Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber ist nur dann verpflichtet, eine Entscheidung über die Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine anzuwendende Vergütungsgruppenordnung zu treffen, wenn er anläßlich der Einstellung oder Versetzung des Arbeitnehmers diesem erstmals eine Tätigkeit oder eine andere Tätigkeit zuweist oder wenn sich die anzuwendende Vergütungsgruppenordnung ändert.

Unterläßt der Arbeitgeber die danach gebotene Eingruppierungsentscheidung, so kann der Betriebsrat nach § 101 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, daß dieser die Eingruppierungsentscheidung vornimmt und den Betriebsrat nach Maßgabe von § 99 BetrVG daran beteiligt.

Hält der Betriebsrat eine mit seiner erklärten oder ersetzten Zustimmung erfolgte Eingruppierung nicht oder nicht mehr für zutreffend, so kann er vom Arbeitgeber nicht verlangen, daß dieser eine erneute Eingruppierungsentscheidung unter seiner Beteiligung trifft.

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 24.04.1990; Aktenzeichen 4 TaBV 186/89)

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 25.09.1989; Aktenzeichen 3 BV 36/89)

 

Gründe

A. Arbeitgeber und Betriebsrat (Antragsteller) streiten darüber, ob der Betriebsrat die Umgruppierung oder Neueingruppierung eines Arbeitnehmers verlangen kann, der nach Ansicht des Betriebsrats nicht mehr richtig eingruppiert ist.

Der Arbeitgeber, die deutsche Niederlassung eines schwedischen Automobilkonzerns, hat mit der Industriegewerkschaft Metall einen seit 1. Januar 1986 gültigen Firmentarifvertrag (im folgenden nur FTV) geschlossen, der über die Eingruppierung der Arbeitnehmer folgende Regelungen enthält:

"§ 3

Eingruppierung

1. Jeder Arbeitnehmer wird auf Grund seiner Tä-

tigkeit in eine Gehalts- oder Lohngruppe ein-

gruppiert.

2. Allgemeine Eingruppierungsbestim-

mungen

2.1 Die Arbeitnehmer werden entsprechend

ihrer Tätigkeit in die einzelnen

Tätigkeitsgruppen eingruppiert. Die

Bestimmungen des BetrVG sind zu be-

achten.

2.2 Maßgebend für die Eingruppierung sind

die Gruppenmerkmale, wie z.B. Tätig-

keitsbereich oder berufliche Ausbildung.

...

2.5 Bei der Zuweisung einer anderen dauernden

Tätigkeit wird die Eingruppierung über-

prüft und ggf. neu vorgenommen.

2.6 Jede Änderung der Eingruppierung ist dem

Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen;

gegen die Änderung kann der Arbeitnehmer

innerhalb einer Woche nach Eingang der

Mitteilung Einspruch einlegen.

2.7 Auf Antrag des Arbeitnehmers wird eine

Eingruppierung in Zusammenarbeit mit der

gesetzlichen Betriebsvertretung überprüft.

..."

Der Arbeitgeber beschäftigt seit dem 18. August 1986 die Arbeitnehmerin H. als Sachbearbeiterin in seinem regionalen Verkaufsbüro U . Um deren und die Eingruppierung zweier weiterer Sachbearbeiterinnen in anderen regionalen Verkaufsbüros streiten die Beteiligten seit Jahren. In einem ersten Beschlußverfahren verglichen sich die Beteiligten vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main - 4 TaBV 2/87 - am 24. November 1987 dahingehend, daß der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin H. in die Gehaltsgruppe K III einholt. Diese verweigerte der Betriebsrat mit der Begründung, er sei nicht ausreichend unterrichtet und machte hilfsweise geltend, Frau H. sei in die Gehaltsgruppe K IV einzugruppieren. Auf Antrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4 BetrVG hat das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main mit Beschluß vom 31. Januar 1989 - 4 TaBV 137/88 - die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin H. in die Gehaltsgruppe K III rechtskräftig ersetzt. Das Landesarbeitsgericht kam damals zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeit der Arbeitnehmerin H. den Merkmalen der Gehaltsgruppe K III entspreche.

