Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Begriff der Einstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Personen, die als Dienst- oder Werknehmer oder deren Erfüllungsgehilfen die in einem Dienst- oder Werkvertrag vereinbarte Leistung erbringen, sind nicht schon deswegen in den Betrieb des Auftraggebers und dessen Organisation im Sinne von § 99 BetrVG eingegliedert, weil sie im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und weil die von ihnen zu erbringende Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozeß eingeplant ist. Hinzukommen muß, daß diese Personen selbst in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert werden, so daß dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat. Darauf, inwieweit äußere Umstände eine Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Betriebes notwendig machen, kommt es nicht an.

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Entscheidung vom 21.12.1989; Aktenzeichen 3 TaBV 22/89)

ArbG Bremen (Entscheidung vom 21.04.1988; Aktenzeichen 8 BV 129/87)

 

Gründe

A. Der Arbeitgeber betreibt in Bremen ein Stahl- und Walzwerk. Der zur Weiterverarbeitung im Walzwerk bestimmte Stahl verläßt das Stahlwerk in Form sogenannter Brammen. Diese Brammen müssen vor ihrer Weiterverarbeitung im Walzwerk zum Teil einer weiteren Vorbearbeitung, dem Flämmen, unterzogen werden. Etwa 1/3 der Brammen wird dabei vom Flämmautomaten ganz geflämmt, ein weiteres Drittel wird in unterschiedlichem Umfang maschinell oder von Hand von Flämmern geflämmt, während ein weiteres Drittel als heiße Bramme ungeflämmt in die Weiterverarbeitung geht.

Das Flämmen der Brammen durch Flämmer hat der Arbeitgeber zum Teil der Firma F GmbH (im folgenden nur Fa. F ) übertragen. Das Verhältnis des Arbeitgebers zur Fa. F wurde zunächst durch einen Vertrag vom 20. Oktober 1986 geregelt und durch einen Vertrag vom 30. Dezember 1988 neu gestaltet. Aufgrund dieser Verträge arbeiten Arbeitnehmer der Fa. F in der Flämmerei, und zwar zuletzt zwölf Arbeitnehmer als Flämmer, acht als Kranführer und einer als Betriebsleiter. In dem Vertrag vom 30. Dezember 1988 heißt es auszugsweise wie folgt, wobei die Fa. F als "Partner" bezeichnet wird:

§ 1

1. Partner verpflichtet sich ... in den über-

lassenen Teilen der Hallen ... das gesamte zu

flämmende Material ... (Vorbrammen) mit eige-

nem Personal und eigenem Gerät zu bearbeiten;

ausgenommen ist das "heiß" zu flämmende Material,

das von K auf der vorhandenen Flämma-

schine bearbeitet wird. ...

2. Als Betriebszeit gilt die gesamte Woche ein-

schließlich der Sonntage, jedoch ausschließlich

der Feiertage im Rahmen der Stahlnovelle ...

3. Partner verpflichtet sich, die anfallenden

Flämmarbeiten ohne Behinderung des Produktions-

ablaufs ... auszuführen ...

4. Vorbrammen sind stranggegossene (oder auch ge-

walzte) Vorprodukte für die Bandwalzung; ...

5. Die Vorbrammen werden ... im Warmwalzwerk per

Eisenbahnwaggon ... angeliefert. Partner hat auch

die ... über den BWG-Rollgang heiß angelieferten

Vorbrammen abzunehmen und zum Zwecke des Abküh-

lens zwischenzulagern. Danach sind diese Vorbram-

men ... an K zurückzugeben. Partner wird

die geflämmten Vorbrammen ... an dafür bestimmten

Übergabestellen übergeben bzw. auf dem Lagerplatz

... zwischenlagern.

§ 2

1. K stellt Partner ... den in dem anlie-

genden Plan rot gekennzeichneten Teil des Warm-

walzwerkes I mit bereits eingerichteten Hand-

flämmplätzen, 3 Hochkranen ... einem Halbportal-

kran ... den Übergabewagen A 1 sowie den als Ab-

schwitzraum dienenden Container kostenlos zur

Verfügung. ... Der Übergabewagen B wird zur Mit-

benutzung zur Verfügung gestellt. ...

§ 3

1. Partner errichtet und betreibt in der ihm

überlassenen Halle eine maschinelle Einrichtung

zum Flämmen ... Die erforderlichen Anschlußlei-

tungen ... bis zu der angewiesenen Zapfstelle

... stellt Partner selbst ... her. ...

