1 Leitsatz

Ist eine Anfechtungsklage vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängig geworden, bemisst sich der Streitwert analog § 48 Abs. 5 WEG auch für nach diesem Zeitpunkt eingelegte Rechtsmittel nach § 49a GKG a. F. und nicht nach § 49 GKG.

2 Normenkette

§§ 49, 49a a. F., 71 Abs. 1 Satz 2 GKG; §§ 44, 46 a. F. WEG

3 Das Problem

Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die nach dem 1.12.2020 (WEG-Reform) eingelegt worden ist, wird fraglich, ob nach § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG bereits der neue § 49 GKG anwendbar ist.

4 Die Entscheidung

Der BGH verneint die Frage! Entsprechend § 48 Abs. 5 WEG sei noch § 49a GKG a. F. anwendbar. § 48 Abs. 5 WEG verdränge die (allgemeine) Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG, wonach in der Rechtsmittelinstanz neues Recht anwendbar ist. Hierfür spreche zum einen der Wortlaut des § 49 GKG. Zum anderen entspreche nur diese Sichtweise dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe dadurch, dass der Streitwert nunmehr (§ 49 Satz 2 GKG) auf den 7,5-fachen und nicht mehr auf den 5-fachen Wert des Interesses (§ 49a Abs. 1 Satz 2 GKG a. F.) des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen gedeckelt und damit höher als nach dem bisherigen Recht sei, den Wegfall der Mehrvertretungsgebühr für den Beklagtenvertreter kompensieren wollen (vgl. BT-Drs. 19/22634, S. 48).

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, welche GKG-Bestimmung in einem Altverfahren anwendbar ist, bei dem das Rechtsmittel ab dem 1.12.2020 (WEG-Reform) eingelegt wird. Von der Antwort ist abhängig, wie man den Gebührenstreitwert ermittelt.

Die Übergangsbestimmungen

In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden nach § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. In einem Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist, gilt dies nach § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG aber nicht. Deshalb müssten für alle Rechtsmittelverfahren in WEG-Streitigkeiten für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts mittlerweile entweder § 49 GKG oder § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. §§ 3, 6 bis 9 ZPO anwendbar sein.

Dies sieht der BGH bei Beschlussklagen anders. Er will hier § 48 Abs. 5 WEG entsprechend anwenden, obwohl sich dieser nur "zum dritten Teil des WEG" äußert und zum GKG keine Aussage trifft (siehe nur Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 1. Aufl., Kap. 14 Rn. 217).

Andere WEG-Streitigkeiten

Es ist nicht klar, ob der BGH die Rechtslage für die anderen WEG-Streitigkeiten auch so sieht und in den anderen Altverfahren also trotz § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht § 48 Abs. 1 Satz GKG i. V. m. § 3, 6 bis 9 ZPO, sondern § 49a GKG anwenden wird. Es ist nach seiner Argumentation aber zu erwarten, dass es nicht so sein wird und § 49a GKG (dazu Elzer in Toussaint, GKG, 50. Aufl., § 49a) nur für Beschlussklagen noch eine Zeitlang Bedeutung hat.

6 Entscheidung

BGH, Beschluss v. 30.9.2021, V ZR 258/20

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