Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung im Schreiben vom

25. März 2002 nicht aufgelöst worden ist.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.803,62 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

Der Kläger ist bei der Beklagten, in deren Diensten regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden stehen, seit dem 15. September 1975 gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt durchschnittlich 1.934,54 EUR als Maler beschäftigt. Nach einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Abteilungsleiter der Beklagten Herrn … in der Woche vom 11. bis 15. März 2002, dessen Inhalt die Parteien unterschiedlich darstellen, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 20. März 2002 (Ablichtung Bl. 14 d.A.) folgendes mit:

„1. ABMAHNUNG

… am Dienstag, dem 19.03.2002 sind Sie bei einer Baustellenkontrolle durch Herrn … um 15.35 Uhr auf der Baustelle … nicht mehr angetroffen worden. Wie Ihnen bekannt ist, beginnt Ihre regelmäßige Arbeitszeit um 7.00 Uhr und endet um 16.00 Uhr. Sie haben sich weder bei Ihrem zuständigen Bauleiter noch in der Firma abgemeldet. Somit haben Sie die Baustelle unerlaubt verlassen.

Im Interesse eines ungestörten Arbeitsablaufes sind wir nicht gewillt, ein solches Fehlverhalten hinzunehmen. Wir fordern Sie daher auf, die Arbeitszeit einzuhalten.

Wir weisen darauf hin, dass Ihr Arbeitsverhältnis gefährdet ist, wenn Sie sich weitere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen.”

Am 25. März 2002 übergab der Kläger seinen Wochenzettel für die vorangegangene Arbeitswoche (Ablichtung Bl. 30 d.A.; Kopie zur Veranschaulichung als Urteilsanlage). Darin gab der Kläger nach übereinstimmender Darstellung der Parteien (die allerdings mit den dokumentierten Eintragungen des Klägers – „8/15” (also 8 ¼ Stunden)! – nicht übereinstimmt) für den 19. März 2002 an, 8 ½ Stunden auf der Baustelle … gearbeitet zu haben. Mit Schreiben vom 25. März. 2002 (Ablichtung Bl. 11 d.A.), dessen Zugangszeitpunkt nicht festgestellt ist, erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In dem Schreiben heißt es:

„hiermit kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis wegen versuchten Betrugs fristlos. Sie haben Ihren Wochenzettel vom 18.03.–22.03.2002 absichtlich falsch ausgefüllt.”

Gegen diese Kündigung richtet sich die am 4. April 2002 bei Gericht eingereichte und der Beklagten am 11. April 2002 zugestellte Kündigungsschutzklage. Der Kläger bestreitet die „behaupteten Kündigungsgründe” und rügt im Hinblick auf sein langjähriges Arbeitsverhältnis namentlich eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung im Schreiben vom 25. März 2002 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zunächst (s. aber noch unten, S. 4) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält das Vertrauensverhältnis der Parteien für zerstört, weil der Kläger „die Grundlagen für die Lohnberechnung zu seinen Gunsten verfälscht (habe), um bei dem Arbeitgeber einen entsprechenden Irrtum zu erregen und so in den Genuss der Bezahlung für nicht geleistete Arbeitsstunden zu gelangen” (Schriftsatz vom 23. April 2002 S. 3 [Bl. 28 d.A.). Die Kündigung sei wenigstens, so meint sie, in eine ordentliche Kündigung umzudeuten (a.a.O. S. 4 [Bl. 28 d.A.]).

Der Kläger verweist darauf, dass die Beklagte ihm – was wiederum unstreitig ist, obwohl die Lohnabrechnung (Bl. 38 d.A.) nur die Bezahlung jener 8,25 Stunden (also: 8 ¼ Stunden) ausweist, von denen beim Wochenzettel schon die Rede war – für den 19. März 2002 tatsächlich 8 ½ Stunden Arbeit bezahlt habe (Schriftsatz vom 7. Mai 2002 S. 2 [Bl. 36 d.A.]; Beklagte: Schriftsatz vom 23. Mai 2002 S. 2 [Bl. 44 d.A.]), und behauptet, er habe die fraglichen „8 ½” (also: 8 ¼) Stunden auch gearbeitet: Er habe an diesem Tage zwischen 7.00 und 15.30 Uhr keine Pause gemacht, da er, weil der 19. März 2002 sein Namenstag gewesen sei, den Arbeitsplatz vorzeitig habe verlassen wollen (a.a.O. S. 1–2 [Bl. 35–36 d.A.]). Genau das habe er auch schon eine Woche vorher dem Mitarbeiter der Beklagten (Herrn …) mitgeteilt (Schriftsatz vom 7. Mai 2002 S. 1 [Bl. 35 d.A.]). Im Übrigen seien „in der Vergangenheit bei einem Dissens zwischen den Parteien über die inhaltliche Richtigkeit der eingereichten Wochenzettel zu keinem Zeitpunkt arbeitsvertragliche Sanktionen gegenüber dem Kläger vorgenommen” worden (a.a.O. S. 3 [Bl. 37 d.A]). Vielmehr sei es „langjährige Übung (gewesen), Wochenzettel, welche inhaltlich nicht die Zustimmung der Beklagten fanden, korrigiert an die Arbeitnehmer zurückzugeben, ohne weitere rechtliche Schritte daraus herzuleiten” (a.a.O.).

Die Beklagte erwidert, Herr … habe den Kläger „eine Woche zuvor dahingehend ermahnt …, dass die Arbeit exakt um 7 Uhr begonnen und frühestens um 16 Uhr unter Berücksichtigung der üblichen Pausenzeiten beendet werden dürfe” (Sc...

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