Daraufhin leitete der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 7. Juli 1989 das vorliegende Beschlußverfahren ein. Er ist der Auffassung, die Arbeitnehmerin H. sei nunmehr aufgrund "schleichender Veränderungsvorgänge" in ihrer Tätigkeit in die Gehaltsgruppe K IV "hineingewachsen". Der Arbeitgeber sei deshalb verpflichtet, die Arbeitnehmerin H. in die höhere Vergütungsgruppe neu einzugruppieren und dabei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. Bleibe der Arbeitgeber gleichwohl untätig, müsse der Betriebsrat zur Wahrung seines Mitbestimmungsrechts vom Arbeitgeber nach § 101 BetrVG die Umgruppierung bzw. Neueingruppierung verlangen können.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Arbeitgeber zu verpflichten, die

Arbeitnehmerin H. neu in die VergGr.

K 4 einzugruppieren, die Zustimmung

des Betriebsrats zu dieser Eingruppie-

rung zu beantragen und im Verweigerungs-

falle das arbeitsgerichtliche Zustim-

mungsersetzungsverfahren durchzuführen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Er hat bestritten, daß die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung der Arbeitnehmerin H. in die Gehaltsgruppe K IV vorliegen, und die Ansicht vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe nur, wenn der Arbeitgeber eine Höhergruppierung vornehme. Ein Initiativrecht des Betriebsrats dahingehend, daß er über § 101 BetrVG eine unterlassene Umgruppierung vom Arbeitgeber verlangen könne, bestehe nicht.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag als unzulässig, das Landesarbeitsgericht hat ihn als unbegründet abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter. Der Arbeitgeber beantragt Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Das Beschlußverfahren ist die zutreffende Verfahrensart (§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ArbGG). Der Betriebsrat verfolgt einen vermeintlich eigenen Anspruch auf eine Umgruppierung der Arbeitnehmerin H. Dieser auf § 101 BetrVG gestützte Anspruch des Betriebsrats ist betriebsverfassungsrechtlicher Natur. Ob er besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrages.

2. Einer Entscheidung über den Antrag des Betriebsrats im vorliegenden Verfahren steht die Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 1989 - 4 TaBV 137/88 - nicht entgegen. Aufgrund dieser Entscheidung steht lediglich fest, daß die Arbeitnehmerin H. aufgrund der ihr bei der Einstellung zugewiesenen Tätigkeit mit Zustimmung des Betriebsrats in die Gehaltsgruppe K III FTV eingruppiert ist. Der Betriebsrat behauptet vorliegend, daß sich die Tätigkeit der Arbeitnehmerin H. geändert habe und nunmehr die Anforderungen der Gehaltsgruppe K IV erfülle, so daß seiner Ansicht nach eine neue, der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende personelle Einzelmaßnahme - Neueingruppierung bzw. Umgruppierung - erforderlich sei.

3. Bei dem auf § 101 BetrVG gestützten Antrag des Betriebsrats handelt es sich um einen Leistungsantrag, für den kein besonderes Rechtsschutzinteresse erforderlich ist (Senatsbeschluß vom 20. November 1990 - 1 ABR 87/89 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Dieses folgt allein daraus, daß der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats, die Arbeitnehmerin H. in die Gehaltsgruppe K IV umzugruppieren, bislang nicht nachgekommen ist.

II. Der Antrag ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Betriebsrat könne nicht die Umgruppierung der Arbeitnehmerin H. in die Gehaltsgruppe K IV verlangen.

1. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben.

Die Eingruppierung oder Umgruppierung kann jedoch nicht aufgehoben werden, weil sie keine tatsächliche nach außen wirkende Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung bzw. die Kundgabe des bei dieser Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses ist, daß nämlich die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher der Arbeitnehmer in diese Vergütungsgruppe einzuordnen ist (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluß vom 20. März 1990 - 1 ABR 20/89 - AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972 = EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 87 mit zustimmender Anmerkung von Hoyningen-Huene und vom 20. September 1990 - 1 ABR 17/90 - AP Nr. 83 zu § 99 BetrVG 1972, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Der Senat hat daher bereits in seinen Entscheidungen vom 22. März 1983 (BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972 mit Anmerkung Löwisch) und vom 31. Mai 1983 (BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972 mit Anmerkung Misera) im einzelnen ausgeführt und begründet, daß dann, wenn der Arbeitgeber eine Eingruppierung ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorgenommen hat, dieser nach § 101 BetrVG zwar nicht die "Aufhebung der Eingruppierung", wohl aber die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei Verweigerung der Zustimmung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verlangen könne. In seinem Beschluß vom 20. Dezember 1988 (BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972 mit Anmerkung Misera = SAE 1989, 307 mit Anmerkung Pottmeyer) hat der Senat entschieden, daß der Betriebsrat dann, wenn der Arbeitgeber überhaupt eine Eingruppierung des Arbeitnehmers unterläßt, nach § 101 BetrVG vom Arbeitgeber die Vornahme der Eingruppierung unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats verlangen kann, sofern sich die Nichteingruppierung des Arbeitnehmers als ein betriebsverfassungswidriger Zustand darstellt. Das sei dann der Fall, wenn der Arbeitgeber zu einer Eingruppierung verpflichtet sei und diese nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführen könne. Daran hat der Senat im Beschluß vom 3. Oktober 1989 (- 1 ABR 66/88 - AP Nr. 75 zu § 99 BetrVG 1972) festgehalten.