2. K wird die für die Aufstellung der

Maschine erforderlichen Fundamente ... auf ei-

gene Kosten errichten ...

4. Partner wird Handflämmgeräte betreiben bzw.

beschaffen, die ...

§ 6

1. Die Vorbrammen sind nach dem von K

auf der Bramme angegebenen Flämmschlüssel und

den angezeichneten Fehlern zu behandeln, wobei

der Flämmumfang von der Beseitigung angezeigter

Fehlerstellen auf der Oberfläche bis zum Ganz-

abziehen reichen kann. ... Partner wird ... die

... gemeinsam festgelegten Leistungs- und Quali-

tätsanforderungen ... erfüllen. ... Partner ver-

pflichtet sich, während der Betriebszeiten seines

Unternehmens ständig einen namentlich benannten

Betriebsleiter/Schichtführer vor Ort zu halten,

der verantwortlich für den Kontakt zu K

ist. ...

3. K wird nach dem Flämmen unverzüglich

eine Abnahme des fertiggestellten Materials

durchführen. Unzureichend oder fehlerhaft be-

arbeitetes Material wird zur Nachbearbeitung

zurückgewiesen. ...

§ 7

1. K verpflichtet sich, Partner die ...

erforderlichen Mengen an Strom, Sauerstoff, Erd-

gas, Rein- und Rohwasser sowie Preßluft ... ko-

stenlos zu liefern. ...

§ 8

1. Partner erhält für die zu erbringenden Lei-

stungen eine monatliche Pauschale, die in Anlage

2 definiert ist.

2. Darüber hinaus erhält Partner eine leistungs-

abhängige Vergütung für die einzelnen Flämmka-

tegorien gemäß den in der Anlage 2 festgelegten

Preisen. ...

§ 13

1. Die Vertragsparteien werden durch Ereignisse

höherer Gewalt insoweit und solange von ihren

Vertragspflichten entbunden, als ihnen durch sol-

che Ereignisse die Erfüllung ihrer Verpflichtun-

gen unmöglich wird. Als höhere Gewalt gelten in

diesem Sinne auch Arbeitskonflikte, Aussperrun-

gen sowie außergewöhnliche Transport- und Be-

triebsstörungen. ...

Die aus dem Stahlwerk kommenden Vorbrammen werden von "Revisoren" des Arbeitgebers noch außerhalb des Bereichs der Fa. F mit einer Flämmkarte versehen, die u.a. den Flämmschlüssel enthält, der Auskunft über Art und Umfang der an dieser Bramme vorzunehmenden Flämmarbeiten gibt. Zu flämmende Stellen werden dabei auch mit Kreidestrichen markiert. Die von Arbeitnehmern der Fa. F geflämmten Brammen werden zur Zeit noch an den einzelnen Flämmplätzen von den Revisoren abgenommen. Entsprechen die Flämmarbeiten nicht den Anforderungen, haben die Flämmer die Brammen nachzuarbeiten. Dabei ist jeweils ein Revisor für zwei Flämmer zuständig. Geplant ist, diese Abnahme der geflämmten Brammen künftig außerhalb des Bereichs der Fa. F vorzunehmen.

Die Fa. F ist eine Tochtergesellschaft der Fa. S S.A. in Frankreich, die wiederum zum Konzern I.U., Philadelphia, USA, gehört. Der Konzern beschäftigt ca. 6.000 Mitarbeiter in Dienstleistungen für die Industrie, wobei der Schwerpunkt in Stahlwerken liegt, u.a. in der Schlackenaufbereitung, im Kübeltransport, im Flämmen usw. Die beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer der Fa. F haben keinen eigenen Betriebsrat gewählt. Nach der Behauptung des Arbeitgebers besteht am Sitz der Fa. F in R ein Betriebsrat, der von allen Arbeitnehmern der Fa. F gewählt worden sei.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Bearbeitung der Brammen durch die Flämmer der Fa. F und die Kontrolle durch die Revisoren erfolge im unmittelbaren Wechselspiel. Die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer unterscheide sich in keiner Weise von der Tätigkeit der Flämmer, die der Arbeitgeber beschäftige. Die Arbeitsvorgänge in der Flämmerei - auch der Fa. F - würden durch die Arbeitsvorbereitung des Arbeitgebers gesteuert. Die Arbeitnehmer der Fa. F seien in die betriebliche Arbeitsorganisation eingegliedert, sie arbeiteten mit den anderen Arbeitnehmern des Arbeitgebers zur Erfüllung des Betriebszweckes zusammen und müßten sich der organisatorischen Einrichtung einfügen. In der Beschäftigung der Arbeitnehmer der Fa. F im Betrieb läge daher eine Einstellung, die seiner Zustimmung bedürfe. Der Betriebsrat hat daher das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und beantragt

