Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtung des Betriebsrates vor einer Einstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach unter Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG, die der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb zu verstehen ist, nicht aber der Abschluß eines Arbeitsvertrages. Soweit seiner Rechtsprechung, insbesondere dem Beschluß vom 14. Mai 1974 - 1 ABR 40/73 - BAGE 26, 149 = AP Nr 2 zu § 99 BetrVG 1972 Gegenteiliges zu entnehmen ist, hält der Senat daran nicht fest. Soll die Beschäftigung im Betrieb aufgrund eines Arbeitsvertrages erfolgen, so ist der Betriebsrat vor Abschluß des Arbeitsvertrages über die geplante Beschäftigung zu unterrichten und die Zustimmung des Betriebsrates zu dieser auf der Grundlage des Arbeitsvertrages erfolgenden Beschäftigung im Betrieb einzuholen. Das gilt auch dann, wenn die vorgesehene Beschäftigung im Betrieb zunächst nur in einem "Rahmenvertrag" geregelt wird, der den Zeitpunkt und die Dauer einer tatsächlichen Beschäftigung im Betrieb noch offen läßt.

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.09.1991; Aktenzeichen 11 TaBV 43/91)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen 5 BV 16/91)

 

Gründe

A.Der Arbeitgeber schließt mit Personen, deren aushilfsweise Beschäftigung er erwägt, sog. "Rahmenverträge für Aushilfen" ab, so z. B. am 27. Dezember 1990 mit Frau G.. Ein solcher Rahmenvertrag lautet wie folgt:

"Rahmenvertrag für Aushilfe PNR 0723615

Die I

beabsichtigt: Frau Gudrun G.

...

in der Zeit vom: 2. Januar 1991

bis: 31. Dezember 1991

aushilfsweise als: Sekretärin

für Kostenstelle/Abteilung: 2657 / NW GS 16

Düsseldorf Handel +

Industrie

einzusetzen.

Das Gehalt wird bei voller Arbeits-

zeit monatlich brutto betragen: 3.155,--

Dies entspricht in Worten einem

Stundensatz von brutto: Neunzehn Deutsche

Mark und sechzig

Pfennig

Sie sind der Tarifgruppe: K 319 zugeordnet.

Die I wird Sie in der genannten Zeit nach Ab-

sprache stundenweise beschäftigen, z.B. beim Anfall unvor-

hersehbarer Arbeitsspitzen, zur Vertretung für erkrankte

oder in Urlaub befindliche Mitarbeiter. Es besteht weder für

Sie eine Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Stunden

oder Tagen im Vertragszeitraum zu arbeiten, noch ist die I

verpflichtet, Sie eine bestimmte Anzahl von

Stunden oder Tagen im Vertragszeitraum zu beschäftigen. Die

einzelnen Beschäftigungszeiten werden auf der Basis dieses

Rahmenvertrages jeweils schriftlich in einem besonderen Aus-

hilfsarbeitsvertrag vereinbart.

Die Bezahlung erfolgt nach den jeweils geleisteten Ar-

beitsstunden. Das in diesem Vertrag angegebene Gehalt ist

bezogen auf eine ganztägige Arbeitszeit. Anfallende Sonder-

zahlungen werden, wenn der Umfang der geleisteten Arbeits-

stunden feststeht, am Ende des Rahmenvertrages gewährt.

Der Rahmenvertrag endet am oben vereinbarten Tag, ohne daß

es einer besonderen Kündigung bedarf.

Neben den einschlägigen tariflichen Bestimmungen sind die

I Arbeitsordnung sowie die umseitigen Erklärungen Bestand-

teile des Rahmenvertrages."

Arbeitgeber und Betriebsrat sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Betriebsrat bereits vor dem Abschluß eines solchen Rahmenvertrages nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist oder erst dann, wenn der besondere Aushilfsarbeitsvertrag abgeschlossen wird und der konkrete Arbeitseinsatz erfolgt.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, bei dem Rahmenvertrag handele es sich bereits um einen Arbeitsvertrag. Die Auffassung des Arbeitgebers, es werde weder eine Beschäftigungspflicht für den Arbeitgeber noch eine Arbeitspflicht für die Aushilfe verbindlich festgelegt und deshalb könne von einem Arbeitsvertrag nicht gesprochen werden, gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Der tatsächliche Wille beider Parteien sei darauf gerichtet, Aushilfstätigkeiten zu realisieren. Anderenfalls wäre es unsinnig, hierüber Regelungen zu treffen und diese als "Vertrag" zu bezeichnen. Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang eine Arbeitsleistungspflicht und eine Beschäftigungsbefugnis bestehe, würden im Rahmenvertrag die Bedingungen des späteren Aushilfseinsatzes vorab bereits abschließend festgelegt. Hierüber werde zwischen den Vertragsparteien später auch nicht mehr verhandelt. Dem Abschluß der Rahmenverträge gingen alle Maßnahmen voraus, die üblicherweise im Zusammenhang mit einer Einstellung von einer Firma vorgenommen würden. Hierzu gehöre die Auswahl unter den Bewerbern, das Führen der Vorstellungsgespräche, die Einsichtnahme in Zeugnisse, evtl. Eignungstests und ärztliche Untersuchungen. Im Rahmenvertrag werde auch nicht nur die Tätigkeit festgelegt, sondern insbesondere die tarifliche Eingruppierung. Bei sonstigen Einstellungen werde der Betriebsrat im Rahmen seiner Beteiligungsrechte über derartige Maßnahmen und deren Inhalt selbstverständlich informiert. Würde man der Auffassung des Arbeitgebers folgen, bedeutete dies, daß bei Abschluß des Rahmenvertrages ein wesentlicher Teil des Verfahrens nach § 99 BetrVG ohne Hinzuziehung des Betriebsrats vom Arbeitgeber einseitig abgewickelt werden dürfe. Im Grunde handele es sich um eine Form der kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit. Jede Aushilfe, die einen solchen Rahmenvertrag unterschreibe, tue dies notgedrungen deshalb, weil sie befürchten müsse, sonst überhaupt keine Vereinbarung mit der Chance eines späteren Arbeitseinsatzes zu erhalten.

Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß der Arbeitgeber verpflichtet

ist, ihn vor Abschluß der von ihm praktizierten

"Rahmenverträge für Aushilfen" mit Aushilfskräf-

ten nach § 99 BetrVG zu beteiligen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, bei dem Rahmenvertrag handele es sich nicht um einen Arbeitsvertrag, sondern um eine Absichtserklärung des Arbeitgebers, die in Aussicht genommene Aushilfe ggf. zu den genannten Konditionen befristet einzustellen. In 10 bis 20 % der Fälle komme es nicht zu einer Tätigkeit durch die Aushilfe. Erst im einzelnen "Aushilfsarbeitsvertrag" werde die Dauer der täglichen Arbeitszeit festgelegt. Von einer Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG könne frühestens mit der Begründung eines konkreten Arbeitsverhältnisses gesprochen werden. Bei seiner Verfahrensweise sei dies der besondere Aushilfsarbeitsvertrag, in dem die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit festgelegt werde. Richtiger Auffassung nach liege eine Einstellung aber erst vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber stehen, komme es nicht an. Dementsprechend könne in der Begründung des Arbeitsverhältnisses auch noch keine Einstellung gesehen werden.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Betriebsrat vor Abschluß von "Rahmenverträgen für Aushilfen" mit Aushilfskräften nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat bittet, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B.Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat vor dem Abschluß eines "Rahmenvertrages für Aushilfen" zu unterrichten und dessen Zustimmung zur geplanten Beschäftigung der Aushilfe einzuholen hat.