Unmittelbar auf diese Rechtsprechung kann sich der Betriebsrat, wie er auch selbst erkennt, vorliegend nicht stützen, weil der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin H. mit der vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig ersetzten Zustimmung des Betriebsrats in die Gehaltsgruppe K III eingruppiert hat.

2. Die Frage, ob der Betriebsrat nach einer mit seiner Zustimmung erfolgten Eingruppierung vom Arbeitgeber, gestützt auf § 101 BetrVG, die Umgruppierung eines Arbeitnehmers verlangen kann, hat der Senat noch nicht entschieden. In seinem Beschluß vom 3. Oktober 1989 (aa0, zu B II 3 der Gründe) hat der Senat die Notwendigkeit einer erneuten Ein- bzw. Umgruppierung bejaht, wenn der Tarifvertrag, nach dem die Arbeitnehmer eines Betriebes einzugruppieren sind, durch einen anderen Tarifvertrag geändert wird, der für die Eingruppierung auf andere Kriterien als der bisherige Tarifvertrag abstellt.

a) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1988 eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats einzugruppieren, dann angenommen, wenn die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit überhaupt von einer anzuwendenden Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung erfaßt werde und der Arbeitnehmer nach dieser Ordnung einen Anspruch auf Vergütung entsprechend der zutreffenden Vergütungsgruppe und damit auch einen Anspruch auf Eingruppierung habe. Der Arbeitgeber sei dann auch gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, diesen bei der erforderlich werdenden Eingruppierung nach Maßgabe des § 99 BetrVG zu beteiligen.

Gegen diese Entscheidung ist eingewendet worden, der Senat

dehne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG und dessen Antragsrecht nach § 101 Satz 1 BetrVG in unzulässiger Weise aus, weil sich die Befugnisse des Betriebsrates nach den §§ 99 bis 101 BetrVG darauf beschränkten, Maßnahmen, die der Arbeitgeber tatsächlich vorzunehmen plane, zuzustimmen oder die Zustimmung zu verweigern. Der Betriebsrat könne nicht über § 101 Satz 1 BetrVG die Vornahme einer unterlassenen Eingruppierung erzwingen (Pottmeyer, SAE 1989, 311, 315 f.; ähnlich Veit, Die Sicherung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Eingruppierungen, RdA 1990, 325, 336 f., die aber die Nichteingruppierung als "Eingruppierung in die Gruppe 0" deutet, so daß der Betriebsrat nach § 101 BetrVG verlangen kann, daß der Arbeitgeber zu dieser "Eingruppierung in die Gruppe 0" nachträglich die Zustimmung des Betriebsrats einholt).

Diese Kritik verkennt, daß § 101 BetrVG der Beseitigung eines durch die Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entstandenen betriebsverfassungswidrigen Zustandes dient. Dieser betriebsverfassungswidrige Zustand tritt jedoch nicht nur dann ein, wenn der Arbeitgeber eine Eingruppierung ohne Zustimmung des Betriebsrates vornimmt, sondern in gleichem Maße auch dann, wenn er eine Eingruppierung, zu der er betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet ist, unterläßt. Zwar geht § 101 Satz 1 BetrVG nach seinem Wortlaut von einer Handlung des Arbeitgebers aus. Dem Durchführen einer personellen Maßnahme steht aber nach dem Grundgedanken des § 101 Satz 1 BetrVG das pflichtwidrige Unterlassen einer gebotenen personellen Maßnahme gleich (ähnlich Misera, Anm. zu BAG AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972, unter IV, der in solchen Fällen § 101 Satz 1 BetrVG analog anwenden will). Der Senat hält daher an seinem Beschluß vom 20. Dezember 1988 (aa0) fest.

