Entscheidungsstichwort (Thema)

Im Wege der Prozesskostenhilfe sich selbst beigeordneter Rechtsanwalt

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 1; RVG § 45 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 19.09.2007; Aktenzeichen 82 AR 66/07, 15 O 419/06)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert und neu gefasst:

Die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung wird auf 786,50 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung des Antragstellers vom 1.2.2007 gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des LG Berlin vom 29.1.2007 zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 7 RVG) und in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. Dem Antragsteller steht gegen die Landeskasse gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG ein Anspruch auf Zahlung der im Antrag vom 2.11.2006 zutreffend berechneten Netto-Vergütung zu. In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt ist er mit Beschluss des Prozessgerichts vom 7.7.2006 im Wege der Prozesskostenhilfe sich selbst beigeordnet worden.

Es kommt nicht darauf an, ob die Selbstbeiordnung nach § 121 Abs. 1 ZPO fehlerhaft war (vgl. dazu BAG NJW 2008, 604 f.; OLG München, FamRZ 2009, 899 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 Rz. 1 m.w.N.). Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, ist die Berechtigung der Beiordnung im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht zu überprüfen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rz. 32; Gerold/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 55 Rz. 21). Der Beschluss vom 7.7.2006 ist gem. § 48 Abs. 1 RVG bindend.

Entgegen der Ansicht des LG steht dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit sich selbst als Mandant keinen Anwaltsvertrag nach §§ 611 ff., 675 Abs. 1 BGB schließen kann, was allerdings nicht ausschließt, in diesem Fall von einer "Selbstbeauftragung" zu sprechen, vgl. BGH, NJW 2004, 2448. Zwar setzt der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse regelmäßig voraus, dass dem Rechtsanwalt gegen die von ihm zu vertretende Partei ein privatrechtlicher Vergütungsanspruch erwachsen ist (vgl. KG AnwBl. 1985, 218 f.; Gerold/Müller-Rabe, a.a.O., § 45 Rz. 28). Das kann jedoch nicht für den Fall der Selbstbeiordnung gelten, in dem ein solcher Anspruch nicht entstehen kann. Hier genügt es, wenn der von sich selbst "beauftragte" Rechtsanwalt entsprechend seiner Beiordnung tätig wird. Das ergibt sich aus dem Zweck der Selbstbeiordnung, der gerade darin besteht, dem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu eröffnen (vgl. BAG, a.a.O.). Die Bindung an die Entscheidung des Prozessgerichts ist nicht dadurch zu unterlaufen, dass der Vergütungsanspruch von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, deren Erfüllung rechtlich unmöglich ist.

Die weitergehende Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat die Festsetzung der nach Nr. 7008 RVG VV geltend gemachten Umsatzsteuer i.H.v. 125,84 EUR im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zur gesetzlichen Vergütung i.S.v. § 45 Abs. 1 RVG gehört die Umsatzsteuer nur soweit die Leistung des Rechtsanwalts umsatzsteuerbar ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 363; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rz. 13 "Umsatzsteuer"). Wird ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig, liegt kein steuerbarer Umsatz vor, wenn die Angelegenheit - wie hier - zu seinem beruflichen Bereich gehört. Eine solche Tätigkeit ist keine umsatzsteuerbare sonstige Leistung gegen Entgelt für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a UStG), sondern unterfällt als sog. Innengeschäft nicht der Umsatzsteuer (BGH, a.a.O.).

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2184871

NJW 2009, 2754

JurBüro 2009, 491

MDR 2009, 1363

Rpfleger 2009, 686

NJW-Spezial 2009, 523

RVGreport 2009, 317

OLGR-Ost 2009, 762

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