Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebühren und Kosten: Notwendige Auslagen bei Revisionsrücknahme durch die Staatsanwaltschaft vor Begründung des Rechtsmittels

 

Leitsatz (amtlich)

›Nimmt die Staatsanwaltschaft die von ihr eingelegte Revision vor der Begründung zurück, sind Verteidigerkosten für eine Tätigkeit schon vor der Begründung nicht erstattungsfähig.‹

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 04.05.2006; Aktenzeichen 1021 Js 6474/03 - KLs)

 

Gründe

Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach erhob unter dem 10. August 2004 gegen die Beschwerdeführerin Anklage wegen Beihilfe zur besonders schweren Brandstiftung und gegen den Mitangeklagten I... S... wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung. Beide Angeklagte wurden durch Urteil der 2. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 9. März 2005 freigesprochen. Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft am 16. März 2005 Revision ein. Mit Verfügung vom 3. Mai 2005 begründete sie diese betreffend den Angeklagten I... S... und nahm das Rechtsmittel hinsichtlich der Angeklagten K... S... zurück. Daraufhin legte das Landgericht mit Beschluss vom 9. Mai 2005 die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagte K... S... und die ihr insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auf.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2005 beantragte der Verteidiger der früheren Angeklagten gegen die Staatskasse die Festsetzung von insgesamt 365,40 EUR für seine Tätigkeit im Revisionsverfahren. Mit Beschluss vom 4. Mai 2006 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen, da vor Eingang einer Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ein Tätigwerden des Verteidigers der früheren Angeklagten nicht erforderlich gewesen sei. Gegen die Entscheidung hat der Verteidiger am 23. Mai 2006 sofortige Beschwerde eingelegt.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Nach der Rechtsprechung des hiesigen Oberlandesgerichts besteht für eine anwaltliche Tätigkeit im Revisionsverfahren grundsätzlich so lange keine sachliche Notwendigkeit, wie die Staatsanwaltschaft eine von ihr gegen den Mandanten eingelegte Revision nicht begründet hat, so dass für eine Erstattung von vor diesem Zeitpunkt entstandenen Anwaltskosten an den Angeklagten kein Raum ist. Zwar hat ein Angeklagter durchaus ein anzuerkennendes Interesse, die Erfolgsaussichten einer von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision zu erfahren. Vor Zustellung des Urteils und Begründung der Revision beschränkt sich dieses Interesse aber auf ein subjektives Beratungsbedürfnis, während hingegen objektiv eine Beratung weder erforderlich noch sinnvoll ist. Denn sachgerechte und zweckdienliche Tätigkeiten eines verständigen Verteidigers können erst dann angezeigt sein, wenn feststeht, dass die Staatsanwaltschaft das von ihr eingelegte Rechtsmittel nach näherer Überprüfung der Erfolgsaussichten überhaupt weiterverfolgt und wenn dann an Hand der Anträge und der Begründung (§ 344 StPO) das Ziel und der Umfang der Revisionsangriffe feststellbar sind. Der dann feststehende Gegenstand der Revisionsrügen ermöglicht erst eine auf den Einzelfall bezogene und das weitere Vorgehen präzisierende Beratung des Angeklagten durch den Verteidiger. Vor Zustellung einer Revisionsbegründung kann der Angeklagte sich mit seinem Verteidiger nur über potentielle und hypothetische Revisionsangriffe beraten und theoretisch eine bestimmte Verteidigungsstrategie entwerfen; eine diesbezügliche Tätigkeit des Verteidigers wäre nur spekulativ, also gerade nicht zweckentsprechend und sachgerecht. Mit seiner Rechtsauffassung steht der Senat in Einklang mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. Beschlüsse des Senats vom 15. April 1997 - 2 Ws 193/97 - und vom 13. August 1996 - 2 Ws 563/96 -; OLG Oldenburg in JurBüro 2002, 531; OLG Karlsruhe in JurBüro 1996, 199; OLG Köln in Rpfleger 2003, 685; OLG Frankfurt/Main in NStZ-RR 1999, 351; OLG Düsseldorf in JurBüro 1980, 1688 und in NStZ 1992, 299; OLG Celle in NStZ-RR 1996, 63; a. A. Franke in Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl., § 464 a Rdn 10). Der Senat sieht keine Besonderheiten, die hier eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen würden.

Danach war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2580231

NStZ 2007, 423

Rpfleger 2006, 670

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