Leitsatz

Aufstellung einer Parabolantenne auf dem Balkon als nachteiliger Gebrauch des Sondereigentums

 

Normenkette

§§ 14, 15 Abs. 3 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Ein Wohnungseigentümer, der eine Satellitenanlage installieren will, kann i.d.R. auf einen bestehenden Kabelanschluss verwiesen werden, es sei denn, dass ein besonderes Informationsinteresse des Wohnungseigentümers besteht. Dies wird insbesondere bei Eigentümern ausländischer Staatsangehörigkeit angenommen, deren Heimatprogramme nicht oder nur in geringer Zahl in das deutsche Kabelnetz eingespeist werden (vgl. OLG Celle, NJOZ 2006 S. 3283; OLG München, ZMR 2006 S. 309).
  2. Der in der Aufstellung der Parabolantenne auf dem Balkon liegende Gebrauch des Sondereigentums führt zu einem Nachteil i.S.d. § 14 WEG, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (so bereits LG Hamburg, ZMR 2009 S. 796).
  3. Verlangt ein (nicht angefochtener und damit bestandskräftiger) Beschluss abweichend von der Gemeinschaftsordnung schlechthin das Entfernen von Parabolantennen, so ist er nichtig. Vorliegend war in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass eine Einwilligung zur Anbringung einer solchen Antenne nur aus wichtigem Grund versagt werden darf. Deshalb kann die Beseitigung einer solchen Einrichtung dann auch nur aus wichtigem Grund gefordert werden (vgl. BGH, ZMR 2004 S. 438, 442).
  4. Es besteht im Übrigen keine Beschlusskompetenz bei Nichterreichen der qualifizierten Mehrheit einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Öffnungsklausel.
Anmerkung

Dass bei einer vereinbarten Öffnungsklausel von keiner Beschlusskompetenz auszugehen sei, wenn die dort vereinbarte qualifizierte Mehrheit nicht erreicht werde, ist m.E. eine abzulehnende Schlussfolgerung, die sicher auch nicht derzeit vorherrschender Rechtsmeinung entspricht. Die Beschlusskompetenz ergibt sich ja gerade aus der vereinbarten Öffnungsklausel. Werden dort in der Regel erforderliche qualifizierte Mehrheiten nicht erreicht und kann von einem Versammlungsleiter u.U. etwa auch nur ein einfacher Mehrheitsbeschluss verkündet werden, so ist ein solcher Beschluss zwar erfolgreich anfechtbar, aber sicher nicht mangels Beschlusskompetenz von Anfang an nichtig. Da bekanntlich andere Berufungsgerichte (z. B. auch das LG München I) bis zuletzt auch nur von Anfechtungsberechtigung solcher Beschlüsse mit nicht erreichten Qualifizierungen sprechen, verwundert diese Begründung des LG Hamburg. Auch im Fall gesetzlicher Öffnungsklauseln mit neuen Beschlusskompetenzen führen nicht erreichte Mehrheiten nach h.M. nur zu einer Anfechtbarkeit des Beschlusses (etwa zu §§ 16 Abs. 4 oder 22 Abs. 2 WEG).

 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil vom 24.06.2009, 318 S 150/08LG Hamburg, Urteil v. 24.06.2009, 318 S 150/08, ZMR 2009 S. 872

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge