rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn eine Betriebsvereinbarung vorsieht, dass Beschäftigte, deren Arbeitszeit nicht minutengenau elektronische erfasst und abgerechnet wird, eine um 25 Prozentpunkte höhere Jahressonderzahlung erhalten als Beschäftigte, bei denen eine minutengenaue elektronische Arbeitszeiterfassung und -abrechnung erfolgt. Mit einer solchen Betriebsvereinbarung soll einerseits für alle Beschäftigten eine Sonderzahlung, andererseits für Beschäftigte ohne minutengenaue Zeiterfassung ein pauschaler Ausgleich für nicht angeordnete Mehrarbeit erfolgen.

2. § 16 Abs. 2 ArbZG verpflichtet den Arbeitgeber nur, die Arbeitszeiten aufzuzeichnen, die über acht Stunden pro Werktag hinausgehen. Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 2 ArbZG kann keine höhere Sonderzahlung nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigen.

3. Wenn ein klagender Arbeitnehmer einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz damit begründen will, dass die Beschäftigten, deren Arbeitszeit nicht minutengenau erfasst und abgerechnet wird, nicht in einem Umfang Mehrarbeit leisten, der die höhere Sonderzahlung rechtfertigt, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die nicht ausreichende Leistung von Mehrarbeit ergibt.

4. Die Koppelung verschiedener Zwecke bei einer freiwilligen Leistung verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 22.05.2002; Aktenzeichen 23 Ca 72/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2002 – 23 Ca 72/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um die Höhe der dem Kläger zustehenden Jahressonderzahlung für das Jahr 2001.

Der Kläger ist seit dem 07. September 1988 bei der Beklagten als gewerblicher Mitarbeiter beschäftigt. Er bezog einen Monatslohn in Höhe von DM 3.751,72.

Im Jahr 2001 gewährte die Beklagten ihren Mitarbeitern eine Jahressonderzahlung, die sie im Monat Dezember abrechnete. Der Kläger erhielt 40 % seines Monatslohns, also DM 1501,00 brutto mit seinen Bezügen im Dezember 2001 ausbezahlt. Er begehrt die Zahlung weiterer 25 % seines Monatslohns in Höhe von EUR 479,40 brutto als Sonderzahlung für das Jahr 2001.

Grundlage der Sonderzahlung war eine zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung „Jahressonderzahlung 2001” (Anlage K 3, Bl. 6 ff. d.A.). Nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung erhalten alle Mitarbeiter, die am 01. Dezember 2001 über eine Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr verfügen, eine Jahressonderzahlung nach der Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen. In § 4 der Betriebsvereinbarung ist geregelt:

„Die Jahressonderzahlung beträgt

a) für Mitarbeiter, deren Arbeitszeit elektronisch erfasst und entsprechend abgerechnet wird

nach 1-jähriger

ununterbrochener Betriebszugehörigkeit

10 %

nach 3-jähriger

20 %

nach 5-jähriger

30 %

nach 10-jähriger

40 %

b) für Mitarbeiter die nicht unter Punkt a) fallen

nach 1-jähriger

ununterbrochener Betriebszugehörigkeit

35 %

nach 3-jähriger

45 %

nach 5-jähriger

55 %

nach 10-jähriger

65 %

Monatsgehalts.”

In der Fußnote zu § 4 b) heißt es:

„Die unter b) aufgeführten Mitarbeiter/innen erhalten eine um 25 % erhöhte Jahressonderzahlung, mit der die pro Arbeitstag anfallende unbezahlte und nicht ausgeglichene Mehrarbeit von etwa 10 bis 15 Minuten ausgeglichen wird. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die Vergütung dieser Mehrarbeit im Jahr 2002 neu geregelt wird und werden hierzu Verhandlungen im 1. Quartal 2002 aufnehmen.”

Der Kläger fällt unter die in § 4 a) benannten Mitarbeiter, dass heißt seine Arbeitszeit wird minutengenau erfasst, abgerechnet und ausbezahlt. Die Mitarbeiter in § 4 b) haben eine feste Arbeitszeit von 38 Stunden die Woche. Ihre Arbeitszeit wird nicht elektronisch erfasst und nicht minutengenau abgerechnet.

Der Kläger hat behauptet, bei der Differenzierung der Arbeitnehmergruppen in § 4 der Betriebsvereinbarung handele es sich um eine verschleierte Differenzierung zwischen gewerblichen und kaufmännischen Mitarbeitern; unter § 4 a) würden nur gewerbliche Mitarbeiter und unter § 4 b) nur kaufmännische Mitarbeiter fallen. Er hat gemeint, diese Regelung stelle eine Ungleichbehandlung der gewerblichen Mitarbeiter dar, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Deshalb habe auch er Anspruch auf die Jahressonderzahlung in der Höhe, wie sie die unter § 4 b) fallenden Mitarbeiter erhielten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 479,40 brutto zuzüglich Zinsen in der Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit dem 1.1.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, eine Differenzierung zwischen gewerblichen und kaufmännischen Mitarbeitern verberge sich nicht hinter der Regelung in § 4 de...

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