I.1.Der Antrag des Betriebsrates bedarf der Auslegung. Der Betriebsrat beantragt die Feststellung, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, ihn vor Abschluß der Rahmenverträge für Aushilfen "nach § 99 BetrVG zu beteiligen". Die in § 99 BetrVG geregelte Beteiligung des Betriebsrates bei einer Einstellung, um die es hier allein gehen kann, bedeutet, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat entsprechend § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG zu unterrichten hat und dessen Zustimmung zu der geplanten Einstellung einzuholen hat. Dementsprechend geht auch der Streit der Beteiligten allein darum, ob der Arbeitgeber dieser Verpflichtung bereits vor Abschluß des Rahmenvertrages nachkommen muß oder ob es genügt, daß der Betriebsrat vor Abschluß der "besonderen Aushilfsarbeitsverträge" unterrichtet und um Zustimmung gebeten wird. Das wird aus dem Vorbringen der Beteiligten deutlich. Mit diesem Inhalt ist der Antrag ausreichend bestimmt.

2.Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß der Antrag des Betriebsrates zulässig ist. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Arbeitgeber wie Betriebsrat zur Klärung von Streitfragen über das Bestehen oder Nichtbestehen oder den Inhalt eines Beteiligungsrechts unabhängig von konkret zu entscheidenden Einzelfällen ein Feststellungsverfahren einleiten können (vgl. zuletzt Beschlüsse des Senats vom 12. Juli 1988 - 1 ABR 85/86 - und 28. September 1988 - 1 ABR 37/87 - AP Nr. 54 und 55 zu § 99 BetrVG 1972; vgl. dazu auch Matthes, DB 1989, 1285, 1290). Das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den gestellten Antrag ergibt sich vorliegend daraus, daß der Arbeitgeber unstreitig regelmäßig Rahmenverträge mit Aushilfsarbeitnehmern abschließt und die Beteiligten sich über die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bei Abschluß dieser Rahmenverträge streiten.

II.1. Der Betriebsrat ist schon vor Abschluß der Rahmenverträge im genannten Sinne zu beteiligen. Das folgt jedoch nicht daraus, daß schon der Abschluß des Rahmenvertrages selbst als "Einstellung" i. S. von § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates bedarf.

Unter "Einstellung" im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Senat allerdings von Anfang an sowohl die Begründung des Arbeitsverhältnisses als auch die zeitlich damit zusammenfallende, vorhergehende oder auch nachfolgende tatsächliche Arbeitsaufnahme verstanden (Beschluß vom 14. Mai 1974, BAGE 26, 149 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972). Diese auf die überwiegende Meinung gestützte Ansicht (damals: Dietz/Richardi, BetrVG, 5. Aufl., § 99 Rz 9; Fitting/Auffarth, BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rz 7; Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz 5; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., 2. Band, 2. Halbband, S. 1416, jeweils m.w.N.; heute: Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 99 Rz 10; Hess/ Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 11; Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz 18; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 37; a.A.: Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 10; von Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205, 206 f. und Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, Rz 192 ff.) hat der Senat zu keiner Zeit näher begründet. Er hat sie in der Folgezeit auch nicht aufgegeben.

2.In der sog. Taxifahrer-Entscheidung vom 15. April 1986 (BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972) hat der Senat jedoch erstmals ausgeführt, der Betriebsrat habe nach § 99 BetrVG mitzubestimmen, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber stehen, komme es nicht an. Es sei unerheblich, ob sie durch die Eingliederung und Weisungsgebundenheit zu Arbeitnehmern würden. In dieser Entscheidung hat der Senat dem Normzweck von § 99 BetrVG - Mitbestimmung zur Wahrung der kollektiven Interessen der Arbeitnehmerschaft des Betriebes - entnommen, daß das Beteiligungsrecht sich auch auf Beschäftigte erstrecke, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Der Begriff der Einstellung sei nicht auf den Vorgang reduziert, der durch die persönliche Eingliederung aufgrund des Abschlusses eines Arbeitsvertrages gekennzeichnet wird, sondern es sollte das Beteiligungsrecht auch auf Personen erstreckt werden, die durch weisungsgebundene Tätigkeit wie Arbeitnehmer den technischen Zweck des Betriebes verwirklichen. Mit dieser Sicht hatte der Senat schon in der Entscheidung vom 14. Mai 1974 (BAGE 26, 149 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) begonnen, in der er ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates für Leiharbeitnehmer bejahte, obwohl auch diese nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher stehen. Gleichwohl ist der Senat in dieser Entscheidung noch davon ausgegangen, daß unter Einstellung sowohl die Begründung des Arbeitsverhältnisses als auch die zeitlich damit zusammenfallende, vorhergehende oder nachfolgende tatsächliche Arbeitsaufnahme zu verstehen ist.