b) Zutreffend ist jedoch, daß die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Vornahme einer Ein- oder Umgruppierung nicht aus einer individualrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, diesen einzugruppieren, folgt. Eine solche Pflicht zur Eingruppierung des Arbeitnehmers besteht nicht. Richtet sich die Eingruppierung eines Arbeitnehmers - wie auch im vorliegenden Falle - nach der von ihm auszuübenden Tätigkeit, so besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer einzugruppieren, da die Eingruppierung individualrechtlich keine vom Arbeitgeber vorzunehmende Handlung ist, sondern sich von selbst aus der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit ergibt (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 16. Januar 1991 - 4 AZR 301/90 - zur Veröffentlichung bestimmt und Urteil vom 30. Mai 1990 - 4 AZR 74/90 - AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung kann sich nur aus dem Betriebsverfassungsgesetz selbst, als betriebsverfassungsrechtliche Norm aus einem Tarifvertrag oder aus einer Betriebsvereinbarung ergeben.

Eine solche betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung anläßlich einer Einstellung folgt bereits aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG (so auch Misera, aa0). Danach hat der Arbeitgeber bei einer Einstellung die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Da der Betriebsrat einer Einstellung seine Zustimmung nicht deshalb verweigern kann, weil der Arbeitgeber den einzustellenden Arbeitnehmer nicht oder unzutreffend eingruppiert (BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 79 BetrVG 1972), kann die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die vorgesehene Eingruppierung bei Einstellung nur den Zweck haben, dem Betriebsrat eine Stellungnahme zu dem Mitbestimmungstatbestand "Eingruppierung" zu ermöglichen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG setzt damit voraus, daß der Arbeitgeber bei einer Einstellung dem Betriebsrat gegenüber auch zur Eingruppierung des einzustellenden Arbeitnehmers verpflichtet ist.

c) Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber auch bei einer Versetzung dem Betriebsrat die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Damit geht das Gesetz auch hier davon aus, daß bei einer Versetzung eine neue Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers notwendig wird. Das erklärt sich aus dem Versetzungsbegriff des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, wonach eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs ist, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Da somit bei der Versetzung die Tätigkeit des Arbeitnehmers eine andere wird (vgl. zu diesem Erfordernis einer Versetzung Senatsbeschluß vom 26. Mai 1988 - 1 ABR 18/87 - AP Nr. 13 zu § 95 BetrVG 1972, zu B 3 der Gründe und 19. Februar 1991 - 1 ABR 36/90 - zur Veröffentlichung vorgesehen), muß der Arbeitgeber die Eingruppierung des Arbeitnehmers überprüfen und den Betriebsrat daran beteiligen. Diese Überprüfung kann ergeben, daß der Arbeitnehmer weiterhin in der bisherigen Gehalts- oder Lohngruppe bleibt oder in eine andere umgruppiert werden muß. Beide Entscheidungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG. In solchen Fällen ist nicht nur die Umgruppierung, sondern auch das Beibehalten der bisherigen Eingruppierung eine neue Eingruppierung und damit eine neue personelle Einzelmaßnahme, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöst.

d) Ebenso wie anläßlich einer Einstellung die erstmalige Zuweisung einer Tätigkeit und anläßlich einer Versetzung die Zuweisung einer anderen Tätigkeit notwendig eine Entscheidung des Arbeitgebers darüber erforderlich macht, welchen Tätigkeitsmerkmalen einer anzuwendenden Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung die erstmalig zugewiesene oder die neu zugewiesene Tätigkeit entspricht, wird eine solche Entscheidung auch dann notwendig, wenn die maßgebende Gehalts- oder Lohngruppenordnung eine Änderung erfährt und damit zu entscheiden ist, welchen der neuen Tätigkeitsmerkmale die von den Arbeitnehmern auszuübenden Tätigkeiten entsprechen.

Von daher ist es gerechtfertigt, auch in diesem Falle davon auszugehen, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat ebenso wie bei der Einstellung oder Versetzung die Eingruppierung nach der neuen Gehalts- oder Lohngruppenordnung mitzuteilen hat. In diesen drei genannten Fällen ist daher der Arbeitgeber schon nach § 99 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat gegenüber verpflichtet, die von ihm ohnehin zu treffende Eingruppierungsentscheidung mitzuteilen und den Betriebsrat an dieser Entscheidung zu beteiligen.

e) Eine über diese drei Fallgestaltungen hinausgehende Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat, eine erneute Eingruppierungsentscheidung zu treffen, besteht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht. Insbesondere entsteht eine solche Pflicht nicht bereits dann, wenn der Betriebsrat - gleich aus welchen Gründen - zu der Rechtsauffassung gelangt, ein mit seiner Zustimmung eingruppierter Arbeitnehmer sei nunmehr falsch eingruppiert. Eine solche Pflicht des Arbeitgebers, auf Verlangen des Betriebsrats erneut eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen, läßt sich weder dem Wortlaut des § 99 BetrVG entnehmen, noch folgt sie aus Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen.

Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Ein- und Umgruppierung ist ein Mitbeurteilungsrecht. Der Betriebsrat wird an dem Akt der Rechtsanwendung, den eine Ein- und Umgruppierung darstellt, beteiligt. Die Betriebspartner sollen gemeinsam die Frage beantworten, welcher Gehalts- oder Lohngruppe der Arbeitnehmer aufgrund der von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten zuzuordnen ist. Mit der Beteiligung des Betriebsrats soll eine größere Gewähr für die Richtigkeit der vorgenommenen Ein- oder Umgruppierung und der gleichmäßigen Anwendung der Gehalts- oder Lohngruppenordnung im Betrieb erreicht werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluß vom 20. März 1990, aa0 und vom 20. September 1990, aa0; ebenso der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 30. Mai 1990 - 4 AZR 74/90 - AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Diese Mitbeurteilung hat jedoch stattgefunden, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer - wie hier - bei der Einstellung mit Zustimmung des Betriebsrats bzw. dessen vom Arbeitsgericht ersetzter Zustimmung eingruppiert. Solange der Arbeitgeber - von den genannten drei Fällen abgesehen - nicht von sich aus die Feststellung trifft, die Tätigkeit des Arbeitnehmers entspreche nicht oder nicht mehr den Tätigkeitsmerkmalen derjenigen Gehalts- oder Lohngruppe, in die er eingruppiert ist, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für eine (erneute) Mitbeurteilung durch den Betriebsrat. Erst wenn der Arbeitgeber eine von ihm für unzutreffend gehaltene Eingruppierung korrigieren will, trifft er eine neue Eingruppierungsentscheidung, an der der Betriebsrat zu beteiligen ist (vgl. Beschluß des Senats vom 30. März 1990 - 1 ABR 20/89 - AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972 und Urteil des Vierten Senats vom 30. Mai 1990 - 4 AZR 74/90 - AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG, beide Entscheidungen zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

f) Der Rechtsbeschwerde ist einzuräumen, daß der Zweck der Mitbeurteilung durch den Betriebsrat bei Ein- und Umgruppierung noch besser erreicht werden könnte, wenn der Betriebsrat den Arbeitgeber zwingen könnte, eine vom Betriebsrat als falsch erkannte Eingruppierung zu korrigieren. Das Gesetz hat aber dem Betriebsrat im Bereich der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen - von § 104 BetrVG abgesehen - gerade kein Initiativrecht eingeräumt, aufgrund dessen der Betriebsrat vom Arbeitgeber eine bestimmte Ein- oder Umgruppierung verlangen könnte. Der Senat hat daher in seinem Beschluß vom 20. Dezember 1988 (aa0) bei Unterlassung einer Eingruppierung nur eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung überhaupt, nicht jedoch eine Verpflichtung zur Eingruppierung in eine bestimmte Gehalts- oder Lohngruppe bejaht. Würde allein die Rechtsansicht des Betriebsrats, der Arbeitnehmer sei nicht mehr zutreffend eingruppiert, für eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Umgruppierung in eine bestimmte Gehalts- oder Lohngruppe ausreichen, liefe das, worauf das Landesarbeitsgericht zu Recht hinweist, auf die Annahme eines im Bereich der personellen Einzelmaßnahmen nicht vorgesehenen Initiativrechtes hinaus. Der Betriebsrat könnte dann nicht nur seine Zustimmung zu einer Ein- oder Umgruppierung aus den Gründen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, sondern die Eingruppierung in eine bestimmte Lohn- oder Gehaltsgruppe verlangen. Aus dem Zustimmungsverweigerungsrecht wegen eines Verstoßes der Ein- oder Umgruppierung gegen die anzuwendende Gehalts- oder Lohngruppenordnung würde ein Anspruch des Betriebsrats "auf richtige Eingruppierung". Das macht auch der in diesem Verfahren vom Betriebsrat verfolgte Antrag deutlich, mit dem dem Arbeitgeber aufgegeben werden soll, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin H. in die vom Betriebsrat für zutreffend gehaltene Vergütungsgruppe K IV zu beantragen.

