Die infolge Zulassung durch das LG gem. § 33 Abs. 6 S. 1 RVG i.V.m. §§ 56 Abs. 2, 55 RVG zulässige weitere Beschwerde ist teilweise begründet.

Zwar hat es das LG entgegen § 33 Abs. 6 S. 4 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 RVG im Verfahren der weiteren Beschwerde unterlassen, die erforderliche Nichtabhilfeentscheidung zu treffen (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl., § 33 Rn 15). Aber in Anbetracht der Tatsache, dass die weitere Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte enthält, sieht der Senat ausnahmsweise davon ab, die Sache an das LG zum Nachholen der Abhilfeprüfung zurückzuverweisen und entscheidet sogleich in der Sache selbst.

In der Rspr. ist umstritten, wie der Begriff "dieselbe Angelegenheit" zu definieren ist, wenn Beratungshilfe für die Angelegenheiten "Unterhalt, Scheidung oder Personensorge" gewährt wird.

Nach einer Auffassung handelt es sich bei einer solchen Beratung lediglich um eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit, weil es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handele, welcher die hieraus resultierenden Gegenstände zu einer Angelegenheit verbinde (so beispielsweise OLG München MDR 1988, 330; OLG Nürnberg (7. Senat) FamRZ 2005, 740 f.).

A. A. nach stellt jeder einzelne Beratungsgegenstand eine eigenständige gebührenrechtliche Angelegenheit mit der Folge dar, dass auch gesondert Gebühren in Ansatz gebracht werden können (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244 [= AGS 2009, 79]; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 230 [= AGS 2009, 593]).

Nach einer dritten Meinung ist zwischen der Scheidung und den zugehörigen Folgesachen sowie den Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Trennung zu differenzieren und für die Beurteilung des Vorliegens einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne auf den konkreten Lebenssachverhalt abzustellen (vgl. Brandenburgisches OLG MDR 2009, 1417 [= AGS 2009, 593]; OLG Rostock NJW-Spezial 2011, 92 [= AGS 2011, 80]; OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.3.2011 – 11 WF 1590/10 = AGS 2011, 298 f.).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Er folgt insoweit der überzeugenden Begründung des OLG Nürnberg in seinem Beschl. v. 29.3.2011 (AGS 2011 298 f.), wonach verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, sämtliche Problembereiche, welche im Zusammenhang mit einer Trennung und Scheidung von Ehegatten zu erörtern sind, als eine einzige Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne zu betrachten. Zu Recht weist das OLG Nürnberg auch darauf hin, dass die Annahme nur einer gebührenrechtlichen Angelegenheit auch nicht auf § 16 Nr. 4 RVG gestützt werden könne. Diese Vorschrift betrifft nur das gerichtliche Verbundverfahren, jedoch nicht die außergerichtliche Beratung, bei welcher bereits begrifflich eine Verbundsache nicht vorliegen kann. Der Senat teilt auch die Auffassung des OLG Nürnberg, dass eine analoge Anwendung wegen der unterschiedlichen Sachlagen nicht in Betracht kommt (vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244 [= AGS 2009, 79]; OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2011 – 20 WF 1311/10, OLG Rostock NJW-Spezial 2011, 92 [= AGS 2011, 80]). Ebenfalls abzulehnen ist die Auffassung, wonach die Beratung zu jedem Gegenstand, zu dem Beratungsbedarf im Zusammenhang mit einer Trennung und Scheidung anfällt, eine eigene Gebühr auslösen soll. Diese Meinung berücksichtigt in der Tat nicht, dass zwischen den einzelnen Beratungsgegenständen, welche im Zusammenhang mit einer Trennung und Scheidung auftauchen können, ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, weshalb aus allgemein gebührenrechtlichen Gesichtspunkten von dem Vorliegen einer einheitlichen Angelegenheit auszugehen ist. Dies wird, worauf das Oberlandesgericht Nürnberg zutreffend hinweist, besonders deutlich, wenn es um eine gesonderte Gebühr für die Beratungsgegenstände im Hinblick auf den Kindesunterhalt für zwei unterschiedliche Kinder geht. Der Senat folgt dem OLG Nürnberg auch insoweit, als unter Berücksichtigung des inneren Zusammenhangs der unterschiedlichen Lebenssachverhalte es sachgerecht erscheint, gebührenrechtlich von insgesamt vier Komplexen (Angelegenheiten) auszugehen. Bei diesen vier Komplexen handelt es sich um:

Scheidung als solche,

Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem persönlichen Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),

Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ehewohnung und dem Hausrat und

finanzielle Auswirkung von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht und Vermögensauseinandersetzung).

Dieser Bewertung steht auch nicht entgegen, dass ein Gesetzentwurf, wonach der Rechtsanwalt für jede weitere Familiensache i.S.v. § 111 FamFG, in der er berät, eine weitere Gebühr erhalten sollte, im Gesetzgebungsverfahren gescheitert ist. Dieser Umstand lässt sich allenfalls der Meinung entgegen halten, die ohne jede Einschränkung für jeden einzelnen Beratungsgegenstand eine eigenständige gebührenrechtliche Angelegenheit annimmt. Damit ist indes die Frage, wie der Begriff "derselben" Angelegenheit konkret zu bestimmen ist, nicht eindeutig beantwortet.

Dies zugrunde gelegt ist im vorliegenden Fall vo...

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