der Arbeitnehmer leistungsbereit und -willig sei. In § 297 BGB wird indessen darauf abgestellt, daß der Gläubiger nur dann nicht in Verzug gerät, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebotes oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Von einem derartigen Unvermögen des Schuldners wäre, z.B. im Falle der Krankheit, der Ortsabwesenheit oder der Inhaftierung des Arbeitnehmers auszugehen (Staudinger/Löwisch, BGB, 12. Aufl., § 297 Rz 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 53. Aufl., § 297 Rz 1; Soergel/Wiedemann, BGB, § 297 Rz 4).

Ein derartiger Fall des Unvermögens liegt hier jedoch nicht vor. Für den Fall des § 296 BGB ist die Bereitschaft zur sofortigen Leistung nicht erforderlich; vielmehr genügt es, wenn geleistet werden kann, sobald der Gläubiger zur Annahme oder sonstigen Mitwirkung gem. § 296 BGB bereit ist. Der Normzweck bestand gerade darin, daß nicht der Schuldner seine Leistungsbereitschaft zu beweisen hat, sondern der Gläubiger dartun muß, daß der Schuldner ungeachtet seines Angebots zur Leistung nicht imstande sei (Soergel/Wiedemann, a.a.O., § 297 Rz 1). Eine solche Möglichkeit zur Leistung hätte vorliegend bestanden, wenn die Beklagten der Klägerin nur ausreichend Gelegenheit gegeben hätten, auf ihre letztmalige Aufforderung vom 15. April 1991 einzugehen. Dies war jedoch unmöglich, nachdem die Klägerin das Schreiben vom 15. April 1991 trotz unverzüglicher Weiterleitung durch ihren Prozeßbevollmächtigten erst am 17. April 1991 erhalten hat, also zu einem Zeitpunkt, als gleichzeitig bereits die außerordentliche Kündigung der Beklagten dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zuging. Mag auch die Klägerin in der Zeit nach dem 28. März 1991 – an diesem Tag hat sie nach der Darstellung des Beklagten zu 2) noch für ihn gearbeitet, was auch der Beklagte zu 1) gegen sich gelten lassen müßte (arg. aus § 424 BGB) – zunächst nicht leistungswillig gewesen sein, so stand damit zur Zeit der Kündigung gerade nicht definitiv die Leistungsunwilligkeit der Klägerin fest, so daß schon der Prämisse des Landesarbeitsgerichts nicht zugestimmt werden kann, die Klägerin habe durch ihr Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie nicht leistungswillig sei. Der verfrühte Ausspruch der Kündigung seitens der Beklagten hat deshalb nicht nur zu Recht zu der vom Arbeitsgericht Hamburg getroffenen Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund des Urteils vom 9. Januar 1992 (– 25 a Ca 97/91 –) geführt, sondern folgerichtig muß auch davon ausgegangen werden, daß die Beklagten seit dem Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung sich gem. §§ 296, 615 BGB im Annahmeverzug befanden, da sie ihrer Mitwirkungsverpflichtung bei der Zuweisung von Arbeit an die Klägerin nicht nachgekommen sind. Ob in anderen Fällen einer wirklich definitiv feststehenden Leistungsunwilligkeit vor Ausspruch einer (unwirksamen) Kündigung Annahmeverzug ebenfalls zu bejahen wäre, braucht vorliegend nicht erörtert zu werden.

Insofern ergibt sich auch nichts anderes aus der bekannten Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 26. April 1956 (– GS 1/56 – BAGE 3, 66 = AP Nr. 5 zu § 9 MuSchG). Denn im Unterschied zum vorliegenden Fall war seinerzeit dem Arbeitgeber nach unwirksamer Kündigung (wegen Verstoß gegen das Kündigungsverbot des § 9 MuSchG) die Annahme der Dienstleistung unzumutbar, weil die schwangere Arbeitnehmer in bei erneutem Arbeitsangebot nach der (unwirksamen) Kündigung die Ehefrau des Arbeitgebers in häßlicher und gemeiner Weise beschimpfte, vor dem Laden aufgestellte Blumentöpfe zerstörte und unter Gebrauch von Droh- und Schimpfworten an das Schaufenster trommelte. Der Große Senat hat nur bei einem derartigen ungewöhnlich schweren rechtswidrigen Verstoß der Arbeitnehmerin nicht nur gegen ihre Vertrags-, sondern auch die allgemeinen Verhaltenspflichten den Annahmeverzug des Arbeitgebers verneint (ebenso auch Senatsurteil vom 29. Oktober 1987 – 2 AZR 144/87 – AP Nr. 42, a.a.O., mit Anm. Konzen/Weber). Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Konzen/Weber haben in der genannten Anmerkung zutreffend darauf hingewiesen, daß die Problematik des Annahmeverzuges nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung für die vorliegende Fallkonstellation eines vertragswidrigen Verhaltens vor Ausspruch der Kündigung darin liege, dem Arbeitgeber trotz Unwirksamkeit der Kündigung nicht doch noch einen nachträglichen Erfolg durch Aberkennung des Verzugsanspruchs zu bescheren.

