Leitsatz (amtlich)

Streitwertfestsetzung: Weder die Partei selbst noch der Rechtsanwalt für die Partei können eine Beschwerde mit dem Ziel einer Erhöhung des Streitwerts einlegen. Eine Ausnahme hiervon wird zugelassen, wenn die Partei mit ihrem Anwalt eine bestimmte höhere Vergütung oder die Berechnung der Gebühren nach einem bestimmten höheren Streitwert vereinbart hat. Dieser Ausnahmefall ist durch Vorlegung der Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) nachzuweisen.

 

Normenkette

RVG §§ 28, 33, 3a

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Beschluss vom 05.06.2013; Aktenzeichen 3 T 158/11)

AG Göppingen (Aktenzeichen 2 IN 101/11)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Ulm vom 5.6.2013 - 3 T 158/11, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Schuldnerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des AG Göppingen vom 12.7.2011 - 2 IN 101/11, wurde der Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin als unzulässig abgewiesen und der Verfahrenswert für die Gerichtskosten gem. § 58 Abs. 2 GKG auf 269.557,52 EUR festgesetzt. Die Gläubigerin hatte sich einer in dieser Höhe gerichtlich nicht geltend gemachten Forderung berühmt und den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit angegeben. Auf das substantiierte Bestreiten sowohl des Bestehens der Forderung als auch des Insolvenzgrundes kam die Gläubigerin ihrer Pflicht zur Glaubhaftmachung nicht nach.

Unter Zugrundelegung der Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.2010 mit festgestellten Aktiva von 321.411.020,74 EUR beantragte diese den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren für ihre Vertretung auf 30 Millionen EUR festzusetzen, was mit Beschluss des AG Göppingen vom 23.10.2011 - 2 IN 101/11, geschah.

Gegen die am 7.11.2011 zugestellte Entscheidung hat die Gläubigerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten am 21./22.11.2011 sofortige Beschwerde erhoben und zugleich mitgeteilt, dass über ihr Vermögen am 1.9.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Der Insolvenzverwalter hat mit Erklärung vom 20.3.2013 erklärt, dass die Beschwerdeeinlegung für ihn erfolgt sei. Hierüber besteht im Übrigen zwischen den Parteien kein Streit mehr.

Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Auffassung, dass auch für die anwaltliche Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin der Gegenstandswert lediglich mit 269.557,62 EUR festgesetzt werden könne.

Dieser Rechtsmeinung hat sich das LG Ulm in dem Beschl. v. 5.6.2013 - 3 T 158/11, angeschlossen und zugleich die weitere Beschwerde zugelassen.

Die Schuldnerin hat durch ihren Verfahrensbevollmächtigten gegen die am 13.6.2013 zugestellte Entscheidung am 27./28.6.2013 weitere Beschwerde erhoben mit dem Ziel der Festsetzung des Gegenstandswerts für ihre Tätigkeit auf 30 Millionen EUR.

Der Insolvenzverwalter ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und das LG hat die Akten ohne Abhilfe mit Beschluss vom 9.8.2013 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Im einzelnen wird zur Darstellung des Streitstandes auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Beschlüsse des AG Göppingen vom 23.10. und 12.12.2011 sowie des LG Ulm vom 5.6.2013 verwiesen.

II. Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss des LG zugelassene weitere Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt (§ 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3 RVG). Sie war dennoch als unzulässig zu verwerfen, weil es der Schuldnerin an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für eine Heraufsetzung des Streitwerts auf 30 Millionen EUR fehlt.

Für die gerichtliche Wertfestsetzung nach der Sonderbestimmung des § 28 RVG gilt § 33 RVG (Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, § 28 RVG Rz. 12; Wolf in Schneider/Wolf, Anwaltkommentar, RVG, 6. Aufl. 2012, § 28 RVG Rz. 2).

Unabhängig von dem in § 33 Abs. 2 S. 2 RVG geregelten Antragsrecht nicht nur des Rechtsanwalts, sondern auch seines Auftraggebers und unabhängig von der Zulassung der weiteren Beschwerde gem. § 33 Abs. 6 S. 1 RVG wegen der grundsätzlichen Rechtsfrage der Bestimmung des Gegenstandswerts gem. § 28 Abs. 1 S. 1 RVG für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 RVG-VV des im Auftrag des Schuldners tätigen Rechtsanwalts nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 58 GKG) bei Zurückweisung des Gläubigerantrags auf Insolvenzeröffnung ist bezüglich der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht nur deren fristgerechte Erhebung (§ 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3 RVG) - hier am letzten Tag der zweiwöchigen Beschwerdefrist -, sondern auch - wie bei jedem Rechtsmittel - das Rechtsschutzinteresse bzw. das Vorhandensein einer Beschwer durch die angefochtene Entscheidung zu überprüfen.

An der "Beschwer an sich" fehlt es aber immer, wenn die Partei eine Streitwerterhöhung erstrebt oder der Prozessbevollmächtigte eine Streitwertermäßigung. Die Partei würde sich dadurch höheren Vergütungs- und Erstattungsansprüchen aussetzen, der Anwalt würde Einbußen seiner Vergütung errei...

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