In der Folgezeit hat der Senat sich nicht mit der Frage befassen müssen, ob schon in der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitsvertrag eine Einstellung zu sehen sei, oder ob erst die tatsächliche Eingliederung der "einzustellenden" Person in den Betrieb, um hier zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen, als Einstellung angesehen werden kann. Vielmehr hatte der Senat in einer Vielzahl von Fällen nur zu entscheiden, ob die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber standen, als Einstellung angesehen werden kann. Der Senat hat in den von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidungen (vom 18. April 1989, BAGE 61, 283 = AP Nr. 65 zu § 99 BetrVG 1972, vom 1. August 1989, BAGE 62, 271 = AP Nr. 68 zu § 99 BetrVG 1972, vom 8. Mai 1990 - 1 ABR 7/89 - AP Nr. 80 zu § 99 BetrVG 1972, vom 5. März 1991 - 1 ABR 39/90 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 99 und vom 12. November 1991 - 1 ABR 3/91 -, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen) stets wiederholt, daß eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG immer schon dann vorliegt, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Daran hält der Senat fest.

3.In Übereinstimmung mit dieser Sicht haben der Zweite und Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts ausgesprochen, daß der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers, dessen Einstellung der Betriebsrat nicht nach § 99 BetrVG zugestimmt hat, nicht wegen dieses Mangels unwirksam ist, der Betriebs- bzw. Personalrat vielmehr nur verlangen könne, daß der Arbeitnehmer nicht im Betrieb beschäftigt werde (Urteile vom 2. Juli 1980, BAGE 34, 1 = AP Nr. 9 zu Art. 33 Abs. 2 GG und - 5 AZR 56/79 - AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972; und für die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages Urteil vom 25. Juni 1987 - 2 AZR 541/86 - AP Nr. 14 zu § 620 BGB Bedingung). Dem entspricht es auch, daß der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Juli 1985 (BAGE 49, 180 = AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG 1972) ausgesprochen hat, daß der Betriebsrat einer Einstellung seine Zustimmung nicht deswegen verweigern könne, weil eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung unwirksam sei, und daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat - abgesehen von den Vereinbarungen über Art und Dauer der vorgesehenen Beschäftigung und der beabsichtigten Eingruppierung - nicht über den Inhalt eines schon abgeschlossenen Arbeitsvertrages und auch nicht über die Höhe des vereinbarten Gehalts unterrichten müsse (Beschluß vom 18. Oktober 1988, BAGE 60, 57 = AP Nr. 57 zu § 99 BetrVG 1972 und vom 3. Oktober 1989 - 1 ABR 73/88 - AP Nr. 74 zu § 99 BetrVG 1972). Dem entspricht es schließlich auch, wenn der Senat auch die Versetzung eines Arbeitnehmers aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb als Einstellung für den aufnehmenden Betrieb angesehen hat, die der Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bedarf (Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972).

