BGH: Klagegegner bei WEG-Beschlussanfechtung nach WEG-Reform

Seit der WEG-Reform ist eine Beschlussanfechtung ausschließlich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Eine gegen die Eigentümer gerichtete Klage wahrt die Anfechtungsfrist nicht.  

Hintergrund: Anfechtungsklage gegen die anderen Eigentümer

In einer Eigentümerversammlung am 14.12.2020 fassten die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit mehrere Beschlüsse. Am 13.1.2021 ging beim Amtsgericht über einen Rechtsanwalt eine Anfechtungsklage gegen diese Beschlüsse ein. Hierin sind die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte und die Verwalterin als Zustellungsbevollmächtigte benannt. In der Klage heißt es, die Parteien seien "Mitglieder der Eigentümergemeinschaft".

Noch vor Zustellung der Klage erklärten die klagenden Eigentümer am 11.2.2021 nach einem gerichtlichen Hinweis, die Klage richte sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) "mit Ausnahme der Kläger". In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärten die Kläger, die Klage richte sich ohne Ausnahmen gegen die GdWE.

Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen, da Anfechtungsklagen seit der WEG-Reform, die zum 1.12.2020 in Kraft getreten ist, ausschließlich gegen die GdWE zu richten seien. Da der erst in der mündlichen Verhandlung erklärte Parteiwechsel nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist erfolgt ist, sei die Anfechtungsfrist nicht gewahrt.

Entscheidung: GdWE muss rechtzeitig verklagt werden

Der BGH bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen.

Seit Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 sind Beschlussklagen (Anfechtungsklagen, Nichtigkeitsklagen, Beschlussersetzungsklagen) nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die GdWE zu richten und nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Seit der Neuregelung ist eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage unzulässig. Eine solche Klage kann auch die Anfechtungsfrist nicht wahren.

Hier war die innerhalb der Anfechtungsfrist erhobene Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet. Zwar ist die Parteibezeichnung in einer Klageschrift auslegungsfähig. Eine Auslegung dahin, dass sich die Klage entgegen der Parteibezeichnung gegen die GdWE richtet, kommt aber nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen. 

Werden in einer nach dem 30.11.2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die GdWE gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung. Weitere Anhaltspunkte, dass die Klage von Anfang an gegen die GdWE gerichtet sein sollte, liegen nicht vor, zumal es in der Klage heißt, die Parteien seien Mitglieder der GdWE.

Auch in der Übergangszeit nach der WEG-Reform gilt nichts anderes. Danach sind die in der Klageschrift als Beklagte benannten übrigen Wohnungseigentümer regelmäßig Partei.

Klage gegen falschen Gegner wahrt Anfechtungsfrist nicht

Die gegen die Wohnungseigentümer gerichtete Klage hat die Anfechtungsfrist nicht gewahrt. 

Nach altem Recht genügte für die nähere Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer als Partei die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks, wenn zugleich der Verwalter benannt wurde, § 44 Abs. 1 a. F. Nach der Rechtsprechung des BGH zum alten Recht genügte auch die rechtzeitige Einreichung einer den inhaltlichen Anforderungen genügenden Klage gegen die GdWE. Dabei spielte auch die Überlegung eine Rolle, dass der Verwalter im Anfechtungsprozess gemäß § 45 Abs. 1 WEG a.F. Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer war und diese über den Eingang der Klage unterrichten musste, so dass der Zweck der Ausschlussfristen erreicht wurde, auch wenn mit der Gemeinschaft die falsche Partei verklagt war

Diese Rechtsprechung ist auf die neue Rechtslage nicht übertragbar. Denn durch die WEG-Reform sind die Regelungen in § 44 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG a. F. und damit die Anknüpfung für den bisher angenommenen fristwahrenden Parteiwechsel ersatzlos entfallen. Da die Klage nun gegen die GdWE zu richten ist, steht auch eine Überforderung des – unter Umständen nicht anwaltlich vertretenen – anfechtenden Wohnungseigentümers nicht zu befürchten.

Vor allem aber vertritt der Verwalter die Eigentümer nach neuem Recht nicht mehr. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zum bisherigen Recht, wonach sowohl bei der Inanspruchnahme des Verbands als auch bei der Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer die Klage dem Verwalter zuzustellen war, sodass dieser letztlich für die Koordination der Verteidigung gegen die Klage zuständig und damit ohnehin in die Klage eingebunden war.

Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen versäumter Anfechtungsfrist

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die fehlendes Verschulden an der Versäumung der Anfechtungsfrist voraussetzt, kommt bei der Benennung der übrigen Wohnungseigentümer anstelle der GdWE nicht in Betracht, wenn die Klagepartei wie hier anwaltlich vertreten ist. Bei einer nicht anwaltlich vertretenen Partei kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls anders zu beurteilen sein.

Folge der Fristversäumnis: Nur Nichtigkeitsgründe zu prüfen

Da die Kläger die einmonatige Anfechtungsfrist versäumt haben, sind nur Gründe zu prüfen, die zur Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse führen könnten. Solche waren hier aber nicht ersichtlich.

(BGH, Urteil v. 13.1.2023, V ZR 43/22)

Gesetzliche Grundlagen der WEG-Beschlussanfechtung

§ 44 WEG Beschlussklagen

(1) Das Gericht kann auf Klage eines Wohnungseigentümers einen Beschluss für ungültig erklären (Anfechtungsklage) oder seine Nichtigkeit feststellen (Nichtigkeitsklage). Unterbleibt eine notwendige Beschlussfassung, kann das Gericht auf Klage eines Wohnungseigentümers den Beschluss fassen (Beschlussersetzungsklage).

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§ 45 WEG Fristen der Anfechtungsklage

Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. ...


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