festzustellen, daß der Arbeitgeber nicht

berechtigt ist, ohne vorherige Durchfüh-

rung des Mitbestimmungsverfahrens nach

den §§ 99, 100 BetrVG Arbeitnehmer der

Fa. F auf Arbeitsplätzen in der

Flämmerei zu beschäftigen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Nach seiner Ansicht sind die Arbeitnehmer der Fa. F nicht in die betriebliche Organisation eingegliedert und nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen. Sie würden als Arbeitnehmer der Fa. F in Erfüllung derjenigen Vertragspflichten tätig, die diese ihm gegenüber übernommen habe. Danach schulde die Fa. F die Ablieferung eines fertigen Werkes, nämlich der geflämmten Brammen gemäß den vertraglich festgelegten Vorgaben. Der Einsatz der Arbeitnehmer obliege allein der Fa. F .

Das Arbeitsgericht hat eine Ortsbesichtigung vorgenommen und dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seinen Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.

B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet. Die zum Flämmen der Brammen von der Fa. F beschäftigten Arbeitnehmer werden nicht vom Arbeitgeber im Sinne von § 99 BetrVG eingestellt. Ihre Beschäftigung bedarf daher nicht der Zustimmung des Betriebsrats.

I. Das Landesarbeitsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, wonach eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung dann vorliegt, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgebend ist, ob die von diesen Personen zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebes zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Darauf, ob und gegebenenfalls von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden, kommt es nicht an (Beschluß vom 15. April 1986, BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 18. April 1989, BAGE 61, 283 = AP Nr. 65 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 1. August 1989, BAGE 62, 271 = AP Nr. 68 zu § 99 BetrVG 1972).

Das Landesarbeitsgericht meint, eine Eingliederung von Personen in den Betrieb des Arbeitgebers im Sinne der Rechtsprechung des Senats liege stets dann vor, wenn diese Personen aufgrund eines Werkvertrages, den der Arbeitgeber mit einem Dritten abgeschlossen hat, im Betrieb tätig werden. Darin kann dem Landesarbeitsgericht nicht gefolgt werden. Das Landesarbeitsgericht hat dabei verkannt, daß es auch in einem solchen Falle darauf ankommt, ob die aufgrund eines Werkvertrages im Betrieb tätig werdenden Personen so in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert werden, daß dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Einsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat.

II.1. Der Senat hat in den bislang von ihm entschiedenen Fällen stets darauf hingewiesen, daß die entschiedenen Fallgestaltungen, bei denen Arbeitnehmer in die Organisation des Betriebes eingegliedert wurden und hier ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichten, zu unterscheiden sind von denjenigen Fällen, in denen "bestimmte absonderbare Arbeiten auf Fremdfirmen übertragen wurden" (so im Beschluß vom 15. April 1986, aa0) oder bei denen der Arbeitgeber "eine Werk- oder Dienstleistung für sich einkauft" (so im Beschluß vom 1. August 1989, aa0). Er hat in der Entscheidung vom 18. April 1989 darauf hingewiesen, daß die von Prof. Dr. M. im Dialysezentrum eingesetzten Ärzte "Unternehmerarbeiter" wären, wenn diese jeweils im Einzelfall zu einer notwendig werdenden ärztlichen Betreuung oder Behandlung eines bestimmten Patienten im Dialysezentrum tätig würden. An dieser Unterscheidung der möglichen Fallgestaltungen ist festzuhalten.

Die möglichen Fallgestaltungen unterscheiden sich jedoch nicht allein danach, daß Personen im Betrieb aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages tätig werden. Leistungen aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages können in unterschiedlichster Weise erbracht werden. Entscheidend für die Frage, ob solche aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages im Betrieb tätig werdenden Personen im Betrieb im Sinne von § 99 BetrVG eingestellt werden, ist die tatsächliche Ausgestaltung ihrer Tätigkeit und deren Einbindung in die betriebliche Organisation. Auf das Rechtsverhältnis, das diesem Tätigwerden zugrunde liegt, kommt es nach der Rechtsprechung des Senats nicht an.