2. Was der Senat sogar im Falle des Unvermögens (Krankheit) entschieden hat (zuletzt im Urteil vom 24. November 1994 – 2 AZR 179/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen), nämlich daß die Verzugs folgen nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung unabhängig davon eintreten, ob der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer seine wiedergewonnene Arbeitsfähigkeit dem Arbeitgeber anzeigt, muß im übrigen um so mehr gelten, wenn ein Unvermögen im Sinne des § 297 BGB gar nicht vorlag. Auch für den vorliegenden Fall gilt, was der Senat (a.a.O. zu II 2 c der Gründe) ausgeführt hat, nämlich daß der Arbeitgeber bei Festhalten an der Kündigung von sich aus den Arbeitnehmer zur Aufnahme der Arbeit anhalten muß, will er sich nicht von vornherein berechtigten Verzugslohnansprüchen aussetzen. Die Beklagten haben es wegen der verfrüht ausgesprochenen Kündigung selbst zu vertreten, daß die Klägerin – ob sie nun zur Zeit der Kündigung tatsächlich arbeitswillig war oder nicht – die Arbeit nicht wieder aufgenommen hat. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob, worauf die Revision hinweist, in der Erhebung der Kündigungsschutzklage außerdem noch ein zusätzliches wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB seitens des Arbeitnehmers zu sehen ist (vgl. BAG Urteile vom 10. April 1963 – 4 AZR 95/62BAGE 14, 156 = AP Nr. 23, a.a.O. und vom 26. August 1971 – 2 AZR 301/70 – AP Nr. 26, a.a.O.), so daß es eventuell auch deshalb Sache der Beklagten gewesen wäre, spätestens auf dieses Angebot hin der Klägerin Arbeit zuzuweisen, um damit die evtl. mit der Klage dokumentierte Arbeitswilligkeit zu testen.

3. Für den Anspruch aus § 615 BGB haften die Beklagten aufgrund ihrer Tätigkeit in der gemeinsam betriebenen Steuerberatersozietät als Gesamtschuldner in Rahmen einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, §§ 705 f., 421 BGB (BGH Urteil vom 17. Oktober 1989 – XI ZR 158/88 –, NJW 1990, 827, 828; ebenso für Steuerberater Gräfe/Lenzen/Rainer, Steuerberaterhaftung, 2. Aufl., Rz 38; für Rechtsanwaltssozietät BGH Urteil vom 4. Februar 1988 – IX ZR 20/87 – NJW 1988, 1973; BGH Urteil vom 25. Juni 1992 – I ZR 120/90 –, NJW 1992, 3037). Auch gegenüber dem Beklagten zu 2) ist – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 9. Januar 1992 in dem Rechtsstreit – 25 a Ca 97/91 – rechtskräftig festgestellt worden, daß ein Arbeitsverhältnis zumindest für die hier streitige Zeit vom 16. April bis 30. September 1991 zwischen der Klägerin und beiden Beklagten bestanden hat. Der Beklagte zu 2) kann deshalb nicht damit gehört werden, er sei aufgrund des Ausscheidens aus der Sozietät zum 31. März 1991 nicht mehr passiv legitimiert. Vielmehr ist der Senat an diese rechtskräftige Feststellung zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses auch in Bezug zum Beklagten zu 2) in dem vorliegenden Rechtsstreit um Annahmeverzugsansprüche aus eben diesem Arbeitsverhältnis gebunden, § 325 ZPO.

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Fischermeier, Strümper, Piper

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087204

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