1. Prüfung der Erfolgsaussichten

Für den Rechtsanwalt gelten keine anderen Grundsätze der Prüfung des Sachverhalts und der Erfolgsaussichten, nur weil eine Rechtsschutzversicherung hinter dem Mandanten steht und die Kosten übernimmt. Die Kostenzusage für ein Tätigwerden entbindet den Rechtsanwalt nicht davon, zu prüfen, ob die Rechte des Mandanten überhaupt durchsetzbar sind. Dies ist die ureigene Pflicht des Anwalts. Die Rechtsschutzversicherung kann zwar eine Erfolgsaussichtenprüfung vornehmen, aber darf keine Rechtsberatung aufgrund des Rechtsdienstleistergesetzes vornehmen. Eine Kostendeckungszusage darf demnach keine Prüfung des Rechtsanwalts ersetzen. Die Rechtsschutzversicherung ist nicht die interne Revisionsinstanz der Rechtsanwaltskanzlei.

2. Sorgfaltspflicht

Darüber hinaus bedeutet die Entscheidung für einen Rechtsanwalt, dass die Einlegung eines Mahnbescheids nur aus Fristwahrungsgründen gleichwohl mit genauer Sorgfalt erfolgen muss. Sollte der Rechtsanwalt Fehler diesbezüglich machen, so kann dies dazu führen, dass die Verjährung nicht gehemmt wird und er sich schadensersatzpflichtig macht. Der Rechtsanwalt haftet dann für den entstandenen Prozesskostenschaden wenn die Klage aus diesen Gründen abgewiesen wird.

3. Prozesskostenschaden unabhängig von Ausgang der Hauptsache

Nicht selten wird bei Regressverfahren gegen Anwälte eingewandt, der Prozess wäre unabhängig von der Pflichtverletzung eh für den Mandanten verloren gegangen, sodass kein Schaden entstanden sei. Ein solcher Einwand kann nur die eigentliche Hauptsache betreffen, nicht den Kostenschaden.

Die ursprüngliche Hauptforderung des Mandanten und der Prozesskostenschaden sind getrennt voneinander zu prüfen.

Hier musste nicht geprüft werden, ob der Schaden auch entstanden wäre, wenn sich der Anwalt vertragsgemäß verhalten hätte. Dieser Prüfungsschritt ist im Rahmen der Schadensfeststellung bei der Anwaltshaftung zwar geboten, wenn ein Mandant von seinem Rechtsanwalt die Zahlung eines Geldbetrags als Schadenersatz verlangt, weil der Anwalt den auf die Zahlung dieses Geldbetrags gerichteten Anspruch pflichtwidrig hat verjähren lassen. Die Pflichtverletzung des Anwalts besteht in diesem Fall in einem Unterlassen. Ein Unterlassen ist für einen Schaden aber nur dann kausal, wenn die Vornahme der geforderten Handlung den Eintritt des Schadens verhindert hätte (BGH, Urt. v. 22.3.1990 – IX ZR 128/99, Tz. 18; Urt. v. 7.2.2012 – VI ZR 63/11, Tz. 10). Hätte der Mandant einen Prozess ohnehin verloren, weil der Anspruch tatsächlich nicht bestand oder die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachweisbar waren, ist ihm durch das Verjährenlassen des Anspruchs von vorneherein kein Schaden entstanden (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2002 – IX ZR 3/01, Tz. 11; G. Fischer, in: Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5, Rn 4).

Beim hier geltend gemachten Kostenschaden ist Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Kausalzusammenhangs jedoch das Einreichen eines Mahnantrags mit falschen Angaben, also eine Handlung. Diese Handlung hat Prozesskosten ausgelöst und damit unmittelbar einen realen Schaden hervorgerufen, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedarf (BGH, Urt. v. 13.11.2008 – IX ZR 69/07, Tz. 9).

Die Entscheidung ist daher zutreffend.

Syndikusrechtsanwältin Anika Teeuwen, Düsseldorf

AGS 10/2021, S. 474 - 476

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