2.a) Es ist eine im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben übliche Praxis, daß ein Arbeitgeber nicht alle zur Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses erforderlichen Arbeiten durch eigene Arbeitnehmer ausführen läßt, sondern Teilleistungen von Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages erbringen läßt. Dabei werden nicht nur Dienstleistungen aufgrund eines Dienstleistungsvertrages vielfach im Betrieb des Arbeitgebers zu erbringen sein. Auch das aufgrund eines Werkvertrages geschuldete Werk kann häufig nur im Betrieb des Arbeitgebers erstellt werden. Diejenigen Personen, deren sich der Dienst- oder Werkunternehmer zur Erbringung der Dienstleistung oder zur Herstellung des Werkes als Erfüllungsgehilfe bedient und die regelmäßig in einem Arbeitsverhältnis zum Dienst- oder Werkunternehmer stehen werden, werden dabei im Betrieb des Arbeitgebers tätig. Allein in diesem Tätigwerden als Erfüllungsgehilfe des Dienst- oder Werkunternehmers liegt - jedenfalls in den Normalfällen - noch keine "Einstellung" im Sinne von § 99 BetrVG, die der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. So wird auch im Schrifttum regelmäßig ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß die Arbeitnehmer solcher Dienst- oder Werkunternehmer als "Fremdfirmenarbeitnehmer" oder "Unternehmerarbeiter" in dem Betrieb, in dem sie tätig werden, nicht auch "eingestellt" werden (Kraft, GK-BetrVG , 4. Bearbeitung, § 99 Rz 25; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 19; Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, Rz 203; Hunold, Zur Entwicklung des Einstellungsbegriffs in der Rechtsprechung, NZA 1990, 461, 464 und Betriebsberater 1990, 1345, 1346; ähnlich Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 34, wonach nur solche Personen "eingestellt" werden, die zum Betriebsinhaber selbst in rechtliche Beziehungen treten).

b) Problematisch sind diejenigen Fälle, in denen die zu erbringende Dienstleistung oder das zu erstellende Werk so in den betrieblichen Arbeitsprozeß integriert ist, daß die Dienstleistung oder das Werk zu einem genau festgelegten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort und von bestimmter Art und Güte erbracht werden muß. Äußeres Anzeichen für eine solche Fallgestaltung ist vielfach, daß eben diese Dienstleistung oder dieses Werk früher von Arbeitnehmern des Betriebsinhabers selbst nach dessen Anweisung und Organisation erbracht oder erstellt worden ist. Kommt dann noch hinzu, daß der Dienst- oder Werkunternehmer bzw. seine Erfüllungsgehilfen aufgrund der Natur der zu erbringenden Dienstleistung oder des zu erstellenden Werkes keinen oder jedenfalls keinen beachtlichen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Arbeitsausführung haben, so unterscheidet sich äußerlich die Tätigkeit der Erfüllungsgehilfen des Dienst- oder Werkunternehmers in keiner Weise mehr von der Tätigkeit, die früher Arbeitnehmer des Betriebes erbracht haben oder auch jetzt noch gleichzeitig erbringen. Die Tätigkeit der Erfüllungsgehilfen der Dienst- oder Werkunternehmer erscheint dann in die betriebliche Organisation eingebunden und vom Arbeitgeber als Auftraggeber geplant und organisiert.