Wollte man als "Einstellung" i. S. von § 99 BetrVG, die der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, den Abschluß eines Arbeitsvertrages verstehen, entfiele eine Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG in all den Fällen, in denen der tatsächlichen Beschäftigung einer Person im Betrieb kein Arbeitsvertrag zugrundeliegt oder dieser - wie bei der betriebsübergreifenden Versetzung - in zulässiger Weise schon lange zuvor und ohne Beteiligung des Betriebsrates im aufnehmenden Betrieb abgeschlossen wurde. Auf der anderen Seite besteht kein Bedürfnis, in den Fällen, in denen der Beschäftigung im Betrieb ein Arbeitsvertrag zugrundeliegt, schon den Abschluß dieses Arbeitsvertrages der Zustimmung des Betriebsrates zu unterwerfen. Nur durch die tatsächliche Beschäftigung bislang betriebsfremder Personen werden die Interessen der schon im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, zu deren Wahrung das Beteiligungsrecht des Betriebsrates bei der Einstellung dient, berührt, nicht aber durch den Abschluß von Arbeitsverträgen oder sonstigen Verträgen, die dieser Beschäftigung zugrundeliegen.

Der Senat hält daher an seiner Rechtsprechung fest, daß nur die tatsächliche Beschäftigung von Personen im Betrieb, um hier zusammen mit den schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen, als Einstellung der Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bedarf, nicht aber schon der Abschluß des dieser Beschäftigung zugrundeliegenden Arbeitsvertrages oder die Begründung eines sonstigen Rechtsverhältnisses. Soweit den Entscheidungen des Senats, insbesondere dem Beschluß vom 14. Mai 1974 (BAGE 26, 149 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) Gegenteiliges entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

III.Bedarf danach der Abschluß des Arbeitsvertrages nicht der Zustimmung des Betriebsrates, so folgt daraus nicht notwendig, daß es genügt, wenn der Betriebsrat erst nach Abschluß des Arbeitsvertrages unterrichtet und die Zustimmung zur "Einstellung", zur geplanten Beschäftigung im Betrieb, eingeholt wird.

1.Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat "vor der Einstellung" zu unterrichten und die Zustimmung zu der "geplanten Einstellung" einzuholen. Versteht man unter Einstellung die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb, so erfolgt eine Unterrichtung des Betriebsrates auch dann noch "vor der Einstellung", wenn sie zwar nach Abschluß des Arbeitsvertrages, aber noch vor Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung erfolgt. Daraus folgt jedoch nicht, daß eine solche in der Zwischenzeit stattfindende Beteiligung des Betriebsrates den Anforderungen des Gesetzes genügt und dem Sinn dieser Beteiligung gerecht wird.

Wenn eine geplante Beschäftigung eines Arbeitnehmers im Betrieb an der fehlenden Zustimmung des Betriebsrates scheitern kann, dann macht es i. d. R. keinen Sinn, eine solche Beschäftigung fest zu vereinbaren, bevor nicht feststeht, ob diese die Zustimmung des Betriebsrates findet. Zwar ist es grundsätzlich das Risiko des Arbeitgebers, wenn dieser einen Arbeitsvertrag abschließt, der trotz fehlender Zustimmung des Betriebsrates wirksam ist, dann aber den Arbeitnehmer mangels Zustimmung des Betriebsrates nicht im Betrieb beschäftigen kann. Von daher läge es allein im Interesse des Arbeitgebers, den Betriebsrat vor Abschluß des Arbeitsvertrages zu unterrichten und dessen Zustimmung zur geplanten Beschäftigung im Betrieb einzuholen. Eine bereits vor Abschluß des Arbeitsvertrages stattfindende Beteiligung des Betriebsrates liegt aber auch in dessen Interesse und dient der Effektivität seines Beteiligungsrechtes. Sind mit dem Abschluß eines Arbeitsvertrages alle wesentlichen Arbeitgeberentscheidungen bereits gefallen, sind damit praktische Zwänge geschaffen, die den Betriebsrat zwar rechtlich nicht hindern, seine Zustimmung zur geplanten Beschäftigung gleichwohl zu verweigern, diesen aber auch mit Rücksicht auf das von ihm zu wahrende Wohl des Betriebes und des einzustellenden, bereits vertraglich gebundenen Arbeitnehmers veranlassen können, von einem gegebenen Zustimmungsverweigerungsrecht keinen Gebrauch zu machen.

