GKG § 68

Leitsatz

Eine auf Erhöhung gerichtete Streitwertbeschwerde der Partei ist auch dann unzulässig, wenn sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine vom Streitwert unabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.6.2016 – 12 W 913/16

1 Sachverhalt

Der Verfügungskläger hatte beim LG gegen die Verfügungsbeklagte den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt und den vorläufigen Streitwert mit 25.000,00 EUR angegeben.

Das LG erließ die begehrte einstweilige Verfügung und setzte den Streitwert auf 25.000,00 EUR fest.

Gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes hat der Verfügungskläger mit Schriftsatz Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 599.365,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung hat der Verfügungskläger ausgeführt, die Streitwertbestimmung habe entsprechend der Bedeutung und dem Umfang der Sache zu erfolgen.

Das LG hat der Beschwerde des Verfügungsklägers nicht abgeholfen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Beschwerde sei bereits mangels Beschwer unzulässig.

Der Verfügungskläger hat hierzu Stellung genommen und ausgeführt, er habe mit seinen Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung abgeschlossen.

Vorsorglich haben die Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers im eigenen Namen beantragt, den Streitwert auf 599.365 EUR festzusetzen.

2 Aus den Gründen

1. Die Beschwerde ist gem. § 68 Abs. 1, Abs. 2 S. 7, § 66 Abs. 3 S. 1, 2 GKG statthaft und auch sonst form- und fristgerecht eingelegt.

Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG, denn ein maßgebliches Kriterium insoweit ist die Differenz der Kosten des Rechtsstreites, die sich aus der begehrten Streitwertfestsetzung im Gegensatz zu dem festgesetzten Streitwert ergeben.

2. Die Beschwerde des Verfügungsklägers ist jedoch als unzulässig zu verwerfen, weil er durch die Streitwertentscheidung des LG nicht beschwert ist.

a) Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass nach der obergerichtlichen (vgl. OLG Koblenz NJOZ 2002, 1179, 1180) und höchstrichterlichen Rspr. (vgl. BGH, Beschl. v. 12.2.1986 – IVa 138/83, NJW-RR 1986, 737) eine Partei – jedenfalls in der Regel – nur mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwertes eine Beschwerde einlegen könne. Vorliegend sei ein Interesse des Verfügungsklägers an der Heraufsetzung des Streitwertes – an der er in der Regel kein schutzwürdiges Interesse habe (vgl. OLG Rostock JurBüro 2008, 369) – auch nicht ersichtlich.

b) Mit Schriftsatz hat der Verfügungskläger ausgeführt, er habe mit seinen Prozessbevollmächtigten eine zeitabhängige Honorarvereinbarung abgeschlossen. Er würde nur einen geringen Teil seiner tatsächlichen Rechtsanwaltskosten von der Verfügungsbeklagten ersetzt erhalten.

Zutreffend hat der Verfügungskläger darauf hingewiesen, dass das OLG Rostock die Auffassung vertreten hat, dass ausnahmsweise eine Partei dann ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Heraufsetzung des Streitwertes haben könnte, wenn sie aufgrund einer Honorarvereinbarung ihren Prozessbevollmächtigten eine Vergütung schulden würde, die über der gesetzlich vorgesehenen liegen würde und sie bei Festsetzung eines höheren Streitwertes einen größeren Anteil hieran von dem Verfahrensgegner verlangen könnte (vgl. OLG Rostock JurBüro 2008, 369 unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf MDR 2006, 297).

c) Der insbesondere durch die Oberlandesgerichte Düsseldorf und Rostock vertretenen Rechtsauffassung schließt sich der Senat nicht an.

Auch die Oberlandesgerichte Düsseldorf und Rostock lassen nicht außer Acht, dass grundsätzlich einer Partei nicht daran gelegen sein kann, dass der Streitwert höher festgesetzt wird. Allerdings nehmen sie ausnahmsweise dann ein Rechtsschutzbedürfnis an, wenn eine Honorarvereinbarung besteht.

Der Senat hat zunächst ebenfalls diese Auffassung vertreten (vgl. Beschl. v. 8.6.2011 – 12 W 1118/11).

Gegen diese Auffassung sind seitens des OLG Köln Bedenken erhoben worden. Die bloße Aussicht, freiwillig an die eigenen Bevollmächtigten gezahlte Honorare über eine höhere Kostenerstattung stärker von einem solventen Gegner refinanzieren zu lassen, begründet nach Auffassung des OLG Köln noch kein schutzwürdiges Interesse der Partei an einer möglichst hohen Streitwertfestsetzung (vgl. OLG Köln MDR 2012, 185).

Diese Bedenken werden durch den BGH auch insoweit geteilt, als er ausgeführt hat, dass eine Partei die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen könne, durch die Erhöhung des Streitwertes das finanzielle Risiko der Gegenpartei an der Prozessführung zu steigern (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – VIII ZB 59/11, und Beschl. v. 29.10.2009 – III ZB 40/09, jeweils bei juris).

Schließlich teilt auch die Kommentarlit. die oben dargestellten Bedenken (vgl. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer, GKG, 3. Aufl., § 68 Rn 16; Hartmann, KostG, 43. Aufl., GKG § 68 Rn 5).

Der Senat hält an seiner früheren Auffassung nach nochmaliger Überprüfung nicht fest, sondern schließt sich der Gegenauffassung an.

3. Die Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des LG war daher als unzulässig zu verwerfen.

4. Sow...

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