3. Von diesem äußeren Erscheinungsbild geht das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Falle aus. Die Arbeitnehmer der Fa. F arbeiten im Betrieb des Arbeitgebers, wenn auch in einem der Fa. F allein zugewiesenen Teil der Halle. Die von ihnen zu verrichtenden Flämmarbeiten sind nach Umfang und Güte durch den auf jeder Bramme befindlichen Flämmschlüssel und durch die Zurückweisung nicht ordnungsgemäß geflämmter Brammen durch den Revisor genau festgelegt. Die Flämmarbeiten sind innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens zu erbringen, und zwar auch während der Arbeitszeiten im Betrieb des Arbeitgebers, also auch an Sonntagen. Die Vorbrammen sind kontinuierlich abzunehmen, sofern auf den Flämmplätzen und im Zwischenlager überhaupt nur Platz ist. Vorgegeben ist - wie der Arbeitgeber selbst vorträgt - eine "ungefähre Wiederanlieferung", sie sollen "innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen". Flämmarbeiten werden in einem anderen Teil der Halle auch von Arbeitnehmern des Arbeitgebers durchgeführt. Ein Flämmen der Brammen durch die Fa. Framaborg an einem anderen 0rt wäre schon mit Rücksicht auf die Transportkosten wirtschaftlich unvertretbar. Berücksichtigt man noch weitere Äußerlichkeiten wie die Mitbenutzung der Kantine und die Beachtung der Vorschriften für das Betreten des Werksgeländes und den Aufenthalt auf dem Gelände, so erscheinen die Arbeitnehmer der Fa. F dem Landesarbeitsgericht als Personen, die in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert sind, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern des Arbeitgebers den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen.

4. Allein diese äußeren Umstände, wann, wo und wie Arbeiten aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages im Betrieb des Bestellers zu erbringen sind, reichen nicht aus, um die nach § 99 BetrVG erforderliche Eingliederung der tätig werdenden Person in den Betrieb und die Organisation des Betriebes zu begründen.

Die Vorschriften über den Dienst- oder Werkvertrag schließen nicht aus, daß die zu erbringende Dienstleistung oder das zu erstellende Werk vertraglich hinsichtlich aller Einzelheiten bezüglich Ausführung, Umfang, Güte, Zeit und Ort der Erbringung bzw. Erstellung so detailliert und bestimmt vereinbart werden, daß dem Dienst- oder Werknehmer hinsichtlich der Erbringung der Dienstleistung oder der Erstellung des Werkes kein eigener Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Er ist vertraglich verpflichtet, die Dienstleistung oder das Werk hinsichtlich aller Einzelheiten vereinbarungsgemäß zu erbringen. Davon, daß er die vertraglich geschuldete Leistung erbringt, geht der Besteller aus. Die vertragsgemäß erbrachte Dienstleistung oder das vertragsgemäß erstellte Werk plant er in seine Arbeitsorganisation ein, ebenso wie er die rechtzeitige und vertragsgemäße Zulieferung von Material oder angekauften Vorprodukten einplant.

Damit wird jedoch zunächst nur die vertragsgemäße Dienstleistung oder das vertragsgemäß erstellte Werk als solches in die Planung des Arbeitsablaufes und der Produktion einbezogen. Es kann gleichwohl Aufgabe des Dienst- oder Werkunternehmers bleiben, dafür zu sorgen, daß er - in Zusammenarbeit mit seinen Erfüllungsgehilfen - die Leistung oder das Werk vertragsgemäß erbringen kann. Daß er dafür notwendige Einzelanweisungen an seine Arbeitnehmer nicht selbst erbringt, sondern dem Auftraggeber gestattet, diese unmittelbar seinen Erfüllungsgehilfen zu erteilen, begründet keinen rechtlichen Unterschied, sondern ist nur eine Frage der praktikablen Vertragsdurchführung. Die Erfüllungsgehilfen des Dienst- oder Werknehmers haben dann diese Weisungen des Auftraggebers nicht deswegen zu erfüllen, weil sie zu diesem in einem Rechtsverhältnis stehen und in dessen Arbeits- und Produktionsprozeß eingegliedert sind, sondern weil sie aus dem zwischen ihnen und dem Dienst- bzw. Werknehmer bestehenden Rechtsverhältnis die Beachtung dieser Anweisungen schulden.

5. Daraus folgt, daß Personen, die als Dienst- oder Werknehmer oder deren Erfüllungsgehilfen die in einem Dienst- oder Werkvertrag vereinbarte Leistung erbringen, nicht schon deswegen in den Betrieb des Auftraggebers und dessen Organisation im Sinne von § 99 BetrVG eingegliedert sind, weil sie im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und die von ihnen zu erbringende Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozeß eingeplant ist. Darauf, inwieweit äußere Umstände dabei eine Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Betriebes notwendig machen, kommt es nicht an. Hinzukommen muß, daß diese Personen selbst in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert werden, so daß auch dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat, er die Personalhoheit über diese Personen hat.

a) Sinn und Zweck des dem Betriebsrat in § 99 BetrVG gewährten Mitbestimmungsrechts bei einer Einstellung gebieten nicht, jedes Tätigwerden in Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages, sofern es im Betrieb erfolgt, als zustimmungspflichtige Einstellung anzusehen.

