Für seine Tätigkeiten im Revisionsverfahren außerhalb der Hauptverhandlung verdient der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV. Für diese gelten die allgemeinen Regeln für die Verfahrensgebühr (Vorbem. 4 Abs. 2 VV).[16] Ausreichend für das Entstehen der Verfahrensgebühr ist jede Tätigkeit des Rechtsanwalt nach Beginn des Revisionsverfahrens (s. III., 1.). Auch die Beratung des Mandanten über die von einem anderen Verfahrensbeteiligten, z.B. von der Staatsanwaltschaft, eingelegte Revision reicht aus (s. III., 1.).[17]

Die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV erfasst das "Betreiben des Geschäfts" (Vorbem. 4 Abs. 2 VV) im Revisionsverfahren. Erfasst werden alle nach Einlegung der Revision bis zum Abschluss der Revisionsinstanz vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten.[18]

Im Revisionsverfahren werden von der Verfahrensgebühr insbesondere erfasst[19] sog. Abwicklungstätigkeiten,[20] (nochmalige) Akteneinsicht, die Begründung der Revision, Beschwerden,[21] Vorbereitung der Revisionshauptverhandlung,[22] Rücknahme der Revision,[23] Wiedereinsetzungsanträge und auch die Anhörungsrüge (§ 356a StPO). Befindet sich der Mandant des Rechtsanwalts während des Revisionsverfahrens nicht auf freiem Fuß, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV mit Haftzuschlag (Nr. 4131 VV i.V.m. Vorbem. 4 Abs. 4 VV).[24]

Die Haupttätigkeit des Verteidigers für den Mandanten im Revisionsverfahren wird meist das Verfassen der Revisionsbegründung sein. Die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV entsteht aber nicht erst mit der Begründung der Revision. Ausreichend für das Entstehen der Verfahrensgebühr ist auch jede andere Tätigkeit, die nach Beginn des Revisionsverfahrens erbracht wird. Das kann z.B. die Beratung des Mandanten darüber sein, ob und ggf. mit welchen Anträgen eine ggf. nur zur Fristwahrung eingelegte Revision begründet und weiter durchgeführt werden soll.[25] Wird nach dieser Prüfung die Revision nicht begründet und im Einverständnis des Mandanten zurückgenommen, entfällt dadurch nicht die bereits entstandene Verfahrensgebühr.[26] Für das Entstehen der Verfahrensgebühr reicht es auch aus, wenn der Verteidiger sich darauf beschränkt, in der Revisionsschrift lediglich die Verletzung materiellen Rechts zu rügen.[27] Allerdings wird diese formelhafte Begründung i.d.R. Auswirkungen auf die Höhe der Verfahrensgebühr haben. Für das Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV ist schließlich auch nicht erforderlich, dass das schriftliche Urteil bereits vorliegt. Die Gebühr entsteht also auch dann, wenn der Verteidiger die Revision zu einem Zeitpunkt begründet hat, als das schriftliche Urteil noch nicht vorlag.[28] Für das Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV ist schließlich auch nicht erforderlich, dass das schriftliche Urteil bereits vorliegt. Die Gebühr entsteht also auch dann, wenn der Verteidiger die Revision zu einem Zeitpunkt begründet hat, als das schriftliche Urteil noch nicht vorlag.[29]

[16] Dazu LG Heidelberg, Beschl. v. 9.5.2023 – 12 Qs 16/23, AGS 2023, 270; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn 35 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV Vorb. 4 Rn 9 ff.; Burhoff, AGS 2022, 1.
[17] OLG Schleswig RVGreport 2017, 173; LG Aurich RVGreport 2015, 266 = StRR 2015, 280; LG Detmold, Beschl. v. 18.12.2020 – 23 Qs 142/20, AGS 2021, 78; LG Dortmund RVGreport 2016, 223 = AGS 2016, 189; a.A. offenbar KG StraFo 2006, 432 = RVGreport 2006, 352 = AGS 2006, 375; JurBüro 2010, 599 = RVGreport 2010, 351 = VRR 2010, 479; OLG Celle, Beschl. v. 28.4.2021 – 2 Ws 122/21, AGS 2021, 306 = StraFo 2021, 307 (Berufung des Nebenklägers) OLG Hamm, Beschl. v. 13.4.2021 – 4 Ws 22/21, AGS 2021, 313; OLG Koblenz NStZ 2007, 423 = Rpfleger 2006, 670; OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.2.2021 – 2 Ws 246/20, AGS 2021, 171; LG Görlitz, Beschl. v. 9.1.2014 – 2 KLs 120 Js 14370/12; LG Koblenz JurBüro 2009, 198.
[18] Zum Pauschalcharakter vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4.1 VV Rn 32 ff.; zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr allgemein Burhoff, AGS 2022, 1.
[19] S. auch Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4130 VV Rn 19 ff.
[20] Dazu (für das Zivilrecht) OLG Karlsruhe, AGS 2009, 19.
[21] Vgl. dazu Burhoff, RVGreport 2012, 12.
[22] OLG Köln RVGreport 2017, 17 = StraFo 2016, 382 = StV 2016, 789.
[23] LG Mönchengladbach StV 2004, 37; LG Osnabrück, Beschl. v. 3.7.2019 – 1 KLs 5/18.
[24] Zum Haftzuschlag Burhoff, AGS 2023, 147.
[25] KG AGS 2009, 389 = RVGreport 2009, 346 = VRR 2009, 277 = StRR 2009, 399; LG Aurich RVGreport 2013, 60 = AGS 2013, 174.
[26] KG, a.a.O.
[27] KG AGS 2006, 435; OLG Hamm AGS 2006, 547 = NJW-RR 2007, 72 m.w.N.; LG Dortmund JurBüro 1974, 342 m.w.N.; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4130 VV Rn 13.
[28] OLG Hamm AGS 2006, 547 = NJW-RR 2007, 72; StraFo 2006, 433 = AGS 2006, 600 = JurBüro 2007, 30; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4130 VV Rn 17.
[29] OLG Hamm StraFo 2006, 433; AGS 2006, 547; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4130 VV Rn 17.

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