2.Die im Betriebsverfassungsgesetz geregelte Beteiligung des Betriebsrates an Arbeitgebermaßnahmen hat grundsätzlich zu einer Zeit zu erfolgen, zu der noch keine abschließende und endgültige Entscheidung getroffen worden ist oder eine solche Entscheidung - wie etwa bei der Kündigung - noch ohne Schwierigkeiten revidiert werden kann. Mit dem Abschluß des Arbeitsvertrages ist die Entscheidung, den Arbeitnehmer auch im Betrieb zu beschäftigen, in diesem Sinne abschließend gefallen. Auch der Umstand, daß § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG von "Bewerbungsunterlagen", von "Auskünften über die Person der Beteiligten" und von dem "in Aussicht genommenen Arbeitsplatz" sowie von der "vorgesehenen Eingruppierung" spricht, deutet darauf hin, daß die Unterrichtung des Betriebsrates vor Abschluß des Arbeitsvertrages zu erfolgen hat. Ist mit Abschluß des Arbeitsvertrages eine Entscheidung gefallen, gibt es keine Bewerber um einen Arbeitsplatz mehr, die noch auf diesem Arbeitsplatz beschäftigt werden könnten, sondern nur noch den bereits vertraglich gebundenen Arbeitnehmer (vgl. auch Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz 19 und 20).

Schließlich spricht auch die Regelung in § 100 BetrVG für diese Sicht des Senats. Danach kann der Arbeitgeber, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, eine Einstellung vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert hat oder auch dann, wenn dieser die Zustimmung schon verweigert hat. Die gleiche Befugnis steht dem Arbeitgeber auch schon für die Zeit vor der durch § 100 Abs. 2 BetrVG geforderten unverzüglichen Unterrichtung des Betriebsrates zu (vgl. Kraft, aaO, § 100 Rz 15, m.w.N.). Der vorläufigen Einstellung, d.h. der vorläufigen Beschäftigung im Betrieb, liegt aber stets eine vertragliche Vereinbarung und damit der Abschluß eines Arbeitsvertrages zugrunde, mag dieser auch nur stillschweigend abgeschlossen worden sein. Gestattet aber § 100 BetrVG die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb und damit auch den Abschluß des dieser Beschäftigung zugrundeliegenden Arbeitsvertrages vor einer Beteiligung des Betriebsrates nur in dem Ausnahmefall, daß dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so folgt daraus umgekehrt, daß für den Normalfall die Beteiligung des Betriebsrates nicht nur vor der Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung, sondern auch schon vor Abschluß des Arbeitsvertrages zu erfolgen hat.

IV.Davon ausgehend hat der Arbeitgeber hier den Betriebsrat auch vor Abschluß eines "Rahmenvertrages für Aushilfen" mit einer Person, deren aushilfsweise Beschäftigung als Arbeitnehmer er erwägt, zu unterrichten und die Zustimmung zur geplanten Beschäftigung dieser Person einzuholen.

