Der Entscheidung ist zuzustimmen.

1. Grundsätze für die Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde

Sowohl bei der wertabhängigen Beschwerde als auch bei der nach § 68 Abs. 1 S. 2 GKG zugelassenen Beschwerde ist es Voraussetzung für deren Zulässigkeit, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Streitwertfestsetzung auch beschwert ist. Somit setzt die Beschwer einer Partei grds. voraus, dass sie überhaupt zur Zahlung oder Erstattung von Anwalts- oder Gerichtskosten verpflichtet ist. Ferner muss die Partei regelmäßig mit ihrer Beschwerde einen geringeren Streitwert geltend machen, als festgesetzt. Denn bei Erfolg der Beschwerde und der Festsetzung eines geringeren Streitwertes würde die Partei mit geringeren Kosten belastet. Auch die Partei, die Kostenerstattungsansprüche gegen den Gegner hat, ist durch eine ihrer Auffassung nach zu hohe Streitwertfestsetzung beschwert (OLG Frankfurt AGS 2016, 194). Denn die Zahlungspflicht gegenüber der Staatskasse hängt nicht davon ab, ob der Gegner der Partei die gezahlten Gerichtskosten erstatten muss. Außerdem ist ungewiss, ob der Kostenerstattungsanspruch realisiert werden kann.

2. Beschwer bei bewilligter Prozesskostenhilfe

Zutreffend hat das Sächs. OVG entschieden, dass auch eine Partei, der PKH bewilligt worden ist, durch eine zu hohe Streitwertfestsetzung beschwert ist. Einmal ist sie nicht von Kostenerstattungsansprüchen des Gegners, die sich überwiegend auf der Grundlage des festgesetzten Streitwertes berechnen, befreit (s. § 123 ZPO). Außerdem hat sie im Falle einer späteren Anordnung von Ratenzahlungen oder einer Einmalzahlung oder bei Aufhebung der PKH der Staatskasse sowohl die geschuldeten Gerichtskosten als auch dem eigenen Anwalt seine Wahlanwaltskosten zu zahlen.

3. Beschwer bei zu niedriger Festsetzung

Die Partei kann aber auch im Ausnahmefall durch Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes beschwert sein. Dies ist der Fall, wenn sie mit ihrem Anwalt eine vom Streitwert unabhängige Vergütungsvereinbarung geschlossen hat und sie bei Festsetzung eines höheren Streitwertes gegenüber dem Gegner einen höheren Erstattungsanspruch haben würde (s. etwa OLG Düsseldorf AGS 2006, 188 m. Anm. N. Schneider; OLG Celle JurBüro 1992, 761). In einem solchen Fall hat die beschwerdeführende Partei zur Darlegung ihrer Beschwer eine Kopie der Vergütungsvereinbarung vorzulegen (s. OLG Stuttgart AGS 2014, 77).

Der als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter tätig gewesene Rechtsanwalt ist durch Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes beschwert. Denn dies führt dazu, dass er seine Vergütung auch nur nach dem geringeren Streitwert abrechnen kann, weil die für die Gerichtsgebühren erfolgte Streitwertfestsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist.

4. Veränderung der Kostenlast

In allen diesen Fällen erfordert die Beschwer ferner, dass sich durch die begehrte Änderung des Streitwertes auch eine Veränderung der hieraus zu berechnenden Kosten ergibt. Der mit der Beschwerde erstrebte Streitwert darf somit nicht innerhalb derselben Gebührenstufe liegen.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 12/2021, S. 566 - 567

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