Der Senat hat seine bisherige Rechtsprechung zum Einstellungsbegriff mit dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats begründet. Nach dessen Sinn und Zweck sollen damit die Interessen der im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmer gewahrt werden. Sie sollen vor möglichen Nachteilen in Form von Kündigungen oder Versetzungen geschützt werden, die Einhaltung von Vergabekriterien bei der Besetzung von Arbeitsplätzen soll überwacht und der Betriebsfrieden gewährleistet werden. Das folgt aus den möglichen Zustimmungsverweigerungsgründen in § 99 Abs. 2 Nr. 2, 3, 5 und 6 BetrVG. Diese Interessen werden nicht schon dadurch berührt, daß Personen als Erfüllungsgehilfen eines Dienst- oder Werknehmers bei der Erbringung der Dienstleistung oder der Erstellung eines Werkes im Betrieb tätig werden, von der in diesem Zusammenhang zu vernachlässigenden Möglichkeit einer Störung des Betriebsfriedens einmal abgesehen. Deren bloße Beschäftigung hat auf die Arbeitsplätze und die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer des Auftraggebers keine Auswirkungen (s. auch Kraft, Anm. zu AP Nr. 65 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 1 b).

b) Durch die Vergabe von Arbeiten, die bislang von Arbeitnehmern des Betriebes durchgeführt wurden oder die auch von Arbeitnehmern des Betriebes durchgeführt werden könnten, an Dienst- oder Werknehmer können allerdings bestehende Arbeitsplätze in Wegfall kommen oder kann die Schaffung neuer Arbeitsplätze entbehrlich werden. Ursache dieser Gefahr und der damit verbundenen Beeinträchtigung von Interessen der im Betrieb bestehenden Belegschaft ist die Entscheidung des Arbeitgebers, Arbeiten nicht durch eigene Arbeitnehmer ausführen zu lassen, sondern an Dritte zu vergeben. Einer solchen Gefahr zu begegnen, ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrats nach § 99 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht kommt erst zum Tragen, wenn der Arbeitgeber sich für eine Einstellung entschieden hat. Es dient nicht dazu, den Arbeitgeber zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu veranlassen oder ihn davon abzuhalten, Arbeitsplätze abzubauen oder frei gewordene Arbeitsplätze nicht mehr zu besetzen.

Die Entscheidung des Arbeitgebers, Arbeiten aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen durch andere verrichten zu lassen, unterliegt als solche nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Die Einstellung von Arbeiten, die bislang im Betrieb verrichtet wurden, und deren Übertragung auf Dritte kann eine Betriebsänderung sein, an der der Betriebsrat nach näherer Maßgabe der §§ 111 f. BetrVG zu beteiligen ist. Auch diese Vorschriften gewähren dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Entscheidung, bestimmte Arbeiten nicht mehr selbst zu verrichten, sondern von Dritten verrichten zu lassen. Diese Entscheidung ist, wenn sie eine Betriebsänderung zum Inhalt hat, mit dem Betriebsrat lediglich zu beraten. Der Betriebsrat kann für die von dieser Entscheidung betroffenen Arbeitnehmer einen Sozialplan erzwingen, um die wirtschaftlichen Nachteile einer solchen Entscheidung auszugleichen oder zu mildern. Ist die Entscheidung gefallen und sind bisher im Betrieb verrichtete Arbeiten auf Dritte übertragen worden, werden Interessen der Arbeitnehmer nicht erneut dadurch berührt, daß in Erfüllung eines geschlossenen Dienst- oder Werkvertrages der Dienst- oder Werknehmer oder dessen Erfüllungsgehilfen im Betrieb tätig werden.

III. Im vorliegenden Falle fehlt es an der erforderlichen Eingliederung der Arbeitnehmer der Fa. F in den Betrieb des Arbeitgebers.