Durch einen solchen Rahmenvertrag wird ein Arbeitsverhältnis zwischen den vertragsschließenden Parteien begründet. Es wird die von der Aushilfskraft geschuldete Tätigkeit und die vom Arbeitgeber zu zahlende Vergütung vereinbart. Offen ist lediglich, zu welcher Zeit und in welchem Umfang die vereinbarte Arbeitsleistung innerhalb des Vertragszeitraumes erbracht werden soll. Auch wenn für die Aushilfskraft keine Verpflichtung besteht, eine bestimmte Anzahl von Stunden oder Tagen im Vertragszeitraum zu arbeiten und der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die Aushilfskraft eine bestimmte Anzahl von Stunden oder Tagen im Vertragszeitraum zu beschäftigen, wird mit diesem Rahmenvertrag doch eine tatsächliche Beschäftigung der Aushilfskraft im Betrieb geplant und in Erwägung gezogen, mag diese auch tatsächlich daran scheitern, daß sich im Vertragszeitraum entweder kein Bedarf für eine Aushilfstätigkeit ergibt oder die Aushilfskraft zu der in Aussicht genommenen Zeit aus persönlichen Gründen verhindert ist, eine ihr angebotene Aushilfstätigkeit entsprechend dem Rahmenvertrag zu übernehmen. Nach dem eigenen Vorbringen des Arbeitgebers kommt es nur in 10 bis 20 % der Fälle nicht zu einer tatsächlichen Beschäftigung der Aushilfskraft auf der Grundlage eines solchen abgeschlossenen Rahmenvertrages. Das macht deutlich, daß die Parteien des Rahmenvertrages grundsätzlich davon ausgehen, daß während des Vertragszeitraumes auch eine Beschäftigung im Betrieb erfolgen soll. Zu Recht weist der Betriebsrat darauf hin, daß der Abschluß eines solchen Rahmenvertrages ohne Sinn wäre, wenn nicht mit diesem schon die Entscheidung gefallen wäre, gerade die bestimmte Aushilfskraft als Aushilfe in einer bestimmten Tätigkeit und zu bestimmten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen. Damit sind alle einer Einstellung im Regelfall vorausgehenden Entscheidungen über die Person des Arbeitnehmers, über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und auch über die vorgesehene Eingruppierung bereits gefallen. Die bei sich ergebenden Bedarf erfolgende tatsächliche Beschäftigung der Aushilfskraft im Betrieb stellt nur noch den Vollzug des Rahmenvertrages dar, nicht aber wird im Falle eines Bedarfs die Einstellung, d.h. die Beschäftigung der bestimmten Aushilfskraft erst "geplant".

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Rahmenvertrag trotz des Ausschlusses jeder Verpflichtung sowohl für die Aushilfskraft als auch für den Arbeitgeber um einen Arbeitsvertrag in Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall i. S. von § 4 BeschFG handelt. Wirtschaftlich gesehen kommt der Rahmenvertrag einem solchen Arbeitsvertrage gleich. Zeitpunkt und Dauer der Beschäftigung der Aushilfskraft sind von einem im Vertragszeitraum auftretenden Bedarf nach einer Aushilfstätigkeit abhängig. Ebenso wie bei Verträgen nach § 4 BeschFG nicht die einzelne Beschäftigung des Arbeitnehmers bei Bedarf der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, sondern dessen auf der Grundlage des Vertrages nach § 4 BeschFG erfolgende Beschäftigung im Betrieb überhaupt, bedarf auch die Beschäftigung von Aushilfen aufgrund des Rahmenvertrages unter den in diesem Vertrag schon festgelegten Bedingungen als solche schon der Zustimmung des Betriebsrates. Die in Aussicht genommene Beschäftigung der Aushilfskraft bei Bedarf ist die geplante Einstellung. Die Entscheidung über diese Beschäftigung ist mit Abschluß des Rahmenvertrages gefallen. Der Betriebsrat ist daher vor Abschluß des Rahmenvertrages zu unterrichten und seine Zustimmung zu der mit dem Rahmenvertrag geplanten Beschäftigung während des Vertragszeitraumes ist einzuholen.

Damit erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als zutreffend, so daß die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurückzuweisen war.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

K. H. Janzen Dr. Münzer

 

Fundstellen

Haufe-Index 437052

BAGE 00, 00

BAGE, 147

BB 1992, 1852

DB 1992, 1852-1853 (LT1)

DB 1992, 2144-2146 (LT1)

NJW 1993, 485

NJW 1993, 485 (L)

EBE/BAG 1992, 142-145 (LT1)

BetrR 1992, Nr 6, 137-139 (LT1)

NZA 1992, 1141

NZA 1992, 1141-1144 (LT1)

RdA 1992, 351

AP, (demnächst)

EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 106 (LT1)

PersR 1993, 41-44 (LT)

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