Leitsatz (amtlich)

Rechtsschutzbedürfnis der Partei an höherem Streitwert; Streitwert für das Verfahren bei Vergleich über Klage und Hilfswiderklage Die obsiegende Partei, die ihrem Anwalt aufgrund Honorarvereinbarung ein die gesetzlichen Gebühren übersteigendes Honorar schuldet, kann an Rechtsschutzinteresse an der Festsetzung eines höheren Streitwertes haben.

Der Streitwert für das Verfahren bestimmt sich nach dem zusammengerechneten Wert von Klage und Hilfswiderklage, wenn der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt wird und der Vergleich die mit Klage und Hilfswiderklage geltend gemachten Ansprüche umfasst.

 

Normenkette

GKG § 19 Abs. 4 in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen 41 O 41/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 11. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 26.4.2005 - 41 O 52/03 - teilweise geändert.

Der Streitwert des Verfahrens wird für die Zeit vom 4.2.2004 an festgesetzt auf 350.009 EUR (269.068,38 EUR + 27.024,28 EUR + 53.916,34 EUR).

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.

 

Gründe

Die Klägerin beanstandet die Streitwertfestsetzung durch das LG.

Mit ihrer - später teilweise übereinstimmend für erledigt erklärten und geänderten - Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Zahlung von Honorar für Wirtschaftsprüfungsleistungen in Anspruch genommen.

Die Beklagten haben mit angeblichen Schadenersatzansprüchen aufgerechnet und - für den Fall, dass das LG die Aufrechnung für unzulässig halte - hilfswiderklagend 27.024,28 EUR sowie - für den Fall, dass entgegen der Rechtsansicht der Beklagten Honoraransprüche der Klägerin i.H.v. 59.916,34 EUR entstanden sein sollten - hilfswiderklagend weitere 53.916,34 EUR geltend gemacht. Außerdem haben sie - unbedingt - im Wege der Widerklage Zahlung von 183.147,38 EUR verlangt.

Der Rechtsstreit ist durch Vergleich erledigt worden. Nach dem mit Beschluss des LG vom 28. Dez. 2004 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich haben sich die Beklagten verpflichtet, an die Klägerin zum Ausgleich der Klageforderung einen bestimmten - ggü. dem Klageantrag ermäßigten - Betrag zu zahlen. Die Parteien waren sich weiter darüber einig, dass die Ermäßigung zu einem Teilbetrag zur Abgeltung der Schadenersatzansprüche der Beklagten zu 1) erfolgte und mit Erfüllung des Vergleiches alle in dem Rechtsstreit behandelten wechselseitigen Ansprüche der Parteien erledigt sein sollten. Die Kosten des Rechtsstreites fielen nach dem Vergleich der Klägerin zu 10 % und den Beklagten zu 90 % zur Last. Die Kosten des Vergleiches wurden gegeneinander aufgehoben.

Das LG hat bei der Festsetzung des Streitwertes den Wert der Eventualwiderklage nicht hinzugerechnet, weil eine gerichtliche Entscheidung über die Eventualwiderklage nicht ergangen sei. Es hat sich dabei gestützt auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 23.2.2005, wonach eine Zusammenrechnung nur stattfinde, wenn es zu einer Entscheidung über die Hilfswiderklage gekommen sei, nicht aber, wenn die Hilfswiderklage durch Prozessvergleich erledigt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die meint, der Wert der Hilfswiderklageanträge sei hinzuzurechnen. Sie habe ein Rechtsschutzinteresse an einem höheren Streitwert, weil sie aufgrund einer Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten mehr als die gesetzliche Vergütung zu bezahlen habe und deshalb die Durchsetzung eines höheren Kostenerstattungsanspruches erreichen wolle.

Die Beschwerde ist zulässig, § 25 Abs. 3 S. 1 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung.

Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der Senat und nicht sein Einzelrichter berufen, weil der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht als Einzelrichter entschieden hat.

Es besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Beschwerde, auch wenn die Klägerin einen höheren Streitwert begehrt. Grundsätzlich kann zwar einer Partei nicht daran gelegen sein, dass der Streitwert höher festgesetzt wird. Denn dadurch wird sie mit höheren Kosten belastet. Hier allerdings wirkt sich die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes deshalb zum Nachteil der Klägerin aus, weil sie nach der Honorarvereinbarung ohnehin höhere als die gesetzlichen Gebühren an ihren Rechtsanwalt zu vergüten hat und als - zu 90 % - kostenerstattungsberechtigte Partei bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch gegen die Beklagten hat (OLG Bremen, Beschl. v. 27.7.1993 - 2 W 56/93, juris, kore461879400, m.w.N.).

In der Sache ist die Beschwerde der Klägerin gerechtfertigt.

Der Wert des Streitgegenstandes der Hilfswiderklagen ist bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

Gemäß § 19 Abs. 4 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung sind bei einer Erledigung des Rechtsstreites durch Vergleich die Abs. 1-3 dieser Vorschrift entsprechend anzuwenden. Nach Abs. 1 S. 2 des § 19 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptansp...

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