Die Fa. F schuldet nach den getroffenen Vereinbarungen das Flämmen von Brammen im vertraglich festgelegten Umfang. Daß dieser Umfang und damit der Umfang der Vertragspflicht der Fa. F hinsichtlich jeder einzelnen Bramme durch den angebrachten Flämmschlüssel und die Zurückweisung ungenügend geflämmter Brammen durch den Revisor bestimmt wird, steht dem nicht entgegen. Unschädlich ist auch, daß die Brammen in einem gewissen zeitlichen Rahmen geflämmt und zur Weiterverarbeitung übergeben werden müssen, ebenso wie es unschädlich ist, daß das Flämmen aufgrund technischer und wirtschaftlicher Notwendigkeiten sinnvollerweise nur auf dem Werksgelände des Arbeitgebers oder in dessen Nähe verrichtet werden kann. Das Flämmen der Brammen durch die Fa. F ist auf Dauer angelegt. Ihr allein bleibt es überlassen, die zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung erforderlichen Arbeitnehmer in ausreichender Menge und zu den vereinbarten Zeiten zu beschaffen und dabei Ausfälle durch Krankheit, Urlaub und ähnliches einzuplanen. Wie viele Arbeitnehmer sie zu welchen Bedingungen beschäftigt, obliegt allein ihrer Entscheidung. Sie stellt teilweise die zum Flämmen erforderlichen Geräte, insbesondere die Handflämmaschinen. Sie ist nach dem Vertrag vom 30. Dezember 1988 berechtigt, auf dem Gelände des Arbeitgebers eine neuartige Flämmaschine zu installieren. Sie haftet nach dem Vertrag dafür, daß diese Flämmaschine die Brammen in vereinbartem Umfang und in der vereinbarten Güte flämmt und kein höherer Flämmverlust entsteht als bisher. Daß der Arbeitgeber benötigte Energie, Wasser und Preßluft sowie überhaupt den Arbeitsplatz einschließlich der zugehörigen Krane, Lager und Transporteinrichtungen unentgeltlich zur Verfügung stellt, ist unerheblich.

Schafft damit die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und der Fa. F alle Voraussetzungen dafür, daß der Fa. F die Organisation der für die Erbringung des vereinbarten Werkes erforderlichen Arbeiten obliegt und verbleibt, so sind aus dem festgestellten Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses sich in einer bloßen Zurverfügungstellung von Arbeitskräften erschöpft. Daß die örtlichen und zeitlichen Umstände, unter denen die Arbeitnehmer der Fa. F die Brammen zu flämmen haben, eine solche Würdigung nicht bedingt oder nahelegt, ist dargelegt worden. Auch der Umstand, daß die Revisoren des Arbeitgebers jedenfalls bislang Bestimmungen hinsichtlich des Flämmens und Nachflämmens der einzelnen Brammen auch im Hallenbereich der Fa. F an den einzelnen Flämmplätzen getroffen haben, besagt nicht, daß die Fa. F nur Arbeitskräfte gestellt hat, die vom Arbeitgeber eingesetzt und von den Revisoren angewiesen worden sind.

Bei der Prüfung der Frage, ob sich das Flämmen der Brammen durch Arbeitnehmer der Fa. F als bloße Arbeitnehmerüberlassung darstellt, kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß es sich bei der Fa. F um ein großes Unternehmen handelt, dessen Unternehmenszweck gerade Dienstleistungen in der Industrie und vornehmlich in der Stahlindustrie sind. Dieser Umstand macht zumindest deutlich, daß gerade auch in der Stahlindustrie Arbeitsvorgänge anfallen, deren Übertragung zur eigenverantwortlichen Erledigung auf darauf spezialisierte Unternehmen üblich ist.

Damit erweist sich die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers als begründet, so daß der Antrag des Betriebsrats abzuweisen war.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Dr. Münzer Lappe

 

Fundstellen

BAGE 67, 290-301 (LT1)

BAGE, 290

BB 1991, 1338

BB 1991, 1338-1340 (LT1)

BB 1991, 549

DB 1991, 1334-1336 (LT1)

AiB 1991, 337 (LT1)

BetrVG, (21) (LT1)

CR 1992, 170-173 (ST1-3)

EWiR 1991, 759 (L)

NZA 1991, 686-689 (LT1)

RdA 1991, 318

SAE 1992, 226-230 (LT1)

AP § 99 BetrVG 1972 (LT1), Nr 90

ArbuR 1992, 61-64 (LT1)

DBlR 3795a, (LT)

EzAÜG Nr 383, 1-6 (LT1)

EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 99 (LT1)

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