Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Der Antragstellerin ist ratenfreie Verfahrenskostenhilfe im tenorierten Umfang zu bewilligen (§ 113 Abs. 1 FamFG, §§ 114, 115 ZPO).

a) Die Antragstellerin hat ihre Verfahrenskostenhilfebedürftigkeit durch Vorlage der von ihrer Mutter ausgefüllten Erklärung gem. § 117 Abs. 2 ZPO hinreichend belegt. Es fehlt auch nicht an der Erfolgsaussicht des gegen den Kindesvater beabsichtigten Unterhaltsverfahrens. Der Antragsgegner zahlt bislang keinerlei Unterhalt an die Antragstellerin, obwohl diese gem. §§ 1601, 1602, 1610, 1612, 1612a, 1612b BGB als unterhaltsbedürftige Minderjährige grds. einen Anspruch auf Kindesunterhalt gegen ihn hat. Auch auf die außergerichtliche Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, mit der der Antragsgegner zur Vorlage seiner Einkommensnachweise für den Zeitraum von August 2016 bis August 2017 aufgefordert worden ist, um einen Kindesunterhaltsanspruch prüfen zu können, hat er nicht reagiert. Dass der Antragstellerin daher nicht bekannt ist, über welche Einkünfte der Antragsgegner verfügt, ist für den beabsichtigten Antrag auf Verpflichtung zur Zahlung von Mindestunterhalt nicht maßgeblich. Denn in Höhe des Mindestunterhalts wird ihr Bedarf vermutet, so dass es diesbezüglich keiner weiteren Darlegungen bedarf. Gleiches gilt für die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners: Die Antragstellerin muss nicht seine Leistungsfähigkeit zur Unterhaltszahlung nachweisen, vielmehr muss der Antragsgegner angesichts der für ihn geltenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit gem. § 1603 Abs. 2 BGB seine Leistungsunfähigkeit für den Kindesmindestunterhalt behaupten und nachweisen (vgl. Viefhues, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 1612a Rn 24). Soweit die Antragstellerin ab dem 1.1.2017 Unterhaltsvorschussleistungen bezogen hat, ist ihr Unterhaltsanspruch in dieser Höhe auf den UVG-Leistungsträger übergegangen. Der Antrag, den die Antragstellerin in dem Verfahren gegen ihren Vater zu stellen beabsichtigt, richtet sich aber auf die Geltendmachung von Unterhalt für die Zukunft, woran sie nicht durch einen gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 7 UVG gehindert ist.

b) Das beabsichtigte Betreiben des Verfahrens auf Kindesunterhalt ist – entgegen der Auffassung des AG – auch nicht mutwillig.

Nach der Legaldefinition der Mutwilligkeit in § 114 Abs. 2 ZPO ist eine Rechtsverfolgung dann mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Nicht mutwillig ist also eine Rechtsverfolgung, die eine nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage in gleicher Weise vornehmen würde (vgl. Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 39. Aufl., § 114 Rn 7).

aa) Zu der Frage, ob die Verfolgung von Kindesunterhaltsansprüchen im Klageverfahren anstatt im vereinfachten Verfahren mutwillig i.S.d. § 114 Abs. 2 ZPO ist und daher die Verfahrenskostenhilfebewilligung abzulehnen ist, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Das AG hat sich für seine Auffassung, es sei generell das vereinfachte Verfahren für alle Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder zu betreiben und daher in der Regel auch nur für dieses Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, auf eine Entscheidung des OLG Hamm v. 9.2.1999 (FamRZ 1999, 995) gestützt. In dieser hatte das OLG Hamm zur damaligen Rechtslage ausgesprochen, dass Kindesunterhalt grds. im vereinfachten Verfahren durchzusetzen sei, weshalb Prozesskostenhilfe für eine reguläre Unterhaltsklage grds. nicht bewilligt werden könne. Das OLG Hamm wollte allerdings eine Ausnahme von dem Grundsatz machen, wenn die Parteien im wesentlich über Rechtsfragen und nicht über die Höhe des Einkommens des Unterhaltsschuldners stritten, da dann das vereinfachte Verfahren weder schneller noch billiger sei.

Dem ist das OLG Zweibrücken mit Beschl. v. 14.2.2000 (FamRZ 2001, 229) gefolgt. Mutwilligkeit liege nur dann nicht vor, wenn abzusehen sei, dass ein streitiges Verfahren ohnehin nicht vermieden werden könne. Um diese Prognose treffen zu können, bedürfe es der Gewährung rechtlichen Gehörs für die Beklagtenseite, die erstinstanzlich nicht erfolgt war, weshalb die Sache an das AG zurückverwiesen wurde.

Das OLG Nürnberg (FamRZ 2002, 891) hat in seiner Entscheidung v. 26.10.2001 Bedenken gegen die durch das OLG Hamm vertretene Auffassung geäußert und in dem von ihm entschiedenen Einzelfall die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im Wege der allgemeinen Klage statt eines Antrags im vereinfachten Verfahren abgelehnt, weil der Unterhaltsgläubiger davon ausgehen konnte, dass angesichts der vorprozessualen Einwände des Unterhaltsschuldners zu seinem Einkommen diese Einwände auch in einem vereinfachten Verfahren vorgebracht worden wären mit der Folge, dass es letztlich zu einem streitigen Verfahren gekommen wäre.

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