ZPO § 121 Abs. 1; RVG § 45 Abs. 1

Leitsatz

Ist ein Rechtsanwalt sich selbst im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden, kann ihm die gesetzliche Vergütung nach §§ 45 Abs. 1, 49 RVG nicht deshalb versagt werden, weil er mit sich selbst keinen Mandatsvertrag schließen kann.

KG, Beschl. v. 16.6.2009–1 W 492/07

1 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 7 RVG) und in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. Dem Antragsteller steht gegen die Landeskasse gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG ein Anspruch auf Zahlung der im Antrag v. 2.11.2006 zutreffend berechneten Netto-Vergütung zu. In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt ist er mit Beschluss des Prozessgerichts v. 7.7.2006 im Wege der Prozesskostenhilfe sich selbst beigeordnet worden.

Es kommt nicht darauf an, ob die Selbstbeiordnung nach § 121 Abs. 1 ZPO fehlerhaft war (vgl. dazu BAG NJW 2008, 604 f.; OLG München FamRZ 2009, 899 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 Rn. 1 m.w.N.). Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, ist die Berechtigung der Beiordnung im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht zu überprüfen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rn. 32; Gerold/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 55 Rn. 21). Der Beschluss v. 7.7.2006 ist gem. § 48 Abs. 1 RVG bindend.

Entgegen der Ansicht des LG steht dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit sich selbst als Mandant keinen Anwaltsvertrag nach §§ 611 ff., 675 Abs. 1 BGB schließen kann, was allerdings nicht ausschließt, in diesem Fall von einer "Selbstbeauftragung" zu sprechen, vgl. BGH NJW 2004, 2448. Zwar setzt der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse regelmäßig voraus, dass dem Rechtsanwalt gegen die von ihm zu vertretende Partei ein privatrechtlicher Vergütungsanspruch erwachsen ist (vgl. Senat AnwBl 1985, 218 f.; Gerold/Müller-Rabe, a.a.O., § 45 Rn. 28). Das kann jedoch nicht für den Fall der Selbstbeiordnung gelten, in dem ein solcher Anspruch nicht entstehen kann. Hier genügt es, wenn der von sich selbst "beauftragte" Rechtsanwalt entsprechend seiner Beiordnung tätig wird. Das ergibt sich aus dem Zweck der Selbstbeiordnung, der gerade darin besteht, dem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu eröffnen (vgl. BAG a.a.O.). Die Bindung an die Entscheidung des Prozessgerichts ist nicht dadurch zu unterlaufen, dass der Vergütungsanspruch von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, deren Erfüllung rechtlich unmöglich ist.

Die weitergehende Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat die Festsetzung der nach Nr. 7008 VV geltend gemachten Umsatzsteuer i. H. v. 125,84 EUR im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zur gesetzlichen Vergütung i.S.v. § 45 Abs. 1 RVG gehört die Umsatzsteuer nur soweit die Leistung des Rechtsanwalts umsatzsteuerbar ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 363; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rn. 13 "Umsatzsteuer"). Wird ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig, liegt kein steuerbarer Umsatz vor, wenn die Angelegenheit – wie hier – zu seinem beruflichen Bereich gehört. Eine solche Tätigkeit ist keine umsatzsteuerbare sonstige Leistung gegen Entgelt für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9 a UStG), sondern unterfällt als sog. Innengeschäft nicht der Umsatzsteuer (BGH a.a.O.).

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