Aus dem Schutzzweck des § 101 BetrVG folgt nichts anderes. Das dem Betriebsrat hier eingeräumte Antragsrecht dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, nicht aber der Korrektur einer individualrechtlich möglicherweise unzutreffenden oder unzutreffend gewordenen Eingruppierung eines Arbeitnehmers.

Damit ist der Arbeitgeber nicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, hinsichtlich der Arbeitnehmerin H. eine erneute Eingruppierungsentscheidung zu treffen und an dieser den Betriebsrat zu beteiligen.

3. Aus dem im Betrieb des Arbeitgebers anzuwendenden Firmentarifvertrag ergibt sich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, hinsichtlich der Arbeitnehmerin H. eine erneute Eingruppierungsentscheidung zu treffen, nicht.

Wenn es in § 3 Ziff. 2.1 FTV heißt, daß die Arbeitnehmer entsprechend ihrer Tätigkeit in die einzelnen Tätigkeitsgruppen eingruppiert werden und daß die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu beachten sind, so wird damit nur auf die gesetzliche Regelung verwiesen, nicht aber werden zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat begründet. Wenn es in § 3 Ziff. 2.7 FTV heißt, daß auf Antrag des Arbeitnehmers eine Eingruppierung in Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Betriebsvertretung überprüft wird, so fehlt es vorliegend schon an einem solchen Antrag der Arbeitnehmerin H. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob die in dieser Betriebsnorm angeordnete Überprüfung der Eingruppierung in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Inhalt haben kann, erneut die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und diese notfalls gerichtlich ersetzen zu lassen, wenn er aufgrund der Überprüfung zu der Ansicht gelangt, die vorgenommene Eingruppierung sei zutreffend.

4. Hält der Betriebsrat die mit seiner Zustimmung erfolgte Eingruppierung nicht mehr für richtig, so ist er darauf beschränkt, über seine allgemeine Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beim Arbeitgeber die Einhaltung der seiner Ansicht nach nicht mehr richtig angewendeten Gehalts- oder Lohngruppenordnung anzumahnen. Aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG folgt jedoch kein Anspruch des Betriebsrats, vom Arbeitgeber die zutreffende Durchführung der dort genannten Vorschriften verlangen zu können (Senatsbeschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 150 = AP Nr. 26 zu § 80 BetrVG 1972 und 17. Oktober 1989, BAGE 63, 152 = AP Nr. 53 zu § 112 BetrVG 1972). Die Entscheidung, ob eine mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Eingruppierung korrigiert werden soll, obliegt allein dem Arbeitgeber.

Da nach dem Gesagten der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine erneute Entscheidung über die Eingruppierung der Arbeitnehmerin H. zu treffen, da sich weder die Tätigkeitsmerkmale in § 3 Ziff. 3 FTV geändert haben noch die Arbeitnehmerin H. versetzt worden ist, erweist sich der Antrag des Betriebsrats als unbegründet. Seine Rechtsbeschwerde gegen die zutreffende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts war daher zurückzuweisen.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Andersch Weinmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 436955

BAGE 68, 104-115 (LT1)

BAGE, 104

BB 1991, 1933

BB 1991, 1933-1935 (LT1)

DB 1991, 2086-2088 (LT1)

BuW 1991, 431-432 (K)

BetrVG, (22) (LT1)

NZA 1991, 852-855 (LT1)

RdA 1991, 383

SAE 1992, 169-173 (LT1)

ZTR 1991, 478-480 (LT1)

AP § 99 BetrVG 1972 (LT1), Nr 105

EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 100 (LT1-3)

MDR 1991, 1070 (LT1)

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