Leitsatz

  1. Die Bestimmung im Mietvertrag über eine Rechtsanwaltskanzlei, dass sich die Höhe der Miete nach dem erzielten Umsatz richtet, ist auch dann nicht wegen Gebührenunterschreitung nichtig, wenn der Mieter den Vermieter anwaltlich vertritt.
  2. Ob eine Vergütungsvereinbarung, die unzulässigerweise die gesetzlichen Gebühren unterschreitet, unwirksam ist oder ob sie wirksam, aber unverbindlich ist, kann daher dahinstehen.

BGH, Versäumnisurt. v. 13.11.2014 – IX ZR 267/13

1 Sachverhalt

Der Kläger hatte dem Beklagten, einem Rechtsanwalt, Räumlichkeiten zum Betrieb einer Kanzlei vermietet. Dem Vertrage nach richtete sich die Miete nach dem erzielten Umsatz. Der Beklagte hatte dem Kläger jeweils zum 15. eines Monats die Nettoumsätze des Vormonats nachzuweisen. In den folgenden Jahren kam es zu mehreren Nachtragsvereinbarungen. Der Beklagte war in den gemieteten Räumen als Rechtsanwalt tätig. Er vertrat den Kläger, dem weitere Immobilien gehören, in zahlreichen Mietstreitigkeiten. Wie die Berechnung und Bezahlung der Mieten einerseits, des anwaltlichen Honorars andererseits gehandhabt wurde, ist streitig.

Der Kläger hat zunächst im Wege der Stufenklage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft und Rechenschaft über die erzielten monatlichen Nettoumsätze seiner Kanzlei für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2008 zu erteilen, die Richtigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern und die sich aus der Auskunft ergebenden Mieten zu zahlen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Nutzungsentschädigung von 22.412,99 EUR zu zahlen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die bisherigen Anträge weiter.

2 Aus den Gründen

Da der Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des Revisionsklägers durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81; v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn 6; insoweit in BGHZ 198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Vereinbarungen der Parteien seien gem. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 49b Abs. 1 BRAO nichtig. Der Beklagte habe den Kläger in vielen Mietstreitigkeiten vertreten, was einen Großteil seines Umsatzes ausgemacht habe, habe aber denjenigen Betrag, der 2.900,00 EUR übersteige, als Miete dem Kläger "rückvergüten" müssen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass er damit im Ergebnis zu niedrige Gebühren in gerichtlichen Angelegenheiten erhalten habe. Der Hilfsantrag sei unzulässig. Es handele sich um eine Änderung des Streitgegenstandes, in welche der Beklagte nicht eingewilligt habe und welche der Senat nicht für sachdienlich halte.

II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Der Hilfsantrag war zulässig und hätte sachlich beschieden werden müssen, nachdem das Berufungsgericht den Hauptantrag für unbegründet erachtete. Der in der Berufungsbegründung erstmals gestellte Hilfsantrag führte nicht zu einer Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO.

a) Der Begriff der Klageänderung in § 533 ZPO entspricht demjenigen in §§ 263, 264 ZPO. Wird nachträglich, also nach Rechtshängigkeit der Klage, ein neuer prozessualer Anspruch unbedingt oder hilfsweise geltend gemacht, liegt in der Regel eine Klageänderung i.S.v. § 263 ZPO vor.

b) Der Kläger hat den im Hauptantrag im Wege der Stufenklage geltend gemachten Anspruch auf Miete aus einem zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit der Überlassung der Mieträume hergeleitet, den Anspruch auf Nutzungsentschädigung hingegen aus § 812 BGB. Darin liegt jedoch noch keine Klageänderung. Mit der Klage wird nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch, der sich aus Klageantrag und Klagegrund – dem Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet – zusammensetzt (vgl. etwa BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn 14; v. 21.2.2013 – IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn 17; v. 25.4.2013 – IX ZR 49/12, WM 2013, 1514 Rn 13). Der BGH hat bereits entschieden, dass ein Kläger, der eine vertragliche Vergütung fordert, sich nachträglich aber hilfsweise auf gesetzliche Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung) beruft, keine Klageänderung vornimmt (BGH, Urt. v. 18.7.2002 – III ZR 287/01, NVwZ 2002, 1535, 1536).

c) Dass der Kläger als Hauptantrag bisher nur den Auskunftsanspruch gestellt hatte, führt ebenfalls nicht dazu, dass der Hilfsantrag als Klageänderun...

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